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Ausgabe: | 1920 Nr. 1 |
Spalte: | 220 |
Autor/Hrsg.: | Giesebrecht, Friedrich |
Titel/Untertitel: | Die Grundzüge der israelitischen Religionsgeschichte. 3. Aufl 1920 |
Rezensent: | Schuster, Hermann |
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219 Theologifche Literaturzeitung 1920 Nr. 19/20. 220
Steuernagel, Prof. D. Dr. Carl. Hebräifche Grammatik
mit Paradigmen, Literatur, Übungsftücken u. Wörterverzeichnis
. 5., vielfach verb. u. erweit. Aufl. (Porta
Linguarum Orientalium I.) (X, 156 u. 130* S.) 8°.
Berlin, Reuther & Reichard I917. M. 4 —
Der 1909 erfchienenen 3-/4. Auflage hat Steuernagel
1917 die 5. folgen laffen können. Eine größere
Veränderung bedeutet die Vervollftändigung der Paradigmen
(S. 134—156 = 3.4.142—156). Dafür ift jetzt im
Wörterverzeichnis der grammatifch geordnete Teil 112*
bis 139* geftrichen. Warum fehlt bei den Paradigmen
das Schema b^Ä (früher Nr. XIV)? Bei den Übungsftücken
find neue Sätze zum Übertragen vom Deutschen ins
Hebräifche hinzugekommen. In der Grammatik find
allerlei Kleinigkeiten ergänzt, oder genauer formuliert.
Auch Wichtigeres ift beigefügt z. B. § 20h.
Im Übrigen ift der Geift der gleiche geblieben.
Nach wie vor werden Grundformen geboten, die oft nur
im Kopf ihres Entdeckers exiftieren. Für 3X ,Vater'
wird (S. 85, 100) ein 'a/?aju, für 010 ,Ross' ein fuws (S. 155)
zugemutet. Oder fo wird S. 68 der Schüler mit Formen
wie nakwam, kwum, hakwim gequältl
Sieht man ab von dergleichen Schrullen, fo wird das
fauber gedruckte Büchlein neben feinen Konkurrenten
für ficheres und fchnelles Erlernen der hebräifchen Sprache
befte Dienfte leiften.
Heidelberg. Georg Beer.
Torczyner, Dr. Harry. Das Buch Hiob. Eine krit. Analyfe
des überlieferten Hiobtextes. (IX, 343 S.) gr. 8°.
Wien, R. Löwit 1920. M. 20 —
Nach der Anficht des Vf. find Text und Ordnung
des Hiobbuches im übelften Zuftand. Die jetzige Anordnung
(lamme nicht vom Dichter felbft, fondern von
einem Sammler oder Abfchreiber; diefer fand die Dichtung
nicht mehr unverfehrt vor, fondern großenteils nur
in Fragmenten verfchiedenen Umfangs; er habe diefe
Fragmente nach feinem Urteil zufammengeftellt und er
habe überall da in einer neuen Überfchrift einen neuen
Redner das Wort ergreifen laffen, wo er die Portfetzung
demfelben Redner nicht zumuten zu können glaubte, und
oft habe er das recht ungefchickt gemacht. Das heutige
Buch wäre alfo gleichfam ein Mofaik ziemlich willkürlicher
Zufammenfügung, und die Aufgabe des Kritikers
beftünde darin, das urfprüngliche und richtige Gefüge der
zahlreichen, überall verftreuten Stücke zu finden. Diefe
radikale Anficht führt T. mit radikalen Mitteln durch
und reißt oft Zufammengehöriges unnötig auseinander;
er verlangt ftrenglogifche Gedankenfolge, die doch in
einem Gedicht, z. B. in hymnifchen Strophen nicht gefordert
wird; wechfelt in einem Abfchnitt Anrede Gottes
und Rede über Gott, fo nimmt T. dies fofort als Beweis
gegen Einheit ufw. In der Textbehandlung ift T. gleichfalls
sehr radikal, und unter der großen Zahl der von
ihm vorgefchlagenen Änderungen find nur wenige beachtenswert
, wie z. B. 3,14 niaq S^ärjl ,die Erbauer von
Refidenzen', 8,14 rripT ©s; ,Feuerfunken', 12,23 nin?V1 ,und
er macht fie verfchwinden'; gut ift bei 5,25 HV© ,Alter'
der Hinweis auf arabifches Qilchamow ,alt', urfprünglich
,gelbzähnig'.
Sehr häufig find die Verbefferungen unnötig oder wenig einleuchtend
. In 31 ff. findet T. den Grundgedanken, der Tag hätte nicht fein
follen, fo daß Hiob nicht geboren wäre, daß Hiobs Geburt auf irgend
eine Weife verhindert worden wäre — eine wenig wahrfcheinliche Auslegung
; in 19,25fr. ftellt er 25b 26a 25a 26b 27, verbindet 25b 26a
mit 23,24 (mit dem Sinn, daß die Infchrift nach Hiobs nahem Tode
zum ewigen Zeugnis aufgezeichnet werde); 25a 26b 27 enthalten dann
(entweder fteigernd oder aus anderem Zufammenhang) die Hoffnung
Hiobs, daß er feine Rechtfertigung noch erleben werde (,und ich erkenne
lebend meinen Erlöfer, und aus meinem Fleifch, m bei meinem
[.eben, fchaue ich Gott'). —
Die Ausbeute des Buches ift gering; am beften ift
noch der Hinweis darauf, daß die biblifchen Parallelftellen
(fprachliche oder gedankliche Zitate) zu textkritifchen
Zwecken forgfältiger beigezogen werden follten, und die
Verwendung der aramäifchen und fpäthebräifchen Sprache
zum Verftändnis fchwieriger Worte im hebräifchen Text.
Die Verfionen find faft gar nicht verwertet.
Tübingen. Volz.
Giefebrecht, Prof. Dr.Er.: Die Grunzüge der ifraelitirchen Religions-
gefchichte. Dritte Aufl. beforgt v. Prof. D. A. Bertholet. (Aus
Natur u. Geifteswelt, 52. Bd.) (128 S.) kl. 8°. Leipzig, B. G. Teubner
I 1919. M. 1.60
190S hatte Giefebrecht felbft noch die 2. Aufl. herausgegeben,
jetzt beforgt Bertholet die 3. Er hat den Text in der Hauptmaffc ganz
unverändert gelaffen, nur am Schluß mit Recht ftärker eingegriffen.
Während G. Teil IV /Das Exil und feine Kämpfe' und V ,Die nach-
exilifche Dogmatik' auf nur 7 von 129 erledigt hatte, hat B., mehrfachen
Wünschen folgend, durch Kürzung der erften Teile, hier Raum gefchalft;
184-7 Seiten. Vielleicht könnte bei einer neuen Ausgabe der letzte,
zum Chriflentum überführende Teil noch etwas ausführlicher und farbenreicher
geftaltet werden.
Hannover-Kleefeld. Schufte r.
Sachfe, Priv. Doz. Die. Eduard: Die Propheten des A.T. und ihre
Gegner. (Zeit- und Streitfragen des Glaubens ufw. 13. Reihe,
4. Heft.) (19 S.) 8°. Berlin-Lichterfelde, E. Runge 1919. M. 1.20
Das A. T. zeigt uns beinahe jeden einzelnen Propheten im Kampf
mit Männern, die fich gleichfalls als Propheten f ühlen und meiftens auch
ohne Einfchränkung von ihrer Umgebung, ja auch von ihren Gegnern
als folche betrachtet werden. Der Verfaller unterfucht, worin der Ge-
genfatz der beiden Gruppen begründet ift. Er findet ihn in der Ver-
fchiedenartigktit der Gottesvorftellung, die bei den großen israelitifchen
Propheten durch die bewußte Ablehnung der ,religiöfen Werte des Kanaanismus
' beftimmt ift, während ihre Gegner .letzten Grundes' Verehrer
des Baal find. Dabei wird die Auseinanderfetzung der Jahwereligion
mit dem Kanaanismus zu der Auseinanderfetzung der alten Kirche mit
dem Hellenismus und fchließlich zu der Auseinanderfetzung der gegenwärtigen
.amtlichen chriftlichen Verkündigung' mit einem Chriflentum,
das als äfthetifche Naturvergötterung charakterfiert wird, in Parallele
gefetzt.
Tübingen. Hans Schmidt.
Bacon, Prof. Benjamin W.: Is Mark a Roman Gospel?
(Harvard Theological Studies VII.) (III, 107 S.)gr. 8".
Cambridge, Harvard University Press 1919. f 1.25
Cadbury, Lect. HenryJ.: The style and literary method of
Luke. I. The diction of Luke and Acts. II. The treat-
ment of sources in the Gospel. (Harvard Theological
Studies VI). (XI, 205 S.) gr. 8°. Cambridge, Harvard
Univ. Press 1920. S 3 -
Perry, Alfred Morris: The sources of Lukes Passion Narra-
tive. (Historical and linguistic studies in Literature
related to the New Teftament, second series vol. IV
pt. 2). Chicago III., The University of Chicago Press
o.J. [1920J.
Die amerikanifche Theologie ift eifrig an der Arbeit,
j auch auf kritifchem Gebiet fich als felbftändige, führende
j Macht darzutun.
Bacon, der bekannte geiftreicheNeuteftamentler von
Yale, dankt für den Ehrendoktor von Harvard durch
eine originelle Studie über das Markus-Evangelium: mit
der römifchen Petrus-Überlieferung ift es nichts. Diefe
| Thefe hat er von der altproteftantifchen Polemik in ihrer
i Tübinger Auffrifchung durch Lipfius u. a. überkommen.
Nun ergibt die Prüfung des Papiaszeugniffes, daß diefes,
wenn es Markus Dolmetfch (Dragoman) des Petrus nennt,
I auch gar nicht von Rom redet. Markus war allerdings
und fchrieb fein Evangelium in Rom — das wird an
einer ganzen Anzahl fprachlicher, geographifch-gefchicht-
licher, biblifch-theologifcher undliturgifcherBeobachtungen
zu höchfter Wahrfcheinlichkeit erhoben. Erft dadurch
I kam die Legende darauf, auch Fetrus nach Rom gelangen
| und hier das Martyrium erleiden zu laffen; 1. Petr. römifchen
Urfprungs, nach des Apoftels Tod, ift das ältefte Zeugnis
dafür. Wertvoll find befonders die feinen Bemerkungen
unter Diffemination über das Anfehen des Mark.-Evang., wie
! es fich aus der Behandlung durch den dem Markus felbft
| ungünftig gefilmten (Apg. 15,37 h) Lukas ergibt.
Cadbury, ein Quäker, Schüler und jetzt Lehrer am
Andover-Seminar (mit der theol. Fakultät von Harvard
vereinigt), befonders unter George F. Moores Einfluß, gibt