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Ausgabe:

1920 Nr. 1

Spalte:

125

Autor/Hrsg.:

Willemze, J.

Titel/Untertitel:

De tweede brief van Petrus. De brieven van Johannes. De brief van Judas 1920

Rezensent:

Windisch, Hans

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125

Theologifche Literaturzeitung 1920 Nr. 11/12.

126

Willemze, J.,Pred.S.: De tweede brief van Petrus. De brieven
van Johannes. De brief van Judas. (Tekst en uitleg. Praktische
verklaring van het Nieuwe Testament door Prof.
Dr. A. van Veldhuizen.) (144 S.) 8°. Groningen,
J. B. Wolters 1919. FL 2.50

Diefer die vier polemifchen Briefe aus der Reihe der
katholifchen Briefe behandelnde Teil des fchon früher in
diefer Zeitfchrift von mir befprochenen Unternehmens ift
wefentlich ausführlicher, allerdings auch breiter und um-
ftändlicher gefchrieben als die bisher erfchienenen Bände.
Der Verf. hatte für die vier kurzen Briefe ebenfoviel Raum
zur Verfügung wie der Herausgeber für den Rom. oder
für die Kor., brauchte fich darum weder in der Einleitung
noch in der Erklärung Schranken aufzuerlegen.

Die Einleitung behandelt etwas fchematifch erft die Verfaffer der
Briefe, dann die Lefer, die Entftehungszeit, die Irrlchrer ufw. Die Ent-
fcheidung fallt regelmäßig im Sinne der Überlieferung aus; von den
Bedenken, die gegen die Echtheit des II. Petr. angeführt werden, fagt
er fogar kein Wort; fie bleiben alfo unwiderlegt Alle vier Briefe find
an beftimmte Gemeinden oder Gemeindegruppen gerichtet; daß fie offene
Hirtenbriefe, katholifche Briefe gewefen fein follten, hält er für ausge-
lchloffcn: wie follte doch folch ein Brief fein Ziel erreicht haben? Die
bekannte Unterfcheidung Zwilchen Briefen und Epifteln und die Tatfache
, daß es Epifteln, d. i. für alle Chriften beftimmte Briefe, gegeben
hat, wird alfo überfehen. Willkommen ift eine kurze Skizze der reli-
giöfen Bewegungen jener Zeit. Bei den Irrlehrern, die Joh. beftreitet, will
er weder an Kerinth noch an Doketen denken, fondern an Lehrer,
die nicht fo fehr die menfehliche Natur, als die Tiefe der Erniedrigung
Jefu leugneten. Die die Unechtheit des IL Petr. beweifende Schwierigkeit,
daß ,Pctrus' das Auftreten der Irrlehrer erft ankündigt, dann als gegenwärtig
befchreibt, meint er daraus erklären zu können, daß die Gefahr
für Petrus im Anzug und ein unvermeidliches Übel war, womit er
dem Text kaum gerecht wird. Sehr ausführlich find die Inhaltsangaben
, fie entfprechen beinahe dem, was in früheren Bändchen Auslegung
' war; die Auslegung gibt denn auch viel Wiederholung. Das
Verwandtfchaftsverhältnis zwifchen II. Petr. 2 und Judas leitet der Verf.
aus einer vorangegangenen mündlichen Befprechung der zwei Männer
ab. Warum hatte lieh diefe Unterhaltung auf die eine Frage befchränkt?
Der .theologifche Inhalt' wird echt biblifch theologifch im Sinn von
B. Weiß dargelegt. Dabei wird in die .Lehre über Gott' bei Joh, eine
Rechtfertigung der Echtheit des Comma Johanneum yerfucht, die wenig
glücklich ift. Daß der kürzere Text eine Erläuterung fordere und ohne
eine folche in der Luft hänge, ift wohl nicht unrichtig gefühlt; aber
daß die Einfügung nach dem arianifchen Streit nicht mehr begreiflich
fein follte und daß die Auslaffung bloß auf Verfehen beruht habe, ift
unannehmbar. Eine folche Frage konnte unmöglich durch zufallige
Auslaffung Jahrhunderte hindurch der ganzen griechifchen Kirche ver-
loren gehen, und für Einfügung hatte man nach dem arianifchen Streit
dasfelbe Intereffe wie vorher. Auch in minder wichtigen textkritifchen
Entfcheidungen ignoriert der Verf. gewiffe Grundgefetze der Textkritik.
Seine Gebundenheit an den .Kanon' kommt deutlich zum Ausdruck,
wenn er den Einfluß pfeudepigrapher Schriftftellerei auf Petrus und
Judas möglich!! einzufchränken fucht, wobei u. a. die feltfame Exegefe
der do'fea (nicht Engel, fondern hochgcftellte Menfchen!) Dienft
tun muß.

Im Gegenfatz zu diefen weniger erfreulichen Seiten der
Arbeit fei zum Schluß jedoch hervorgehoben, daß die
Auslegung hier wirklich gut durchdachte und lichtvolle
Exegefe darftellt, nicht bloß Paraphrafe oder Aneinanderreihung
von Gloffen und mehr oder weniger treffenden
Einfällen. Gedankengang und Wortlaut der Briefe
wird wirklich erklärt und erläutert. Den Kommentar der
kathol. Briefe in Lietzmanns Handbuch fcheint der Verf.
noch nicht zu kennen; fonft ift die Lifte der benutzten
Literatur umfangreich und vollftändig.

Leiden. H. Windifch.

Bauer, Stadtpfr. Lic. Karl: Antiochia in der älteften Kirchengefchichte
(Sammlung gemeinverftändl. Vorträge u. Schriften 87.) (IV, 47 S.)
gr. 80. Tübingen, J. C. B. Mohr 1919. . _ M. 1.80

Können wir etwas Sicheres ermitteln über die Phafe des Urchnften-
tums, welche zwifchen Jefus und Paulus liegt? (S. 1). Zur Beantwortung
diefer wichtigen Frage bietet fich der Weg einer kritifchen Ana-
'yfe der urchriftlichen Überlieferung auf Elemente eines vorpaulinifch.cn
Heidenchriftentums, und als der Ort, an dem fich ein folches gebildet
haben könnte, wäre in erftcr Linie Antiochia in Betracht zu ziehen.
Der Verfaffer vereinfacht fich die Aufgabe, indem er ein gewandt und
farbig Mißartet Bild des Heidenchriftentums in der Darftellung
der Apoftelgefchichte auf dem Hintergrund einer anfprechenden
Skizze der hclleniftifchen Großftadtkultur in Antiochia reproduziert.
Typifches und Spezififches, Bezeugtes und Vermutetes, Anerkanntes und
Hmftrittenes wird dabei nicht gefchieden, fodaß die Bedingungen für

eine Auseinanderfetzung über Einzelnes nicht gegeben find. Wir lefen
einen hübfehen, gemeinverftändlichen Vortrag, aber ernten keinen Gewinn
für die wiffenfehaftliche Erkenntnis des Urchriftentums.

Breslau. h. v. Soden.

Stuhlfauth, Prof. D. Dr. Georg: Die „ältelten Porträts"
Chrilti und der Apoftel. Mit 2 Abbildgn. auf 1 Tafel.
(S.-Dr. aus dem ,Proteftantenblatt'.) (26 S.) 8°. Berlin,

Hutten-Verlag 1918. m. _90

Stuhlfauth, Prof. D. Dr. Georg: Das Heilandskind nach
Holzfchnitten u. Kupferftichen Albrecht Dürers ausgewählt
u. m. begleit. Text v. St. (22 S. m. 9 Tafeln.)
kl. 40. Berlin, Stiftungsverlag (1919). M. 5.40

Bei Ausgrabungen in Antiochia (Syrien) wurde 1910
an einer Stelle, wo vordem eine große chriftliche Kirche
geftanden haben foll, unter anderen gottesdienftlichen
Gegenftänden ein 19 cm. hoher Silberkelch gefunden,
außen reich mit Weinrebengerank verziert; dazwift en
ift eine doppelte Reihe von zufammen zwölf Sitzfiguren
fichtbar, von denen eine Chriftus redend darfteilt (neben
ihm ein Lamm) und zu feinen Füßen rechts (vom Be-
fchauer) Paulus, links Petrus (alfo die umgekehrte Gruppierung
gegenüber der fonft geläufigen). Dies und andere
Merkmale weifen, wie Verf. (vordem im Proteftantenblatt)
überzeugend ausführt, früheftens auf das 5. Jahrhdt. als
Entftehungszeit, womit die gewagten Behauptungen des
Amerikaners Gultavus A. Eifen (I916), daß der Kelch
der zweiten Hälfte des 1. Jahrh. entflamme, und wirkliche
Porträtähnlichkeit der Perfonen anzunehmen fei, als von
keinerlei Sachkenntnis geftört gekennzeichnet werden.
(Der Wunfeh war hier, wie in ähnlichen Fällen aller
Zeit- und Ortsverhältniffe, wo Laien auf neue Funde ftoßen,
der Vater des Gedankens.) Der Kelch befindet fich
nämlich jetzt in New York.

,Alle höchfte Kunft ift Ideenkunft'. Mit diefem Satze
trifft Verf. das Charakteriltifche an Dürer, deffen reiche
Schöpfungen und Perfönlichkeit immer wieder auf den
Deutfchen anziehend wirken werden, wie er darin auch
für die nachfolgende deutfehe Malerei bis auf wenige
neuere Erfcheinungen maßgebend gewefen ift. Aber man
wird die Richtigkeit des Satzes ftark in Frage ftellen.
Faßt die Gedankenkunfl wirklich das wahrhaft fprudelnde
Leben und hebt es mit anfpruchslofen Mitteln auf eine
Höhe, in der man nur ltaunend weilt? Bedeutet Dürer
für uns Heutige auf feinem Gebiete, fo reich er es aus-
geftaltet hat, noch das, was Luther feinen Zeitgenoffen
und uns auf rein religiöfem Gebiete? M. E. hauptfächlich
in den Schöpfungen, die als unmittelbarer Ausdruck der
ftarken und herben Kraft der Reformation gelten können.
Der Gedanke an das Leiden Jefu wirkte (S. 8) auch in
den Seelen vieler katholifcher Zeitgenoffen. Für eine
allfeitige Einfehätzung Dürers fei auf die Ausführungen
von Karl Scheffler, Deutfehe Kunft (Sammlung von
Schriften zur Zeitgefchichte, Berlin 1916) nachdrücklich
verwiefen.

Die anfpruchslofe Sammlung von 10 Darftellungen,
befonders aus Dürers ,Marienleben', meift Holzfchnitten,
wird als Gabe etwa aus Anlaß von Tauffeften dankbar
hingenommen werden, denn die liebevolle Verfenkung
des großen Zeichners in die Einzelheiten des Familienlebens
und der Landfchaft fpricht an, ebenfo wie die
von ftarker Vorliebe für denMeifter getragene Einführung
und Bildererklärung durch den Herausgeber, weniger
freilich der Kopf des Chriftuskindes auf dem Umfchlage,
mit dem ftark komponierten altklugen Gefichtsausdruck.
Betheln (Hann.). E. Hennecke.

Carte!Iieri, Prof. Dr. Alexander: Grundzüge der YVelt-
gefchichte 378—1914. (VII, 200 S.) 8». Leipzig, Dyck
ICHQ- M- 6.50; geb. M. 8.50

Es ift ohne Frage außerordentlich fchwierig, auf
200 Seiten für die wichtigfte Periode des Weltgefchehens,
d. h. für die Gefchichte der Staaten im abendländifchen
Kulturkreife, zu dem dann im Laufe der Zeit die islami-