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Ausgabe:

1920

Spalte:

169

Autor/Hrsg.:

Wenzel, Herbert

Titel/Untertitel:

Christoph Meiners als Religionshistoriker 1920

Rezensent:

Titius, Arthur

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung

Begründet von Emil Schürer und Adolf Harnack

Fortgeführt von Professor D. Arthur Titius und Professor D. Hermann Schuster

Jährlich 26 Nrn. Verlag: J. C. Hinrichs'fche Buchhandlung, Leipzig Halbjährlich 15 Mark

Bezugspreife für das Ausland jährlich Fr. 25—; 1 £; $ 4.75; holl. Gulden 11.80; fkandin. Kr. 17.75

_ Manufkripte und gelehrte Mitteilungen find ausfchließlichan _ _

45. JahrfiT. NF. 15/l0 Profeffor O. Titius in Göttingen, Nikolausberger Weg 66, iu fenden. 28. AURUSt 1920

■»w. uamg. nl1 lu'iu Retenfionjezemplare aujfchließlich an den Verlag, nu6u'31 i-*Jt*J

Wenzel, Chriftoph Meiners (Titius).

Delitzfch, Die große Täufchung (Meinhold).

Beer, Die foziale und religiöfe Stellung der
Frau im ifraelitifchen Altertum (Nowack).

Bifchoff, Die Kabbalah (Strack).

Caftor, Matthews Sayings of Jefus (Cadbury).

Dieckmann, Die effektive Mitregentfchaft des
Tiberius (Holtzmann).

Vogels, Beiträge zur Gefchichte des Diateffaron
im Abendland (v. Soden).

Göll er, Die Periodifierung der Kirchengeschichte
und die epochale Stellung des Mittelalters
zwilchen dem chriftlichen Altertum
und der Neuzeit (Krüger).

Wundt, Plotin (Windifch).

Müller, Dionyfios, Proklos, Plotinos (Derf.).

Hänlein, Die Bekehrung der Germanen zum
Chriftentum (Grützmacher).

Köhler, Die Geifteswelt Ulrich Zwingiis (Baur).
Bornhaufen, Pascal (Jülicher).
Mahr hol z,DeutfcheSelbftbekenntniffc(Petfch).
Neu mann, Jak. Burkhardt, Deutfchland und

die Schweiz (Köhler).
Hänfen, Preußen und Rheinland von 1815

bis 1915 (Vigener).
Dvornikovic, Die beiden Grundtypen des

Philofophierens (Jordan).
Steinbeck, Das Chriftentum als Religion der

Kraft (Thimme).
Rashdall, The Ideal ofAtonement in Chriftian

Theology (F.. W. Mayer).
Vellenga, Schets der Chriftelijke Dogmatiek

(Regula).

Mahling, Zweifelsfragen und Bedenken der
Gebildeten gegenüber der Kirche und dem
Chriftentum (Knevels).

Bode, Wodan und Chriftus (Titius).
Thoma, Wege zum Frieden (Thimme).
Deraw, Ein Weg zum ewigen Frieden (Derf.).
Er ift bei uns wohl auf den Plan! (Schaan).
Oft er mann, Er ift unfer Friede (Derf.).
Meyenberg, Democratia christiana (Derf.).
Kölln und Altraann, Erhebet eure Herzen!
(Zilleffen).

Schuhmann, 50 Jahre innere Miffion in Leipzig
(Knoke). V

Kluge, Die Ethik in der Armenfürforge
(Schloffer).

Bufch, Religion und Leben (Bornemann).
Jahrbuch der ärztlichen Miffion 1914 (Hoffmann).
Hocber, Die ftaatskirchenrechtliche Lage der
Katholiken in Preußen (Sehling).

Bibliographie.

Wenzel, Dr. Herbert: Chriftoph Meiners als Religions-
hiftoriker. Gekrönte Preisfchrift der Univ. Berlin.
(87 S.) 8°. Frankfurt a. O., Harnecker & Co. 1917.

M. 2.50

Chriftoph Meiners (1747—1810), lange Jahre neben
Feder, dem Gegner Kants, in Göttingen wirkend und mit ihm
befreundet, hat als erfter einen zweibändigen,Grundriß der
Gefchichte aller Religionen' (1785) veröffentlicht. Nach ihr
und andern Schriften religionsgefchichtlichen Inhalts gibt
Wenzel in feiner von der Univerfität Berlin gekrönten
Preisfchrift eine fehr gründliche Darftellung der religionsgefchichtlichen
Anflehten M.s. Trotzdem diefe inhaltlich
veraltet find, wie namentlich M.s. Studien zur ägyptifchen
und perfifchen Religionsgefchichte zeigen und obwohl
der aufklärerifche Standpunkt die Grundauffaffung von
der Religion ftörend beeinflußt, erweift fich doch die
Phänomenologie namentlich der primitiven Religionsformen
, wie fie auf Grund von zahlreichen Reifeberichten
entworfen wird, als eine fehr refpektable und z. T. noch
heute brauchbare Leiftung, in der bereits die evolutio-
niftifche Auffaffung der heutigen Religionswiffenfchaft
angebahnt ift. Über Fetifchismus, Seelenkult, Zauberer
und Priefter, Bilderdienft, Tempel, Altäre, Fefte und
kultifche Handlungen und anderes mehr wird in durchaus
beachtlicher Weife gehandelt. Es wäre wertvoll,
wenn alle Hauptftadien in dem Aufftieg der Religions-
gefchichte bis zu ihrer heutigen Form gleich eindringender
Darftellung gewürdigt würden.

Göttingen. Titius.

Delitzfch, Friedrich: Die große Täufchung. Knt.Betrachtgn.

zu d. altteftamentl. Berichten üb. Iffaels Eindringen

in Kanaan, d. Gottesoffenbarg. vom Sinai u. d. Wirk-

famkeit der Propheten. (149 S.) 8°. Stuttgart, Deut-

fche Verlags-Anft. 1920. M. 8 —

Das Buch enthält drei Teile: I. Iffaels Eindringen in
Kanaan (7—52). II. Die Gottesoffenbarung vom Sinai
(S. 52—80). III. Die Tätigkeit der Propheten (S. 80—95).
Dazu Schlußbetrachtungen und Anmerkungen (93 —H4)>
die hier und da eine lehrreiche Bemerkung bieten, und
fchließlich einen Anhang (S. 117—149), der die ifraeliti-
169 I7o

fchen Gefetze mit Ausfchluß der Speife-, Kultus- und
Prieftergefetze enthält und ebenfogut fehlen konnte. —
Als Motto hat Delitzfch das Wort gewählt, das ihm
einer feiner Profefloren entgegengerufen hat, als er durch
deffen Gründe überzeugt es ausfprach, das 5. Buch Mofes
fei, was man eine Fälfchung nennt: ,Um Gottes willen 1
Das wird wohl wahr fein, aber fo etwas darf man nicht
fagen.' Das ift bezeichnend genug. Delitzfch redet fich
und anderen ein, als ob fich in Kirche und Theologie
(eitdem nichts geändert hätte. Was nützt es, wenn er
Wellhaufen rühmend (S. 7) erwähnt und nichts, auch rein
gar nichts von ihm gelernt hat? Und gerade der hat
die ifraelitifche Religion und Literatur hiftorifch würdigen
gelehrt. Wenn ich die Quellen des Hexateuch kenne
und ihre gefchichtlichen Anfätze, fo werde ich nicht das
Bild von der Eroberung weitergeben, wie es nur durch
den Zufammenfchluß der Quellen und ihre jüdifche Überarbeitung
etwa um 400 fich gebildet und von da an bis
etwa 1870 sich erhalten hat, werde ich nicht die fumma-
rifche Behauptung von der Bannung und Vernichtung fo
und fo vieler kanaanäifcher Städte als wahre Münze
nehmen, von denen das Judentum des Prieftercodex im
Jofuabuch (S. 4) fabelt. Das ift ja charakteriftifch für die
Kreife, aus denen das Werk flammt (fo hätte es fein
müffen, alfo ift es auch fo gewefen!), widerfpricht aber
den alten Quellen und dem wirklichen Hergang.

Über Delitzfchs Vorgang hier nur ein fchönes Beifpiel: Drei Mal
wird von der Entfuhrung des Patriarchenweibes berichtet, Gen. 12, 20,
26. Es ift bekannt, daß hier jedesmal diefelbe Erzählung, nur in anderer
Form vorliegt, und zwar in den 3 vorexilifchen Gefchichtsbüchern.
Delitzfch aber führt aus, da Abraham in Ägypten aus der Lüge, Sarah
fei feine Frau gewefen, Nutzen zog, (Gen. 12), habe er das Manöver
fchnell noch einmal gemacht (S. 76). Auf gleicher Stufe fleht es, wenn
er eine Lüge darin findet, daß in einer Quelle etwas gemeldet wird,
was nach der anderen nicht zutraf (S. 17). Wo liegt nun hier die
Täufchung? Jedenfalls das Publikum, an das Delitzfch fich wendet,
wird getäufcht. Ich nehme an, daß er fich auch felbft täufcht und entgehe
fo dem Verfuche, Kraft- und Schimpfworte zu gebrauchen, wie deren
über Delitzfchs ganze Schrift ausgeftreut sind, vgl. den ,mit dem Namen
des Mofes getriebenen' Unfug (S. 7) die .haarfträubende Etymologie' (S. 20)
.bedauernswertes Zeichen grenzenlofen Aberglaubens' (S. 56), das Deboralied
.entblödet fich nicht, die Gefühle der auf ihren Sohn vergeblich
wartenden Mutter zu befpötteln' (S. 77f.), ,das alte Lügenmaul (nämlich
der Prophet 1. Kön. 13,31 f.) bleibt ftraffrei' ufw.