Recherche – Detailansicht
Ausgabe: | 1920 |
Spalte: | 151-152 |
Autor/Hrsg.: | Schreiber, Georg |
Titel/Untertitel: | Mutter und Kind in der Kultur der Kirche 1920 |
Rezensent: | Lerche, Otto |
Ansicht Scan: | |
Download Scan: |
Theologifche Literaturzeitung 1920 Nr. 13/14.
152
nas und die Gefchichte des Heiligtums werden nach den
literarifchen Quellen erzählt, dann beginnt die Führung
durch den Ruinenkomplex. Zuerft kommt die Menas-
gruft nebft der über ihr errichteten Bafilika, dann die
Hauptanlage, die große Bafilika des Arkadius (395 — 408)
und das an die Weftfeite der Gruftbafilika flößende Bap-
tifterium. Es folgt das gleichfalls mit einer Bafilika aus-
geftattete Bad, in dem die kranken Pilger das wunderkräftige
Waffer des heiligen Quells ihren Gliedern zuführten,
ein fehr umfangreiches nur zum Teil ausgegrabenes Klo-
fter und mehrere Friedhöfe, einer davon wiederum mit
prächtiger Bafilika. Zwei Kapitel über Privatbauten und
Bewäfferungsanlagen fowie über die religiöfe Induftrie der
Wallfahrtsftadt, insbefondere über die Keramik, fchließen
das inhaltreiche Buch. Eine große Fülle gut reproduzierter
photographifcher Aufnahmen gibt eine lebendige An-
fchauung, die notwendigften Pläne — leider kein Gefamt-
plan des ganzen Ausgrabungsgebietes — find beigegeben.
Es ift eine für die Gefchichte der fpätantiken, fpeziell der
chriftlichen, Kunft höchft lehrreiche Stätte, die Kaufmanns
Arbeit der Wüfte abgerungen hat: gelegentliche Bemerkungen
weifen den Lefer auf die kunftgefchichtliche Verwertung
des Gefundenen hin. Wenn auch diefe Arbeit
in erfter Linie an das wiffenfchaftliche Hauptwerk anknüpfen
muß, fo wird doch auch der Archäolog gerne
fchon aus diefer fchlichteren Darbietung Stoff für feine
Studien entnehmen.
Jena. Hans Lietzmann.
Herwegen, Abt Ildefons: Der heilige Benedikt. Ein Charakterbild,
gezeichnet v. H. 2. Aufl. (XII, 170 S.) kl. 40. Düffeldorf,
L. Schwann 1919. Geb. M. 10 —
Die erfte, 1917 erfchienene Auflage diefes Buches habe ich in
diefer Ztg. 1919, Sp. 8 angezeigt. Bei feinen Vorzügen und der Stellung
feines Verladers hat das Buch in der Familie des hl. Benedikt offenbar
großen Anklang gefunden und fo ift in kurzer Zeit eine zweite Auflage
notwendig geworden. Diefe ift natürlich der urfprünglichen Anlage und
Haltung treu geblieben. Änderungen zeigen üch hauptfächlich in der
Ausftattung: das Papier ift den traurigen Zeitverhältniffen entfprechend
einfacher genommen und die Vollbilder find weggelaffen. Geblieben find
die hübfchen Kopf bilder. Dazu gekommen find Anmerkungen mit fachlichen
Erläuterungen des Textes und Angaben aus Quellen u. Literatur.
Auch der Text felber ift an einigen Stellen überarbeitet und ergänzt
worden, namentlich wurde der Stellung der Myftik in Benedikts Gedanken
weit größere Aufmerkfamkeit gefchenkt. Zur Rechtfertigung der
vita mit ihren Wundererzählungen beruft lieh der Verf. im Vorwort
diefer Auflage auf Harnack und Reitzenftein. Nun find ja ohne Zweifel
auch Legenden für den Hiftoriker wertvoll, da fie vielfach den Eindruck
einer Perfönlichkeit auf Mit- und Nachwelt treffend wiedergeben. Aber
eben in diefer behutfamen Verwertung fcheidet fich der Hiftoriker vom
Legendenfchreiber, der Legenden wie gefchichtliche Tatfachen erzählt.
München. Hugo Koch.
Schreiber, Prof. D. Dr. Georg: Mutter und Kind in der Kultur
der Kirche. Studien zur Quellenkunde u. Gefchichte
der Karitas, Sozialhygiene u. Bevölkerungspolitik. (XX,
160S. m. 2 Bildern.) gr.8°. Freiburg i.Br., Herder 1918.
M. 6 —
Daß das Bevölkerungsproblem nicht erft eine Zeit-
erfcheinung unferer Tage ift, dürfte hinlänglich bekannt
fein. Die Gefchichte lehrt, daß die Kirche in vieler Hinficht
manchen modernen gewaltfam Löfung heifchenden
Problemen feit Jahrhunderten verftändnisvolle Aufmerkfamkeit
entgegengebracht hat: eine Tatfache, die poli-
tifchen und sozialiftifchen Heißfpornen der Gegenwart
nicht eindringlich genug zu Gemüte geführt werden dürfte.
Es wäre fehr zu wünfehen, daß Schreibers Buch auch in
Kreifen, die von der Kirche und ihrer Kultur nichts wiffen
wollen, Beachtung fände, daß wenigftens die Tatfachen
bekannt und gewürdigt werden. Freilich ift der Verfaffer
gelegentlich veranlaßt, gerade die fpezififch katholifch-
kirchlichen Einrichtungen auf fozialem Gebiete, auf dem
Gebiet von Mutterfchutz und Säuglingsfürforge eingehend
zu behandeln. Aber die Dinge find es wert, daß man
fie ins rechte Licht rückt und es wäre unhiftorifch und
fchließlich auch unpolitifch, wenn man die großen fozialen
und karitativen Werte der Orden und Kongregationen
etwa leugnen wollte. Der Verf. behandelt die Quellen,
die für die Problemftellung in Frage kommen: die kirchliche
Praxis ift von dem theologifchen Hiftoriker in den
Vordergrund gerückt, die Soziallehre wird nur gelegentlich
umriffen. Die Quellen müffen auch darum in einen
neuen Gefichtspunkt geftellt werden, damit fie in der
rechten Weife für diefe bisher nicht richtig ausgefchöpften
Fragen die hinreichende und mannigfaltige Grundlage
bieten können. Unzweifelhaft hat die Kirche in ihren
abgeftuften Organen das mittelalterliche Stadtleben nicht
nur wirtfehaftlich und politifch, fondern vor allen Dingen
auch fozial, d. h. befonders karitativ und hygienifch beeinflußt
. Sehr, bietet unendlich viel Material in fehr an-
fprechender Form, fo daß reiche Anregungen von feinem
verdienftlichen Buche ausgehen werden.
Hannover. Otto Lerche.
Kleinodien uit Luther's Nalatenschap. Getuigeniffen van den her-
vormer, bijeengebracht, ingeleid en toegelicht door Hoogl.
Dr. H. A. van Bakel. (XII, 295 S.) gr. 8". Amfterdam, S. L.
van Looy 1917.
Was van Bakel hier in deutfeher Sprache feinen Landsleuten
vorlegt, find in der Tat zum großen Teil Kleinode aus
Luthers Nachlaß: die 95 Thefen, Von der Freiheit eines Chriften-
menfehen, der kleine Katechismus und die Schmalkaldifchen
Artikel. Aus den Vorreden zur heiligen Schrift find aufgenommen
die Vorrede auf den Pfalter von 1528 und die Vorrede auf die
Epiftel S. Pauli an die Römer von 1522. Aus den Predigten
und Briefen konnten nur wenige Bruchftücke abgedruckt werden.
Die Lieder find naturgemäß reichlicher bedacht. Ob, was aus
den Tifchreden mitgeteilt wird, wirklich zu den Juwelen zählt,
dürfte bezweifelt werden. Hier rächt fich auch, daß van Bakel,
wohl mit Rückficht auf feine holländifchen Lefer, die Weimarer
Ausgabe ignoriert hat. Deren kritifche Sichtung der Tifchreden
hätte feiner Auswahl gute Dienfte erweifen können. Das Buch
fchließt mit Luthers Teftament vom 6. Jan. 1542. Einige fpar-
fame Erläuterungen für den Laienlefer find mitgegeben.
Tübingen. Scheel.
Traub, Oberkirchenr. Stadtdek. D. Th.: Lutherworte zum Ver-
ftändnis evangel. Wahrheit. (176 S.) kl. 8». Stuttgart, Verl.
d. Ev. Gefelll'chaft 1918. M. 2.25; geb. M. 3-
Derartige Sammlungen von Lutherworten find nichts neues;
man denke an das beginnende 19. Jahrhundert, wo fo manches
Büchlein mit dem Titel ,Geift aus Luthers Werken' erfchien.
Sie erfüllen aber nicht immer ihre Aufgabe, zum Vertiefen in
Luthers Werke anzuregen; die meiften glauben vielmehr eben
dadurch fchon genügend den Reformator kennen lernen zu
können. Ihre Bedeutung aber haben fie für die Kirchengefchichte
gewiß. Es läßt fich aus ihnen entnehmen, wie weit man in
Luthers Gedanken in jeder Zeitepoche eingedrungen war, welche
Seite an ihm vor allem betont wurde. Das gilt auch von dem
vorliegenden Büchlein; das um fo mehr, weil es nicht aus Anlaß
des Reformationsjubiläums entftanden ift, fondern den Ertrag
eines Lebens darfteilt. Auch ift vom Dogmatifchen ganz abge-
fehen, dagegen der Glaube in feiner Entfaltung und Bewährung
im Leben zumeift behandelt. Der Verfaffer geht auch nicht die
alten Geleife; manch felteneres Wort hat er in 20 Jahren notiert
und nunmehr allgemeiner bekannt gemacht. Unter dieren Um-
(fänden wird man es mit in Kauf nehmen, daß das Suchen
und Auffinden der einzelnen Worte in Luthers Werken nicht
gerade leicht ift. Ein Teil der ,Lutherworte' ift im ,Evangelifchen
Gemeindeblatt Stuttgart' im Jubeljahr der Reformation fchon
erfchienen. Es wäre vielleicht nicht unintereffant, die fämtlichen
Blätter, die gleiches in jener Zeit taten, miteinander zu vergleichen
Es ließen fich manche intereffante Einblicke gewinnen.
Alfeld. Schornbaum.
Lang, Dompred. u. Prof. D. Auguft: Reformation und
Gegenwart. Gefammelte Auffätze vornehmlich zur
Gefchichte u. zum Verftändnis Calvins u. der reformierten
Kirche. (339 S.) gr. 8°. Detmold, Meyer 1918.
M. 6—; geb. M. 7.50
Es ift fehr zu begrüßen, daß A. Lang, einer der
eifrigften Vorkämpfer und Erforfcher reformierter Theologie
, diefe zumeift in der .Reformierten Kirchenzeitung'
niedergelegten Auffätze durch Zufammenfaffung einem
größeren Leferkreife vorlegt. Es handelt fich um folgende
Themata: Zwingli, Butzer, Calvin als Männer der Weltliteratur
, Das häusliche Leben Johannes Calvins, Luther
und Calvin, Melanchthon und Calvin, Eine Liebesgefchichte