Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1920 Nr. 2

Spalte:

257

Autor/Hrsg.:

Duhr, Bernhard

Titel/Untertitel:

Das Jesuitengesetz, sein Abbau und seine Aufhebung 1920

Rezensent:

Mulert, Hermann

Ansicht Scan:

Seite 1

Download Scan:

PDF

257

Theologifche Literaturzeitung 1920 Nr. 21/22.

258

in 6 Kapiteln als Prediger, als Stifter der Freien Univer-
fität, als Staatsmann, als Kämpfer für foziale Gerechtigkeit
, als Gelehrter und als Reformator der Kirche. W.
hat faft diefe ganze Tätigkeit in freudiger Anteilnahme
miterlebt, wenn auch nicht immer aus allernächfter Nähe,
und fteht auch heute noch vor ihr in ehrfürchtiger Bewunderung
. K. ift mehr verkannt als bekannt, mehr bekämpft
als ftudiert; darum ift ein fo unbedingtes und
doch von jeder Gehäffigkeit freies Freundesurteil fehr am
Platze. Für den Fernerftehenden enthält das Buch manche
Weitfchweifigkeiten und Entbehrlichkeiten, die Längs-
durchfchnitte durch K.'s Lebenswerk bringen auch Wiederholungen
faft unvermeidlich mit fich, Unbedeutendheiten
drängen fich ftörend ein und drücken das wiffenfchaft-
liche Niveau ftellenweife herab, aber als Ganzes ift diefe
fleißige Arbeit allgemein wertvoll — zumal auch für unfere
deutfche Gegenwart, die jetzt erft an einem Teil über
kirchliche Probleme fich praktifch abmüht, die K. für
feinen Kreis bereits in bewundernswerter Weife gelöft
hat.

Wittenberge. Schowalter.

Duhr, Bernhard, S. J.: Das Jefuitengefetz, fein Abbau und feine Aufhebung
. Ein Beitrag zur Kulturgefchichte der Neuzeit. Nach den
gleichzeit. Quellen. (Ergänzungshefte zu den Stimmen der Zeit.
I. Reihe: Kulturfragen. 7. Heft.) (VI, 166 S.) gr. 8". Freiburg,
i. B., Herder 1919. M. 8 —

Vom Standpunkt der Jefuiten gefchrieben, ohne ernflen Verfuch,
die Motive des Gefetzes und derer, die es erhalten fehen wollten, zu
würdigen, aber als Materialfammlung zurGefchichte des Gefetzes brauchbar.
S. VI fpricht D. von dem Jefuitenwahn', der in dem Gefetze wirkfam
gewefen fei. ,Nicht mit Unrecht hat man diefen Jefuitenwahn mit dem
Hexenwahn verglichen . . . Hier wie dort eine winzig kleine Realität
neben einem außerordentlich großen Wahngebilde.' Ganz grundlos war
alfo der Glaube an Hexen nicht? Daß fchon 1881/83 >m Reichstage
auf Grund eines fozialdemokratifchen Antrags von Aufhebung des Gefetzes
die Rede war, erfährt man nur ganz nebenher. S. 33 1. Prote-
ftantenvereinskorrefpondenz S. 51 Z. 3 1. Rechtspartei ft. Reichspartei, Z.
5 deutfchfozial ft. deutfchnalional, S. m Gerlach ft. v. Gerlach.
Kiel. H. Mulert.

Dondert, Dompred. D. Adolf: P. Bonaventura, O. Pr., 1862—1914.
Ein Lebensbild. (V, 325 S. m. 1 Bildnis.) 8°. Freiburg i. B.,
Herder 1918. M. 6 — ; geb. M. 6.80

Ein anziehendes Lebensbild des 1914 verftorbenen Dominikanerpaters
, des Großftadtfeelforgers und fchließlich auch Berliner Studenten-
ieelforgers, mit inftruktiven Einblicken in die Frömmigkeit des kirchentreuen
Katholiken unferer Tage und die übernationale Arbeit des
Ordensmannes.

Tübingen. Otto Scheel.

Locke, John: Über den richtigen Gebrauch des Verbandes.

Neu überfetzt von Dr. Otto Martin. (Philos. Bibl.

Bd. 79). (VIII, 109 S.) 8°. Leipzig, F. Meiner 1929.

M. 3-; geb. M. 5 —
Die 2 Jahre nach Lockes Tode zuerft in den ,poft-
humen Werken' erfchienene unvollendet gebliebene Abhandlung
of the conduct of the understanding, die während
der Arbeiten für die 4. Auflage des Hauptwerks
entftanden ift, in dem fie ein befonderes Kapitel ausmachen
follte, was aber unterblieb, da fie über den
Rahmen eines Kapitels hinauswuchs, ift einige Male bereits
überfetzt worden, zuletzt von J. B. Meyer in derfelben
Sammlung wie die vorliegende Uberfetzung, als deren
Erfatz die vorliegende gelten foll, und von Schultze bei
Reclam. Man wird dem Verfaffer der neuften Uberfetzung
recht geben, wenn er ftatt der oft recht ungelenken
Philofophenfprache der früheren Uberfetzungen
eine frifche und lebendige Ausdrucksweile gewählt bat.
Die Uberfetzung lieft fich fehr flüffig und gibt die klare
und doch temperamentvolle Art Lockes, die gerade in
diefer ihm anfcheinend anfänglich fehr wertvollen Schrift
befonders deutlich zu Tage tritt, recht glücklich wieder.
Die Abhandlung darf auf großes Intereffe in weiten
Kreifen rechnen. Sie führt die Ideen, die feit Decartes
Methode und Spinozas Schrift de emendatione intellectus
Gemeingut waren, in Lockefcher Art teilweife vertiefend
und auf anderer Basis weiter. Sie fucht den Weg zur

Wahrheit zu ermitteln und gibt gleichfam technifche An-
weifungen zur Erlangung einer echt wiffenfchaftlichen
Methode. Das vom Uberfetzer hinzugefügte Inhaltsverzeichnis
spiegelt recht anfchaulich den reichen Inhalt der
lefenswerten kleinen Schrift wieder.

Bremen. Dr. Bruno Jordan.

Bauch, Prof. Dr. Bruno: Gefchichte der Philofophie. IV. Neuere
Philofophie bis Kant. 3. verb. Aufl. (Sammlung Göfchen 384.)
(178 S.) kl. 8". Berlin, Vereinigg. wiff. Verleger 1919. M. 1.60
Bauchs Gefchichte der Philofophie ift bekannt und bewährt. Doch
darf noch einmal ausdrücklich hervorgehoben werden, daß eine Philo-
fophie-Gefchichte, die am Anfang der Neuzeit Luther fo wundervoll
würdigt und das Einzigartig Charakteriftifche der Philofophie Spinozas
in ihrer fittlich-religiöfen Grundftimmung findet, die befondere Auf-
merkfamkeit der evangelifchen Theologen verdient.

Hannover-Kleefeld. Schuft er.

Riehl, Alois: Zur Einführung in die Philofophie der Gegenwart-
Acht Vorträge. 5. Durchgefeh. u. ergänzte Aufl. (VII, 230 S.) 8».
Leipzig, B, G. Teubner 1919. M. 4.50; geb. M. 5.80

Die 1. Auflage erfchien 1902 (vgl. die ausführliche Anzeige 1903,
504 fr.), die 4. 1912 und jetzt die 5. In ihr ift der letzte Vortrag durch
Ausführungen über den Pragmatismus und die Gefchichlsphilofophie
ergänzt. Nachträglich, bekennt R. im Vorwort, fei er wieder zweifelhaft
geworden, ob es recht war, den Pragmatismus mit aufzunehmen. Denn
zur Gegenwart der Philofophie gehöre nicht jede ephemere Erfcheinung,
fondern nur was auch eine Zukunft habe. Die Lefer werden doch
dankbar fein, von R. zu lernen, daß ,der Pragmatismus keine neue
Philofophie und keine neue philofophifche Methode ift, fondern eine
neue Methode die Philofophie abzudanken'. R.'s Andeutungen über
Gefchichtsphilofophie knüpfen an Hegels Stichwort vom objektiven
Geift.

Hannover-Kleefeld. Schuft er.

Heim, Prof. Dr. K.: Die Weltanfchauung der Bibel. (Vorträge
zur Einführung in die Bibel, 2. (Schluß-) Heft.
(VI, 87.S.) gr. 8°. Leipzig, A. Deichert 1920. M. 3.60
Vier Hauptpunkte des chriftlichen Glaubens find es,
die H. in ebenfo klaren wie ernften Ausführungen behandelt
. Der Schöpfungsglaube der Bibel, wie er in
manigfaltiger dichterifcher Einkleidung auftritt, zeigt feine
Wahrheit in der Lebensfreude, die er weckt. Das Elend,
das in die gute Welt Gottes hineingedrungen ift, kommt
davon her, daß die Menfchheit einmal den Zufammenhang
mit Gott verloren hat, wie es die Erzählung vom Sündenfall
in wunderbar dichterifcher Einkleidung fchildert. Eine
Erlöfung aus dem Reich der Sünde gibt es nur durch
den Kreuzestod Jefu, wie er fich als Rettung und Wahrheit
am Gewiffen der Chriften bezeugt. Der Glaube an
einen neuen Himmel und eine neue Erde ftillt beffer als
aller Fortfchrittsglaube und alle fozialiftifche Efchatologie
das Bedürfnis des Menfchen nach einem Sinn des Lebens,
zumal wenn er vom Gewiffen und von dem Verföhner
aus entworfen ift, ftatt dem rein animalifchen Trieb der
Selbfterhaltung gehorfam zu fein. In der zukünftigen
Welt gibt es keinen Tempel mehr, weil Gott unfer Tempel
ift, und auch das Konkurrenzverhältnis wird aus der Welt
entfernt fein, fodaß fich jedes Wefen ganz in unendlichem
Schaffen entfalten kann. — Man fieht, diefe Schrift kann
man Leuten geben, die fich von einer vertrauenswürdigen
Hand in ein geiftigeres Verftändnis des Chriftentums
führen laffen wollen.

Heidelberg. p. Niebergall.

Störring, Prof. Dr. Guftav: Die Frage der Wahrheit der
chriftlichen Religion. (71 S.) gr. 8». Leipzig, W. Engelmann
1920. M. 2.—
St. will den Gottesglauben rational begründen: aus
dem Weltgrund entwickelt fich mit Notwendigkeit alles,
auch das Höchfte, was wir kennen, fittliches Wollen. Von
diefer ethifch- rationalen Weltanfchauung aus bemüht fich
St., den zentralen Erfahrungen des Chriftentums gerecht
zu werden. 1. Er ift auf die grundlegende Bedeutung
fittlich-religiöfer Perfönlichkeiten, vor allem der Perfon
Jefu aufmerkfam geworden. 2. Er bemüht fich, der pau-
linifchen Anfchauung von der Wiedergeburt gerecht zu