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Ausgabe: | 1920 Nr. 2 |
Spalte: | 244 |
Autor/Hrsg.: | Soden, Hermann Freiherr von |
Titel/Untertitel: | Palästina und seine Geschichte. Sechs volkstümliche Vorträge. 4., durchges. Aufl 1920 |
Rezensent: | Schuster, Hermann |
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Theologifche Literaturzeitung 1920 Nr. 21/22.
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dem arab' 'ubudijja entfprecbende Unterwürfigkeit (vgl. R. Hartmann
, Kufchairi 5 fr.). In diefem Sinne ift es auch in dem berühmten
Chajjäm-Sinnfpruche (hier S. XXIII Anm. 2) zu deuten.
Es ift erfreulich, daß der felbftlofe Eifer Jacobs die
Türk. Bibl., trotz der Ungunft der Zeitverhältniffe, rüftig
fortfchreiten läßt, (der erfte Bd. ift 1904 erfchienen) und
Studien über Süfltum bereits mehrfach in den Arbeitskreis
der Bibl. einbezogen hat.
Budapeft. I. Goldziher.
Böhl, Hoogl. Dr. F. M.: Het Oude Testament. (Bijbelsch
Kerkelijk Woordenboek I.) (VII, 332 S.) 8°. Groningen,
J. B. Wolters 1919. Fl. 7.25
Das Wörterbuch ftellt einen eigenartigen, fehr prak-
tifchen Verfuch dar, alles Wiffenswerte zum A.T. in größter
Kürze in alphabetifch geordneten Artikeln zu bieten. Wir
lefen die Stichwörter der gebräuchlichen Bibelwörterbücher
, außerdem Artikel der altteftamentlichen Exegefe
u. Forfchung (Arbeit, Armenpflege, Chriftologie, Efchato-
logie, Strafrecht ufw.), das Wichtigfte über die alten Über-
fetzungen, über apokryphe Literatur und Talmud, über die
berühmteften Rabbinen und altteftamentlichen Gelehrten
früherer Jahrhunderte, endlich die Namen und Werke der
altteftamentlichen Forfcher aus der neueren Zeit. Mit be-
fonderer Ausführlichkeit wird über den alten Orient, über
Ägypten und Babylonien, über die Ausgrabungen und
Funde berichtet; das Geographifche, Gefchichtliche und
Archäologifche ift gegenüber dem Theologifchen etwas
bevorzugt, auch Metrik und Rhythmik find nicht vergeffen.
Wertvoll ift die kurze Angabe der Anflehten der neueren
Forfcher über die einzelnen Gegenftände (Zehngebote u.a.)
und der Literaturnachweis am Schluß jedes wichtigen
Artikels. Verf. hat fich nicht bloß mit großem Fleiß in
das ganze Gebiet eingearbeitet, fondern fucht überall im
Streit der Meinungen fein felbftändiges Urteil zu begründen.
Ein folches Wörterbuch zum A. T. aus der Hand eines
einzigen Bearbeiters hat einen entfehiedenen Vorzug vor
den Sammelwerken. Nur dürften die Artikel gleichmäßiger
behandelt und nach ihrem Wert teilweife richtiger abge-
ftuft fein; z. B. werden Immanuel, Baum der Erkenntnis
fehr ausführlich befprochen, Deuterojefaja bekommt nur
ganz wenige Zeilen; Philo ift rafcher erledigt als Maimo-
nides und Capellus. Mittels praktifcher Abkürzungen gelingt
es dem Verf. vieles zufammenzudrängen, und alles
in allem bringt er auf engftem Raum eine ganz erftaunliche
Fülle von Wiffenswertem, einen Überblick über den Inhalt
des A. T. und eine kurze Gefchichte der altteftamentlichen
Forfchung von der älteften Zeit bis zur Gegenwart. Die
Ausftattung des Buches ift vorzüglich und die Vertrautheit
des Verf. mit der deutfehen Wiffenfchaft berührt fehr
wohltuend.
Tübingen. Volz.
Elbogen, Doz. Prof. Dr. J.: Gefchichte der Juden feit dem
Untergang des jüdifchen Staates. (Aus Natur u.
Geifteswelt, 748. Bdch.) (126 S.) kl. 8°. Leipzig,
B. G. Teubner 1919. M. 2—; geb. 2.65
Die Gefchichte der Juden ift großenteils Literatur-
gefchichte und Gefchichte von Verfolgungen; fie hat fich
nicht in Einem Lande abgefpielt, fondern in verfchiedenen
Ländern, befonders des weftlichen Afiens und Europas,
auch Nordafrikas, in neuefter Zeit auch Nordamerikas.
Die Juden haben im Verlaufe der Jahrhunderte nicht nur
des Hebräifchen und besondrer jüdifcher Sprachen fich
bedient (fo des Jüdifch-Deutfchen und des Spaniolifchen),
fondern auch der Sprachen der , Wirtsvölker'. Diefe und
andere Tatfachen machen das Schreiben einer Gefchichte
der Juden fchwer. Das bändereiche Werk von H. Grätz
enthält viel Stoff, urteilt aber oft einfeitig und bedarf in
den Einzelheiten forgfamer Nachprüfung. Das Buch
des Philofophen und Judenchriften F. Heman (Calw
1908) ift in der Hauptfache ein Auszug aus Grätz.
H. Kottek (Frankfurt a. M. 1915) ermangelt unbefangener
Kritik. M. Brann's Arbeit (3. Aufl. Breslau I910. 1911).
reicht nur bis zur Vertreibung der Juden aus der pyre-
näifchen Halbinfel. Die unlängft erfchienene, auf gründlicher
Kenntnis des Stoffes ruhende kleine Schrift von
Prof. Ismar Elbogen (an der Lehranftalt für die Wiffenfchaft
des Judentums, Berlin) kann denjenigen, welche
fchnell einen Überblick über die Hauptfachen gewinnen
wollen, warm empfohlen werden. Der Verfaffer urteilt
natürlich vom jüdifchen Standpunkte aus (fo S. 8.28: das
Judentum habe zweimal die Gelegenheit verpaßt, Weltreligion
zu werden); doch kaum je fo, daß der objektiv
urteilende chriftliche Lefer Anftoß zu nehmen hätte
(S. 50 fähe ich die Worte .Religion der Liebe' und ,men-
fchenfreundlich.es Unternehmen' gern geändert). Gut wird
das Diasporajudentum charakteriflert S. 14 ,Diefes Hei-
mifchlein in der Fremde und Fremd fein in der Heimat,
das Aufgehen in der Umgebung und das Fefthalten am
Herkommen, die Sehnfucht nach dem Boden der Väter
und das Verwachfen mit dem Lande der Kinder, frommer
Wandel nach der Religion und freies Sichlosmachen von
wichtigen biblifchen Gefetzen'. Vgl. auch die Urteile über
den Talmud S. 28, den Sohar S. 68, den Schulchan
Aruch S. 84.
Einige Einzelheiten. S. 13 u. 26, dem paläfl. Talmud ift nicht
eine ,überftürzte Redaktion' zuteil geworden, fondern gar keine: Die
Arbeit an ihm ift nicht ,abgefchloffen' worden, fondern hat, befonders infolge
der trüben politifchen Verhältniffe, vorzeitig aufgehört. S. 22, Akiba war
nicht der erfte, welcher den Lehrftoff in Mifchnaform ordnete. S. 26,
der Ausdruck Gemara in dem jetzt üblichen Sinne ift älter als die
kirchliche Zenlur gedruckter Bücher. S. 30, die Karäer Rußlands bekamen
im J. 1863 Bürgerrechte. S. 35, Abraham ibn Efra war, als
er 1167 ftarb, 75 Jahre alt (vgl. Gen. 12,4), ift alfo 1192/3 geboren.
S. 68, von den drei Kimchiden kommt nur Jofeph als Überfetzer in Betracht
. S. 69, ift das Geburtsjahr Jehudas des Frommen wirklich 1116?
(das Todesjahr 1217 fteht feil). S. 71, Eifenmengers Buch, das nicht
ganz richtig beurteilt wird, fand gleich Anfangs große Beachtung: auf
Betreiben der Frankfurter Juden wurde es mit Befchlag belegt und erft
nach 40 Jahren freigegeben. S. 86, daß der Beiname Schloh des Jefaja
Hurwitz von feinem Hauptwerke Sehne luchoth ha-berith entnommen
ift, werden außer mir kaum fünf Gelehrte chriftlicher Herkunft wiffen.
Unverftändlich ift dafelbft der Satz: .Ihm gebührt das Verdienft als etiler
von dem falfchen Meffias abgerückt zu fein'; denn Sabbathai Zebi wurde
erft 1626, nicht lange vor dem Tode des Jefaja Hurwitz, gehören. Was
S. 87 über den Chaßidismus gefagt wird (,So endete diefe Bewegung';,
ftimmt nicht zu S. 112—114. Man vermißt am Finde des Buches eine
Erwähnung Martin Bubers. Über den Zionismus und Zukunftswahr-
fcheinlichkeiten etwas zu fagen ift hier nicht der Ort, auch nicht die
Zeit.
Berlin-Lichterfelde W. Hermann L. Strack.
Soden, f Prof- £>• Heimann Freiherr von: Paläftina und feine Ge-
fchichte. Sechs volkstüml. Vorträge. 4. durchgefeh. Aufl. (Aus
Natur u. Geifteswelt, Bd. 6.) (115 S., 1 Plan u. 3 Anflehten.) kl 8".
Leipzig, B. G. Teubner 1918. Geb. M. 1.60
Hans von Soden hat dies Büchlein feines Vaters, das diefem ftets
befonders lieb war, auf Druckfehler und ftiliftifche Anftöße durchgefehen,
inhaltlich aber unverändert gelaffen. Das hübfehe Buch, das die Land-
fchaft und ihre wechfelnde Gefchichte in der israelitifchen, jüdifchen,
urchriftlifchen und islamifchen Zeit fchildert, wird fich gewiß viele neue
Freunde erwerben.
Hannover-Kleefeld. Schufter.
BernoulIi, Carl Albrecht: Die Kultur des Evangeliums.
1. Bd. Johannes der Täufer u. die Urgemeinde. (504 S.)
gr. 8°. Leipzig, der Neue Geift-Verlag (1918).
M. 20 —; geb. M. 26 —
,Die Kultur des Evangeliums' nennt der Verf. das
| Werk, deffen erften Band er vorlegt. Was diefer enthält,
| wird man vielleicht ambeftenals eine lailturpfychologifche
Rekonftruktion des Urchriftentums bezeichnen. Die Linie,
die dabei vor allem herausgearbeitet wird, ift durch die
Namen Johannes-Jefus-Petrus bezeichnet.
Ich bin mit B. darin einig, daß wir, um ein lebensvolles
Gefchichtsbild zu erhalten, nicht bei der Interpretation
der Quellen flehen bleiben dürfen, fondern Kon-
ftruktion zu Hilfe nehmen müffen. Ich bin weiter gleich
dem Verf. der Meinung und habe mich auch zu zeigen
bemüht, daß gerade die Bedeutung des Täufers nicht
einfach aus den Texten abzulefen ift, fondern konftruk-