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Ausgabe:

1921

Spalte:

14-15

Autor/Hrsg.:

Engelhardt, Emil

Titel/Untertitel:

Johann Gottlieb Fichte. Ein deutscher Mensch und Denker 1921

Rezensent:

Hirsch, Emanuel

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Theologifche Literaturzeitung 1921 Nr. 1/2.

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verftanden haben. Es entwickeln fich ,Konventikel' mit
Ideen über den Zufammenfchluß der wahrhaft ,Gläu-
bigen' und ihre .Vollkommenheit', dazu über die .Bibel'
(ihre .Taufforderungen', ihre Lehre von den .Autoritäten),
die durchaus an denPietismus'oder unfere.Gemeinfchaftsbe-
wegungen' erinnern. Zuletzt kommt das alles gewiffermaßen
zum Stehen in dem Quäkertum, nicht ohne daß freies Rankenwerk
fich noch fortfetzt und erft langfam fchwindet. Soweit
ich der Entwicklung einzelner Perfönlichkeiten folgen
konnte.überrafchte mich, wieviele fchließlich ganz .ernüchtert
' wurden und fich in der beginnenden Aulklärung
verloren.

Schade daß S.'s Darftellungsart nicht fehr einladend
ift. Was er beibringt, ift doch höchft intereffant! Solch
gutes Luthertum in England im Beginn des 17. Jahrhundert
ift völlig überafchend. (Ich finde den wunden Punkt
fpeziell bei Brerely in der Betonung des Wartens auf das
.Durchbrechen' des Glaubens — fo hat Luther die Sache
nicht gedacht!) Sippells Linienführung ift letztlich mir
recht einleuchtend. Die Quellenauszüge find unter allen
Umftänden höchft willkommen.

Halle. F. Kattenbufch.

fterblichkeitshoffend, voll hoher Demut vor Gott, deffen
Auge er unmittelbar auf fich gerichtet fühlt im Schönen.
Er, der um Griechenlands willen Katholik geworden, fingt
in Rom frühmorgens lutherifche Choräle, fodaß er in
den Geruch eines Ketzers kommt — ein Üniverfalift der
Religiofität. Dies nur ein paar Grundftriche der fchönen
inpreffioniftifchen Studien, die man ganz lefen muß.
Göttingen. Titius.

Friedrich, Karl Tofef: Volksfreund Gregory. Amerikaner, Pfadfinder
Urchrift, deutfcher Kämpfer. Mit Bildern v. Ernft Müller-Gräfe u.
unter Benutzt;, der Feldtagebücher Gregorys. 2. verm. Aufl. m. e.
Anh.: Gregorys Fußwanderung durch die Wiifte, v. ihm felbft in
Briefen befchrieben. Gotha, F. A. Perthes A.-G. 1920. (138 S. m.
4 Bildl.) 8". Geb. M. 6 —.

Die zweite Auflage ift um zahlreiche Details vermehrt und gibt eine
Reihe ausdrucksvoller Züge wieder. Befonders anerkannt fei, daß jetzt
der Verfuch gemacht und gelungen ift, von Gregoiys eigentlicher Lebensarbeit
, feiner Arbeit an dem Handfchriftenmaterial des N. T.s ein allgemein
verftändliches Bild zu zeichnen (45—54). Höchft charakteriftifch
ift im Anfang fein Bericht über eine Fußreife von el-Kantara nach
Jerufalem durch die Wiifte.

Göttingen. Titius.

Zeitfchrift des Vereins für Kirchengefchichte der Provinz Sachlen.

17. Jahrg. Heft i u. 2. (50 S. m. 16 Taf.) gr. 8°.
Magdeburg, Ev. Buchh. E. Holtermann i. Komm. 1920.

M. 4.50

,Wir haben weder eine Lutherautographie noch eine
Lutherbibliographie noch eine Lutherikonographie'. Zu
einer Lutherautographie ift ein Anfang gemacht worden
von Ernft Thiele mit feinem Auffatz über die Original-
handfchriften Luthers (Lutherftudien zur 4. Jahrhundertfeier
der Reformation veröffentlicht von den Mitarbeitern der
Weimarer LuÜierausgabe 1917, S. 233 IT.). Eine Lutherbibliographie
wird man fich einmal aus der Weimarer
Ausgabe zufammenftellen können. Eine Lutherikonographie
fchenkt uns hoffentlich Joh. Ficker felbft einmal, obgleich
er meint, daß diefe Aufgabe die Kräfte eines einzelnen
weit überfteige. Vorläufig hat er (im Gegenfatz zu der
beliebten Verunglimpfung diefes Künftlers) die beiden
Kupferftichporträts Luthers von Lukas Cranach vom
Frühjahr 1520 und aus der Zeit des Wormfer Reichstags
gewürdigt und gezeigt, daß faft alle zunächft folgenden
Lutherbildniffe (faft fämtlich Holzfchnitte) auf jene direkt
oder indirekt zurückgehen. Befonders befprochen werden
die Holzfchnitte, auf denen Luther und Hutten vereint
erfcheinen. Zum Schluß behandelt F. auch die Lutherporträts
auf Schau-und Denkmünzen, befonders auf einer Eigentümlichkeit der Auffaffung wird kaum angeftrebt
älteren von 1520/21 wohl Straßburger Urfprungs (Rück- Der Fichteforfcher, überhaupt jeder, der Fichte felbft

Meffer, Prof. Dr. Auguft: Fichte; Seine Perlönlichkeit u.
reine Philofophie. (VIII, 156 S.) 8°. Leipzig, Quelle &
Meyer 1920. M. 4.40. erb. 6.40

Engelhardt, Emil: Johann Gottlieb Fichte. Ein deutfcher
Menfch und Denker. (1. Fichte als Sohn u. Bruder,
Gatte u. Vater (120 S.). 2. Fichte als Erzieher (108 SA
3. Fichte, der Philofoph der Tat (68 S.). 4. Fichtes
Frömmigkeit (80 S.). 5. Fichte, der Deutfche (70 S.)>
(Bücher d. Fichte-Gefellfch. v. 1914. Wege zu Fichte,
Heft 1—5.) 8°. Hamburg, Verl. d. deutfch. Volkstums
(1919). in 1 Bd. geb. M. 33 —
Volkstümliche Einführungen in Fichte gibt es genug.
Unübertroffen für akademifch gebildete Lefer ift noch
immer das Publikum von Medicus (J. G. Fichte. Berlin
1905). Jeder neue Verfuch, Fichte der Gegenwart ver-
ftändlich zu machen, wird billigerweife mit Medicus zu
vergleichen fein.

Meffer nimmt die Anfprüche an den Lefer etwa
ebenfo hoch wie Medicus. Die Befonderheit feiner Schrift
befteht daran, daß er — unter Voranfchickung einer
kurzen Lebensfkizze — nach den philofophifchen Hauptdisziplinen
disponiert und in jedem Kapitel über die
einfchlagenden Schriften Fichtes in chronologifcher Reihenfolge
längere oder kürzere Inhaltsangaben mit eingeflochtenen
Zitaten bietet. Irgendwelche befondere Tiefe oder

Der Fichteforfcher, überhaupt jeder, der Fichte felbft
feite ein Phönix), fowie das Cranachfche Gemälde vom 1 gelefen hat, darf an dem Buch vorübergehen. Als NachJunker
Jorg von Anfang Dezember 1521 und den ent- ! fdilagebuch für folche, die gern Fichtes Anflehten über
fprechenden Holzfchnitt. Die Abbildungen im Anhang 1 jrgend ejnen Punkt überblicken mögen und dabei auf
find fehr willkommen Die Arbeit ift erfchopfend und Zitate und literarifche Winke Wert legen, wird es gern
von unübertrefflicher Genauigkeit. i benutzt werden.

Zwickau i./S. O. Clemen. Engelhardt fchreibt ein Buch, das für willige Lefer

jeder Vorbildung brauchbar ift, und verzichtet, in rich-

Bergmann, Prof. E. Das Leben und die Wunder Johann j tigern Stilgefühl, auf allen wiffenfehaftlichen Schein. ,Man
Winkelmanns. QöS.jgr. 8°. München, C. H. Beck 1920. j foll den Mann endlich einmal kennen lernen als einen

M. 4— 1 unferer Allerbeften. .. Er hat kein leichtes Lehen gehabt
Eine ausgezeichnete Analyfe des Seelenlebens des j und hat fich doch durchgefetzt. Er hat fein Volk zufam-

menbrechen fehen — und hat doch an feine Zukunft
geglaubt. Er hat vieles nicht in der Ordnung gefunden
und ift doch nicht beim Nörgeln und Kritteln flehen
geblieben. Er hat nicht auf andere gewartet, fondern
felbft die Hand angelegt'. Was fo zuftande gekommen
ift, kann man vielleicht als ein Lebensbild Fichtes fürs

großen Neugriechen! Goethe fleht ihn ,zu behaglich, zu hausbacken
'; in Wirklichkeit ift feine Seele ,ein Tragifches',
übertönt durch den Klang Erlöfung, ein Lebens- und
Seligkeitsgefühl, aber untermalt'. ,Edle Einfalt und ftille
Größe' ift ihm nicht Befitz, fondei n Gegenftand leidenfchaft-
lichen Verlangens, ,Suggeftion gegen feine eigne tragifche

Innerlichkeit'. Von ihm flammt der religiöfe Grundzug deutfche Haus bezeichnen. Das Biographifche wiegt in
des deutfehen Hellenismus; feine .Empfindung des Schö- j fämtlichen fünf Heften vor, auch im dritten, das das

nen' hat nur einen Gegenftand: Gott in feinen unendlichen
Formen, und ift demgemäß ein göttliches Organ, intuitives
Erfaffen eines Transzendenten mit Hilfe der äußeren Wahrnehmung
'. Bei allem Griechentum, bei aller Verachtung
pofitiv-religiöfer Form ift er fchlicht jenfeitsgläubig, un-

über das Denken zur wirklichen ins Leben eingreifenden
Tat drängende Moment in Fichtes Wefen herausarbeiten
und im vierten, das nicht fo fehr dem Religionsphilofo-
phen als dem frommen Manne gilt. Überall ift der Ton
auf die Werdejahre Fichtes und auf die Zeit von Preußens