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Ausgabe:

1921

Spalte:

132-134

Autor/Hrsg.:

Benary, Friedrich

Titel/Untertitel:

Zur Geschichte der Stadt und der Universität Erfurt am Ausgang des Mittelalters 1921

Rezensent:

Scheel, Otto

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Theologifche Literaturzeitung 1921 Nr. 11/12.

132

Diehl, Prof. Charles: Histoire de L'Empire Byzantin. (XI,
239 S.) 15 Taf. u. 4 Karten.) kl. 8U. Paris, A. Picard
1920. fr. 8 —

Der durch feine großen und grundlegenden Werke
über Juftinian (1911), über die byzantinifche Verwaltung
Nordafricas, (1896) und im Exarchat von Ravenna (1888),
vgl. Etudes byzantines (1905) durch feine geiftreichen Darftellungen
byzantinifcher Frauengeftalten (Theodora 1904,
Figures byzantihes 1906/8), fowie (ein reichhaltiges Handbuch
byzantinifcher Kunftgefchichte (1910) weiten Kreifen
als einer der beften Kenner diefes Gebietes bekannte
Parifer Gelenrte hat, nachdem er 1915 durch eine Monographie
über Venedig als Patrizierrepublik feine Studien
für die Spätzeit abgerundet hatte, den Gefamtertrag in
2 Werken zufammengefaßt: Byzance, grandeur et deca-
dence (Paris 1919), (teilt die treibenden Kräfte der byzan-
tinifchen Gefchichte heraus; das vorliegende Buch gibt
diefe felbft im Überblick, in meifterhafter Knappheit
(manche Partien erinnern an G. Krügers Papftgefchichte),
in echt franzöfifcher Lebendigkeit. Mit Konltantins Gründung
hebt fie an, mit dem Heldentod des letzten Kaifers
der Romäer auf der von den Türken erftürmten Mauer
von Konftantinopel fchließt fie dramatifch ab. Es ift
Herrfchergefchichte, was Diehl bietet: Juftinian, aber auch
Leo der Ilaurer, Bafilius der Macedone, Alexis der Kom-
nene, Michael der Paläologe u. a. treten in ihrer ganzen Bedeutung
und Herrfchergröße vor uns, und die oft verkannte
Tüchtigkeit diefer Staatsmänner wird hier in helles
Licht geftellt. Aber neben der politifchen und kriege-
rifchen Seite wird auch die gerade in Byzanz fo eng
damit verflochtene kirchlich-theologifche gebührend beachtet
: die Abfplitterung im Orient, das Schisma und
die Unionsverfuche mit Rom. Daß Kultur, Literatur und
Kunft bei einem Ch. Diehl nicht zu kurz kommen, ver-
fteht fich von felbft.1 Befonders reizvoll find die Bilder,
die er am Schluß von den beiden Höfen in Miftra und
Trebizonde mit ihrer mittelalterlichen Ritterlichkeit und
ihrer Renaifiancehaften Erneuerung des alten Hellenen-
tums entwirft. So tritt dies franzöfifche Werk ebenbürtig
neben H. Geizers Abriß der byzantinifchen Kaifergefchichte
(in Krumbachers Gefchichte der byz. Literatur1 1897) und
byzantinifche Kulturgefchichte (1909). Eine Kaifer- und
eine Datenlifte, eine kurze Bibliographie von erfreulicher
Unparteilichkeit, 4 Karten und 17 Abbildungen (meift aus
dem Manuel de l'art byz. übernommen, fein ausgewählt,
aber nicht ganz befriedigend ausgeführt) erhöhen den
Wert des Buches.

Halle. v. Dobfchütz.

1) Byzanz ift ihm das Paris des Mittelalters, wie er mehrfach fich
ausdrückt.

Epiftolae Selectae in uftim Scholarum ex Monumentis Ger-
maniae Hiltoricis. Tom. II, Fase. I: Das Regifter Gregors
VII. hrsg. von Erich Cafpar. L: Buch I—IV.
(XLII, 347 S.) gr. 8°. Berlin, Weidmann 1920.

M. 20 —

Diefe neue Ausgabe des Regifters Gregors VII, von
der der erde Teil, die 4 erften Bücher und die Einleitung
des Herausgebers umfaffend, vorliegt — der zweite foll
die übrigen Bücher und Namen- Wort- und Sachregifter
bringen, ift im Drucke fchon begonnen und foll bald er-
fcheinen — beruht auf der durch den Jefuiten W. M. Peitz
gewonnenen Erkenntnis, daß in der im Vatikanifchen
Archiv befindlichen Handfchrift Reg. Vat. 2 ein in der
päpftlichen Kanzlei geführtes Originalregifter erhalten ift.
Der Herausgeber mußte es darum für feine Pflicht halten,
ein in jeder Beziehung erfchöpfendes und zuverläffiges
Bild diefer Handfchrift zu geben. Und das ift ihm, foweit
einer, der diefe einzufehen nicht in der Lage ift, urteilen
kann, auch vollftändig gelungen. Es durfte natürlich nicht
allein ein Abdruck diefer einen Handfchrift gegeben,
fondern es mußte die gefamte Überlieferung, Empfänger,

fowohl wie Regifter- (Ausfteller-) Überlieferung, wie der
Herausgeber fagt, berückfichtigt werden. Darüber gibt
die Einleitung Auskunft. Auch hier ift eine Vollftändig-
keit — Vollftändigkeit hier natürlich nur gemeint im Sinne
der notwendigen Vollftändigkeit — und Sorgfamkeit erreicht
worden wie bei den Ausgaben des Regifters Gregors
bisher noch nie. Die Regifter und die knappgehaltenen
erklärenden Anmerkungen find mit großer
Sorgfalt und Gelehrfamkeit gearbeitet. Die Ausgabe ift
fo die erfte wirklich wiffenfehaftliche Ausgabe des Regifters
geworden. Auch die Verlagsanftalt hat fich ein
großes Verdienft erworben, indem fie trotz aller Schwierigkeiten
die Drucklegung durchführte. Hoffen wir, daß die
Monumenta ihre Arbeit ungehemmt und mit dem alten
Erfolge weiterführen können.

Eine Tafel, auf der die verwendeten Zeichen kurz erklärt
werden, erfcheint mir wünfehenswert, wie folche ja
bei anderen Ausgaben auch gebräuchlich find.

Kiel. G. Ficker.

GlitlCh, Priv.-Doz. Dr. Heinrich: Gottesurteile. (Voigtländers Quellenbücher
Bd. 44) (63 S. m. 7 Abbildgn.) kl. 8°. Leipzig, R. Voigtländer
(o. J.). Steif geh. M. — 60

Diefe kleine Sammlung von Texten aus alter und neuer Zeit wird
vielen willkommen fein, um zu fehen, wie die Vorftellungen von Gottesurteilen
(Feuer- Waffer- ulw. Probe, Zweikampf) bei den verfchiedenften
Völkern, nicht nur bei den Indogermanen verbreitet gewefen. und noch
heute find und wie fich auch bei verlchiedenen Völkern die gleichen
Vorftellungen finden. Auch der Anteil, den die mittelalterliche Kirche
an den Gottesurteilen gehabt hat, tritt hervor. Im 3. Abfchnitt werden
Beftimmungen von Päpften und Kailern gegen fie abgedruckt. — Die
Texte find in deutfehen ( berletzungen wiedergegeben. —

Auch das vorliegende Heft beweift die Nützlichkeit von Voigt-
länders Quellenbüchern.

Kiel. G. Ficker.

Heller, Prof. Julius: Nördlinger Gotteshäufer. Mit einem
Anhang: Das Klöfterle. Nördlinger Begräbnisftätten.
(57. S.) gr. 8°. Nördlingen, C. H. Beck 1920. M. — 75
Die alte Reichsftadt Nördlingen hat nicht bloß in
der politifchen Gefchichte ihren Namen, fondern auch in
der Kunftgefchichte ihre Stelle. Heller wünfeht feinen
Mitbürgern eine .Anleitung zum richtigen Sehen und
Schauen' zu geben und die Augen zu öffnen für die hohen
Denkmalswerte, die in ihren Gotteshäufern ihrer Hut anvertraut
find. Er befchreibt fchlichtund warmdieSt.Georgskirche
, die größte Hallenkirche Süddeutfchlands (1—30);
die Salvatorkirche (31—38), mit Nachtrag: Zwei Bilder
von Hans Leonh. Schäufelin (39—42); die Hospitalkirche
(43f.);dieGottesackerkirche(45—48);dieSynagoge(48—50);
im Anhang: das Klöfterle (51—54). Wir (ehen, Nördlingen
befitzt, von der neuen Gottesackerkirche und der
neuen Synagoge abgefehen, nicht nur, wie es nach Dehios
Handbuch III den Anfchein haben könnte, die beiden
erftgenannten alten Kirchen, fondern noch zwei weitere
alte kirchliche Bauwerke, nämlich das fog. Klöfterle. d. i.
die ehemalige Barfüßerkirche, die i. J. 1586 in das Kornbaus
umgebaut wurde, und die Hospitalkirche, die zwar
das kleinfte, dafür aber wohl auch das ältefte der Nördlinger
Gotteshäufer ift. Angefugt ift ein gefchichtlich
orientierender Auffatz von H. Gofchenhofer .Nördlinger
Begräbnisftätten'.

Für einen Neudruck empfehle ich i. die Beigabe einiger Abbildungen
nebfl Grundriffen; 2 die Beigabe eines Regifters; 3. die Beigabe
einer kurzen Zufammenftellung der einfehlägigen Literatur; 4. die
Revifion des Textes in ftiliftifcher Beziehung; .blühgotifch' und ,der'
Selbdritt (38) fagt man nicht. — Der Pilger auf der Beweinung Chrifti
von Schäufelin (40f.) ift Jakobus d. Ä. — Das Rätfei der größeren
Geräumigkeit des Chores gegenüber dem Schiff an der Hofpitalkirche
(43) erklärt fich daraus, daß der jetzige Chor ein Neubau vom Ausgang
des Mittelalters ift an Stelle des urfprünglichen kleineren.

Berlin. Georg Stuhlfauth.

Benary, Dr. Friedrich: Zur Gefchichte der Stadt und der
Univerlität Erfurt am Ausgang des Mittelalters, i. Über
die Erfurter Revolution von 1509 u. ihren Einfluß auf
die Erfurter Gefchichtfchreibung. 11. Die Vorgefchichte