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Ausgabe:

1920

Spalte:

107

Autor/Hrsg.:

Schubert, Hans v. (Hrsg.)

Titel/Untertitel:

Luthers Vorlesung über den Galaterbrief 1516/17 1920

Rezensent:

Köhler, Walther

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Seite 1

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Theologifche Literaturzeitung 1920 Nr. 9,10.

108

halten find, man alles aufs bequemfte und befte zufammen
hat. (S. 56, Z. 8 v. o. 1. rechten ftatt linken.)

Berlin. Georg Stuhlfauth.

Luthers Vorlefung über den Galaterbrief 1516/17. Zum

erften Male hrsg. von Hans v. Schubert. Mit 40

Lichtdr.-Tafeln. (Abhandlungen d. Heidelb. Akad. d.

Wiff, philof.-hift. Kl. 5. Abh.) (XVI, 72 S.) gr. 40.

Heidelberg, C. Winter 1918. M. 8 —

H. v. Schubert legt uns hier ein Manufkript in Lichtdrucktafeln
und fortlaufendem Texte vor, deffen Exiftenz
der Lutherforfchung fchon feit 1877 bekannt war, auf
deffen Publikation uns aber Nik. Müller, der es aus dem
Befitze des Barmer Pfarrers Krafft erworben hatte, warten
ließ. (Das Original befindet fich jetzt im Melanch-
thonhaufe zu Bretten). Leider handelt es fich um die
Nachfchrift eines nur mäßig begabten Studenten, der
z. T. Luther falfch verftand — woran, was fchon J. Ficker
in der Einleitung zum Römerbriefkommentar vermerkt
hatte, Luthers fächfeinde Ausfprache z. T. fchuld war,
wie zahlreiche Beifpiele beweifen — z. T. nicht mitkommen
konnte, oder auch ,fchwänzte' und nachreiten mußte.
Immerhin dürfen wir fehr dankbar fein, daß wir wenig-
ftens das wefentlichfte aus Luthers erfter akademifchen
Behandlung des Galaterbriefes befitzen und damit in der
Lage find, feine Entwicklung im Verftändnis diefes feines
befonderen Lieblings zu verfolgen; wie lehrreich das fein
kann, hat Holl aus Beifpielen der Deutung des Streites
zwifchen Petrus und Paulus gezeigt (ZKG., Bd. 38). Ift
auch die erfte Auslegung nicht fo bedeutfam wie die des
Römerbriefes, es findet fich doch des wertvollen genug,
felbft wenn man immer in Rechnung ftellt, daß wir aus
zweiter Hand fchöpfen. Luthers Methodik ift diefelbe
wie im Römerbrief, und wiederum hat Grunenberg den
Text gedruckt. Zeitgefchichtlich.es findet fich in dem
von Luther Diktierten kaum; das mag er, wenn überhaupt
, im mündlichen Vortrag gefagt haben. Aber zahlreiche
feine Sentenzen finden fich; z. B. S. 7, Z. 29f.: in
effectu fides non potest expugnari, sed tantum oppugnari
vel impugnari, oder S. 17,32 und 38 die hart an das allgemeine
Prieltertum heranftreifenden Ausführungen zu
Gal. 3,28, oder zu Gal. 5,13 über die theologica libertas,
oder S. 32 die Scholien zu Gal. 1,5, S. 36 zu 1,11 über
die Rechtfertigung. Wie hübfch zu Gal. 2,16 die Wendung
an die Studenten: proprie in etate iuventutis et
statu incipientium (S. 42) u. a.I Daß bei der fchwer
lesbaren Handfchrift nicht alles richtig entziffert wurde,
befremdet nicht; einige Verbefferungen hat Holl a. a. O.
gegeben. Meinerfeits füge ich bei: S. 3,10 lies resusci-
tacionem, S. 5,18 ftreiche non, S. 48 Anm. 14 begegnet
der unausrottbare Origines, S. 55,2 lies exprimere, S. 67,23
lies studio.

Zürich. W. Köhler.

Hoen, Cornelis, Avondmaalsbrief (1525). In facfimile uitgeg.

en van inleiding voorzien door Hoogl. Dr. A. Eekhof.

(XXI, 15 S.) 8°. 's-Gravenhage, M.Nijhoff 1917. fl. 1.35
Der Leidener Kirchenhiftoriker veröffentlicht in diefer
Schrift den bekannten, für Zwingli fo bedeutfamen Brief
des Advokaten Cornelius Honius über das Abendmahl
nach einem bisher unbekannten Druck der Berliner Kgl.
Bibliothek, von dem ein zweites Exemplar fich in Göttingen

befindet; zum Unterfchiede von dem von Enders (Luthers j wiefen; es blieb mißlich, daß Luther felbft von cTer Exiftenz

wurden, hätte er nach E. etwa ein Drittel des Ganzen
verfaßt. Aber hier überzeugt feine Beweisführung nicht,
wie ich Zwingliana 1917 S. 322 zeigte. Die ganze Frage
diefes Briefes ift überhaupt viel komplizierter, als E. annimmt
, der Brief hat im Äbendmahlsftreite nicht nur bei
Zwingli, fondern auch in weiteren Kreifen Propagandazwecken
gedient (vgl. ebenda). Aber wir danken E., daß
er wieder die Aufmerkfamkeit auf das Dokument lenkte.
Zürich. W. Köhler.

Schlatter, Prof. D. A.: Luthers Deutung des Römerbriefs.

Ein Beitrag zur 4. Säkularfeier der Reformation.

(Beiträge zur Förderg. chriftl. Theol. 21. Bd., 7. Heft.)

(90 S.) 8°. Gütersloh, C. Bartelsmann 1917. M. 2.40
Daß uns Joh. Ficker mit feiner Ausgabe von Luthers
Römerbriefkommentar das bis jetzt wichtigfte Dokument
zu Luthers Jugendentwicklung gefchenkt hat, bedarf
keines Beweifes. Eine eingehende monographifche Bearbeitung
hat aber der Römerbriefkommentar bisher
nicht gefunden, fodaß Sch. auf alle Fälle erwünfchte
Aufklärung bringt. Erfchöpfend möchte ich fie nicht
nennen; das will fie auch felbft nicht fein, es find gewiffe
dogmatifche loci, die Beleuchtung erfahren, in der Gruppierung
: der Glaube, die Gerechtigkeit, das Gefetz. Dabei
kommt natürlich mancherlei, namentlich das damals
Aktuelle, nicht zur Geltung, aber der Autor hat das
Recht, feinen Stoff zu umgrenzen, und einen Gefamtein-
druck der exegetifchen und dogmatifchen Arbeit gibt
Sch. Äußerft wertvoll ift der Nachweis, daß ,aus Luthers
Erklärung fich rafch eine neue Tradition zum Briefe bildete
'. Sch. hat Melanchthons, Oekolampads, Bugenhagens,
Bullingers, Bucers, Calvins, W. Musculus, G. Majors,
Vermiglis und Brenz's Kommentare herangezogen, auch
Erasmus, Faber Stapulenfis und die Kirchenväter, und
vergleicht nun, Abhängigkeit, Originalität und Nachwirkung
Luthers heraushebend. Hier wird Sch. eine Fundgrube
bleiben, je mehr es in modernen Kommentaren im Gegen-
fatz zum alten Meyer leider üblich wird, die Tradition
beifeite zu fchieben. Über Einzelheiten der Beurteilung
bei Sch. wird man anderer Meinung fein können; daß
z. B. Römer 2,14 nichts mit dem antiken vo/iog Trjq
(pvösmq zu tun habe, überzeugt nicht (S. 45, vgl. 89).
Zürich. W. Köhler.

Müller, Aphons Victor: Luther und Tauler auf ihren theolo-
gifchen Zufammenhang neu unterfucht. (168 S.) 8U.
Bern, F. Wyß 1918. Fr. 6 —

Aus der Feder des ehemaligen Dominikanermönches
A. V. Müller, den der Krieg aus Rom nach Bern ver-
fchlagen hat, erhielten wir 1912 ein größeres Buch über
.Luthers theologifche Quellen', eine Auseinanderfetzung
z. T. mit Denifle, und infofern neue Bahnen gehend, als
Vf. Luther als Schüler einer in feinem Orden lebendigen
auguftinifchen Schule zu erweifen fuchte, die die reforma-
torifchen Gedanken, wie etwa das sola fide, fchon geboten
habe, fo daß die reformatorifche Originalität Luthers preisgegeben
werden müffe. Das Buch hat eine fehr refer-
vierte, z. T. ablehnende Beurteilung gefunden. Zu lernen
war aus ihm zweifellos, die Polemik gegen Denifle war
zumeift glücklich, aber andrerfeits hat M. feine Grund-
thefe der Abhängigkeit Luthers von der auguftinifchen
Schule und deren reformatorifcher Bedeutung nicht er-

Briefwechfel Bd. 3, Nr. 552) benutzten Drucke trägt jener
die Jahreszahl 1525 und zeigt im Texte nicht wenige Abweichungen
. Eekhof fleht in ihm den Urdruck; ob das
richtig ift, wird erft eine genauere bibliographifche Unter-
fuchung feftftellen können, Gg. Finsler in Bafel, derZwingli-
bibliograph, äußerte mir gegenüber ftarke Bedenken; es
wäre zunächft einmal der Drucker feftzuftellen, derfchwer-
lich Frofchauer fein dürfte. Ferner fucht E. den Anteil
Zwingiis an der Ausgabe anders zu beftimmen; während
früher Zwingli nur wenige Schlußworte zugefchrieben

diefer Schule gar nichts verriet. M. verheißt uns nun,
in einem neuen Buche: ,der Auguftinismus des Mittelalters
und Luther' jenen Beweis zu erbringen; wir werden alfo
abwarten müffen; follte aber das S. 9 vorliegenden Buches
gebrachte Argument das ftärkfte fein, fo fleht der .Beweis'
auf fchwachen Füßen. Denn wenn Luther WA I 677 u. a.
die Korruption der Exegefe von + 1217 datiert, fo folgt
daraus keineswegs, daß Luther ,die frühfcholaftifche Exegefe
gut gekannt hat, fonft hätte er nicht mit folcher
Beftimmtheit eine folche Behauptung mit beftimmtem