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Ausgabe:

1919 Nr. 1

Spalte:

150-152

Autor/Hrsg.:

Finsler, Georg

Titel/Untertitel:

Ulrich Zwingli. Eine Auswahl aus seinen Schriften auf das vierhundertjähr. Jubiläum der Zürcher Reformation 1919

Rezensent:

Ficker, Johannes

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Theologifche Literaturzeitung 1919 Nr. 13/14.

Reinhard, Repet. D. Wilhelm: Das Wirken des heiligen
Geiltes im Menfchen nach den Briefen des Apoftels
Paulus. Eine biblifch-theolog. Unterfuchg. (Freiburger
theol. Studien 22. Heft.) (XV, 164 S.) gr. 8°. Freiburg
i. B., Herder 1918. M. 4.50
Nach einem treffenden Worte von Holtzmann ift
jcvsvfia der umfaflendfte, fchwierigfte, variabelfte Begriff,
den das paulinifche Denken hervorgebracht hat. So
lohnt es fich noch immer, ihn zum Zentralbegriff einer
Unterfuchung zu machen, die von ihm aus die Verbindungsfäden
zu faft allen Anfchauungen des PI. zieht.
In der Einleitung find dem Verf. Quellen die 14 Briefe,
aber in vier Gruppen; denn die Gefangenfchafts-Paft.-
Hebr. Briefe ,müffen in anderer Weife den hl. P. zum
Autor haben, 'als die fog. älteren Paulinen'. ,Das paulin.
Schrifttum ft'eht nicht ifoliert, es gehört innerlich zum
N. T.'" es zeigt, ,ftarke Abhängigkeit von der jüdifchen
Gedankenwelt'. Demnach erwartet man eine ftationsweife
Entwicklung des Begriffs, eine Darlegung von der Bedeutung
des P. für die Entwicklung des Begriffs vom
LJrchriftentum zu Job., und die Angabe der Quellen für
die paulin. Anfchauung.

Daß alles drei vermißt wird, ift der Haupteinwand gegen die
Schrift; nichts davon, daß der hl. G. vom A. T. her eschatologifch.es
Heilsgut ift; daß er helleniftifch (jüdilch und heidnifch) ein neues
Leben wirkt, daß es P. ift, der ihn als Prinzip des neuen Lebens betont
und mit der Vergegenwärtigung des Heilsguts den Hebel zur Überwindung
der Eschatologie gewonnen hat. Eine biblifch-theologifche
Unterfuchung hätte nach diefen Richtungen das Problem wohl noch
fördern können. Verf. teilt in allgemeines und befonderes Wirken. Er
geht (I 2) von dem ,neuen Mentchen' aus, vom neuen Zuftand und
feinem religiöfen Inhalt. Auf die Beziehnung von m evfja zu anderen Begriffen
(Rechtfertigung ufw.) kann hier natürlich nicht eingegangen
werden; verfchiedene, wie 6o^a, XaC? u- a> werden klar und eingehend
in ihren Bedeutungen dargelegt. Gegen das Ergebnis: der Menfcben-
geift erhält durch den hl. Geift neue phyfifche Potenzen mit religiös-
fittl. Zielen, und fpäter gegen die Erklärung der Gloffolalie nach act. 2
wäre mancherlei zu fagen. Der Teil II befpricht die yaQiO/jaxa im
allgemeinen und dann im einzelnen und endet mit Charisma und
Kirchenamt. Gewiß find es Gaben in den Einzelnen, aber fie kommen
doch in Eph. und Paft. als folche für die Gemeinde nach Art und Ver-
mittelung in ganz anderer Weife in betracht als in I. Kor.; hier wie
auch im Verhältnis der .Beamten' zu den Wortveikündigern ift doch die
Eutwickelung offenkundig.

Exegetifch wirft die Arbeit manchen Gedanken ab.
Die umfaflende Verwendung der PL-Stellen und Literatur
foll voll anerkannt werden. Das Urteil im Vorwort, daß
,die proteft. Arbeiten fchmerzlich das Verftändnis für
das Supernaturale vermiffen raffen', ift wohl nicht gerechtfertigt
, wenn Verf. felbft (S. 155) fagt, daß gerade
in ,rationaliftifchen Kreifen' (Bouffet, Gunkel, Pfleiderer)
,der fupranaturale Charakter des paul. Pneumawirkens
überfpannt' wird.

Königsberg i. Pr. Pott.

Bachmann, Prof. D. Philipp: Der zweite Brief des Paulus an die
Korinther ausgelegt. 3. durchgef. Aufl. (Kommentar zum N.
T hrsg. v. Th. Zahn, Bd. VIII.) (VIII, 435 S.) 8». Leipzig.
A'.'öeichert 1918. M. 11.20

Die 1. und 2. Auflage hat H. Holtzmann 1910, 7 f. befprochen.
Die vorliegende 3. Auflage hat, um Ausdruck und Darftellung
deutlicher geftalten zu können, mehrfach Einzelausführungen über
fprachliehe und textkritifche Dinge geopfert. An den ErgebnifTen
ift nichts geändert, außer daß B. jetzt noch etwas ftärker mit der
Wahrfcheinlichkeit rechnet, der Abfchnitt 6,14-7,1 (fo gewiß
er von Paulus ftammt) habe urfprunglich unlerem Brief nicht
angehört.

Hannover-Kleefeld. Schulter.

Löffler, Dr. KL: Deutfche Klolterbibliotheken. (Görres-
Gefellfchaft 1. Vereinsfchrift 1918.) (72 S.) gr. 8°.
Köln, J. P. Bachem 1918. M-
Der auf dem Gebiete des mittelalterlichen Bibhothek-
wefens hervorragend unterrichtete Verfaffer gibt in diefem
Büchlein weniger neue Forfchungsergebniffe als vielmehr
eine mufternde und auswählende Zufammenftellung aus
der Menge des überlieferten Materials. Wenn wir die

Menge der alten Beftände in den großen Staats- und
Hochfchulbibliotheken überblicken und dabei das Überwiegen
alten Klofterbefitzes feftftellen, dann kommt man
ohne Weiteres auf die Frage nach der Herkunft und dem
Wege. L. fchildert die Anfammlung der mittelalterlichen
Klofterbibliotheken durch Schreibtätigkeit, Handel und
Kunft, fowie die Aufbewahrung und Einrichtung1 fowie
die Verwaltung und die Kataloge. Über die letzteren
find wir neuerdings durch Paul Lehmann (vgl. Theol.
Lit. Ztg. 1919, 57) fchon teilweife recht gut unterrichtet.
Weiterhin behandelt L. die feit den Tagen des Kon-
ftanzer Konzils in gefteigertem Maße einfetzende nicht
immer rechtmäßig vorgehende Hebung der Klofterfchätze,
der Verf. zeigt, welchen Gefahren die Bibliotheken der
Klöfter durch Unduldfamkeit, Kriege und Säkularifationen
ausgefetzt wurden und wie fich in den verfchiedenen
deutfehen Landen ihr Schickfal endlich geftaltet hat: die
Gefchicke berühmter alter Bücherfchätze werden etwas
eingehender dargelegt. Auch die neuen Klofterbibliotheken
, meift Gründungen des 19. Jhdts., find häufig
wertvolle wiffenfchaftliche Einrichtungen, die nicht nur
den Klofterinfaffen zugute kommen. L. erörtert auch den
verfehlten Gedanken, eine katholifche Zentralbibliothek
nach Maria Laach zu legen: es wäre aber im höchften
Maße wert, diefen Gedanken in lebensfähiger Form aufzugreifen
und eine Sammelftelle der gefamten kirchlichen
Druckliteratur zu fchaffen, wenns nicht anders geht, nach
Konfeffionen getrennt. Wenn auch viele Erbauungsoder
Miffionsliteratur den großen Bibliotheken als nicht
fammelnswert erfcheint, fo follten kirchliche Kreife an
diefen Literaturerzeugniffen, die wertvolle und maßgebliche
Kulturerfcheinungen find, nicht achtlos vorüber
gehen.

Hannover. Otto Lerche.

11 Eine mittelalterliche Klofterbibliothek zeigt jetzt das Kultur-
mufeum in Leipzig.

Zur Zwingli-Gedächtnisfeier 1919.

Die Vierhundertjahrfeier der Schweizer Reformation
hat eine Anzahl von Schriften veranlaßt, die, für verfchiedene
Bedürfnifte und Kreife beftimmt, Altes nachdrücklich
wiederholend oder in neue Beleuchtung ftellend,
Neues zu dem bisher Erkannten und Gefchauten hinzufügend
, vortrefflich der Aufgabe dienen, Leben und Werke
Zwingiis der Gegenwart nahe zu bringen. An den weiten
Kreis des Volkes richtet fich die Auswahl von Zw.s
Schriften, die im Auftrage des Kirchenrates des Kantons
Zürich herausgegeben worden ift, mit Sorgfalt getroffen
— auch politifche Gutachten und hiftorifche Berichte von
andern find aufgenommen — in verftändlicher Sprache
und mit ausgezeichneten knappen Einleitungen, auch mit
Anmerkungen verfehen, zu 'erftaunlich billigem Preife1.
Die Zw.-Briefe bringt alle, ohne Kürzungen, die lateini-
fchen überfetzt, die Ausgabe von Farner, gut gedruckt,
gut lesbar, mit knappen einführenden Vorbemerkungen,
bis jetzt ein erfter Band unter dem etwas gefuchten Titel:
.Schweizer Schickfal und Erlebnis'. Von den Briefen der
großen Reformation find bisher die Zw.s am wenigften bekannt
geworden, und gerade feine in den Werken perfonlich
fich verfchließende Art bedarf der Mitteilung diefer per-
fönlichen Zeugniffe, in denen fich ein anderes Bild des
Reformators formt, als das landläufige2. Als das ur-

1) Ulrich Zwingli. Eine Auswahl aus feinen Schriften auf das
vierhundertjähr. Jubiläum der Zürcher Reformation. Im Auftrat des
Kirchenrates des Kantons Zürich überf. u. hrsg. v. Gymn -Rel Lehr
D. Dr. Geo Finsler, Prof. D. Dr. Waith. Köhler, Prof. Pfr D Arn
Rüegg. (VIII, 228 S. m. i Bildnis.) gr. 8». Zürich, Schulth'eß & Co.'
1918. fr. 5 —

2) Huldrych Zwingiis Briefe. Überfetzt von Pfr.OskarFarner.
1. Bd. (1512—1523). (XI, 255 S.) 8«. Zürich, Rafcher & Co. t9i8.
Pappbd. M. 9 —