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Ausgabe:

1921 Nr. 2

Spalte:

265

Autor/Hrsg.:

Aster, E. von

Titel/Untertitel:

Geschichte der antiken Philosophie 1921

Rezensent:

Goedeckemeyer, Albert

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265

Theologifche Literaturzeitung 1921 Nr. 21/22.

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ihm zwar einigermaßen, wie viel oder wie wenig L. von j ausgäbe einen Blick zurück, fo wird man Verleger und
früheren Theologen gelernt hat, jedoch nicht, wiefo er i Überfetzer Glück wünfchen dürfen zu dem wohlgelungenen
nachgewirkt hat und fortwirkt. Auch in diefer Befchrän- j Werke. Vor allem aber fcheint es mir am Platze zu fein,
kung aber ift fein Buch anziehend, bei aller Begeifterung Apelt, der nun doch einmal die Hauptarbeit geleiftet hat,
nicht verfchwommen, fondern lehrreich. : Dank zu fagen für die Vollendung desfelben, das trotz

S. 119 Lucian war nicht Bifchof, fondern Presbyter, s. 188 ft. kleiner fprachlicher Mängel, die Apelt felbft im Vorwort
1876 1. 1850. S. 202 unten: Diefe Neujahrspredigt Schleiermachers ift I (VIII) in Gedanken zu konfiszieren bittet als Ganzes eine

von 1807. S. 322 Text Z. 3 v. u. ftr. .nicht'. S. 343 unten: Der Ano- „_„,„h;„_ ,,„a o^r,^,,«„„^u: r. j t -<-l 1 , n ,,

nvmus ift der Kieler Prof. Eugen Wölk 3 gewaltige und achtunggebietende Leiftung darfteilt.

Kiel. H. Mulert. Königsberg 1. Pr. Goedeckemeyer.

After, Prof. E. v, Gefchichte der antiken Phl.ofoph.e. (VI, 274 S.) ""ffi^^Ä der'&mfSftifS, "Tf °hB

gr. 8". Berlin, Verein wiff. Verleger 1920. M. 20-; geb. M. 29- V^Ar rr ?x r Ix 3d™onftlftung der bayr.

Der Verlaffer bietet im vorliegenden Werlte eine Darftellung der ; Akad. d. Will. (VI, 3OO b.) gr. 8". München, C.H.Beck

griechifchen Philofophie, die gewiß auf forgfaltigem Studium beruht, I9'9- M. 16_

aber doch kaum ganz ausgereift ift. Eine etwas längere Befchäftigung Diefes Wertvolle Buch zeigt von ganz neuen Gefichts-
mit,de7. ^genftande würde gewiß zu manchen Änderungen nicht nur punkten aus wje die nikomachifche Ethik des Ariftoteles
in der Auffaffung verfchiedener Philofophen, fondern auch in der gan- f_ ., y,, ' „ , , „. -1 , 'wj-»
zen zeitlichen Ordnung geführt und auch die Möglichkeit gegeben ha- m ihren E ementen ,ftark unter dem Einfluß der Vorben
, von der mehr äußerlichen Aneinanderreihung zu einer innerlichen und Umwelt fteht'. Das Grundlegende ift ohne Piaton
Verknüpfung der Syfteme fortzufchreiten. Es geht wirklich nicht an, nicht denkbar. Ariftoteles bot mit diefem großartigen

die Eleaten vor den' Pythagoreern, Empedokies und Anaxagoras vor Werke die fittlichen Elementargedanken des Griechentums,

Leukiou und diefen mit Demoknt zufammen zu behandeln. Auch die ~ ., , r • r-..r 1 ö«r , r ■ «1, • '

Sophiftik ift eine überwundene Größe, und das Verftändnis für die °le fatfachen feines fittlichen Lebens, feinen Allgemein-
Entwicklung der nachariftotelifchen Philofophie verbaut fich jeder, der begriff des Sittlichen und gewiß nicht an letzter Stelle
nicht fieht, daß die Skepfis an die erfte Stelle zu treten hat ufw. auch das Bild von der Entwicklung einer fittlichen Welt-
Königsberg. Goedeckemeyer. anfehauung. Er fchuf die große Synthefe des griechifchen

Wiffens, indem er mit genialem Wurf ein einheitliches

Platon fämtliche Dialoge, hrsg. v. Otto Apelt. 8°. Bd. I
Vorwort u. Einleitung. (40S.) 1920. M.7.50. Bd.V
Der Staat. 4. Aufl. (XXXII, 568S.) 1921. M. 28

Weltbild darftellt.

Platon ift überall in der nikomachifchen Ethik fpür-
bar: in der Ableitung des ethifchen Prinzipes und ,mannig-
geb. M. 37—; Gefchenkb. M. 50—. — Regifter zur fachen Überlegungen zur Beftimmung des höchftenGutes',
Gefamtausgabe. (IV, 174 S.) 1920. M. 37.50; geb. in der Tugendlehre, in den Unterfuchungen über Sittlich -
M. 47.50. Leipzig, Felix Meiner. keit und Luft, über die fittliche Verpflichtung, im Problem

Die Überfetzung vom Staate liegt feit ihrem erften der Willensfreiheit und vor allem auch in der Erörterung
Erfcheinen im Jahre 1916 bereits in neuer, unveränderter des Verhältniffes von Ethik und Politik. Ariftoteles hat
Auflage vor. Wie nahezu alle in der Ph. Bibl. erfchienenen da in feiner meifterhaften Weife anzuknüpfen verftanden,
Überfetzungen der Werke Piatons enthält auch fie eine j Richtiges übernommen und einer fyftematifchen DurchEinleitung
, die über die Stellung des Staates in Platons , forfchung neue Wege gewiefen. Er fchöpft aus den tiefen
Philofophie fowie über einige das Werk felbft betreffende 1 Quellen der gefamten Ethik des Griechentums-. Hans
Streitfragen z. B. Einheit desfelben orientiert, ferner eine j Meyer zeigt uns in feiner feinen Art fehr klar, wie aber
Gliederung, die den Aufbau desfelben zur Anfehauung j in einem Punkte ein Unterfchied zwifchen Ariftoteles und
bringt, ein umfangreiches Literaturverzeichnis und hinter j Platons Ethik beftehe: Platon ift religiös, jenfeitig orientiert,

der Überfetzung felbft reichhaltige Anmerkungen, die den
unbeftreitbaren Vorzug diefer überfetzung bilden, fowie
ein deutfehes Regifter, dem auch eine Lifte der wichtigeren
griechifchen Worte angefügt ift.

weltflüchtig, efchatologifch; Ariftoteles ift Jntellektualift
vom reinften Waffer', diesfeitig orientiert, ohne religiöfe
Begabung, nüchtern, n ur Gelehrter und von ungebrochenem
Denken; Platon denkt und fühlt als reformierender Sozial-

Die beiden anderen Werke ftellen den Abfchluß der ethiker und enthufiaftifcher Sozialpädagoge, er erkennt,

ganzen Reihe von Platon-Überfetzungen dar. Das Vor- daß ,alle praktifchen Fragen des Lebens letzten Endes

wort berichtet über die Entwicklungsgefchichte derfelben Weltanlchauungsfragen find', daß es keine neue Lebens-

lowie über die Rolle, die Apelt dabei gefpielt hat, der ordnung ohne neue Lebensanficht geben kann; mit

fich hier auch über feine Auffeffung der Aufgabe eines Ariftoteles dagegen beginnt in der Gefchichte der Wiffen-

Überfetzers hören läßt. Die Einleitung gibt einen kurzen fchaften das Gelehrtentum und die Kunft der Klaffifikation

Überblick über die Nachwirkung der plat. Philofophie und Organifation der Wiflenfchaften, es beginnen die

und fucht belonders ihre Bedeutung für die Gegenwart Prinzipienlehre und vergleichende Methode als Doktrinen,

feftzulegen. Ich zitiere folgendes: Hat alfo die Philofophie
dem Gehalte nach von dem Piatonismus keine Bereicherung,
keine Reform zu erwarten, fo kann er doch auf den
akademischen Lehrbetrieb ... in den philofophifchen

welche das befondere Ziel des Menfchen und die befte
Form des Staates auf metaphyfifcher und pfychologifcher
Grundlage beftimmen follen. Die Ethik Platons hat immer
etwas vom Gedankenmärchen und Mythos, von der be-

Seminarien . . . einen fehr wohltätigen Einfluß ausüben J rückenden, ja dramatifchen Glaubenskraft des Religiöfen,
(XXXII). — Höchft erwünfeht und dankenswert ift end- ! fie birgt das ewig junge philofophifche Pathos fie ift Gelich
das Gefamtregifter, das außer den Listen der Ph. j fühlsphilofophie und Praxis; bei Ariftoteles ift 'alles philo-
Bibl. auch die Stephanus-Paginierung enthält und dadurch ; fophifche Disziplin und logifche Einheitlichkeit eines Sy-
an Brauchbarkeit und Wert natürlich ungemein gewinnt. ; ftems. Er organifiert das Wiffen anders. Ihn beherrfcht
Auch find — ein weiterer Vorzug — den deutfehen , Ökonomie des Denkens. In Platon die mythifche AnWorten
, die der alphabetifchen Ordnung zugrunde liegen, fchauungsweiie, in Ariftoteles die rein-wiffenfehaftliche.
die griechifchen Termini hinzugefügt. Auch hat fich j Im übrigen unterfcheiden fie fich ja nicht in ihren Haupt-
Apelt bei feiner Aufftellung in erfter Linie von fachlichen ideen. Nur das /Wie' des Wertens ift anders. Es ift be-
Gefichtspunkten leiten laffen, ohne auf vollftändige rechtigt, von einer ,platonifch-ariftotelifchen Ethik'zu reden;
Aufzählung aller Stellen, an denen ein Wort auftritt, be- ja auch von methodifchen Gleichartigkeiten zeigt der
dacht zu fein, fodaß fein Index das Lexicon platonicum ariftotelifche Stil des Denkens manches, das durch die
von Aft nicht überflüffig macht. — Zuletzt enthält der 1 fyftematifch behandelnde Art öfters hindurchbricht. Alfo
Indexband im Anhang den bisher fehlenden Literatur- ; auch hier fieht man Platons weifenden Finger. Übrigens
bericht zum Gaftmahl, Laches und Euthyphron, fowie ift ja des Gemeinfamen auch innerlich fo viel — aus einer
Ergänzungen und Berichtigungen zu allen Bänden. Verwandtfchaft der gleichen Gedankenrichtung — fodaß

Wirft man bei diefer Gelegenheit auf die Gefamt- man oft von platonifchen ,Tatfachen des fittlichen Bewußt-