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Ausgabe:

1921

Spalte:

83

Autor/Hrsg.:

Ruville, Albert von

Titel/Untertitel:

Die Kreuzzüge 1921

Rezensent:

Ficker, Gerhard

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83

Theologifche Literaturzeitung 1921 Nr. 7/8.

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eingehend befpruchen; dieEigenarten der ethnographifchen : Difputation, genauer eine Determination, alfo den fchul-
künftlerifchen Gruppen, zumal der Nordländer gegenüber gerechten Abfchluß einer Difputation entdeckt, die ca
den Italienern, wie der verfchiedenen Zeitalter immer fach- j 1260 in Neapel vor König Manfred gehalten wurde. Der
kundig und lichtvoll gegeneinander abgewogen und klar- j determinierende Magifter war Petrus de Hibernia, der
geftellt. Für fchwedifche, nicht minder aber für die nicht- j Jugendlehrer des Thomas von Aquino. Die Determination
fchwedifchen Lefer haben ganz befonderes Intereffe die J führt uns in die neue ariftotelifche Bewegung hinein und
Bilder und die Befprechung der nordifchen Meifter des zeigt uns Petrus, von dem wir bisher herzlich wenig
Chriftusbildes: Dänen (Skovgaard), Schweden (Byftröm, j wußten, als einen nicht gerade tieffinnigen und kraft-
Börjeffon, Millesu.a.), Finnen. Ein fyftematifch geordnetes J vollen, aber doch vom Auguftinismus und Neuplatonismus
I >iteraturverzeichnis befchließt den Band; ich vermiffe darin, j (auch eines Avicenna) abgerückten, auf Averroes fich
von anderen abgefehen, die Namen Nik. Müller und Ernft j ftützenden Ariftoteliker. Ihm vermutlich verdankt—neben
von Dobfchütz, auch meinen eigenen als den des Ver- eigener fyftematifcher Veranlagung — Thomas feinen
faffers des Theol. Jahresberichtes über kirchliche Kunft ficheren Ariftotelismus, der ihn fpäter in Köln befähigte,
1901 —1910. Ein Regifter fehlt gänzlich. Alles in allem I den breiten, ftark von Avicenna beeinflußten Vortrag des

Albertus Magnus ariftotelifch-averroiftifch zu konzentrieren.
In Thomas lebt Petrus von Hibernia fort. B.s fchöne Entdeckung
und feffelnde Begründung verdient rege Beachtung
.

Tübingen. Scheel.

möchte ich fagen, daß ein Buch ähnlich wie das Mann
ftröms auch dem deutfchen Kirchenvolke guten Dienft
leiften könnte.

Berlin. Georg Stuhlfauth.

von Ruville, Prof. Albert: Die Kreuzziige. (Bücherei der
Kultur u. Gefchichte, Bd. 5) (VI, 370 S.) kl. 8°. Bonn,
K. Schroeder 1920. M. 21 —

Dieles Buch ift nicht aus eigenen Forfchungen hervorgegangen
, fondern aus der modernen Literatur über die
Kreuzzüge herausgearbeitet. Es will ,eine klar ver-
ftändliche, möglichft harmonifche Geftaltung der Kreuzzugsbewegung
von A bis Z vollziehen, eine Geftaltung,
die die Ürfprünge, Zufammenhänge, Beziehungen aus
transzendentalen Tiefen heraus zum Verftändnis brächte
und nichts darböte, was nicht wefentlich zum Verftändnis
beitrüge' .... Es will zeigen, ,was für ein Bild des Ganzen
aus den taufend Arbeiten dem von hohem Standpunkt
Betrachtenden entgegenleuchtet.' Der Verfaffer hält die
Idee der Kreuzzüge für völlig verfehlt, und deswegen
wohl fpricht er auch nicht von den großen Erfolgen, die
fie für die Kultur des Abendlandes gehabt haben.
Jerufalem durfte nicht im Befitz der Chriften bleiben,
weil es Luc. 21, 21 (d. h. 24) heißt: Jerufalem wird zertreten
werden von Heiden, bis daß die Zeiten der Heiden
erfüllt find, und weil Jerufalem der Tiberftadt keine Konkurrenz
machen follte. Für einen Hiftoriker fcheint es
mir recht gefährlich zu fein, die Abfichten Gottes darlegen
zu wollen, wie der Verf. es überall tut. (Das find
wohl die oben erwähnten transzendentalen Tiefen).
Freilich, wer fchreiben kann (S. 3): ,Das Kaifertum war
eine geheiligte Inftitution, fchon dadurch, daß es aus der
Zeit Chrifti flammte und die weltliche Obrigkeit des Er-
löfers gewefen war', von einem folchen Hiftoriker läßt
fich manches erwarten. Die Päpfte glaubten doch auch
die Gedanken Gottes zu kennen, wenn fie zum Kreuzzuge
aufforderten; für ihre Urteilsfähigkeit ift das Buch vernichtend
.

Kiel. G. Ficker.

Getz, F. Eroberung von Konftantinopel. (Voigtländers Qucllenbücher 87).
(152 S.) Id. 8U. Leipzig, R. Voigtländer 1920. M. 4.50

Die Überfettung einer der wichtigften Quellenfchrif'teii zur Gefchiclite
des 4. Kreuzzuges wird allen willkommen fein, die das Verhältnis von
Abendland und Morgenland im Mittelalter kennen lernen wollen. Die
Eroberung Konftantinopcls im J. 1204 kann zudem zeigen, daß nicht
etwa nur ideale Beweggründe zu den Kreuzzügen geführt haben. Der
Überfetzer hat in der Einleitung über die Bedeutung der Schrift Gottfrieds
gehandelt und dem Texte erläuternde Bemerkungen, eine Zeittafel,
eine Reihe anderer Quellenftücke, befonders aus Nicetas, ein Literaturverzeichnis
, einen Plan von Konftantinopel und eine Karte beigefügt.
Kiel. G. Ficker.

Lehmann, Paul: Ein Bücherverzeichnis der Dombibliothek von Chur
aus dem Jahre 1457. (Sitz-Ber. d. Bayr. Akad. d. Wiff., philof.-
philol. u. hift. Kl. Jg. 1920, 4. Abh.) (22 S.) 8». München, G. Franz
i. Komm. 1920. M. 1.60

Der verdienflvolle Herausgeber des 1. Bandes der mittelalterlichen
Bibliothekskataloge Deutfchlands und der Schweiz (i918) gibt hier als
Nachtrag zu feinem großen Werke den von (lud. A. v. Caftelmur entdeckten
und ihm zur Verfügung geftellten Katalog der Churer Dombibliothek
von 1457. Er verzeichnet 300 Handfchriftenbände, anfcheincnd
fämtlich vorwiegend lateinifchen Inhalts in der Form eines Standorts-
regifters mit Angabe der Bücherpulte und Signaturen. Seltenheiten bietet
er kaum, vorhanden ift von den Handfchriften nichts mehr. Die fpär-
lichen Nachrichten über die Churer Dombibliothek (teilt der Herausgeber
im Schlußwort zufammen.

Zürich. W.Köhler.

Ludwig, Dr. Vinzenz Oskar: Der Kanoni(ationsprozef) des
Markgrafen Leopold III. des Heiligen. Mit 2 Abbildgn.
(Jahrbuch des Stiftes Klofterneuburg. IX.) (CCXVI,
220S.) gr. 8°. Wien, W. Braumüller 1919. M. 20 —
Gern blättert man in dem ftattlichen, gut ausgeflutteten
, durch 2 Reproduktionen verfchönten Buche.
Die zufammenhängende Lektüre koftet freilich einige
Überwindung, da die liebevolle Verfenkung in den Stoff
den Verf. zu einer gar zu breiten Darftellung belanglofer
Einzelheiten verführt hat. Freilich hat fich der Kanoni-
fationsprozeß des Stifters von Klofterneuburg über etwa
130 Jahre hingezogen. Die Kanonifationsbeftrebungen
begannen unter dem ehrgeizigen Herzog Rudolf IV., die
Kanonifationsbulle trägt das Datum des 6.1.1485. Trotzdem
wäre es nicht nötig gewefen, alle Wandlungen des Prezelles
breit auszumalen. Der Lokalforfcher mag aus den
langen Zeugenliften einigen Nutzen ziehen. Der Kirchen-
hiftoriker findet beftätigt; daß die Kurie der Renaiffance-
zeit aus derartigen Anläflen trefflich Geld zu ziehen ver-
ftand. Wieweit der Kirchenrechtler aus den juriftifchen
Einzelheiten des Prezelles Neues zu erfahren vermag,
kann ich nicht beurteilen. Kulturgefchichtlich ift manches
lehrreich. Die angeftrebte Verbindung mit der allgemeinen
Gefchichte der Zeit bleibt in oberflächlichen Hinweifen
flecken. Ob es notwendig war, die fämtlichen Urkunden
und Aktenftücke in extenfo abzudrucken, darf billig bezweifelt
werden. Der große Fleiß des Verfaffers hätte
bei ftrafferer Selbftzucht ein erfreulicheres Ergebnis gezeitigt
. Immerhin werden Unterfuchungen ähnlicher Art
an dem Werk nicht vorübergehen dürfen.

Hannover. G. Bonwetfch.

Baeumker, Clemens: Petrus de Hibernia der Jugendlehrer

des Thomas von Aquino u. feine Difputation vor Bilychnis. Rivifta meniile di ftudi religioli, edita dalla facolta
König Manfred. (Aus Sitzgsbericht. d. Bay. Akad. d. della fcuola teologica battifta di Roma. Anno IX,
Wiff, Philof.-philolog. u. hiftor. Klaffe, 1920, 8. Abhdlg. fasc. XV e XVI Lex. 8". Roma, Libr. editr. Bilych-
(S2S.) 8°. München, G. Franz'fche Verlagsbch. in nis, Via Crescenzio 2, 1920. L.2—; jährl. 15 —

Komm. 1920. M. 1.20 ; Die italienifche Monatsfchrift Bilychnis erfcheint feit

In einer von Schum als eigenes Stück nicht erkannten j 1912 jährlich (jetzt) in zwei Bänden, monatlich je ein Heft

Handfchrift der Amploniana zu Erfurt hat Baeumker eine j von 5 -6 Bogen in Quart. Ihre Herausgeber find Prof.