Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1921

Spalte:

28-30

Autor/Hrsg.:

Vogels, Henr. Jos. (Ed.)

Titel/Untertitel:

Novum Testamentum Graece 1921

Rezensent:

Pott, August

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

27

Theologifche Literaturzeitung 1921 Nr. 3/4.

28

gefchichte der Kaiferzeit, wie es uns (famt noch älterem
Gut) durch die manichäifche und mandäifche Literatur
erhalten ift, höher fchätzen gelernt. Hier ift in der Tat
die gefchichtliche Brücke gegeben, die auch zu Paulus
und der urchriftlichen Entwicklung führt; denn diefe wurzeln
ganz wefentlich im Spätjudentum, das Spätjudentum
aber hat fehr ftarke perfifche Einflüffe erlebt. Dies ift
freilich keine neue Entdeckung, aber eine fehr beherzigenswerte
alte. So fchwierig es z. B. ift, die paulinifchen reli-
giöfen Gedanken in einen direkten Zufammenhang mit
den helleniftifchen Myfterienreligionen und ihrer Sprache
zu fetzen, fo nahe liegt die Annahme, daß der Apoftel
mit dem perfifch beeinflußten Spätjudentum Anregungen,
Anfchauungen und Begriffe aller Art erhalten hat — vom
Teufel an bis zum Meffias. Vielleicht nimmt der Verf.
von hier aus Anlaß, in einer dritten Auflage, die ich dem
Werke wünfche, feine Auffaffungen von der Genefls des
Paulinismus unter voller Berückflchtigung der fpätjüdifchen
Anfchauungen zu revidieren (gerade aber auch der Begriff
des ,Geiftes' gehört hierher). Die wichtigfte Frage aber ift
letztlich die: Was ift im Spätjudentum aus der reinen
Evolution des Prophetismus entftanden und was
ift auf äußere Einflüffe zurückzuführen. Auch für
das Urchriftentum ift die Erledigung diefer Frage von
größter Bedeutung.

Berlin. A. v. Harnack.

Kyle, Prof. D.D., L.L. D. Melvin Grove: Mofes and the
Monuments. Light from archaeology on Pentateuchal
times. (XII, 300 S. u. 28 Abb.). 8". Oberlin (Ohio),
Bibliotheca Sacra Company 1920. g 2.15

Prof. Kyle hat 1912 in dem Buche ,The deciding
voice of the monuments' eine prinzipielle Erörterung über
die Frage veröffentlicht, inwiefern den Denkmälern des
Altertums die entfcheidende Stimme bei deffen Darftellung
zukomme. Auf diefem Forfchungswege vorwärtsfchreitend,
hat er nun in einem zweiten Buche alle die Materialien
vorzuführen gefucht, die nach feiner Meinung aus den
literarifchen, architektonifchen und fonftigen Denkmälern
für die Wirklichkeit der überlieferten Gefchichte Mofes
gefammelt werden können. Bei diefer Sammlung hat
er begreiflicherweife mit der Zufammenftellung der eigentümlichen
Wörter, Redensarten und Erzählungen im Pen-
tateuch' begonnen. Denn längft haben die fogenannten
Aegyptiaca eine befondere Gruppe unter den Erfcheinungen
gebildet, von deren Erwägung das Urteil über die mofa-
ifche Herkunft des Pentateuchs abhängt. Gewiß hat er
diefe Materialien vollftändiger ins Auge gefaßt, aber hat
er auch die Tragweite ihrer Beweiskraft genau
ausgemeffen?

Er beruft fleh zuerft auf den Ausdruck Sukkoth
(Ex. 13,20). Indes er behandelt ihn als ein Gattungswort
,Hütten', in denen die ausziehenden Ifraeliten als Halbnomaden
natürlicherweife die erfte Nacht nach dem Auszuge
zugebracht hätten. ,Der hebräifche Name wurde
ins Ägyptifche aufgenommen und auf den Ort angewendet.'
So will er die im ägyptifchen Papyrus Anaftafia gefundene
Bezeichnung ,das Land Thuku' erklären (p. 10). Aber
die Ägypter können doch nicht von dem Umftand, daß
die Ifraeliten in Hütten übernachteten, eine geographifche
Bezeichnung hergenommen haben. Älfo ift vielmehr umgedreht
der hebräifche Ausdruck Sukkoth eine klangähnliche
Form für jenen geographifchen Namen der Ägypter
und bildet nicht im entfernteften einen Hinweis auf Mofes
Zeit. Ferner das hebräifche Wort ohel ,Zelt' foll auf
die mofaifche Abfaffung des Pentateuchs hinweifen, weil
der Pharao Mernephta, der gewöhnlich als der Pharao
des Auszugs angefehen wird, die Zelte der aflatifchen
Fremden in jener Periode als ,ahil' bezeichnet habe (p. 11).
Aber er überfieht, daß diefes noch viel mehr dem ara-
bifchen 'ahl entfpricht, alfo auf die von Often her nach
Ägypten oft einwandernden Beduinen und mit keinem
Grad von Sicherheit tpeziell auf die Ifraeliten zurückgeht.

So könnte fortgefahren werden, den Wert der ägyptifchen
Ortsnamen (Migdol ufw.) und fonftigen Ausdrücke (z. B.
adon, das ja auch phönizifch ufw. war!) zu prüfen, die
von Kyle als Hinweife auf die mofaifche Periode aufgeführt
werden. Sodann der Umftand, daß die dem Auszug
vorausgehenden Plagen zum Teil der Natur Ägyptens
entfprachen (p. 15—24), wie z. B. der Nil manchmal blutig
erfcheint (Ex. 7,17), kann natürlich wieder keinen Beweisgrund
für die mofaifche Abfaffung des Pentateuchs bilden.
Denn jener Umftand konnte auch in der Überlieferung
längere Zeit feftgehalten werden. Ebendasfelbe gilt von
kjehu .Riedgras' (41,2.18), fchefch .feines Linnen'(V. 42),
abrekh (V. 43, nicht: 48) und von 'ab (45,8), felbft wenn
das letzterwähnte Wort, das auch in Rieht. 17,10 ufw. den
Sinn von .Ratgeber' hat, wirklich die hebraifierte Geftalt
eines ägyptifchen abu ,Truchfeß oder Auffeher' ift. Das
von Kyle (p. 45) als ,intereffantes Beweismittel' fehr betonte
je '6r (41,1 ff.) ift .babylonifches jarru, wahrfcheinlich
Strom, und vielleicht erft fekundär mit ägyptifchem itriw,
Strom für den Nil, zufammengeworfen' (Zimmern 1915),
was K. in meinem Kommentar z. St. gefunden hätte, wenn
er ihn fchon hätte benützen können. — In einer zweiten
Vorlefung will er fogar die Dualform von Misrajim .Ägypten
' als ein Moment zu Gunften des mofaifchen Ursprungs
vom Petateuch verwenden, denn ,nur eine folche Vertrautheit
mit Ägypten, wie fie nach der Pentateucherzählung
das hebräifche Volk unter allen femitifchen Völkern befeffen
hat, kann die Wahl diefes Wortes erklären' (p. 58 f.). Aber
handelt es fleh denn um die Gefchichtlichkeit des Aufenthalts
von Ifrael in Ägypten? Doch nicht diefen will Kyle
in feinem Buche beweifen, fondern die mofaifche Herkunft
des Pentateuchs. Daß dies fein Ziel ift, hat der Verf. fehr
oft in feinem Buche vergehen, wie z. B. auch wieder, wo
er das Alter des phönizifchen Alphabets ins Imld führt
(p. 74), was übrigens gegenüber Naville von mir längft
vertreten worden ift (in der Z.D.M.G. 1910, 725 ff. u. am
vollften in meinem Geneflskom. 9 ff), nur daß Kyle es
nicht gefehen hat. Ebenfo tut er es, wo er aus der Entdeckung
der Hammurapi-Infchrift Kapital für feine Thefe
fchlagen will (p. 78), weil nun bekannt fei, daß fchon vor
Mofes längere Gefet»gebungen beftanden hätten. Endlich
vergißt er fein Ziel, wenn er darauf hinweift, daß
die Lebensgefchichte Mofes den Pentateuch durchziehe
(p. 82 ff). Auch mit diefem Hinweife kann er nur gegen
die opponieren, die auch nicht einmal eine mofaifche
Grundlage im Pentateuch anerkennen. Aber gegen diefe
ift fchon längft z. B. von mir (in der Einleitung ins A.T.
177—188 und befonders jetzt in meinem Kommentar zur
Genefls) alles gefammelt, was fleh im ifraelitifchen und
außerifraelitifchen Altertum auffinden läßt.

Deshalb begrüße ich Kyle dankbar als Mitarbeiter,
aber er muß nur beffer die Tragw eite der von ihm beobachteten
Materialien abmeffen.

Bonn. Ed. König.

Novum Teltamentum Graece. Textum recenfuit, apparatum
crit. ex. editionibus et codd. mss. collectum addidit
Henr. Jos. Vogels. (XV, 661 S.) 8". Düffeldorf,
L. Schwann 1920. M. 20 —; geb. 24 —

Die Ausgabe des N. T. von einem Manne, der fleh
in der textkritifchen Forfchung einen Namen gemacht
hat, wird mit hohem Intereffe begrüßt. Vogels unterläßt
es hier im Vorwort, feinen prinzipiellen Standpunkt in
der Textwertung anzugeben. In feinem kürzlich erfchie-
nenen Werk (Beiträge zur Gefchichte des Diateffaron im
Abendland) hat er fleh zu Sodens Tatianhypothefe bekannt.
Der hier gegebene Text wahrt diefen Standpunkt. Nach
diefer Thefe follen bekanntlich alle Lesarten, welche von
UT2 (B-f-N) genauer von ihrer Grundlage (IHK;
Hesychius: Text von Ägypten, Eufebius: Text von Jeru-
falem, Lukian: Text von Konftantinopel) abweichen und
befonders von d'5 (D) und Genoffen, der altlateinifchen
und altfyrifchen Verflon (und Kirchenvätern) vertreten