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Ausgabe:

1920 Nr. 1

Spalte:

187

Autor/Hrsg.:

Meyenberg, A.

Titel/Untertitel:

Democratia christiana. Christliche Demokratie. Eine Sammlung v. Predigten u. Reden über staatspolitische u. soziale Fragen. 2. Folge. 1. Aufl 1920

Rezensent:

Schian, Martin

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i87

Theologifche Literaturzeitung 1920 Nr. 15/16.

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biblifch-rechtgäubigen Predigttypus ab, dem wir auch tbnft zu begegnen
gewöhnt find. Im Rahmen diefes Typus aber dürfen diefe Reden fo-
wohl durch den Ernft der Gedankenentwicklung wie durch die Sorgfalt
der Sprache einen geachteten Platz in Anfpruch nehmen.

Gießen, M. Schian.

eyenberg, A.: Democratia christiana. Chriftliche Demokratie.
Eine Sammlung v. Predigten u. Reden über ttaatspolit. u. foziale
Fragen. 2. Folge. 1. Aufl. (168 S.) i6u. Luzern, Räber Sc Cie.

IQI°:

Drei in den Erklärungen, Schriftexegefen u, Beweisführungen für
den Lefer erweiterte Predigten; jetzt durchfchnittlich 26—27000 Worte
umfaffend. Auch von der Länge abgefehen, wären fie in evangelifchen
Kirchen unmöglich; denn es find mehr fozialpolitifche Programmreden
als Predigten. Die chriftliche Demokratie wird befchrieben als volksfreundliche
Geneigtheit und Bereitheit, als Refpekt vor der niederen
Arbeit, als Kampf gegen volksbedrückende Verwegenheit, als fozialpolitifche
Grundfätzlichkeit und Tätigkeit — dies alles in einer Predigt.
Eine andere befpricht die chriftiiche Demokratie als kräftigen Kampt
gegen die bolfchewiftifche Einfeitigkeit. Auch auf dem Gebiet der
katholifchen Predigt bilden diefe Predigten eine Ausnahme, aber fie
fallen doch nicht dermaßen aus dem Rahmen, wie das ähnliche bei uns
tun würden.

Gießen. M. Schian.

Kölln, Ernft, u. Ulrich Alt mann, Paftoren: Erhebet eure

Herzen! Ein neues Kirchenbuch f. evangel. Gemeinden.
(VIII, 160 S.) gr. 8°. Breslau, Trewendt & Granier 1919.

M. 10 — ; geb. M. 13 —
Ein Buch nach Art des Bürkner-Arperfchen Ev.
Kirchenbuches, deffen neue Auflage und 2. Band A. und
ich eben vorbereiten, während von diefem der 2. Band
(K. Handlungen) bereits am Erfcheinen ift. Es hat 7 Liturgien
mehr, zahlreichere (nicht ausgedruckte) Schriftver-
lefungen, Predigttexte, aber weniger Gebete (meift 3,
wir meift 6). Die Liturgien der feftlofen Zeit enfprechen,
bei z. T. recht anders formulierten Themen, fachlich und
fachgemäß meift den unfern. Die preußifche Gottesdienft-
ordnung vorausfetzend, ift das Buch auch bei jeder andern
verwendbar. Jede Liturgie enthält Eingangs-, Büß-,
Gnadenwort, Eingangsgebet, Schriftverlefungen, Texte und
Gebet nach der Predigt. Die Haltung der Gebete ift mehr
kirchlicher Durchfchnitt (kein Werturteil!), ftark jefu-
zentrifch, manchmal etwas pietiftifch gefärbt, doch im
bellen Sinn frei, fchon auf die ,neue Zeit' eingeftellt; die
Sprache von fchöner Wärme und eigner Geftaltung, mit
energifchem Ausdruckswillen, auch wohlgelungenen Neuprägungen
, hat aber, wie es uns liturgifch fchaffenden
Theologen fo leicht geht, das Papierene, Abftrakte, Komplizierte
, Gefuchte vielfach noch nicht abgeftreift. Warum
bei glücklicher Kürze vieler Gebete durchgängige Häufung
von Synonymen, viel gedankliche Wiederholungen? ,Senti-
ments' und Überfchwänglichkeiten neben doktrinären Ausführungen
fehlen nicht, Gebet, Gelübde und Verheißung
verfahren oft plerophorifcher, als die Wirklichkeit erlaubt.
Strengere Zucht der Sprache, Sorgfalt im Zitieren, Stellenangabe
bei den Sprüchen wäre angebracht. Bei allem
eine fehr brauchbare Arbeit, mit ihrer kirchlicheren' Note
vielen zugänglich, die fonft dem liturgifchen Fortfehritt
mit Bedenken gegenüberftehen.

Aachen. Alfred Zilleffen.

Schumann, Paft. Heinrich: 50 Jahre Innere Million in Leipzig. Feft-
fchrift, zur 50. Jahresfeier des Vereins f. Innere Miffion in Leipzig
im Auftrage des Hauptvorftandes verf. (62 S.) 8°. Leipzig, Vereins-
buchh. P. Eger (1919). M. 1 —

Das mit fauber ausgeführten Lichtdruckbildern ausgeftattete Buch
gibt einen kurzen Uberblick über die Gefchichte der Innern Miffion in
Leipzig feit ihrem Gründungsjahre 1869. Als Vorläufer des damals gegründeten
.Vereins für Innere Miffion' find die .Freitagsgefellfchaft', die
in den vierziger Jahren des vorigen Jahrhunderts entftand, fowie die
.Gefellfchaft der Armenfreunde' 1848, der 1861 gegründete Jünglings-
verein und die Gründung der Leipziger Herberge zur Heimat 1862 an-
zufehen. Als der eigentliche Gründer des Vereins ift Prof. Dr. Kuntze
zu bezeichnen; lebhafte Unterftützung fand er bei feiner Organilation
und Leitung an Männern wie Luthardt, Ahlfeld u. a. Als erfter Vereinsdirektor
wirkte Paftor Lehmann, der Verfaffer des bekannten Buches
.Werke der Liebe'. Von diefen und anderen Pcrfönlicbkeiten, welche
Einfluß auf die Entwicklung der Innern Miffion in Leipzig ausgeübt
haben, berichtet die Feftl'chrift in liebevoll anerkennender Weife. Aus
ihr erfahren wir weiter, wie fich die Tätigkeit des Vereins allmählich

im Laufe eines halben Jahrhunderts ausgebreitet und fich durch zahlreiche
Bauten geeignete Stätten für ihre Wirkfamkeit gefchaffen hat.
Gegenwärtig erftreckt fich diefe Tätigkeit fo ziemlich auf alle Zweige
des ausgedehnten Arbeitsfeldes der Innern Million. Es ergibt fich von
felbft, daß der Inhalt des Buches in erfter Linie für Leipzig ein naheliegendes
lokales Intereffe hat. Aber auch außerhalb diefer Stadt werden
die Freunde der Innern Miffion von der gefegneten Tätigkeit, welche
der vor 50 Jahren dort gegründete Verein im Laufe der Zeit entfaltet
hat, gern und mit den bellen Wünfchen für feine weitere Wirkfamkeit
Kenntnis nehmen.

Göttingen. K. Knoke.

Kluge, Oberfekr. Robert: Die Ethik in der Armenfiirlorge.

(IV, 64 S.) Hamburg, C. Boyfen 1920. 8°. M. 2.70
Der Verfaffer des fehr gefchätzten, bereits in dritter
Auflage erfchienenen .Handbuch für Armenpflege' führt
in diefer Schrift in die innerfte Werkftatt der Armenpflege
ein und bietet aus reichfter Erfahrung einen wertvollen
Beitrag zum Verftändnis der Armut, der Armen nach
ihrer wirtfehaftlichen und feelifchen Lage, der Aufgabe,
Mittel und Ziele der Armenpflege, der fittlichen Grundlagen
und Vorausfetzungen, aus denen allein eine erfolgreiche
Tätigkeit in der Armenpflege erwächft. Leidet
freilich das Bild der gefchichtlichen Entwicklung der
Armenpflege an der üblichen Überfchätzung des Ein-
flußes der Kirche, auch Luthers und der Reformation,
überfieht die vorausfehauenden Einfichten, die fich bei
den Humaniften (de Vivis!) finden, und verkennt, daß die
vorwärts treibenden Kräfte hier, wie auf anderen Gebieten,
fchon im frühen Mittelalter bei den Städten lagen, fo kann
doch nur gewünfeht werden, daß der Geift, aus dem
dies Buch gefchrieben ift, in unferen Armenpflegern herr-
fchend werde. Das wäre der befte Weg zur .durchgreifenden
Hilfe', die der Verf. fo warm empfiehlt.

Frankfurt a. M. Schloffer.

Bufch, Paft. Dr. K. A.: Religion und Leben. Gedanken und Materialien
f. anfehauliche fittlich-religiöfe Unterweifg. in Kirche
u. Schule. I. Tl.: Das perfönl. Leben. (Individualethifche
Befprechgn.) (VIII, 127 S.) 8». Dresden-Bl., Bleyl & Kaem-
merer (1918). M. 3.20

Dies Büchlein wird vielen Pfarrern und Religionslehrern
willkommen fein. Es bringt eine fehr reichhaltige Sammlung
von GleichnifTen, Gefchichten, Bildern, Zeitungsberichten und
dgl. für die Behandlung des fittlichen perfönlichen Lebens. Die
eigne Meinung tritt meift nur in knappfter Form hinzu. Nur
bezüglich des 6. Gebots gibt der Verfaffer zufammenhängende
Darbietungen fowohl für Knaben wie für Mädchen. Die Überfchrif-
ten der Kapitel lauten: Das Leben — Wahrhaftigkeit — Selbftän-
digkeit, Freiheit, Kraft und Ehre — Reinheit — Liebe — Die
Verfuchung. Die Anordnung ift ziemlich locker, die Anknüpfung
an die einzelnen Gebote manchmal willkürlich. Die zahlreichen
kriminaliftifchen Zeitungsnotizen S. 108 ff. fcheinen mir überflüfflg.
Im Ganzen aber ift die Sammlung wertvoll, praktifch und gefund.
Nur muß fle mit Auswahl und Verftand gebraucht werden. Sie
ift in gutem Sinne modern und fchöpft aus der Fülle des Volkslebens
und der Wirklichkeit. Sie darf aber nicht dazu verführen,
den Unterricht in ein buntfeheckiges Gefchichtenerzählen ausarten
zu laffen. Auch hier zeigt fleh in der Befchränkung der
Meiner. Eine umfangreiche Literatur ift benutzt und angegeben.
Frankfurt am Main. W. Bornemann.

Jahrbuch der ärztlichen Million 1914. Hrsg. von Verband
der deutfehen Vereine f. ärztl. Miffion. (VI, 159 S.)
8°. Gütersloh, C. Bertelsmann. M. 1.50

Eine fehr gute, lebensfrifche, oft fogar humorvolle
Überficht über die deutfehe ärztliche Miffion, wie fie ift,
und eben fo fehr, wie fie werden follte, bringt dies Buch
von 160 Seiten. Das Charakteriftikum deutfeher ärztlicher
Miffion ift eben zur Zeit, einerfeits ihre Kleinheit
— was find 16 Miffionshofpitäler und 22 in der Arbeit
flehende Ärzte? — und andrerfeits die energifche zielbewußte
Arbeit, die neuerdings in Deutfchland für diefen
Ipeziellen Teil der Miffionstätigkeit fich kundgibt. Fürwahr
, die deutfehe medizinifche Miffion mit ihrer fyfte-
matifchen Gründlichkeit, welche die chriftliche Liebe nicht
ausfchließt, läßt uns Gutes von der Zukunft hoffen.

Ein fprechendes Zeichen diefes tüchtigen Schaffens
ift auch vorliegendes Jahrbuch felbft. Wer es lieft, wird