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Ausgabe:

1921 Nr. 2

Spalte:

320-321

Autor/Hrsg.:

Jastrow jr., Morris

Titel/Untertitel:

An old Babylonian version of the Gilgamesh epic on the basis of recently discovered texts by J. and C 1921

Rezensent:

Meissner, Bruno

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Theologifche Literaturzeitung 1921 Nr. 25/26.

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mal ftellt er Luthers Anfchauung vom Wefen und vom
Inhalt des Sittlichen dar auf dem Grunde einer iorgfältigen
Erhebung der fcholaftifchen Denkarbeit, und fodann, er
arbeitet die Stufen heraus, in denen Luther fich feine neue
Anfchauung errungen hat. Damit wird das Bild von
Luther's Werdegang um neue Züge bereichert. Man
begreift auch Luthers Verzweiflung an fich und feinen
Kräften ganz anders als bisher; fein Schuldbewußtfein
bezieht fich auf die Forderungen der neuen ftrengen Sittlichkeit
, die ihm im Verkehr mit dem Evangelium und
Paulus erwachfen ift. Die große Anzahl einzelner Er-

An old Babylonian version of the Gilgamesh epic on the

basis of recently discovered texts by Morris Jaltrow
Jr., PH. D., LL. D., professor of Semitic languages,
University of Pennsylvania, and Albert T. Clay PH. D.,
LL. D., LITT. D., Professor of Assyriology and Babylonian
literature Yale Univerfity. (Yale Oriental
Series. Researches, Volume IV, 3). 1920. New Häven,
Yale University Press (106 S. u. VII S. Autograph.).
Während feines Aufenthaltes in Amerika hatte Poe-
bel bei einem Antiquar die ziemlich wohl erhaltene 2. Tafel
des Gilgameschepos in altbabylonifcher Redaktion ent-
kenntniffe, die fich in diefen Rahmen fügt, kann eine deckt und darauf deren Ankauf durch das Mufeum der
Befprechung nicht einmal andeuten. Es gibt, wie Holl j Univerfität Pennsylvania vermittelt. Er berichtete über
felbft eindringlich macht, kaum ein Gegenwartsproblem, ! feinen Fund in der OLZ. 1914, 4 m und stellte auch eine
zu dem von Luther nicht Entfcheidendes zu lernen wäre, j Edition der Tafel in Ausficht. Da der Krieg dazwifchen
Ergänzend neben den dritten Auffatz tritt der fiebente, 1 fcam nahm Langdon die Herausgabe des Textes in die
der die Auswirkungen Luthers behandelt. Auch dem,
der über diefe Auswirkungen einiges zu wiffen und die
religiöfeWurzel z.B. der philofophifchen Gedankenbildungen
zu kennen glaubte, bringt er überrafchende Belehrung.
So wie z. B. S. 404fr die Genefis des deutfehen Idealismus
beleuchtet ift oder S. 4i2f Rembrandt als Erfüllung
von Luther's Wünfchen für die Malkunft aufgewiefen wird,
hat bisher noch niemand die Zufammenhänge zu fchauen
vermocht.

Der tieffte und fchönfte der Auffätze bleibt doch der
erfte. Er führt in Luthers perfönliche Frömmigkeit hinein
und enthält den Schlüffel zu allen übrigen. Die Fragen,
wie Luther fich zum Katholizismus und zur Myftik verhalte
und wie von ihm aus die Fragen und Anflehten
der modernen Religionsphilofophie zu beurteilen find,
werden beantwortet durch eine ins Letzte eindringende
genaue Analyfe von Luthers Entwicklung. Aus diefem
Auffatz insbefondere hätte m. E. auch unfre fyftematifche
Theologie Erhebliches zu lernen.

Dies um fo mehr, als Holl, noch ganz abgefehen von der denkenden
Durchdringung des Ganzen, in zahlreichen Anmerkungen fyftematifcbe
Folgerungen gezogen hat, z. B. S. 311, 31't 321, 423. 473, 474, 753, 813.

Meine Befprechung würde ein unvollftändiges Bild des Geleifteten
geben, wenn ich nicht auf die unüberfehbare Zahl von Einzelpunkten
hinwiefe, in denen die Dogmengefchichte des Abendlandes und die
Lutherforfchung überall weitergeführt wird. S. 9 fr.: Die Deutfchc
Myftik. — 132: ,Gefpen(t' in Luther's Sprachgebrauch. — 143: Eintritt
ins Klofter. — 16f.: Luther und das jüngfte Gericht. — 211: attritio
bei Luther. — 29: Luther's Pfychologie. — 401: potentia abfoluta und
ordinata bei Luther. — 441: Auslegung des I.Gebots im großen Katechismus
. — 55ff.: Luther's Anfechtungen. — 573 und 63f.: Luthers
Chriftusglaube. — 663: Scholaftilcher Urfprung der Wendung ,einen
Gott haben'. — 8$2: ,Die Ehre Gottes' bei Luther. — 891; Luther und
das Mittelalter. — Oder aus dem Anfang von Nr. 3: 1373: Einheit des
katholifchen Lebensideals? — 139 und 1391: Auguftin und der amor
fui.— 139fF.: Das Gebot der Nächftenliebe in der Scholaftik. — 142fr.:
Scholaftifche Lehre von der intentio. — 162fr.: Luthers Endeckung
über Rom r, 17. — Ufw. ufw. durch das ganze Buch.

Im letzten Auffatz des Buches zeigt Holl, daß Luther
durch feine neuen Auslegungsgrundfätze der Schöpfer der
hiftorifchen Einfühlungskunft geworden ift. Luther ift
der erfte, der fich klar gemacht hat, daß ,es fich beim
Auslegen um eine Verbindung von grammatifchem Begreifen
und feelifchem Verftehen handelt.' (S. 427). Man
deutet aus dem eigenen Innenleben heraus und erprobt
feine Deutung immer wieder an dem wirklichen Tatbestand.
So taftet man fich allmählich, im immer erneuten Hin und
Her, an die Sache heran, ohne daß die Arbeit der Auslegung
je ganz abgefchloffen wäre. Ich meine, Holl hat
von diefen Auslegungsgrundfätzen gelernt. Sie verraten,
wie er felbft den Luther gelefen hat: mit der fteten Beziehung
deffen, was Luther fagt, auf das eigene perfönliche
Leben, und mit der Bändigen Abgrenzung der
eignen Perfon gegen den großen hiftorifchen Gegenstand.
Auf folche Weife allein konnte ein Buch über Luther
entftehen wie diefes, das eine Fundgrube für den Forfcher
auf Jahrzehnte hinaus und zugleich ein lebendiges Wort
an die evangelifche Kirche der Gegenwart bedeutet.
Göttingen. E. Hirfch.

Hand, vollführte feine Aufgabe aber fo wenig zuverläffig,
daß Jaftrow uns jetzt nach erneuter Kollation noch einmal
Text und Überfetzung vorlegt. Auch ohne das Original
vor Augen gehabt zu haben, kann man behaupten,
daß auch diefe Arbeit ungenügend ist. Zuweilen trifft
feine Verbefferung des Textes das Richtige, häufig wird
er aber verfchlimmbeffert, fo daß von einer geficherten
Textgeftalt, die die Grundlage aller Unterfuchungen bilden
muß, vorläufig noch nicht die Rede fein kann. Überfetzung
und Kommentar find auch voll von PYhlern; vorallem
ift J. gar nicht zum Bewußtfein gekommen, daß hier
altbabylonifche Sprache vorliegt, die z. B. die Kafus noch
genau unterfcheidet. — Inhaltlich ift die zweite Tafel
fehr intereffant: Zuerft werden 2 Träume des Gilgamefch
erzählt, die auf die Ankunft des neuen Freundes gedeutet
werden. Sodann erfolgt die Zufammenkunft des Wald-
menfehen Enkidu mit der Hure, die ihn unterweift, wie
man ißt, trinkt, fich kleidet, fich falbt und fich rafiert,
kurzum, wie man ,einem Menfchen gleich wird'. Darauf
begeben fich beide nach Uruk, wo Gilgamefch und Enkidu
nach einem Kampfe, in dem fie ihre Stärke erproben,
Freundfchaft fchließen. — Einige Bemerkungen zum Text
mögen folgen:

Z. 5 und ö. L it (l)-lu-tim. Zum Stamme vgl. Ebeling, Keil-
fchr. a. Affur rel. Inh. Nr. 117, 10b. — Z. 6: kakabü äama'i = die
Sterne des Himmels. — Z. 9. über!".: Ich (wollte) ihn bewegen (11)13),
konnte ihn aber nicht bewegen. ■— Z. 12 Ich ftemmte meine Vorder-
feitc dagegen, und fie Hemmten fich gegen mich. — Z. 14 muß mit Langdon
at (l)-ba-la-as-äu gelefen werden, da abbal nicht Prät. von
im fein kann. — Z. 24 ergänzt J. [uS]-ti-nim (!)-ma, was nach ihm
(S. 90) 111,2 von 'jlDi fein foll (!). Da das 3. Zeichen gewiß mit Langdon
lam (!) zu lefen ift, ergänze alfo [it]-ti-lam-ma = er legte fich
fchlafen. — Z. 31 übers.: die Axt war von fonderbarer Gcftalt. — Z.
35 könnte auch bedeuten: ich legte fie an meine Seite. Vielleicht liegt
ein beabfichtigtes Wortfpiel vor. — Z, 75 Da ri-ia-u Nominativ PI. ift,
kann J.s Überfetzung nicht richtig fein. Vielleicht ift [is]-hu-ru ri-ia
-u = die Hirten wendeten fich umher zu ergänzen. —Z. 84. Ob ip-te-ik,
das neben inatal und ippälas fteht, vielleicht 1,2 einer Wurzel p*E (nicht
plB) =• fchauen fein kann?—Z. 99. ittapäar ift natürlich nicht 1,2 (fo
J.), fondern IV, 2.—Z. 105. Die Schreibung i-wi ift wichtig, weil fie
zeigt, daß der Stamm emü an 2. Stelle eigentlich ein 1 hat.—Z. 110.
Statt uä-sa-ak-pu, wie J. lieft, und das er als III,1 von sakäpu erklärt,
ift gewiß mitLangdon is(!)»sa-ak-pu-=issakpu(I,2) zu lefen.—Ob Z. III
nicht nach KB. VI,i, 136, lila, 2 bar(!)-ba-ri zu lefen ift?—Z. 140 ift e-ti
-il Vokativ von etlu=Mann.—Z. 142 ift das 1. Zeichen gewiß nicht: E,
foudern: KAL=etluzu lefen, obwohl der Text bei Langdon und Jaftrow
übereinftimmt—Z. 221 1. ir-tu-ut (!)«=(die Mauer) erzitterte (?).—Z.
230t'. flehen in ih und inih u natürlich für i n 1' und in i' u(st",3)-=-cr hemmte
feine (des Enkidu) Bruft.

Die 3. Tafel desselben Epos in altbabylonifcher Re-
zenfion, die fich jetzt im Mufeum der Yale Univerfity befindet
und hier von Clay erftmalig recht gut herausgegeben
ift, ift leider fchlechter erhalten wie die 2.Tafel. Sie behandelt
die Expedition der beiden Freunde gegen den Tyrannen
Huwawa (fo lautet fein Name hier). Erwähnt fei hier
daß auch in den Boghazköi-Texten (KBogh. VI, 30fr.)
fich Fragmente des Gilgamefchepos gefunden haben, die
auch Huwawais erwähnen. — Überfetzung und Kommentar
laffen auch bei diefer Tafel zu wünfchen übrig. Speziell
werden Verbformen häufig falfch ergänzt und überfetzt
. Im einzelnen bemerke ich noch folgendes: