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Ausgabe:

1921 Nr. 3

Spalte:

32-33

Autor/Hrsg.:

Marriott, G. L. (Ed.)

Titel/Untertitel:

Macarii Anecdota. Seven unpublished Homilies of Macarius, ed 1921

Rezensent:

Lietzmann, Hans

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Theologifche Literaturzeitung 1921 Nr. 3 4.

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ruffifchen Differtationen (auch in katholifchen) rindet man
diefe Weife, die Wiffenfchaft zu fördern; fie ift an fich
nicht unftatthaft, aber fie trägt doch die Gefahr in fich,
die Gefchichte in Kontroverfen aufgehen zu laffen und
fich vom Leben zu entfernen. Auch hier pulfiert nicht
wirkliches Leben.

Der Verf. geht auf faft alle wichtigen Fragen, die
mit der Erfcheinung des altchriftlichen Martyriums gegeben
find, ein (Rechtliche Grundlagen, Prozeßverfahren, Verurteilung
, Exekution, Beurteilung der Sachlage feitens
des Staats und feitens der Kirche, Veränderungen der
Situation im Lauf der Entwicklung, Veränderung in der
gegenfeitigen Beurteilung, Haft der Märtyrer, Bedeutung
des Martyriums), und feine Entfeheidungen find befonnen;
aber damit ift auch alles gefagt, was zu feinen Gunften
gefagt werden kann; in die Tiefe der Probleme, wo wirkliche
Tiefen gegeben find, dringt er nicht. Die Unter-
fuchung wird zudem fchwächer, je weiter fie fortfehreitet;
die letzten 25 Seiten, auf denen die inneren Probleme
behandelt werden, genügen am wenigften. Von Intereffe
ift es, daß der Verf. § 11 S. 88ff. die Frage aufwirft, ob
eine Verfchiedenheit zwifchen der Rechtsauffaffung und
Praxis des Abend- und Morgenlandes in der Frage der
Verfolgung und Verurteilung anzunehmen ift. Er bejaht
die Frage, aber wie die Bejahung a priori wenig Wahr-
fcheinlichkeit hat, fo wird fie auch durch die verworrenen
Nachweife des Verf. nicht erwiefen. Richtig ift, daß der
Orient ,religiofior' war als der Okzident und daß der
Kaiferkult nicht überall die gleiche Bedeutung hatte;
aber zwifchen Oft und Wert läßt fich hier nicht einfach
fcheiden — welche Rolle fpielt der Kaiferkult in Karthago
z. Z. Tertullians! —, und in Oft und Weft waren die
oberften Richter diefelben römifchen Staatsbeamten.
Berlin. A. v. Harnack.

Geffcken, Johannes: Der Ausgang des griechifch-römifchen
Heidentums. (Religionswiffenfchaftliche Bibliothek,
6. Bd.) (VI, 347 S.) 8°. Heidelberg, C. Winter 1920.

M. 12.40; geb. M. 14.40
Mit Recht fagt Geffcken von Viktor Schultzes bekanntem
Werk, man folle es um fo weniger fchelten, als
man es oft genug mit großem Nutzen verwendet habe.
Mit Recht macht er aber auch darauf aufmerkfam, daß
bei Schultze eine genügende Ausnutzung der Infchriften
noch fehle, daß Polemik und Philofophie des Heidentums
faft gar nicht berückfichtigt feien, und daß manche wichtige
Probleme in der Auseinanderfetzung kaum einmal
auftauchen. Damit find zugleich die Punkte gegeben, an
denen feine eigene Arbeit fördernd einfetzt. Zunächft ift
es ihm gelungen, an der Hand des nun wohl lückenlos
verwerteten Materials Verbreitung und allmähliche Abnahme
der Kulte im Lauf der Jahrhunderte durch die
einzelnen Landfchaften des Weltreichs vollftändig und
überfichtlich zu verfolgen. Sodann hat er auf Grund
feiner philologifch vertieften Kenntnis der literarifchen
Quellen die Bewegung der Geifter plaftifch zu fchildern
vermocht: die Porträts der führenden Männer, eines Plotin,
Porphyrios, Jamblichos, Julian, Synefios, Proklos darf
man füglich als Kabinettftücke bezeichnen. Endlich aber
weiß Geffcken uns doch in ganz anderer Weife in Ur-
fachen und Wirkungen einzuführen, als es feine Vorgänger
vermocht haben, wobei ich jetzt nicht nur an Schultze,
fondern auch an Boiffier denke, ohne dabei deffen geift-
reiche Art geringfehätzen zu wollen. Er verdankt auch
das feiner vortrefflichen philofophifchen und religions-
wiffenfchaftlichen Schulung, die es ihm ermöglicht, überall
an dieLeiftungen der zahlreichen in- und ausländifchen
Forfcher anzuknüpfen, die in den letzten Jahrzehnten die
hier in Frage flehenden Probleme fo wefentlich gefördert
haben, und ihre Arbeit felbfttätig weiterzuführen. Ich
denke'dabei nicht zuletzt an die eigentliche Grundfrage,
die Geffcken felbft fchon im Titel feines Buches angedeutet
hat. Um .Ausgang', nicht um .Untergang' des

griechifch-römifchen Heidentums handelt es fich, wie man
— trotz Spengler — von Ausgang, nicht von Untergang
der antiken Kultur überhaupt zu reden hat. Geffcken
hat die Übergänge, jenes bedeutfame, naturnotwendige
Kompromiß, das das Chriftentum mit den Dafeinsformen
des Heidentums gefchloffen hat', in einem Schlußkapitel
zufammenfaffend dargeftellt. Natürlich bilden diefe Übergänge
überall den Hintergrund der Darfteilung. Dabei tritt
ein feines, von Vorurteilen freies Empfinden für die Religion,
fowohl im Heidentum wie im Chriftentum, wohltuend
hervor. Extremen Löfungen der religionswiffenfchaftlichen
Probleme auf theologifcher wie auf philologifcher Seite
fteht Geffcken mit bewußter Überlegung ablehnend gegen-
i über. Sehr erfreulich ift endlich die Aufmerkfamkeit, die
er der Form, auch dem fprachlichen Ausdruck zugewendet
hat. Die Lektüre ift wirklich ein Genuß. Offenbar
um diefen nicht zu ftören, find die oft fehr belangreichen
Anmerkungen in den Anhang verwiefen worden,
ein Verfahren, dem ich bei Büchern diefer Art immer
noch keinen Gefchmack abzugewinnen vermag, da ich es
eher als Störung denn als P'örderung meines Genuffes
empfinde. Der Druck ift ausgezeichnet.

Gießen. G. Krüger.

Macarii Anecdota. Seven unpublished Homilies of
Macarius, ed. by G. L. Marriott, M. A., B. ID., Lect.
(Harvard Theological Studies V.) (48 S.) gr. 8°. Cambridge
, Maff., Harvard Univ. Preß 1918.
Daß außer den 50 bekannten noch 7 ungedruckte
Homilien des .ägyptifchen' Makarios vorhanden feien,
fteht in den meinen Plandbüchern zu lefen. Bereits Hudfon
hatte um 1710 eine Kopie davon angefertigt. Jetzt hat
fie Marriott aus der einzigen felbftändigen llandfchrift
Oxford Baroc. 213 saec. XVI ediert und mit einer kurzen
Einleitung verfehen. Die Identität des Verfaffers der
Homilien 51—53 und 55—57 wird als unbeftreitbar bezeichnet
und fodann auf die Gedanken- und Stilvei wandtfehaft
mit dem Verfaffer der 50 bekannten Homilien hingewiefen.
Während aber diefe den Namen Makarios nur in der
Überfchrift bringen, fteht er in Horn. 51 im Text felbft,
womit Stiglmayrs Hypothefe, die den angeblichen Namen
des Verfaffers aus einem Mißverftändnis in Horn. 37,6
erklären will, erledigt ift.

In einem mir durch A. Deißmanns Vermittelung zugänglich gewordenen
Schreiben teilt M. noch curae secundae mit: Horn. 56,1 ift
aus Joh. Climacus grad. 27 fchol. 27 und Horn. 56,4 eben daher
fchol. 11. Ferner begegnen vier von den 431 zu liphefus verurteilten
xtipakaia der Meffalianer (Diekamp Byz. Zeitfchr. 1900,14 f.) in unfern
Homilien z. B. xtq>' ic' Horn. 52,5. Woraus M. fchließt, daß die Ma-
kariushomilien identifch feien mit dem ßißliov äoxtixtxöv der Meffalianer
. Ferner korrigiert er Kollationsfehler: S. 19 Z. 15 lies vüftovi;
inovQaviovg; S. 20, 14 lies üävaxov; S. 24,2 lies ip/a (ftatt tlta); S.
33,22 lies teQoavXt'ag; S. 42,26 lies ävuxpeQij.

Alfo erhärten diefe neuen Homilien nur das von
Stiglmayr begründete Urteil über den kompilatorifchen
Charakter der Makariosliteratur. Ja felbft die am echteften
erfcheinenden Stücke Horn. 51 und 52 erwecken Fragen
, wenn man fie c. 370 anfetzen will. Um diese Zeit
foll bereits ein aßßäq £vftscoi> aus Ahöonoxaßla xyg
SvQiaq mit Klofter vorhanden fein, foll Plom. 52 als
Predigt zum Geburtsfeft des Herrn — denn das ift fiel —
gehalten fein. Horn. 52,6 haben wir die fpäter liturgifch
wichtig gewordene Deutung der Mifchung von Waffer
und Wein auf die Vereinigung von Gottheit und Menfch-
heit. Chriftus ift ov/<tu(§aq typ dtöxyxa xy arÜQconöxyxi
51,1 und Maria Vtoxoxoq 52,3. Das alles erfordert eine
ungleich tiefer greifende Ünterfuchung, als M. fie in feiner
kurzen Einleitung liefert. Das Problem der Zufammen-
hänge zwifchen diefer ganzen asketifchen Erbauungsliteratur
ift überhaupt ein höchft verwickeltes Ding. Auch
der Text felbft ift ohne eigentliche Durcharbeitung herausgegeben
und im Druck nicht einwandfrei. Wir find
gewohnt, Nachweis der Bibelzitate und der Fintlehnungen
zu erhalten: und bei einer auf fo fchmaler Bafis flehenden
Überlieferung füllten auch die Varianten des Palla-