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Ausgabe:

1921

Spalte:

35

Autor/Hrsg.:

Döllinger, Joh. Jos. Ign. v.

Titel/Untertitel:

Betrachtungen über das Wesen der deutschen Universitäten 1921

Rezensent:

Harnack, Adolf

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Theologifche Literaturzeitung 1921 Nr. 3/4.

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Das von Laffon felbft gefchriebene Bändchen über
Hegel als Gefchichtsphilofophen muß als Nachwort, be-
ziehungsweife als Einleitung gewertet werden. Den Er-
kenntnisftand fördert es wohl nicht, foll es vermutlich auch
nicht fördern. Es ift ein nach Hegelfchem Mufter in
ftrengen Dreiteilungen aufgebauter Überblick über Hegels
Bedeutung für die Gefchichtsphilofophie und wird als
Einführung für Anfänger gewiß feine Dienfte tun. Ein
Kupferftich von Sichling, in dem der Denker in Hegel
fehr fchön erfaßt ift, ift dem Bändchen vorangeftellt.
Kiel. Heinrich Scholz.

Jahrbuch für Brandenburgilche Kirchengelchichte. Hrsg. von Prof.

D. Leopold Zfcharnack. 18. Jahrg. (64 S.) gr. 8°. Berlin,
M. Warneck i. Komm. 1920.
Referent druckt die in der Zwickauer Ratsfchulbibliothek befindlichen
Briefe von Georg Buchholzer, dem nachmaligen Propft von
Berlin, an Stephan Roth aus den Jahren 1526 und 27, als Buchholzer
noch Pfarrer in Buckau (Hohenbucko bei Schlieben) und fodann in
Schöna und Colpin war. Weiter beendet Karl Aner feinen Auffatz
über ,zwei märkifche Landgeiftliche aus der Aufklärungszeit', gibt A.
Parifius Beiträge zur Würdigung eines anderen Auflilärungstheologen,
nämlich Gottfried Auguft Ludwig Hanfteins (vgl. Walter Wendland im
Jahrbuch 13,88 ff.), indem er Briefe aus deffen Tangermünder, Brandenburger
und Berliner Zeit an einen Amtsbruder veröffentlicht, in denen
Hanftein als teilnehmender Tröfter und Seelforger erfcheint, aber auch
auf kirchliche und fchulifche Dinge und die gemeinfame Arbeit an
theologifchen Zeitfchriften eingeht. Da ,der Druck des Jahrbuchs leider
der gewaltig gediegenen Druckkoden wegen mit dem 4. Bogen abgebrochen
werden mußte', folgen nur noch ,Buchanzeigen' und die Aufforderung
zur Mitarbeit an einer Brandenburger Presbyterologie- und
Patrozinienforfchuug.

Zwickau i. S. O. Clemen.

Kartner, Obl. Dr. theol. Karl: Kirchengerchichte Schiebens. (59 S.)

8". Königshütte, Verl. d. .Literar. Vereinig, a. K. G.' 1920.

M. —

Eine kurze Gefchichte des Bistums Breslau vom katholifchen Standpunkt
für Schüler höherer Lehrandalten und Volkshochfchulkurfe, endend
mit einer Verherrlichung des Fürftbifchofs Kopp.

Zwickau i. S. O. Clemen.

ZÜndel, Friedrich f: Johann Chriftoph Blumhardt. Ein Lebensbild.
7. neubearb. Aufl. von Dr. Heinrich Schneider. (410 S.) 8". Gießen,
Brunnen-Verl. 1920. geb. M. 16.80

Die Zündel'fche Blumhardt-Biographie id feit der 6. Aufl. von Dr.
Heinrich Schneider neubearbeitet. Der Bearbeiter wollte bei feiner
,Neugedaltung desbewährten Buches' ,nichts hinwegtun von der alten
aus der Ewigkeit gefchöpften Kraft und nur das manchmal überwuchernde
Rankenwerk befchneiden'. Ich habe das Buch mit lebhafter Anteilnahme
gelefen, zumal Bl. felbd ausgiebig zu Worte kommt, aber doch bedauert,
daß wir nicht eine kritifche, religionspfychologifch gefchulte Dardellung
befitzen. So lange muß und wird Zündel uns dienen.

Hannover. Schuder.

Döllinger, Prof. ignaz: Betrachtungen über das Wefen der deutfehen
Univerfitäten. Hrsg. von Prof Dr. Wilhelm Lubofch. (VI, 72 S.)
8". Würzburg, Kabitzfch & Mönnich 1920. M. 2.25

Ein dringendes Bedürfnis, diefe vor hundert Jahren verfaßte, ver-
fchollene Brofchüre neu herauszugeben, bedand nicht; denn an die
Schriften von Fichte und Humboldt, mit denen fie eind verglichen
worden id, rexht fie keineswegs heran. Aber fie id doch das Dokument
eines echten deutfehen Univerfitätsprofeffors, gibt einer Gerinnung Ausdruck
, die uns heute nötiger id als jemals, und enthält auch eine Reihe
trefflicher gefchichtlich-politifcher Beobachtungen, z. B. (S. 68): ,Es gibt,
glaube ich, drei Arten Politiker, die echten, deren univerfeller Sinn
die Individualität vergelten läßt und deren Bufen reine Menfchenliebe
ausfüllt; fie mögen feiten fein; die ei gen finnigen, denen Alles nicht
recht id, was die Regierungen tun, weil fie nicht auch dabei find, und
die hungrigen', oder (S. 69): .Bei Revolutionen kommt es immer darauf
an, wer regieren foll; die armen Tröpfe, die fich darein milchen um
der fogenannten Freiheit willen, werden am Narrenfeile herumgeführt
und muffen als Mittel dienen'.

Berlin. A. v. Hamack.

Stange, Liz. Erich; Ein MenTchenalter deutlcher cbriftlicher Studentenbewegung
. Das Wefen und Werden der Deutfehen Chridl. Studenten
-Vereinigung. (Stimmen aus der Deutfch. chridl. Studenten-
bewegg. Heft I) (43 S.) 8». Berlin, Furche-Verlag 1920. M. 3 —
Eine dankenswerte Skizze. Verf. deht felbd in der Bewegung. Er
fcbildert in kurzen Strichen ihren Werdegang, von fchwach befuchten
Konferenzen und kleinen Bibelkränzchen im Anfang der 90er Jahre
bis zu der großzügigen Liebesarbeit des deutfehen Studentendiendes
während der Kriegszeit; er lehrt uns ihre innerde Triebkraft wie auch
die in ihr vorhandenen Spannungen kennen. Erdere id das zentrale
Chriduserlebnis, das felbd den problemhungrigen Studenten nicht fo

fehr zum Grübeln wie zum Handeln drängt. Die letzteren haben fich im
Laufe der Bewegung teilweife bereits ausgeglichen, fo die Spannung
zwifchen der korporativen und der evangelidifchen Tendenz; teilweife
jedoch bedehen fie noch fort, da man fich trotz bewußter Hervorhebung
der religiös-innerlichen Aufgabe nicht gegen die auch das Studenten-
leben aufwühlende foziale Frage, und Irotz der Fedlegung auf die Haupt-
pofition des alten Glaubens nicht gegen die Weltanfchauungsnöte der
Gegenwart verlchließen kann und will. Vermutlich hat Verf. diefe
Spannungen im Auge, wenn er zum Schluß, ohne nähere Aufklärung
zu geben, bemerkt, daß die deutfehe chridliche Studentenbewegung mitten
in einer Krifis dehe. — Zu einem lebensvollen Bilde, zu dem man dies
intereffante Kapitel aus der Gefchichte der religiöfen Bewegungen der
Gegenwart ausgedaltet fehen möchte, fehlt hier vor allem die Charak-
teridik der handelnden Perlönlichkeitcn. Doch verdeht man, daß Verf.
Zurückhaltung übte, und id auch für die ohne alle Lobrederei gebotenen
Grundzüge, Streiflichter und Andeutungen dankbar.

Iburg. w. Tb im nie.

Fichte, Joh. Gottlieb: Rechtslehre. Vorgetragen von Oftern
bis Michaelis 1812 Nach der Handfchr. hrsg. v. Hans
Schulz. (VIII, 176 S.) 8Ü. Leipzig, F. Meiner 1920.

M. 8—; geb. 12 —

Berger, Siegfried; Über eine unveröffentlichte Wiffen-
lchaftslehre J. G. Fichtes. (Diff.) (100 S.) Borna, G.
Noske 1918.

Mit befonderer Freude zeige ich die Ausgabe der
Fichte'fchen Rechtslehre von 1812 durch Hans Schulz
an. Die Ausgabe der nachgelaffenen Schriften durch den
Sohn hat einen den Sinn oft unerträglich verdunkelnden
Text. Medicus hat bei denjenigen, die er in feiner Ausgabe
neu abdruckte, viel für die Verbefferung getan. Ich
felbft habe'(Chriftentum u. Gefchichte in Fichtes Philo-
fophie 1920 S. 68ff) eine Auswahl von Konjekturen gegeben
. Gründlich helfen kann doch nur eine Neuausgabe
aller Schriften nach der Handfchrift. Hans Schulz
hat fchon zwei kleinere Schriften Fichtes (Dialoge über
den Patriotismus, Machiavell) in muftergültigen Texten
vorgelegt, auch eine wichtige Vorarbeit für eine Neuausgabe
von Fichtes Briefwechlel geleiftet (f. darüber Th.L.Z.
XLV 1920 S. 113 Nr. 9/10). Die jetzt vorliegende Bearbeitung
der Rechtslehre aber ift ohne PTage die mühfamfte
und wertvollfte feiner Arbeiten. Sie wird künftig allein
benutzt werden dürfen. Daß Schulz fich gerade die Rechtslehre
wählte, ift im Augenblick befonders dankenswert.
Seitdem Wundt im 9. Bd. feiner Völkerpfychologie auf die
epochemachende Bedeutung der Rechtslehre Fichtes hin-
gewiefen hat, wird diefe ja gründlicher und häufiger als
bisher ftudiert werden. Und gerade die Rechtslehre von
1812 ift infofern doppelt aktuell, als Pichte in ihr aus
dem Rechtsbegriff den Staatsfozialismus abzuleiten verbucht
.

Schulz gibt den Text der Handfchrift, darin in eckigen Klammern
eingefügt die glättenden und deutenden (zuweilen recht glücklichen)
Zufätze des Sohnes. Unten fluf der Seite linden fich in einem Variantenapparat
die Verbefferungen und (außerordentlich zahlreichen) Verlefungen
des Sohnes. Am Rande Rehen die Seitenzahlen der früheren Ausgabe.
Format und Druckeinrichtung entfprechen der Ausgabe von Medicus.
Die Ausgabe fordert Verband bei der Benutzung, fofern die Handfchrift
nicht bedingungslos dem Druck des Sohnes vorgezogen werden darf.
Z. B. S. 87 Anm. 10 ift nicht Lefefehler, fondern glückliche Konjektur.
Das a) S. 130 bei Anm. 48 würde ich gemäß den Ziffern S. 132 in 1)
verbeffern. S. 157 ff fehlen die Hinweile auf das Naturrecht von 1796.

Nach einer Mitteilung des Verlags auf eine Anfrage von mir ift
leider kaum damit zu rechnen, daß diefe vcrdienftvollen Neuausgaben
in dem erforderlichen Umfang fortgefetzt werden. Findet fich keine
Körperfchaft, die die nötige Unterftützung gewährt? Inzwifchen gilt
es für den Forfcher, fich zu behelfen. Darum weife ich auf den ausführlichen
Bericht hin, den Berger über die noch ungedruckte zweite
Jenenfer Wiffenfchaftslehre gegeben hat. Das Schlußftück diefer Wiffen-
fchaftslehre ift von mir (a. O. S. 62 ff) in Wortlaut abgedruckt.

Bonn. E. Hirfch.

Wuft, Dr. Peter: Die Auferftehung der Metaphyfik. (X, 284S.)

8°. Leipzig, F. Meiner 1920. M. 10—. geb. M. 16 —
Das Werk ift ein intereffanter Beleg für die Strömung,
die mit der Wende des Jahrhunderts etwa weite Kreife
ergriffen hat. Nicht mehr langfam und mühevoll mit
den Hilfsmitteln des diskurfiven Denkens will man an die Lö-
fung der Probleme herangehen, die uns Welt und Leben
ftellen, fondern unter ftärkfter Abkehr von der,Verftandes-