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Ausgabe:

1919

Spalte:

153-154

Autor/Hrsg.:

Huemer, Blasius

Titel/Untertitel:

Die Salzburger Benediktiner-Kongregation 1641-1808 1919

Rezensent:

Clemen, Otto

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Seite 1

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154

mit Spezereien eilenden Frauen befaßen fides implicita, | der Gedanke zuerft einer alle deutfchen Klöfter umfaf-

ebenfo die Kinder der Gläubigen (doch trifft hier die S. 95
Anm. 2 gegen Loofs erhobene Polemik vorbei), oder Cornelius
und der Kämmerer der Kandace. — Unter dem
Titel .Grund und Urfache des Glaubens' wird im 3. Kp.
zunächft die Frage nach dem testimonium spiritus sancti
internum befprochen: non aliter posse comprehendi
evangelii doctrinam quam spiritus sancti testimonio.
Calvin gebraucht dafür auch den Ausdruck illuminatio,
ohne fie können wir den Glanz des Evangeliums nicht
erkennen. Eine felbftändige Offenbarung aber ift das
testimonium nicht, fallt vielmehr mit der vocatio und
iustificatio zufammen. ,Das testimonium ift wirklich fachlich
nichts anderes als die primäre, die Wiedergeburt bewirkende
Wirkung des Geiftes auf den Willen' (S. 130).
Der Geifc ift dabei an das Schriftwort gebunden, und er
überzeugt durch das testimonium von der Göttlichkeit
der Schrift als eines Organismus. Im Einzelnen find hier
die Gedankengänge fehr verwickelt, auch von D. nicht
allenthalben klar dargelegt; es fpielt das Prädeftinations-
problem als die objektive Grundlage des Glaubens hinein.
— Die Stellung der fides innerhalb des ordo salutis erörtert
das 4. Kapitel. Rückfichtlich des Verhältniffes von
fides und poenitentia fchließt fich D. an Strathmann an;
Sündenerkenntnis und Sündenfchmerz gehören zur poenitentia
, nicht zur fides, die nur Chriftus und die cognitio
benevolentiae zum Objekt hat. Andererfeits ift zwifchen
fides und unio mystica nur ein logifcher Unterfchied, in
Wirklichkeit fallen beide zufammen, woraus dann wieder
folgt, daß die unio mystica das forenfifche Rechtfertigungsurteil
nicht ausfchließt und keine Vermengung der essentiae
bedeutet. — Das Schlußkapitel redet zufammenfaffend
über ,die Bedeutung von Calvins Glaubensbegi iff. Hier
wird ein Vergleich mit Luther und Melanchthon gezogen.
Indem D. mit O. Ritfehl daran fefthält, daß jene beiden,
,fo oft fie eine vollftändige Definition des Glaubens ver-
fuchten, neben und vor dem Vertrauen auf Gott niemals
das Fürwahrhalten der von Gott geoffenbarten Glaubensartikel
übergangen haben', findet er das Neue bei Calvin
in der engen Verknüpfung des intellektualiftifchen und
voluntariftifchen Momentes zur certa firmaque cognitio.
Hier ift er auch von Erasmus und Bucer unabhängig.
M. E. hat D. an allen entfeheidenden Punkten Recht.
Zürich. Walther Köhler.

Riggenbach, Prof. D Eduard: Die reformatorilche Schätzung der
Heiligen Schrift in ihrer Bedeutung für die Gegenwart. Ein erweiterter
Vortrag. Sep.-Abdr. aus dem ,Kirchenfreund'.
(25 S.) 8". Bafel, Helbing & Lichtenhahn 1917. M. — 75
Riggenbach verkennt nicht die ungeheuren Wandlungen, die
fich in der Schätzung der H. Sehr, vollziehen mußten. Mit vollem
Recht legt er allen Nachdruck auf das Testimonium Spiritus
Sancti; alles fonltige Zeugnis erweiit fich diefem gegenüber als
nichtig. Allein er deutet nirgends an, wie dem böfen Zirkel zu
entgehen fei, daß die ausfchließliche Beziehung diefes testimonium
auf die Bibel fich doch nur unter Vorausfetzung der Inspiration
halten läßt, die Infpiration aber — nicht irgendeine
Schätzung der H. Sehr. — wieder (Ich auf jenes ausfchließende
Testimonium gründen foll. Diefem Mißftand wird durch die
erweiterte Ausfchließlichkeit einer engen .Offenbarungsgefchichte'
fchwerlich abgeholfen.

Gießen. S. Eck.

Huemer, Pat. Blafius, O.S.B.: Die Salzburger Benediktiner-
Kongregation 1641—1808. (Beiträge z. Gefchichte des
alten Mönchtums u d. Benediktinerordens. 9. Heft.)
Lex. 8°. Münfter, Äfchendorff 1918. M. 5 —

Zur Hebung der Ordenszuftände hatte das Triden-
tinum das bewährte Mittel der Kongregationen in Erinnerung
gebracht. Im Benediktinerorden fetzten die
entfprechenden Reformbeftrebungen Anfang des 17. Jhrhs.
ein, in Italien (Caffinenfer Kongregation), in Frankreich
(Kongr. von St. Vannes und von St. Maurus), in Belgien,
und der Schweiz. In Deutfchland und Öfterreich fließ

fenden Kongregation wie die Bildung von Partikularkongregationen
auf Schwierigkeiten, befonders auf den
Widerftand der Bifchöfe, die von Exemtion der Klöfter
ihrer Diözefen Schwächung ihrer Autorität befürchteten.
Nur der Erzbifchof von Salzburg, Paris Lodron, war dafür
zu haben. Zuerft betrieb er im Anfchluß an die 1623
von ihm geftiftete Salzburger Benediktineruniverfität eine
allgemein-deutfche Kongregation, dann, als diefe nicht
zuftande kam, die Gründung einer Partikularkongregation
für feine Diözefe. Für den 6. November 1641 berief er
die Abte zum konftituierenden Generalkapitel. Die Con-
gregatio Benedictina Salisburgensis dioecesis konnte nur
beliehen, weil fie auf jeden Verfuch, fich exemt zu
machen, ja fogar auf die päpftliche Beftätigung verzichtete
.

Nachdem die anderen nachtridentinifchen Benediktinerkongregationen
monographifch behandelt worden
waren, hatte auch die Salzburger Anfpruch darauf, und
Huemer hat die Aufgabe mit gutem Erfolge gelöft. Das
Quellenmaterial, befonders im Archiv des Benediktiner-
fliftes St. Peter in Salzburg und im k. k. Landesregierungs-
Archiv dafelbft, erwies fich als lückenlos. Im Anhang
werden die Akten zur Gründungsgefchichte und die Deklarationen
zur Regel von 1642 und 1692 abgedruckt.
Außer Gründung und Niedergang (durch Desorganifation,
Autklärung und Säkularifationen; die letzte Kundgebung
der Kongregation erfchien 1808) fchildert Huemer Ver-
faffung, Klofterzucht, Askefe, Gottesdienft, Wiffenfchaft
und Seelforge in der Kongregation, fowie ihre Beziehungen
zu Erzbifchof, Orden und den anderen Bene-
diktinerklöftern.

Zwickau i. S. O. Clemen.

Hartmann, R. Julius: Das Tübinger Stift. Ein Beitrag zur
Gefchichte des deutfchen Geifteslebens. (VIII, 214 S.)
kl. 8°. Stuttgart, Strecker & Schröder 1918. M. 4.80;

geb. M. 6.50

Längft bedurfte das Tübinger Stift eine gründliche,
aus den Quellen gefchöpfte Darfteilung feiner Gefchichte,
wie fie bei der Kommiffion für württembergifche Landes-
gefchichte beantragt ift. Wir erhalten auch demnächft
aus Anlaß des Umbaus des Stifts eine auch für die Gefchichte
des Studiums nicht unwichtige Gefchichte der
baulichen Entwicklung des Stifts von einem jüngeren zu-
verläffigen Forfcher und hoffen dann auch die Gefchichte
des Stiftes nach feiner eigentlichen Aufgabe, der Heranbildung
von Dienern der Kirche, aus der Hand eines früheren
Repetenten zu erhalten. Hartmann wollte keine
Gefchichte des Stifts geben, in Anbetracht feines Alters
und feiner Sehkraft. Was er bietet, ift eine Zufammen-
ftellung von kurzen biographifchen Schilderungen von
ca. 260 Stiftlern, die für das deutfehe Geiftesleben nach
den verfchiedenften Seiten in den 380 Jahren feines Be-
ftehens von Einfluß waren. Dabei befchränkt er fich
nicht auf Theologen, fondern hebt befonders die Philo-
fophen Hegel, Sendling, Ed. Zeller, Sigwart, die Politiker
Graf Reinhard, Schäffle, die Dichter Hölderlin,
Schwab, Waiblinger, Mörike, A. Knapp, Gerok, Kurz
aber auch Naturforlcher, Ärzte, Mufiker hervor. Es ift
eine bunte Reihe, die am Leter vorüberzieht und denen
die neuerdings über die Stiftler abfprechend urteilen'
ohne durch ihre Taten das Recht auf ihren Richterftuhi
bewiefen zu haben, den Mund ftopft. Man wird auch
demVerfaffer fein Streben nach .unbedingter Zuverläffig-
keit, Sachlichkeit und Unbefangenheit des Urteils' nicht
beftreiten und fich auch über fein Gefchick im Beibringen
von Bildern des Stifts und 42 Stiftlern freuen. Aber
fchon die Auswahl der Stiftler läßt manchen bedeutenden
Mann vermiffen, auch manches Urteil erregt Zweifel
und manche Angabe erweift fich als falfch, z. B. über

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