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Ausgabe:

1920

Spalte:

5

Autor/Hrsg.:

Kögel, Julius

Titel/Untertitel:

Psalmen des Neuen Testamentes 1920

Rezensent:

Pott, August

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Seite 1

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Theologifche Literaturzeitung 1920 Nr. 1/2.

ftehung der N. T. in einem Schlußkapitel auf dreieinhalb
Seiten doch wohl mehr fkizziert als behandelt. Bei diefer
Kürze kann manches notwendige nicht genügend zur
Sprache kommen, wie die Motive zur Niederfchrift, Autorität
und Sammlung, und wie das Verhältnis von Text-
und Kanongefchichte (eine Frage die ich verfucht habe,
in der foeben erfchienenen 2. Auflage über den Text
des N. T. nach feiner gefchichtlichen Entwicklung in
Kürze darzulegen). Doch hier handelt es fich um eine
.Einleitung'. Wenn für manchen diefe Fragen trockner
find als die betr. .Entftehung', fo ift es dem Verfaffer
gelungen, fie in feffelnder Weife zu meiftern. Daß er
über die einzelnen Fragen mit voller Stoffbeherrfchung
und in klarer Weife belehrt, braucht nicht erft gefügt zu
werden; und zwar von feinem fehr maßvoll kritifchen
Standpunkt aus (z. B. ift ihm II. Theff. echt). Auch darin
tut er recht, dal.i er in einem folchen Werk fich nicht
mit abweichenden Anflehten auseinander fetzt. Bei der
großen Übereinftimmung im allgemeinen und befonders
zwifchen ihm und mir will ich mich auf wenige Aus-
ftellungen befchränken. Wenn Verf. einzelne fo beftrit-
tene und beftreitbare Anflehten entwickelt, wie die, daß
die Mitteilung des Papias über Matthäus reine Phantafie
fei; daß die Logia urfprünglich griechifch gefchrieben
feien; daß Lukas von Matthäus abhängig fei; daß Jac.
2,14 ff. die Werke für überflüffig erklärt werden; dann
wäre es doch wohl wünfehenswert gewefen, wenigftens
in einer Anmerkung deutlich zu machen, daß auch andere
Anflehten vorhanden und verbreitet feien. Vielleicht
hätte auch die Urmarkushypothefe erwähnt werden und
über den Wert einzelner Schriften als Gefchichtsquellen
noch etwas mehr gelagt werden können. Diefe Bemerkungen
follen nur Wünfche fein für die 3. Auflage, die
hoffentlich recht bald notwendig wird.

Königsberg i. P. Pott.

yL Pfalmen des Neuen Teftamentes, zufammengeftellt von D. Julius Kögel.

(44 S.) 8". Berlin, Furche-Verlag 1919. M. 6 —

Auf die lyrifche Schönheit der Neuteftamentlichen Sprache hinzuweifen
, ift immer wieder notwendig. Aber folch ein Hinweis auf nur
3 Seiten Einleitung ohne wefentlich neue Gedanken ift doch etwas dürftig
. Über die Auswahl diefer .Pfalmen' läßt fich ftreiten. Mit Recht
ift Luthers noch unerreichte Überfetznng zu Grunde gelegt. Daß ein
Abweichen von ihr, abgefehen vom Zwang des Rhythmus, bisweilen
.unbedingt' notwendig war, ift wenigftens bei exegetifch fo fraglichen
Stellen wie 1. Kor. 13,13 (,für diefe Zeit bleibt . . .') und Philip. 2,5
(,Habt die Gerinnung unter Euch, die Ihr auch habt in Chiiftus Jefus')
zu beftreiten. Wenn ,unbeabfichtigt und nicht gewollt fich ftellenweife
Rhythmus einftellt ,haben wir meines Erachtens nicht das Recht, den
Zulammenhang rhythmifch zu drucken, wie z. B. ein Gleichnis Math.
8,9 ff.; und wenn überhaupt nur ein Rhythmus gezeigt werden foll, fo
holpert er Mtth. 28,18 f. und gelegentlich fonft. Die Wiedergabe rhyth-
mifcher Stellen bei Joh. Weiß, natürlich reicher an Zahl, dürfte beffer
gelungen fein.

Königsberg i. P. Pott.

Neuere Beiträge
zur liturgiegefchichtlichen Forfchung.

Wer zur Frage des römifchen Meßkanons etwas Neues
zu fagen hat, darf bei katholifchen und proteftantifchen
Arbeitsgenoffen aufgefpanntes Intereffe rechnen. Nicht nur
weil ,im Konfekrationstext das Wort der Lehre von der
Verwandlung' fteckt, fondern weil in ihm das Grundproblem
der ganzen abendiändifchen Liturgiegefchichte fich auftut.
Merk1 unternimmt es mit kühnem Griff, dies von proteftantifchen
und katholifchen Porfchern mit gleichem
Eifer, aber bisher ohne anerkannten Erfolg behandelte
Problem endgiltig zu löfen. Er geht dabei von guten
methodifchen Vorausfetzungen aus. Der in der katholifchen
Wiffenfchaft herkömmlichen, auch von Neueften
unter ihren Vertretern, wenn auch verfchämt, feftgehaltenen
Überzeugung, daß der Konfekrationstext von Anfang

1) Merk, Dr. K. Jof.: Der Konfekrationstext der römifchen Melle.
Eine liturgiegefchichtl. Darftellg. Rottenburg, W. Bader 1915. (IX,
159 S.) gr. 8». M. 3.50

her die gleiche, durch die Jahrhunderte unveränderte Ge-
ftalt trage, ftellt er den Satz entgegen: ,Kein Petrefakt
der Urkirche, ein Petrefakt erft geworden, nachdem gewaltige
Lawinen von der Höhe liturgifcher und dogma-
tifcher Bewegungen fich losgelöft haben und auf ihn
niedergegangen find'. Diefe Bewegungen aber glaubt
der Verf. fo genau zu kennen, daß er es wagen darf, den
Prozeß der Ausbildung des Meßkanons abfchließend dar-
zuftellen. Er verhört zunächft die neuteftamentlichen
Quellen, dann das Urteil feiner Vorgänger von Drepanius
Florus und Pafchafius Radbertus bis auf Probft und Bat-
tifol, zieht dann die früheften morgenländifchen Liturgien
zur Vergleichung heran, um endlich unter Berückfichti-
gung ftilgefchichtlicher und dogmatifcher Gefichtspunkte
das löfende Wort zu fprechen: Die anfangs unter einander
differierenden neuteftamentlichen Abendmahlsworte,
von Anfang her liturgifche und zwar konfekratorifche
Texte, find allmählich durch Symmetrifierung und Einfchal-
tungen vereinheitlicht, dann unter Einwirkung der fakra-
mentaren Theorie durch Einfügung des Oblationsgebets,
des Gebets hanc igitur und der Parenthefe mysterium
fidei erweitert und haben dann im Intereffe der Abwehr
der erft im 4. Jahrhundert im Orient aufgekommenen
,antikonfekratorifchen' Epiklefe noch im 4. Jahrhundert
ihre heutige Geftalt erhalten. Vollzogen ift diefer einheitliche
und planmäßige Abfchluß durch den Papft
Damafus.

Der Verf. bekennt, dies Refultat auf, eigenen, neuen, oft
mühfamen und vorfichterheifchenden Wegen' erreicht zu
haben. Es bleibt zu bedauern, daß er Mühe und Vorficht
nicht in ausreichendem Maße angewandt hat. Dies macht
fich befonders in der ungründlichen und dabei hochfahrenden
Art bemerklich, wie er die mühfamen For-
fchungen feiner verdienten katholifchen Vorarbeiter,
Männerz. B. von der Bedeutung eines Baumftark abfertigt.
Von den Arbeiten proteftantifcher Forfcher nimmt er
überhaupt keine Notiz. Drews, den der Verf. Drew
fchreibt, ift auch nur beiläufig erwähnt, nirgends zitiert,
und andere nichtkatholifche Forfcher werden nur in den
Anmerkungen als Herausgeber von Texten genannt.
Hätte Verf. Männer wie Watterich und vor allem Drews
zu Worte kommen laffen, fo würde fein Urteil oder
wenigftens feine Begründung dafür anders ausgefallen fein.
— In fachlicher Hinficht fei wenigftens an zwei Punkten
die Art der Unterfuchung beleuchtet. Tragender Grund
feines ganzen Baues ift die Vorausfetzung, daß man fich
im Urchriftentum ftets bewußt war, daß die liturgifche
Vollziehung der Euchariftie, die Konfizierung der Wandlung
, nur durch einen kleinen, ftreng gefchiedenen Teil
des euchariftifchen Gebets, eben durch den Konlekrations-
text gefchehen fei. Ein Beweis für diefe Behauptung, der
die von ihm felbft zugegebene urfprüngliche Differenz
des Wortlauts der Abendmahlsworte, der vor allem der
paulinifche Bericht auf das deutlichfte widerfpricht, wird
nicht einmal verfucht. Die ganze Beweisführung ruht
alfo auf einer unbewiefenen Hypothefe. Als abfchließen-
des Beweismittel aber feiner Schlußthefe dient dem Verf.
die zu diefem Zwecke ganz unmethodifch, erft gegen Ende
des Buches, nach Feftftellung des Refultats, behandelte
Epiklefe. Er fieht in ihrem Aufkommen, das er ganz
fpät anfetzt, ein nur im Morgenland fich regendes Be-
ftrebenwirkfamwerden, die von Anfangher auch im Morgenland
übliche konfekratorifche Verwendung der Abendmahlsworte
zu verdrängen. Wo in früherer Zeit beim Abendmahl
eine Geiftesbitte gefprochen wurde, wie bei Bafilius,
Gregor von Nyffa, Chryfoftomus und Cyrill von Jerufalem,
foll es fich um einen unwefentlichen Zufatz zum Konfekrationstext
, nicht um eine Epiklefe gehandelt haben. Daß
ernftlich zur Frage flieht, ob nicht fchon Juftins evyi) köyov
als Logosgebet ein Zeugnis für die Weihe der Elemente
durch Plpiklefe ift, läßt Verf. unbeachtet, ebenfo daß Cyrill
feine Erörterung der Epiklefe mit den felbftverftändlichen
Worten fchließt: alles was der Geift anrührt, das ift ver-