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Ausgabe: | 1920 |
Spalte: | 110-111 |
Autor/Hrsg.: | Schlipköter, Gustav |
Titel/Untertitel: | Unser Martin Luther 1920 |
Rezensent: | Schornbaum, Karl |
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Theologifche Literaturzeitung 1920 Nr. 9/10.
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Termin ftellen können', fondern nur, daß Luther von jener
Epoche die Korruption gefunder Bibelexegefe durch die
Scholaftik datiert, über deren Einzelgefchichte er fehr
fchlechte Kenntnis befaß; eine Ausfpielung der Früh-
fcholaftik gegen die Spätfcholaftik liegt in jenen Äuße
Defensio beforgt hat, legt die Erwägung nahe, wie viel
Wertvolles von feiner Mitarbeit am Corpus Catholicorum
noch zu erwarten gewefen wäre. Die Einleitung des
Verfaffers zu Ecks Schrift bringt manche erwünfchte Aufklärung
über die Vorgänge nach Luthers Thefenanfchlag.
rungen keineswegs. Was fonft über die auguftinifche Wir erfahren, daß Ecks erfte, private (ebenfo wie Luthers
Schule gefagt wird (S. 11 ff.) find vorläufig nur Behaup- j Asterisci erft 1545 veröffentlichte) Kundgebung zum
tungen, über deren Recht oder Unrecht die Entfcheidung Ablaßftreit nicht Obelisci (fo die Angabe bei Enders
ausfteht. j 1, 174 Anm. 3 und W.W. 1, 278), fondern Adnotationes
Die Studie über Tauler ift infofern .eine Teilausfuhrung ! betitelt gewefen ift; daß Luther in den Asterisci von
der größeren Arbeit', als Tauler zum großen Teile auf; 31 Obelisci Ecks fpricht, während diefer wiederholt be-
dem Boden jener .alten Theologie' ftehen foll, alfo wefent- j hauptet, er habe nur zu 18 Thefen Luthers Anmerkungen
lieh Auguftinift ift und als folcher auf Luther wirkte. Das j gemacht; daß der Druck der Defensio Karlftadts, in
wird in 15 Kapiteln durch die Hauptpunkte der älteften der er auf Ecks gleichnamige Schrift antwortet, nicht,
Theologie Luthers hindurch zu zeigen gefucht. Es ift ■ wie man bisher annahm, am 14. September, fondern
ohne weiteres zuzugeben, daß M. in Tauler fich fehr eifrig ! zwifchen dem 26. September und 20. Oktober 1518 voll-
umgefehen hat, nicht minder in Luther, und daß er manche ; endet gewefen ift (vgl. S. 14, Anm. 6) u. a. m.
neue und glückliche Parallele zwifchen beiden beigebracht i Bei der kritifchen Ausgabe der Eckfchen Defensio
hat; aber die Hauptthefe kann ich in ihren beiden Hälften ; felbft, in der zu einer Reihe Karlftadtfcher, gegen Eck
(a: Tauler Auguftinift, b: Luther ganz von ihm abhängig) I gerichteter Thefen Stellung genommen ift, galt es fehr
nicht für erwiefen erachten. Daß fich "bei Tauler fehr viel
Auguftinismus, namentlich in der Heilslehre, findet, ift
richtig, aber man braucht nur einmal die Schrift von
G. Siedel über die Myftik Taulers zu lefen, um zu erkennen
, daß er Thomas v. Aquino weit näher fteht als
Auguftin, jedenfalls ein anderes Verftändnis Auguftins
hat als Luther. Und damit ift auch fchon die zweite
Frage entfehieden. Es ift M. zuzugeben, daß Luther an
große Schwierigkeiten zu überwinden, weil der Nachweis
der in den (mitabgedruckten) Thefen Karlftadts und in
den Thefen Ecks angeführten Zitate und Hinweife eine
fehr genaue Kenntnis der fpätmittelalterlichen fcholaftifchen
und Gebetsliteratur vorausfetzte. Man darf wohl behaupten
, daß eine fo vollkommene Überwindung diefer
Schwierigkeiten, wie fie in Grevings Ausgabe vorliegt,
nur einem katholifchen Gelehrten möglich ift. — In dem
weit mehr Punkten, als man gemeinhin annahm, Überein- j kritifchen Apparat ift mir nur ein Verfehen aufgefallen
ftimmung zwifchen fich und dem Myftiker empfunden 1 Greving fpricht S. 42 Anm. von den Thefen Karlftadts
haben kann, aber die Folgerung M.s, daß er es haben j vom 25. September 1516. Er hat an diefer Stelle meinen
muß, ftehen folgende Bedenken gegenüber: 1. reflektiert ; Karlftadt I, S. 4631. erbrachten Nachweis überfehen, daß
M. nicht darauf, daß manche Gedanken, die er Tauler i diefe Thefen erft vom 26. April 1517 find, während Greving
entlehnt fein läßt, Luther längft vorher bekannt waren, j an anderer Stelle (S. 65, Anm. 6) für diefe felben Thefen
Hier könnte nur eine fehr genaue Analyfe entfeheiden, j das richtige Datum angibt.
die M. fich aber erfpart hat. 2. Daß Luther felbft nur in j Leipzig. Hermann Barge.
einigen wenigen, fich ftets wiederholenden Gedanken- |-————
gängen, die ich in meiner Schrift: Luther und die Kirchen- Chronika des weiland Reiterknechts Ambrofi Schwerter. Vergilbte
gefchichte 1900 feftftellte, ausdrücklich fich einer Be- Blätter aus der Reformationszeit. (169 S.) kl. 8". Bern,
rührung mit Tauler bewußt ift. Daß manche von M. , A, Franke 1919.^ ^ M. 8^geb. Ah ,0-
beigebrachte Parallele (z. B. S. 156 ff. über die HeilsgewiU- gilbte Biätter aus der Refomationszeit. Wo die Urfchrift zu fin-
heit) über Formales nicht hinausgeht, bei ganz verfehle- 1 den wäre, ift nicht gefagt. Nach der Vorrede will der VerfafTer,
dener fachlicher Grundlage. ein Gegner des neuen Glaubens, fich mit der Schrift Ruhe
Auf Einzelheiten kann ich hier nicht eingehen. Nicht | fchaffen gegen alle Zweifel, daß er auf dem rechten Ort geftanden
ir^-t -iL n. c ■ r ■ e :a a:^ a-,-1 „ Ür- „i;„n~ n*. und nicht umfonft in der Schlacht von Kappel zum Kruppe
vorteilhaft für feine Sache ift die ftarke persönliche Ge- ( rden feL Aber man ift verfucht) in der Chronika das Werk
reiztheit M.s abweichenden Anflehten gegenüber; ich ver- 1 eines neuzeitlichen Dichters zu fehen, der in altfchweitzerircher
ziehte daher darauf, meine Meinung perfönlich hier zu ; Sprache ein trübes Gemälde altgläubiger Kreife gibt. Ein Pfaffen-
verteidio-en kind, um das fleh der Vater nichts kümmert, einige Zeit mit
p " YV Köhler Zwingli unterrichtet, bald ein echter Reisläufer, der die Schlachten
1CD' in Oberitalien mit macht, dann im Dienft eines adeligen Betrü-
~~- ■-- T~j gers, liegt er bei Kappel neben dem verwundeten Zwingli, den
tck, Johannes: Defensio contra amarulentas D. Andreae er ergreifend beten hört. Aus dem Mund eines Feindes der
Bodenstein Carolstatini invectiones (1518). Hrsg. v. Prof. Reformation wirkt die Erzählung kräftig.
Dr. Jofeph Greving. (Corpus Catholicorum. Werke Stuttgart. G. Boffert.
kathol. Schriftfteller im Zeitalter der Glaubensfpaltg. 1.)
(7Ü: u Q6S) er. 8°. Münfter i. W., Afchendorff 1919. ; Eckart, Werner, u. Guftav Schlipköter: Reformatoren und
V3 y ; S M o —■ Subfkr-Pr M 7 30 Reformation im Lichte unterer Zeit. Ein Reformationsbuch,
„ ■, j- r 9 , ourjiKr. rr. y. /•J hrsg. im Luther ahr 1917. (208 S. m. Abbilden ) 8» Alten
In dem erften Teile diefer erften Veröffentlichung | bur6g) St Geibel 1917. 8 Geb M 3-
der Gefellfchaft zur Herausgabe des Corpus Catholicorum Schlipköter, Guftav, u. Werner Eckart- Unrer Martin Luther,
find — abgefehen von der Mitteilung ihrer Satzungen; Ein Lutherbüchlein zum 400 jähr. Jubiläum der Reformation,
und der Aufzählung; ihrer Mitglieder — ausführlich die f. Volk u. Jugend hrsg. (104 S. m. Abbildgn.) kl. 8». Alten-
Grundfätze für die Herausgabe des Corpus Catholicorum : b"rg> »t Geibel 1917. M. l -
darrv„i V tT j r u "rl Aücfiihrnno-en veno-en 1 Die Glaubenskraft und den Heldengeift Luthers will das
dargelegt. Die darauf bezüglichen Ausführungen zeugen , erfte Büchlein im deutfehen evangelifchen Chriftenvoike ftärken.
von der großen kritifchen Gewiffenhaftigkeit und der 1 ein Darum bietet es keine Lebensbefchreibung des Reformators,
wiffenfehaftlichen Einftellung des Begründers und erften fondern zeigt nach einer kurzen Darftellung der Vorläufer der
Leiters der Gefellfchaft. des Bonner katholifchen Theologie- Reformation (Waldes, Wiclif, Hus, Savonarola, Weffel) und einer
Profeffor« Tnfenh Grevino- nocn kurzeren der Schweizer Reformatoren Zwingli und Calvin
P oietlors joleph Greving. , und etlicher feiner Mitarbeiter, wie er fich zu den großen Fragen
Ein wie fchmerzhcb.es Gefchick, daß es ihm nicht , der Gegenwart geftellt hat. Zum Abfchluß find noch Gedichte
vergönnt gewefen ift, das Erfcheinen diefes erften Heftes : über Luther, fowie Lutherworte und Lutherlieder beigefügt. Recht
des Corpus Catholicorum zu erleben: am 6. Mai 1919 er- gut gemeint. Aber gerade bei Lolchen Volksbüchern gilt: das
folgte plötzlich fein Hinfeheiden, am Morgen des Tages, Befte..,>ft gerade gut genug. Dazu wäre aber eine ganz andere
an dem «■ die Regifter der vorliegenden Publikation einer ^ftÄ .£ VnÄfc 'zurück StoEE
tetzten Revifion unterzogen hattel ches hätte ruhig fchon 1883 niedergefchrieben werden können
Die muftergültige Ausgabe, die Greving von Ecks ! Seiner Aufgabe wird das zweite Büchlein gerechter. Wenn