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Ausgabe:

1921

Spalte:

102

Autor/Hrsg.:

Bartmann, Bernhard

Titel/Untertitel:

Paulus als Seelsorger 1921

Rezensent:

Dobschütz, Ernst

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Theologifche Literaturzeitung 1921 Nr. 9/10.

102

der biblifchen Allegoriftik als Quelle zurückxulenken. Die Spirituali-
lierung urfprünglich profan-erotiicher Dichtung wie Canticuin u. Ps. 45
ift ja in der Tat nicht erft auf chriftlichem Boden gepflegt worden,
fondern Erbftück aus jüdifchen Kreifen, und wahrfcheinlich alt, andernfalls
diefe Literaturftücke nicht im Kanon der Synagoge flehen würden.
A.'s Sammlung von Zeugniffen für die traditionelle Vorftellung der Kirche

fo geben fie Matth. Kap. 10, 28 + 30 + 32 4- 34 + 38 + 39
die fechsfache Motivierung der Furchtlofigkeit. Sehr einfach
wird auch die Bergrede zufammengefaßt und gegliedert:
Kap. 5 die Vollkommenheit, Kap. 6 die Frömmigkeit, Kap. 7
die Wirkungen des Gottesreichs (im Tun). Hier wäre es m.E.

als Braut des Chriftus ift dankenswert, im befondern fein Hinweis auf | beffer gewefen, nicht Ehebruch und Ehefcheidung 5, 27—32
den großen Hymnus des Neftorianers Narfes auf die Hochzeit des j zufammenzufaffen und fo fünffach die Vollkommenheit

Meffias-Bräutigams mit der Braut Kirche. Übrigens erheben (ich bei
der Lektüre diefer Dichtung eine Reihe wichtiger literaturgefch. Probleme
. Stil und Sprache, aber auch religiöfer Ideengehalt ftellen den
Memrä des Narses zum literarifchen Typus der Oden Salomos. Die
formale Verwandtfchaft von 54fr. mit dem Lob der Väter in dem großen
Hymnus des Jefus Sirach ift gar nicht zu verkennen, und der Anklang
an den Mufivftil der fynagogalen religibTen Barockdichtung des Mittelalters
legt die Vermutung tieferer literarifcher Zufammenhänge nahe.
jena> W. Staerk.

Strack, Hermann L.: Einleitung in Talmud und Midras.

5. neu bearb. Aufl. der „Einleitung in den Talmud".

(XII 233 S.) gr. 8°. München, C. H. Beck 1921.

V M. 11—; geb. M. 15.50

Und mag dem Neide fein Herz zerbrechen, dennoch
bin ich der erste gewefen" — das ftolze Wort Reuchlins
in bezuo- auf feine hebräifche Grammatik darf Strack für

zu illuftrieren, fondern die Beifpiele zu trennen und damit
das fechsfache ,Ich aber fage euch' zu wahren. Vereinzelt
mag man zunächft theoretifche Bedenken haben, aber
bald überwiegen die praktifchen Gefichtspunkte. Möge
die Schrift bald eine zweite Auflage finden; denn fie ift
die befte Überficht, die ich kenne.

Königsberg. i/Pr. Pott.

Bartmann, Prof. Bernhard: Paulus als Seelforger. (122 S.)
8°. Paderborn, F. Schöningh 1920. M. 6—

Neben die feine, geiftvolle Studie Heinricis 1910
(Bibl. Zeit- und Streitfragen VI 1), die Paulus als Seelforger
ganz auf dem Hintergrunde feiner Zeit zeichnet,
ftellt fleh hier ein katholifches Gegenftück, das ganz aus
den Intereffen der Praxis heraus Paulus als Vorbild des

das vorliegende Werk voll in Anfpruch nehmen und j heutigen Seelforgers fchildert. Nach einem Bilde des

überdies anfügen: „Auch hat es mir noch heute niemand
gleich getan". — Die erfte Auflage des Buches gab vor
24 Jahren der wiffenfehaftlichen Welt erftmalig ein fcharf
umriffenes, objektives und reichhaltiges Bild vom Inhalte
und Wefen des Talmuds fowie von der an ihm geleifteten
alten und neuen Geiftesarbeit. Die Notwendigkeit einer
5. Auflage binnen diefer Zeit bei einer Arbeit auf einem
den meiften an fich fo fern liegenden Sondergebiete beweift
allein fchon den Wert diefer Leiftung deutfehen
Gelehrten fieißes, an die fich kein Wettbewerb herangewagt
hat. Nur der jetzt 73jährige Verfaffer vermochte
fich felber zu überbieten, indem er in diefer Neuauflage
feinem Talmud-Standwerke noch obendrein eine Einleitung
in die jüdifche Midrafch-Literatur beigefellte
und damit für diefes bisher faft nur in Umriffen bekannte
Gebiet diefelbe wirklich „epochale" Aufklärungsarbeit
tat, wie feit 1887 für den Talmud. Wiffenfchaftliche Genauigkeit
, Zuverläffigkeit und menlchenmögliche Voll-
ftändigkeit verlieht fich bei einem Werke Stracks von
felbft. Als Druckfehler ift mir nur (S. 68, Z. 5 v. u.)
„pT" ftatt „bT" (babylonifcher Talmud) aufgefallen. —
Der Preis für das nie veraltende, vornehm ausgeftattete
Buch ift ungewöhnlich billig, defto höher der Wert.
Leipzig. Erich Bifchoff.

Bauer, Prof. D. J.: Kurze Überficht über den Inhalt der neu-
teftamentlichen Schriften. (IV, 59 S.) 8°. Tübingen,

I, C. B. Mohr 1920. M.6—- I herauszukommen: bleiben wir alfo drin und lafien uns

Seelforgers werden uns feine Gemeinden, dann feine
Methode vorgeführt; ein Kapitel: Einft und Jetzt macht
den Befchluß. Der Apoftel ift fehr gut in feiner durchaus
religiöfen Beftimmtheit erfaßt; ein fchiefer Satz wie
der: ,Paulus war Intellektualift' wird durch andere Ausführungen
z. B. über Paulus als Beter völlig aufgewogen.
Lange Zitate aus Paulus (wie es fcheint, in felbftändiger,
oft recht guter Überfetzung, hie und da in Vulgata) geben
dem Bild Frifche und Farbe; dabei werden natürlich die
Paftoralbriefe mit verwendet, der Hebräerbrief nur einmal,
für das priefterliche Opfer! Den katechetifchen Praktiker
verrät die zuweilen etwas aufdringliche Gliederung. Kap. 2
zeigt Paulus in einem Zweifrontenkrieg: gegen Judaismus
und fpiritualiftifchen Antinomismus. ,Paulus befaß die
Paftoralklugheit, zwifchen beiden Extremen den rechten
Mittelweg zu finden'— nein: er ftand darüber! Schade,
daß das fonft erfreuliche Buch, aus dem auch der evan-
gelifche Seelforger manches lernen kann, deffen verftän-
dige, lebenswarme Gedanken im Schlußkapitel mit dem
Drängen auf innere, lebendige Frömmigkeit, mit dem
Eintreten für das Recht der Individualität, mit der Betonung
des Prophetifchen im geiftlichen Amt direkt wohltuend
wirken, verunziert wird durch unwürdige und ungerechte
Polemik gegen den Proteftantismus: ,die orthodoxen
Proteftanten alter und neuer Zeit, die mit Luther
der Meinung find: Wir flecken doch alle bis über den
Kopf in demfelben Schlamme und bemühen uns vergebens

Eine Überficht über den Inhalt der NT. Schriften, j zudecken mit der Gnade Gottes' — es dürfte dem Verf.

dem wirklichen Tatbeftand entfprechend und praktifch, | fchwer fallen, den urkundlichen Beweis hierfür zu erbringen,

d. h. unter möglichfter Rückficht auf die gewöhnliche : Dann ift das aber Verleumdung und eines Seelforgers

Einteilung, klar gegliedert, leicht verftändlich — folch unwürdig.

eine Überficht ift auch heut noch dringendes Bedürfnis Halle. von Dobfchütz.

für Studenten, für Übungen, für jeden, der in der Praxis

fleht. Solch eine Überficht will die hier gebotene fein Kol modin, Prof. Ad.: Varldsmissionens bibliska grund.

und ift es in der Tat. Verfaffer geht überall möglichft (120 S.) 8°. Uppfala, J. A. Lindblad's Vorlag 1920.
von der überlieferten Kapiteleinteilung aus, und wieweit Der durch feine Theodor Zahn gewidmete Neues
ihm gelingt, dabei zutreffend den Gedankengang zu teftamentliche Einleitung (1915) und feine Schrift über
fixieren, zeigt, daß uniere Kapiteleinteilung nicht ganz fo „Die Autorität der Schrift nach Luther" (1919) als ein
fchlecht ift wie ihr Ruf; aber er hütet fich auch, einen ; gründlicher Forfcher nach deutfeher Methode bekannte
logifchen Gedankengang zu erzwingen, wo es fo unmög- Verfaffer hatte befondere Veranlaffung den „biblifchen
lieh ift, wie z. B. bei dem 1. Petrusbrief. Muftergültig Grund der Weltmiffion" zu erörtern. Denn er ift einer
gewinnt er die Einteilung des Römerbriefs fo einfach und der führenden Miffionsmänner in Schweden, und die von
fo ftraff aus dem Thema, während die üblichen rein formalen | ihm feit 9 Jahren herausgegebene Svensk Missionsfidskrifd
Einteilungen teilweile dem Thema fich entziehn. Der Brief i ift eine auf der Höhe ihrer Aufgabe flehende Zeitfchrift,
handelt von der Gotteskraft für den einzelnen Kap. 1—n ! welche die über den Nationen flehende Miffionspflicht
(als religiöfe Kraft 1 — 5, als fittliche Kraft 6—8, als Kraft auch im Kriege ftets mannhaft vertreten und gegenüber
für alle auch für die Juden 9—11) und für das Gemein- allen unchriftlichen Beeinträchtigungen der deutfehen
fchaftslebenKap. 12—15. Überall find Sprüche aufgeführt, j Miffion geltend gemacht hat. Es lag ihm offenbar an,
die als Merk- und Leitworte dem Gedankengang dienen; den biblifchen Grund diefer Stellungnahme und damit