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Ausgabe:

1921

Spalte:

152

Autor/Hrsg.:

Kurfeß, A.

Titel/Untertitel:

Curae Constantinianae 1921

Rezensent:

Koch, Hugo

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Theologifche Literaturzeitung 1921 Nr. 13/14.

152

Frauenfrage, fowie zur Reinheit der Gemeinde. Der Ab- j
fchnitt über die geiftlichen Verlöbniffe, die J. leugnet,
zwingt auch den bisher anders Urteilenden zur Nachprüfung
. Schade, daß weder bei sQid-eia noch bei anlorriq
der Bedeutung wirklich nachgeforfcht wird. Auch die
Widerfprüche in der Ethik des Paulus werden erörtert,
freilich ohne daß der m. E. tieffte Grund diefer Polarität,
die Verbindung zwifchen miffionarifchem Traditions-Gut
und prophetifcher Kundmachung, irgendwie ans Licht
käme.

Weil dem fo ift, weil der Paränefe wie der Offenbarung
ohne Unterfchied die gleiche Bedeutung zugemeffen
wird, darum muß J. mit Notwendigkeit ein Paulusbild
geftalten, das ich nur als eine ftarke Verzeichnung beurteilen
kann. Denn es ift ein recht bürgerlicher, gutmütiger
und unanftößiger Paulus, den uns J. vor Augen
ftellt. Er ift ftaatstreuer Bürger, fchätzt das Alte Tefta-
ment mit Befonnenheit, hat mit Myftik nur wenig zu tun
und rückt von dualiftifcher Askefe immer noch rechtzeitig
ab. Den Forderungen des natürlichen Lebens fteht |
er unbefangen gegenüber, und ein ,fympathetifches' Naturgefühl
ift ihm eigen. Die Arbeit gilt ihm als Gottes-
dienft, und fein Eheideal ift unüberbietbar! Alles das
läßt fich — mit Ausnahme der zuletzt genannten Urteile
— in gewiffem Grade belegen; aber alles das macht
noch keinen Paulus.

Heidelberg. Martin Dibelius.

Johann Georg, Herzog zu Sachfen: Monumentale Reite
frühen Chriftentums in Syrien. (Abhandlgn. aus Miffions-
kunde u. Miff.-Gefch., 18. Heft) (32 S. m. 12 Abb.) 8°.
Gotha, F. A. Perthes 1920. Aachen, Xaveriusverlag
1920. M. 5 —

Den ,Tagebuchblättern aus Nordfyrien', welche über j
Eindrücke auf einer Reife durch Syrien im November j
und Dezember 1910 berichten, läßt der durch fein reges j
und verftändnisvolles Intereffe an chriftlicher Archäologie I
bekannte Verfafler eine lehrreiche Überficht über das dort j
Gefchaute folgen. In Damaskus beginnt fie mit Paulus-
erinnerungen, und fie endet mit der von Aleppo aus auf- .
gefuchten kal'at sim an, dem prunkvollen Heiligtum Simons
des Styliten. Dazwifchen werden die Städte Horns
und Hamä, aber auch die Trümmerftätten Ba'albek,
Apamea, Hass, el-Bära, Rbc'a, Serdschilla, Der Sambll
und Ruweka befucht. Beobachtungen über die gefehenen
kirchlichen Bauwerke, ihre Säulen, Infchriften, Apfiden und
Ikonen geben eine lebendige, von Abbildungen verftärkte
Anfchauung von dem vielen, was hier aus vorarabifcher
Zeit erhalten ift. Der Lefer wird daraus entnehmen, wie
reich die Kultur des chriftlichen Syrien einft war, und
Teilnahme gewinnen für den Wiederaufbau von Kirche
und Chriftentum an der alten Stätte. Den Fachmann
kann es daran erinnern, daß hier noch mancherlei Aufgaben
zu löfen find, die für die Gefchichte des Chriftentums
auch in Paläftina ihre Bedeutung haben.
Jerufalem. Dalman.

Haase, Prof. Dr. Felix: Die koptifchen Quellen zum Konzil
von Nicäa. Überfetzt u. unterfucht. (Studien zur Gefch.
u. Kultur d. Altertums, X. Bd. 4. Heft) (123 S.) gr. 8°.
Paderborn, F. Schöningh 1920. M. 14 —

Es war Gerhard Loefchcke's Wunfeh, die koptifchen
(fahidifchen) Quellen des Nicaenifchen Konzils in Überfetzung
und kritifcher Bearbeitung vorzulegen. Haase
hat es unternommen, den Plan nun auszuführen. Es ift
dankenswert, daß er uns durch die Überfetzung die Benutzung
der Texte bequem gemacht hat, und die beigefügten
kirchen- und dogmengefchichtlichen Unterfuchungen
bringen manches Gute; in der Ablehnung der Echtheit und
Anfetzung in die 2. Hälfte des 4. Jh. ftimme ich H. zu.
Aber die Unterfuchung muß nicht bei Einzelbeobachtungen
flehen bleiben, fondern auf die ganze Sammlung gerichtet
fein — dann erft werden wir ficher auftreten können. Und

das ift nicht gefchehen, fo wenig, daß der Benützer von der
Überlieferung überhaupt kein klares Bild bekommt. Die
Einleitung S. 1—6 fteht in keiner rechten Beziehung zur
Überfetzung, und was H. S. 6 aus Crums Anmerkung
mit wunderlichen Mißverftändniffen überfetzt, wird nicht
jeder richtig einfehätzen.

Die Sache ift fo: Es gibt drei Handfchriften mit ,nicaenifchen
Akten'. Die B(orgia) Hs. fetzt fich aus Römifchen und Neapelei
Blättern zufammen: fie ift abgedruckt von Revillout im Journ. Afiatiquc
VII Ser. V 209 — 216. Die T(uriner) Iis. läuft diefem Text meift parallel
und ergänzt ihn, am Ende geht fie über das in B erhaltene hinaus
. Ausgabe des erften Teils ebenda unter dem Strich S. 219 — 256
(das ift der verbelferte Text, der anftelle von Journ. As. VII Ser. I
223 — 230 tritt) und des zweiten Teils Journ. As. VII Ser. I 234—264.
Während der erfte Teil in V dem Text B entfprechend unter ihm abgedruckt
ift, hat Revillout dies beim zweiten Teil unterlaffcn; diefer ift
parallel dem Text B V 257—266; bei I S. 252,16 =• V 266 unten hört
B auf, während T weiterläuft. Die P(arifer) Hs., von Eammeycr ediert,
bringt auch dasfclbe, was in B (V 257) fteht, die .Gnomen', und zwar
bis S. 266,. Die Überfetzung gibt nun ihre Duellen weder ftets präzise an,
noch bucht fie, was dringend nötig wäre, pünktlich die Varianten. Kt
S. 22 — 28 ift nicht, wie H. druckt, .Turiner Text', fondem B (V
209—216). K? S. 28—31 ift T (V 219—226); K3 S. 31— 44 ift B (V
219—2507), bringt alfo auch den Paralleltext zuT für die Seiten V219—226.
Die Fragmente S. 44—63 find willkürlich zufammengeftellt: S. 44 — 452,,
iftB (V 253,—256u), dann folgt S. 4529—47» T (V 25133 —254,,). Danach
die .Gnomen' S. 471() —63, nach T (I 234—2643), die ihre Para-
llelüberlieferung in B und P haben: P hört S. 552s bei txxXrjoia, B
Sa 5632 bei ,zwei Kleider hat' auf. Die Kanones S. 63—65 find aus B
(V 216—219). Das hätte gefagt werden müden; auch, was von den
Texten griechifch erhalten ift, follte suis locis notiert fein. Woher
foll z. B. der Lefer, der S. 78f. von einem .Brief des Erzbifchols Paulinus
v. Antiochien'lieft, willen, daß damit der anonyme Text S. 4529 IT.
gemeint ift, und daß diefer Text bei Athanas. tom. ad Antiochia 1 r (I2
S. 777 Montf.) griechifch zu lelen ift'r

Zweifelhaft ift mir, ob H. mit der Anaahme Recht
hat, daß B T P drei verfchiedene Überfetzungen darfteilen:
mir fcheint die Frage noch genauerer Prüfung bedürftig.
Im Ganzen kann man von H.s Arbeit fagen, daß wir das
Dargebotene dankbar hinnehmen, aber daß noch recht viel
zu tun übrig geblieben ift.

Jena. Hans L fetz mann.

Väth, Alfons S. I.: Der heilige Thomas der Apoltel Indiens

Eine Unterfuchung über den hiftorifchen Gehalt der Thomas- Legende
. (Abhdlgn. aus Miflionskundc u. Miffionsgefch. hrsg. v. Dr.
Mergentheim u. Dr. P. J. Louis, 4. Heft.) (47 S.) 8". Aachen, Xaveriusverlag
1918. * M. —
Es ift dem Verlader, der fich nach Ausbruch des Weltkrieges In
einem englifchen Gefangenenlager in den Gegenftand vertiefen konnte,
nicht gelungen, mit feinen Darlegungen, was die Überfehrift befagt, zu
beweifen. Über den Einfluß der fyrifchen Neftorianer auf das Vorkommen
von Thomaschriften in Südindien , wo er auch das Martyrium
des Apoftels tatfächlich vollzogen fein läßt, fpricht er fich nicht aus.
Der tendenziöfe Charakter feiner Kritik erhellt aus feiner Erwähnung
des Gegenzeugniffes von Herakleon: .Aber ein Gnoftiker, der den Katholiken
die Ehre, fo viele Märtyrer zu befitzen [und das im zweiten Jht.lJ
nieht gönnte, ift kein fehr zuverläffiger Zeuge'. Doch werden S. 46f.
willkommene Literaturnachweife gegeben.

Betheln. E. Hennecke.

Kurfeß, A.. Curac Conltantinianae.

K. faßt hier drei kleine Auffätze über Kaifer Konltantins .Rede an
die Heilige Verfammlung' zufammen, die er in verfchiedenen Zeitfeliriften
veröffentlicht und feinem Lehrer Hermann Diels zum goldenen Doktorjubiläum
gewidmet hat. Die beiden erften Auffätze behandeln die Verwendung
der vierten Ekloge Vergils in der Rede und der erfte (aus
Sokrates, Jahresbericht XXXXVI, 1920, 90 fr.) kommt zum Ergebnis,
daß, da die griechifche Erklärung der Ekloge zum teil mit den griechifchen
Verfen in Widerfprueh fteht und fich an den lateinifchen Wortlaut an-
fchließt, die Überfetzung der Ekloge nicht vom Überfetzer der Profarede
herrühre, fondem von einem andern eigens für die Rede angefertigt
worden fei. Der zweite (aus Pastor bonus 1920/21, 55 ff.) vermutet, daß
das äyußV nvtvf.ia in der Deutung der Schlußverfe der Ekloge den vor
weltlichen Chriftus meine, nach Proverb. 8, 22 ff. Der dritte (aus Ztfchr.
f. neuteft. Wirf. 1919/20, 27 ff) zeigt, daß die in der Rede unftreitig vorliegende
Benutzung von Platos Timäus wohl durch Cicero vermittelt fei.
Alle drei Auffätze find lehrreich, wenn auch der zweite weniger einleuchtet
. Die urfprünglich lateinifche Abfaffung der uns überlieferten
Rede aber und ihre Herkunft von Konftantin fcheint erwiefen zu fein.
München. Hugo Koch.