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Ausgabe: | 1920 Nr. 1 |
Spalte: | 186 |
Autor/Hrsg.: | Deraw, Alexander |
Titel/Untertitel: | Ein Weg zum ewigen Frieden 1920 |
Rezensent: | Thimme, Wilhelm |
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Theologifche Literaturzeitung 1920 Nr. 15/16.
186
worden ift. Diefe wenigen Andeutungen genügen, um
zu veranfchaulichen, daß der hiftorifche Abfchnitt Richtiges
und Unrichtiges nebeneinander enthält. Speziell
die, zum Teil auf Deniflefche Citate fich berufende, Darfteilung
der Theologie Luthers und feiner Auffaffung
vom Glauben ift alles andere als eine auf die Erfaffung
des Geiftes gerichtete.
Was den folgenden thetifchen Teil betrifft, fo vertritt
der Autor die Anfchauung, daß die Verföhnungslehre
in der Abälardfchen Form dem chriftlich-religiöfen
Bedürfnis und zugleich der modernen Denkweife am
heften entfpricht. Sie läßt fich dahin zufammenfaffen,
daß wir durch die im Tode Jefu fich kundgebende Liebe
Gottes zur Gegenliebe bewogen und dadurch gerechtfertigt
werden, das heißt, von Schuld freigefprochen und
gerecht gemacht' ,Der Tod Jefu rechtfertigt uns daher
in dem Maße, als dadurch Liebe in unteren Herzen
erregt wird'. Auch die Zuftimmung zu diefer Formulirung
der Rechtfertigungslehre ein Beweis dafür, wie wenig
innere Fühlung der Verfaffer mit der Gedankenwelt
Luthers und der Reformation hat.
Wie man aber auch immer über diefe oder jene
feiner Thefen und feine Schlußfolgerungen urteilen möge,
die dogmatifche Erörterung und die hiftorifche Beleuchtung
des von ihm erwählten Themas ift an fich noch immer
keine überflüffige Arbeit.
Gießen. E. W. Mayer
Vellenga, Dr G.: Schets der Christelijke Dogmatiek. 1. Stuk (VIIT,
61 S.), 2. St. (VIII, 69 S.) 8». Amfterdara, W. ten Have (1920).
fl. 1.25
Der Verf., Prediger in Nieuw-Loosdrecht, hat 1918 eine zweibändige
Dogmatik herausgegeben, die in den holiändifchen pofitiven Kirchenblättern
allgemein gerühmt wird, in diefer Zeitung aber noch nicht be-
fprochen ift. Die vorliegenden beiden ,Schets' 1 Skizzen) find offenbar
ein kurzer Auszug daraus, ein Compendium für Studierende und gebildete
Laien, das fehr gute Dienfte tun kann. Früher war in Holland
das Compendium theologiae christianae von Vinke als Studentenbuch
vielfach in Gebrauch. Die V.fchen Schels haben aber den Vorzug, daß
fie die Entwicklung der Dogmatik in klarer, glatter Diktion bis in die
neuefte Zeit verfolgen, auch die deutfehe Theologie gebührend berück-
fichtigen. (Ritfchl ift aber nicht 1876 (1. 9.), fondern 1889 geftorben).
Der Standpunkt des Verf. ift konfeffionell, doch findet fich zuweilen ein
Stich in das Modem-Pofitive.
Güttingen. Regula.
Mahling, Prof. D.: Zweifelsfragen und Bedenken der Gebildeten
gegenüber der Kirche und dem Chriltentum. (40 S.)
8°. Berlin, Fr. ZillefTen 1919. M. 1.20
M. befpricht Bedenken gegen die Kirche (Lehre,
Kultus, Erziehung, Rechtsorganifation, Liebestätigkeit) und
Zweifel gegenüber dem Chriftentum (Vorfehungsglaube,
Chriftusfragen, Bibel). Er ftellt Chriftentum und Kirche
in einer Form dar, welche die Vorurteile der Gebildeten
zerftreuen Poll. In diefem Sinn kann die Schrift gute
Dienfte leiften. Wo tieferes Eingehen auf die Probleme
erforderlich ift, reicht fie allerdings nicht aus. Der Standpunkt
ift weitherzig und mild pofitiv: das Bekenntnis z. B.
ift ihm ein Weihegebet der Gemeinde und keine dogmatifche
Lehrzufammenfaffung; gedankliche Klarheit über
Trinität und Chriftologie ift ihm kein notwendiger Be-
ftandteil des Chriftfeins. Auf Widerftand dürfte es u. a.
ftoßen, wenn dem Staat zugemutet wird, den Religionsunterricht
weiterhin obligatorifch erteilen zu laffen, weil
alles Glück und Heil des Volks und des Staates auf einer
tief inneren Gefinnungsgemeinfchaft beruhe, die nur die
Religion fchaffen könne und weil nur die Religion Freudigkeit
zur Erfüllung des Guten gebe (S. 19); und wenn es
heißt, daß der Vorfehungsglaube nicht auf mir und meinen
Erfahrungen, fondern einzig auf den Worten und Erfahrungen
Jefu beruhe (S. 33).
Mannheim. Lic. W. Knevels.
Bode, Paft. prim. Julius: Wodan Und JefU8. Ein Büchlein v. chriftl.
Deutfchtum. (47 S.) 8". Sontra i. H., Verlag Frei-Deutfchland
1920. M. 2.50; geb. 5 —
In den Bergen des alten Cheruskerlandes von dem mühfeligen
Ringen in Bremen ausruhend, fühlte fich Bode von Odins Hauch umwittert
, der ihm mit dem Geifte Jefu taft zu untrennbarer Einheit zu-
fammenfloß. Jefus. im Sinne des Heliand und in Reaktion auf Nietzfche
als Held (deffen Bild nur übermalt ift im Sinne der Schwäche), deutfehe
Frömmigkeit als Ergriffenheit vom Geheimnis und von der Kraft des
Lebens und Hingebung an fie find im Grunde völlig gleichartig. Die
Lofung heißt darum: werden wie die Väter — Jefus und Wodan'. Die
Darftellung enthält neben fehr anfechtbaren Sätzen manches Schöne und
Beherzigenswertes und mag manchem zur Vertiefung helfen. Aber der
Grundfatz ift m. E. verfehlt. Die deutfehe Anlage zur Religion ift über
jedes vernünftige Maß hinaus idealifiert. Jefus follte gerade auch in
feinem ftillen Leiden als ,Held' gewürdigt werden.
Göttingen. Titius.
Thoma, Hans: Wege zum Frieden. Dritter Teil der buchenden
Seele'. (45 S.) 8°. Jena, E. Diederichs 1919.
M. 2.50
Zum dritten Male fetzt der alte Maler ftatt des Pinfels
die Feder an. Das Herz treibt ihn, feinem Volke
Worte des Troftes, der Mahnung zu fagen. Wie er fich
finnend den Weg Gottes enträtfelt hat, bringt die Frage
zum Ausdruck: ,Müffen die Reiche der Welt deshalb
zertrümmert werden, damit die Menfchheit reif werde
für das Reich Gottes, das heißerfehnte, in welchem
Chriftus, die reine Seele, die Herrfchaft führt?' Seine
Hoffnung ist, daß deutfehe Gemüts- und Geifteskraft, die
am Bau des Weltreiches zu Schanden ward, künftig beim
Bau des Gottesreiches Vorarbeit leifte. Er ruft die Guten,
die am liebften unter (nicht über) den Parteien ftehen,
die nicht gewinnen und erraffen, fondern dienen möchten,
die Schaffensfrohen, die Kinderfeelen auf den Plan. Das
neue Deutfchland, wie er es träumt, wird arm, bedürfnislos
, eine Stätte innerer Kultur, ein Haus und Hort wahren
Friedens fein. Wie gern hört man dem leile vor
fich hin plaudernden greifen Künftler zu!
Iburg. W. Thimme.
Deraw, Alexander: Ein Weg zum ewigen Frieden. Betrachtungen
e. Idealiften. (47 S.) 8». Berlin, R. Siegismund 1919. M. 1.20
Verfaffer nennt Mch einen Idealiften, der glaubt, daß ange-
Mchts einer unbezwingbaren Not auch eine Utopie zur Wirklichkeit
werden kann. Er empfiehlt den Zufammentritt eines Ge-
Iehrtenkongreffes (zwei Profefforen von jeder Univerfität) in Cambridge
oder Oxford, der von aller Welt aufs ftrengfte abgefchlof-
fen (keine Port-, Telephon-, Telegraphenverbindung, keine Zeitung
darf da exiftieren) unter Leitung eines päpftlichen Kardinals berät
und befchließt, den Krieg beendet, die Bedingungen feftfetzt
und die Grundlagen eines dauernden Weltfriedens legt. Der Vorschlag
kommt polt feftum. Das ift zu bedauern; einen fchlech-
teren, ungerechteren, unmöglicheren Friedensvertrag als der Pa-
rifer Diplomatenkongreß würde jenes Gelehrtenkonklave gewiß
auch nicht zufammengezimmert haben. Wie fich Verfaffer die Geftal-
tung des europäifchen Bundes (oder meint er einen Weltvölkerbund
? man wird nicht klug daraus) im Einzelnen denkt, kann hier
nicht näher dargelegt werden, zumal da er nach eigenem Geftänd-
nis feinen Betrachtungen ,weder klaffifche noch wiffenfchaftliche
Unterlagen' gibt.
Iburg. W. Thimme.
Er ift bei uns wohl auf dem Plan! Fefttagspredigten in Verbindg. m.
anderen hrsg. v. Pfr. Lic. Dr. Otto Dibelius. 1. Heft: Karfreitag
u. Oftern. Vier Predigten. Berlin-Lichterfelde, E. Runge (1917).
M. — 50
Eine neue Sammlung, von der bisher nur ein Heft vorgelegt ift.
Ein Programm ift nicht beigegeben. Die vier Predigten dieles Heftes
zeigen, daß der Herausgeber hervorragende Prediger gewinnen und
felber kräftig mitarbeiten will. Daß Fefttagspredigten geboten werden
follen, mag manchen Wünfchen entfprechen.
Gießen. m. Schian.
Oftermann, 2. Hof- u. Schloßpred. Auguft: Er ift unler Friede. Das
Leiden, Sterben u. Siegen unteres Herrn Jefu Chrifti. Betrachtungen
u. Predigten. (350 S.) 8°. Hannover, H. Feefche 1918.
M. 5 40; geb. M. 6.80
Der durch feine Kriegspredigten (Theol. Lit.-Ztg. 1916 Sp. 303c)
bekanntgewordene Verf. legt 35 Betrachtungen für die Paffionszeit und
7 Predigten für die Ofterwoche vor. Die erftcren verzichten auf ftrenge
Predigtform und find ganz biblifch-pfychologifch gehalten; die Anwendung
auf die Gegenwart fehlt nicht, benimmt aber nicht das Ganze.
Daß öfter Texte aus einer Harmonie der Leidensgefchichte genommen
find, ift kaum ganz zu billigen. Auch bei den Predigten tritt im Vergleich
mit den Kriegspredigten der ftreng biblifche Charakter ftärker
hervor. So hebt fich diefer Band weniger als die Kriegsbände von dem