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Ausgabe:

1919 Nr. 1

Spalte:

163-164

Autor/Hrsg.:

Waubke, Arnold

Titel/Untertitel:

In Luthers Spuren. Unser Christenglaube auf Grund des Lutherschen Kleinen Katechismus in der Sprache unsrer Zeit für Pfarrer, Lehrer und Freunde der Jugend dargestellt 1919

Rezensent:

Bornemann, Wilhelm

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i63

Theologifche Literaturzeitung 1919 Nr. 13/14.

164

getragene Lehre von der Wiederverkörperung wirken ftark
in diefem Geift. Seine reichen rednerifchen Mittel erlauben
es ihm, feine lehrhafte Aufgabe angenehm zu umkleiden
; Bilder, Gleichniffe, reichliche und große Zitate,
Gedichte, immer aus der Gegenwart heraus, halten ftets
die Aufmerkfamkeit wach; als befonderes Lob rechneich
es ihm dabei an, daß er die Vorzüge der alten Predigt,
möglichfter Anfchluß an den Text und das Thema famt
den Teilen, nicht verfchmäht, fondern regelmäßig und
mit Gefchick und Gefchmack anzuwenden weiß.
Heidelberg. F. Niebergall.

Waubke, Pfr. Arnold: In Luthers Spuren. Unfer Chriften-
glaube auf Grund des Lutherfchen Kleinen Katechismus
in der Sprache unffer Zeit für Pfarrer, Lehrer
und Freunde der Jugend dargeftellt. (VIII, 456 S.)
8°. Gütersloh, C. Bertelsmann 1917.

M. 7.50; geb. M. 9 —
Dies umfangreiche Werk behandelt in neuer Art die
fünf Hauptftücke nebft einer Einleitung über Bibel und
Katechismus und einem Anhange über chriftliche Sitten.
Bei dem 1. Hauptftück werden die fämtlichen Gebote
zweimal behandelt, nämlich zunächft als Verbote (15—59)
und dann als Gebote (60—107); daran fchließt fich eine
Darlegung des Gebots der Liebe. Eingefügt find allerlei
Betrachtungen, z. B. über die rechte Freiheit, den Ernft
der Bekehrung, die Heiligkeit der Jugendzeit, die Gebote,
,die in den 10 Geboten enthalten find'. Das 2. Hauptftück
fteht unter dem Titel ,Der himmlifche Vater gibt
uns feine Gaben' und befpricht zuerft das Apoftolikum
felbft, dann Luthers Erklärung und endlich, ,wie wir heute
bekennen, was uns der himmlifche Vater gegeben hat'.
Dabei wird auch eine Auseinanderfetzung mit Materialismus
, Monismus, Übermenfchentum, Atheismus, Peffimis-
mus, Deutfchfchwärmerei, Pantheismus, Rationalismus,
Kirchenfeindfchaft gegeben, denen gegenüber dann die
/Taten der Kirche' (Innere Miffion ufw.) gefchildert werden
. Ebenfo wird der Unterfchied zwifchen römifcher
und evangelifcher Kirche ausführlich behandelt und das
Wefen der verfchiedenen Sekten. In diefem Abfchnitt
fcheint mir neben einigen Einzelheiten Reihenfolge und
Urteil nicht immer ganz ftichhaltig zu fein. Bei den drei
letzten Hauptftücken folgt der Verfaffer im wefentlichen
der Einteilung und Erklärung Luthers. Das Neue diefes
Werkes befteht in der vom Verfaffer beliebten Bewegungsfreiheit
und in der erftaunlichen Fülle mannigfachen
Stoffes, den er gefammelt, beigebracht oder angedeutet
hat, — Worte, Tatfachen, Gleichniffe, Märchen, Gefchich-
ten ufw. Befonders werden Luthers Erlebniffe und
Schriften und die allerneuften Ereigniffe und Autoritäten
zur Geltung gebracht, freilich auch Kirchen- und Reli-
gionsgefchichte, Früchte aus Literatur und Kunft, das
Kindesleben und feine Verhältniffe, der Weltkrieg. Dagegen
ift viel fonft hergebrachter Stoff fortgelaffen oder
fehr verkürzt. Daß der Verfaffer fo einen intereffanten
und frohen Unterricht zuftande bringt, glaube ich gern.
Dagegen ift mir zweifelhaft, ob vieles von dem, was er
bringt, den Kindern verftändlich ift, ob man wirklich fo
viel Stoff in 120 Stunden — in der Regel flehen kaum
80 zur Verfügung — fachgemäß verarbeiten kann, ob
die inhaltsreiche, aber auch bunte, fpringende und unruhige
Behandlungsweife nicht oft von den eigentlichen
Grundgedanken ablenkt und den dauernden Ertrag des
Unterrichts beeinträchtigt. Man kann viel aus dem An-
fchauungsftoff und dem Buche lernen, aber man muß
gründlich und ruhig flehten und auswählen.

Bei dem anerkennenswerten und erfolgreichen Streben nach
Lebendigkeit kommen Entgleifungen vor, z. B. wenn die Erwähnung
von Calvins Geburtsort Noyon die Gelegenheit zu einem Hurra auf die
Feldgrauen und Hindenburg gibt (167), oder wenn von den Kindern
erzählt wird, die den Glauben an Vater, Sohn und Geift unter fich verteilt
haben (196), oder wenn das Scherzbüd erwähnt wird, auf dem der

Teufel dem Minifter Grey auf die Schulter klopft Jungeken von dir
kann ich iogar noch lernen- (212), oder wenn es heilit (180) ,Das Töff-
Töff raft wie eine verrückt gewordene Wanze durch die Lande'. Manches
von dem aufgenommenen Stoff wirkt eben doch ablenkend, gekünftelt,
gefucht, geiftreich fpielend, fo die Getchichte vom Kuckuck (250), von
Goethes Mutter (251), die Anwendung des Wortes ,Mir Sachfen fein helle'
auf Luther (233), der Satz ,Die Bibel ift ein göttlicher Phonograph'
(25), der Ausipruch .Überall durch das N. T. fließt Taufwaffer' (409),
der Vergleich der Szene beim Untergang derTitanik mit Matth. 14, 29 fr.
(189). Manches ift nicht ganz treffend, z. B. die Erklärung von ^erraten
' (45) und .heilig' (52 und 234); manches nicht richtig: ,Im Krieg
ift die Bibel modern geworden' (244) und ,die Krankheit des Selbft-
mordes verfchwunden' (186); ,Der Rationalismus erklärte fchlankweg
Kirche und Chriftentum für überflüffig' 1281). Das Goethefche ,Wer
nie fein Brot mit Tränen aß' wird, wie die Fortfetzung beweift, verkehrt
herangezogen (188), die Wor e teste David et Sibylla beziehen
fich nicht auf die Geburt, fondern auf die Wiederkunft Chrifti (140).
Die Erklärung Luthers zum 5.Gebot erweift fich, gemeffen an Matth. 5,21 ff.
nicht als .großartig und genial' (85). Sehr merkwürdig ift, wenn von
Jonas nur berichtet wird: ,Er gieng, weil's der Herr ihm geheißen, nach
Ninive, obwol es wie eine Löwenhöhle war' (138J. Woher der Verlaffer
weiß, daß Auguftin ,alle Freuden der Welt genoffen' (1), daß Markus
den Märtyrenod des Petrus erlebt habe (4), und was er von der Ent-
ftehung des Katechismus erzählt (u), ift mir unklar. Ganz übergangen
ift die Auferftehung des .Fleilches', und die Darlegungen über das
Apoftolikum (131 f. 256) bedeuten mindeftens eine künftliche und anfechtbare
Glättung. —

Trotz diefer und ähnlicher einzelner Ausftellungen,
die bei der Fülle des Stoffes kaum in Betracht kommen'
empfehle ich das Buch zu gründlichem Studium und
freier Auswahl und Nachahmung. Aber gewahrt werden
muß dem Unterricht jedenfalls die Konzentration und
Sammlung, die Einfachheit und Klarheit.

Frankfurt a.M. W. Bornemann.

Fliedner, Palt. Karl: D. Martin Luthers Biblifches Spruch- und
Schatzkäftlein. Neu bearb., f. das Kirchenjahr eingerichtet
u. hrsg. (VII, 325 S.) kl. 8». Leipzig, Dörffling & Franke 1917.

Geb. M. 5 —

In den Jahren 1738 und 1739 gab Paltor Schimmer in Stettin
unter dem obigen Titel eine Auswahl von Abfchnitten aus
Luthers Schriften, Predigten, Briefen und Tifchreden heraus,
jeden einzelnen an ein Bibelwort anknüpfend. Er hat den trefflichen
Gedanken mit einer für feine Zeit beachtenswerten Umficht
und Unbefangenheit durchgeführt. Das Werk ift früher oft neu
aufgelegt und viel gelefen worden. Zum Reformationsjubiläum
hat P. Georg Fliedner es neu herausgegeben, nunmehr im Anfchluß
an das Kirchenjahr, zum Alleinlefen in Hillen Stunden
oder zu gemeinfamen Andachten. Die Neuherausgabe ift zu
begrüßen, hätte aber mit mehr Sorgfamkeit vorbereitet werden
müden. Zuweilen ift der Grundgedanke fchwer zu verliehen,
weil der Abfchnitt zu kurz aus dem Zufammenhang geriffen ift,
z. B. S. 57 und 112 f. Hier und da ift der Text unzweckmäßig
gewählt, z. B. S. 155. 245. 250. Vor allem aber hätte es vermieden
werden muffen, daß in dem kleinen Büchlein nicht weniger als
viermal Wiederholungen vorkommen: diefelben Stellen Und abgedruckt
S. 36 und 73, S. 27 und 169, S. 173 und 222, S. 175 und 294.
Frankfurt a. M. W. Borne mann.

Koenig, Dr. Emil: Die Religionsdelikte nach den kantonal-
Ichweizerilchen Strafgefetzen. Eine Vorarbeit zum eid-
genöfl. Strafgefetzbuch. (Strafrechtl. Abhandlgn. 195.
Heft.) (IX, 181 u. XXIII S.) gr. 8°. Breslau, Schletter
1917. M. 5—.

Das Strafrecht ift zurzeit in der Schweiz noch nicht
einheitlich geregelt; eine Kodifikation aber im Werke.
Die vorliegende Arbeit behandelt die Religionsdelikte nach
den einzelnen kantonalen Strafgefetzbüchern, die in ver-
fchiedene Gruppen eingeteilt werden können. Gewiffe
gemeinfame Fragen beftehen fchon jetzt, wie z. B. diejenige
, inwieweit das Religionsftrafrecht der in der
Strafgefetzgebung noch louveranen Kantone den Grund-
fätzen der Bundesverfaflung, infonderheit d em Art.
49, wonach wegen der Glaubens- und Gewiffensfreiheit
niemand wegen feiner Glaubensanfichten mit Strafe irgendwelcher
Art belegt werden kann, entfpricht. Die
Arbeit ift überwiegend ftrafrechtlichen Charakters. Sie
gibt eine eingehende Darftellung des geltenden kantonalen
Rechtes, nach der objektiven und fubjektiven Tat-
beftandfeite hin, fowie nach der Seite der Beftrafung.