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Ausgabe:

1920 Nr. 2

Spalte:

251

Autor/Hrsg.:

Knöpfler, Alois

Titel/Untertitel:

Lehrbuch der Kirchengeschichte. 6. Aufl 1920

Rezensent:

Schuster, Hermann

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251

Theologifche Literaturzeitung 1920 Nr. 21/22.

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die aus der Tiefe des Herzens gefchöpften Worte über
Deutfchlands Lage und Zukunft: ,Aus der Erneuerung
im Geift unferes Gemüts durch die Einficht, daß auch
unfer Volk fich nicht reif gezeigt hat für die Höhe feiner
Aufgabe, durch die Selbftbefinnung auf das wahrhaft
Lebens- und Liebenswerte wird ein neues Volk, werden
Männer in diefem Volk erftehen können, die der Menfch-
heit die Fackel der ewigen Wahrheit wieder vorantragen.
Und vor diefem Lichte werden die Scheinwerte auch
der Triumphierenden von heute erbleichen. Die Hoffnung
werfen wir nicht weg und nicht die Arbeit an ihrer
Verwirklichung'.

Hannover-Kleefeld. Schufter.

KnöpfIer, Hofrat Prof. D. Dr. Alois: Lehrbuch der Kirchengefchichte

6. Aufl. (XXV, 862 u. 1 Karte) gr. 8°. Freiburg i. B., Herder 1920.

M. 30—; geb. M. 36 —
Dies Buch ift bei feiner 5. Aufl. (1910) in unferer Zeitung 1911,
245 gekennzeichnet als ein Werk ausgebreiteter Gelehrfamkeit aber enger
Gefinnung. Ein kleiner Beleg dafür das Urteil über die Parifer Bluthochzeit
: , ein Blutakt, durch den die bisherigen Greuel der Hugenotten
beinahe aufgewogen wurden'. Wie armfelig, wenn jemand über Luthers
Buch de übertäte christiana nichts tagt als ,Hierin faßte er alle feine
Irrtümer zufammen' 1 Das Buch ist wieder verbeffert und vermehrt.
In Einzelheiten ift es bis auf die Gegenwart fortgeführt: Die Aufhebung
des Jefuitengefetzes 17. April 1917, die Bemühungen Benedikts XV um
den Frieden, der Tod von Wellhaufen u. Hauck find erwähnt, eine zu-
fammenfaffende Würdigung der durch Weltkrieg und Revolution ge-
fchaffenen neuen Lage ift nicht verfucht.

Hannover-Kleefeld. Schuft er.

Kennedy, Dr. J., O. P.: St. Thomas Aquinas and Medieval

Philosophy. (V, 129 S.) 8°. New York, The Ency-

clopedia Press 1919.
Grab mann, Prof. Dr. Martin: Einführung in die Summa

Theologiae des hl. Thomas von Aquin. (VII, 134 S.) 8°.

Freiburg i. B., Herder 1919. M. 4.40

Die Schrift von Kennedy ftellt fich die Aufgabe,
die Bedeutung der Lehre des hl. Thomas für die mittelalterliche
Philofophie darzulegen. The matter is treated
in a populär way, so that from the sketches given even
the ordinary reader can form a fairly accurate conception
of the position that St. Thomas holds in the history of
medieval philosophy. Diefe Sätze des Vorworts geben
eine hinreichende Vorftellung davon, was der Verf. will.
Er behandelt den Urfprung der Scholaftik, bef. Anfelm,
redet dann von ihren Gefahren, für die Abäard als
Beifpiel dient. Dann wird Einiges nach Albert u. Roger
Bacon über die Erfahrungswiffenfchaften im Mittelalter erzählt
. Es folgen Bemerkungen über die philofophifche
Lage, die Thomas vorfand. Sodann wird fein Einfluß auf
die Philofophie behandelt und endlich eine Überficht fowie
Beifpiele aus der theologifchen Summa gegeben. — Der
Verf. hat nur nach Sekundärquellen gearbeitet. Er kennt
nur die englifche und franzöfifche Literatur und auch die
nur in geringem Umfang, deutfche Bücher fcheinen ihm
nicht bekannt geworden zu fein, auch das Literaturverzeichnis
befchränkt fich auf franzöfifche und englifche
Werke. — Was der Verf. zu fagen weiß, reicht über die
üblichen Tatfachen und Urteile der älteren kirchen- und
philofophiegefchicbtlichen Lehrbücher nicht hinaus. Die
Arbeit hat keinerlei wiffenfchaftliche Bedeutung. Das
traditionelle Lob wird dem Thomas reichlich gefpendet,
aber der Mann war zu bedeutend, als daß man mit derartigen
Gemeinplätzen an ihn herantreten dürfte. Man
lefe Cl. Baumkers Darftellung in der Kultur der Gegenwart
, um zu verftehen, wie viel fich auch in einer populären
Darfteilung über das Thema fagen läßt, wenn man
über die gehörige Sachkunde verfügt.

Von ganz anderem Kaliber, wie kaum erft gefagt
zu werden braucht, ift Grabmanns Einführung in die
theologifche Summa des Aquinaten. Auf dem Hintergrund
des geiftigen Lebens der Scholaftik will der Verf.
die Entftehung der Summa und ihr Verhältnis zu dem
fonftigen Schrifttum des Thomas fchildern, fowie Geift
und Form des großen Werkes und feine gefchichtlichen

Nachwirkungen bis auf die Gegenwart darfteilen. Daß
diefe umfaffende Aufgabe in einem kleinen Büchlein nur
in großen Umriffen gelöft werden konnte, ift felbft-
verftändlich. Aber, wie man es von ihm nicht anders
erwarten konnte, hat Grabmann auch in diefer Arbeit
nicht nur eine Fülle intereffanter Einzelheiten mitgeteilt,
fondern auch mit ficherer Hand ein Bild von der Eigenart
und der Bedeutung, der Arbeitsweife und der Arbeit

j des Thomas entworfen. Das Buch enthält in der Tat
alles, weffen ein Lefer zur Einführung in das große
Hauptwerk des Thomas bedarf. — In drei Kapiteln hat
der Verf. fein Thema behandelt. Im erften Kapitel wird
über die theologifchen Summen im allgemeinen, dann
über die Entftehung der Summa des Thomas fowie über
ihre Kommentatoren gehandelt. Im zweiten Kapitel
wird Geift und Form des großen Werkes befprochen,

I wobei vor allem die Hervorhebung der ftofflichen Re-

j duktion und der Reform der fcholaftifchen Darftellungs-
weife von Interefie ift. Dabei fällt mehrfach Licht auf

j das literarifche Verhältnis des Thomas zu feinen Vorgängern
. Das dritte Kapitel endlich bietet Beobachtungen
zur Interpretationsmethode im Sinn von A. Maffoulies
Formel Divus Thomas sui interpres, dazu kommt der
Hinweis auf die Notwendigkeit der Unterfuchung der
Beziehungen zu den Vorgängern, vor allem Albert und
Alexander, aber auch zu manchem bisher noch nicht gedruckten
Werk. Den Schluß bilden kurze Bemerkungen
über die Bedeutung, welche Thomas als Dogmatiker,
Philofoph, Psychologe, Ethiker, Soziologe für die katholifche
Gegenwart beanfpruchen darf. Der Verf. fchließt mit
einem Wort des Jefuiten Petrus Labbe: Neque aliquid
superest nisi lumen gloriae post Summam Thomae. Man
würde gerade in diefem Abfchnitt manche Ausführung
etwas genauer begründet zu fehen wünfchen. Meine
Hochfehätzung der geiftigen Arbeit des Thomas brauche
ich nicht befonders hervorzuheben. Aber rein vom
Standpunkt der Geiftesgefchichte aus betrachtet, weicht
mein Urteil über die Bedeutung des Thomismus von
dem Grabmanns vielfach ab. Worin das begründet ift,
zeigt die Darfteilung der mittelalterlichen Geiftesgefchichte
im dritten Bande meiner Dogmengefchichte. Der Raum
geftattet zurzeit nicht hier darauf weiter einzugehen.
Berlin-Plalenfee. R. Seeberg.

Rhijn, Dr. M. van: Weffel Gansfort. (XI, 263 und LXXIX
S. m. Bildnis u. Fkfm.) gr. 8n. 's-Gravenhage, M. Nij-
hof 1917. fl. 6—-

Antonius de Caltro: Impugnatorium contra epistolam M. Wessen
Groningensis de indulgentiis. Hrsg. v. M. ven Rhijn.
84 S. 8°. Ebenda '19. fl. 3 —

Mit einer alle nur irgendwie auftauchenden Fragen
zum Gegenftande tiefgrabend behandelnden Gründlichkeit
hat von Rhijn diefe Monographie über den nlederländi-
fchen ,Vorreformator' gefchrieben; man muß fie einmal
mit dem doch fehr eingehenden Artikel von van Veen
in RE:| vergleichen, um ihren Vollwert einzufchätzen. Dabei
ift fie angenehm lesbar verfaßt, und die gelehrte Dis-
kuffion in Anmerkung oder Exkurfe verwiefen. Schon
mit der Namensbeftimmung letzt die Kritik an: die Anficht
van Veens, der Vorname Johannes fei der von ihm
bei den Brüdern des gemeinfamen Lebens in Zwolle angenommene
, wird (vgl. Exkurs B) als nicht quellenmäßig
abgewiefen. /Wir halten dafür, daß W. den Namen Johannes
nicht getragen hat.' (van Veens Vermutung, daß
das Epitaphium den Namen ficher zu ftellen fcheine, findet
an dem bei van Rhijn mitgeteilten Texte S. XLVII
keine Beftätigung.) Bezüglich des Namens Gansfort denkt
van Rhijn wie van Veen. Sehr eingehend ift die Wanderzeit
Weffels 1449—1475 ca. behandelt, namentlich über
den Kölner Aufenthalt wird nach den Univerfitätsakten
Neues beigebracht, für den Heidelberger Aufenthalt der
1. Juni 1456 als Immatrikulationstermin feftgelegt. Nach
einer Darfteilung des Lebensausganges fetzt der zweite