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Ausgabe:

1919

Spalte:

115-118

Titel/Untertitel:

Meine Mitarbeiter in meiner Feldgemeinde 1919

Rezensent:

Schian, Martin

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Theologifche Literaturzeitung 1919 Nr. 9/10.

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aus dem Kuchen holen. Daher nützt uns im gegenwär- | Empfinden für feelifche Wirklichkeit führen dem Verf.
tigen Zeitpunkt eine Schrift wie die von Kammerer9 1 die Feder. Kein Wort ift zuviel; jeder Satz ift ein Wertwenig
. Sie ftellt aus anderen Sammlungen, Zeitungen , flück. Jeder Feldgeiftliche folite diefe Seiten lefen; aber
und Sonntagsblättern und allerhand fonftigen Quellen i auch jeder andere, der fich für die religiöfe Lage im
eine große Reihe von Einzelzügen, kleinen Erlebniffen, ! Heere intereffiert. Ja der Liturgiker wird von der Lefung
Äußerungen zufammen, die das religiöfe Leben während für feine Art, den Gottesdienft in der Heimat anzufehen,
der Kriegszeit betreffen. Die meiften beziehen fich auf Gewinn haben. Der Verfaffer ift leider inzwifchen ge-
das Heer. Geordnet find fie nach fachlichen Gefichts- | fallen; ein koftbares Opfer für die große Sache 1 — Theopunkten
in fünf Gruppen. Leider fehlt fehr oft die Ge- j logifche Lehrgänge für Feldgeiftliche haben 1917 und
nauigkeit der Quellenangabe; wie wichtig wäre es, daß I 1918 in Weft und Oft ftattgefunden. Über die von 1918
wenigftens der Jahrgang des betreffenden Blattes genannt j kann kein genauer Verhandlungsbericht ausgegeben wer-
würde! Das Heft trägt die Zahl 1917; aber weitaus das | den; die Schwierigkeiten wurden zu groß. Aber den
meifte aus feinem Inhalt wird aus der erften Kriegszeit ; Brüffeler, Warfchauer und Wilnaer Lehrgängen von 1917
flammen; für 1917 paßt das Gefamtbild, das der Lefer ' konnte durch das vorliegende Buch ein Denkmal gefetzt
erhält, längft nicht mehr. Das Ganze ift in rofenroten werden14. Es enthält die Mehrzahl der Vorträge (nicht
Optimismus getaucht. Der Hiftoriker kann diefen Stoff alle) und einige bei Eröffnung, Schluß, Abendmahlsfeier
nur mit äußerfter kritifcher Vorficht brauchen. Beifpiel: gehaltenen Anfprachen, fowie eine zufammenfaffende Dar-
S. 48 ift gefagt, daß ,die' Katholiken ,Ein fefte Burg' fo legung über Vorbereitung und Geftaltung der Tagungen,
gern fingen wie die Proteftantenl — Wertvoller für die Die Vorträge entflammen fall allen Gebieten der Theo-
Kenntnis der Lage ift die kleine, knappe aber eindrin- logie. Nur einer geht auf die Arbeit der Feldgeiftlichen
gende und fichtlich auf reicher Beobachtung ruhende näher ein: Neue Wege der Einwirkung auf die Frömmig-
Studie von Ott10. Auch fie urteilt verhältnismäßig günftig; • keit der Mannfchaften (Füllkrug). Leider befteht die Ge-
dabei ift freilich zu beobachten, daß fie den Stand der 1 fahr, daß die hier niedergelegten Arbeiten überfehen
Dinge unmittelbar vor der Frühjahrsoffenfive 1918 fchil- werden; ich will daher wenigftens Verfaffer und Titel
dert, alfo zu einer Zeit, da die Stimmung hoch ging. nennen; eine genauere Befprechung ift in diefem Zu-
4. Feldfeelforge. Die tagebuchartigen Briefftücke, fammenhang nicht möglich. Wilke: Die Kriegsfrömmig-
die W. von Roon11 zufammenftellt, flammen alle aus keit und das AT.; Deißmann: Tragende und ftählende
den erften beiden Kriegsjahren und vom örtlichen Kriegs- Kräfte des NT.; Holl: Die Einwirkung des dreißigjährigen
fchauplatz. Sie geben ein überaus lebendiges, natur- Krieges auf die Frömmigkeit des Volkes, und: Die Begetreues
Bild von der Wirkfamkeit eines eifrigen Feld- deutung der Freiheitskriege für die kirchengefchichtliche
geiftlichen, dem übrigens fein Name manche Türen geöffnet Entwicklung; Seeberg: Deutfche Religion uud deutfches
haben mag, die anderen verfchloffen bleiben. Auch auf Chriftentum; Mahling: Die gefchlechtliche Sittlichkeit, ein
die Stimmung der Soldaten gegenüber Religion und notwendiger Beftandteil der chriftlichen Sittlichkeit;

Kirche fällt manches Licht. Im allgemeinen entlieht ein
fehr erfreulicher Eindruck; wenige dunkle Züge begegnen.
Das mag vor allem an dem Zeitpunkt liegen, dem die
Aufzeichnungen entflammen; aber die Art, wie v. Roon

Wurfter: Die gefchlechtliche Sittlichkeit als wiffenfchaft-
liches und feelforgerliches Problem; Pfennigsdorf: Kriegs-
frömmigkeit und Evangelium; Uckeley: Evangelium und

Kriegsfrömmigkeit.

Dinge und Menfchen gefehen hat, fpricht wohl auch mit. 5. Feldpredigten. Freude habe ich an den Doku-

Ich wünfchte wohl, wir bekämen einmal ähnliche Augen- j menten aus Reiffingers15 Feldpredigertätigkeit gehabt,
blicksbilder aus 1917 und 1918. Immerhin wird man auch j Außer Predigten, Anfprachen, Beichtanfprachen finden
für 1914—1916 nicht alles im Licht diefer freundlich 1 fich Gebete und Lieder, auch ein Weihnachtsgruß der
hellen Schilderung fehen dürfen. Der Briefftil ift unver- ; beiden Divifionsgeiftlichen (beider Konfeffionen) und eine
ändert feilgehalten; damit hängt zufammen, daß ftiliftifche ; Weihnachtsanfprache des Divifionskommandeurs. Reif-
Eigenheiten, wie z. B. die ungemein häufige Anwendung j finger fpricht knapp, kräftig, volkstümlich; er vermeidet
eines unmotivierten ,fo' vor Pägenfchaftswörtern, auffallen. '' beide Extreme: fpwohl das Ausufern ins Nurpatriotifche
Eine lehrreiche und durch die herzliche Natürlichkeit er- i wie die völlige Übergeiftlichkeit; er wirkt religiös, aber
frifchende Lektüre. — Eine Volksfchrift des Evangelifchen ; ganz aus der Zeit heraus; er ftellt Chriftus mitten ins
Bundes behandelt praktifch, anfchaulich, frifch die Mit- , Soldatenleben hinein. Die Sammlung fcheint mir befon-
arbeiter des Feldgeiftlichen 12 in feiner Feldgemeinde. 1 ders wertvoll zu fein.

Dabei ift das Wort Mitarbeiter im allerweiteilen Sinn 6. Betrachtungen, Andachten ufw. Daß in die

genommen: die militärifchen Vorgefetzten, die Ärzte, Schützengraben-Bücher ein Heft wie das von Uckeley14
Mufikmeifter, Unteroffiziere. Dagegen ift von den im j Aufnahme gefunden hat, ift fehr erfreulich. Es ift vor-
Pfarrerdienft etwa helfenden Theologen hier nicht die züglich geeignet, von den fich jedem Soldaten aufdrän-
Rede.— Die Betrachtungen des Leutnants d. Ref. Leh- j genden Fragen aus weiter, tiefer und höher zu führen,
mann 13, eines Frontoffiziers und Theologen, über den Das Sittliche fleht voran, die Bedeutung der Religion

Feldgottesdienft, aufgefchrieben während der Abwehr- j kommt nachher; die .Freude am Leben' fleht am Schluß,
fchlacht im Wytfchaetebogen, find ein kleines Kabinett-
ftück. Wärmfte Teilnahme an der Sache und feinftes

9) Kammerer, J.: Quellen der Kraft. Religiöfe Erlebniffe im Weltkrieg
, gefammelt v. K. (134 S.) kl. 8°. Stuttgart, Verl. der Ev. Ge-
iellfchaft 1917. M. 1 —

10) Ott, Felddivif.-Pfr. Dr.: Die religiöfe Lage an der Front. (15S.I
8°. Heidelberg, Ev. Verlag 1918. M. — 30

Hl Roon, Feldivif.-Pfr. Wolfram v.: Zwei Jahre beim Schlefifchen

Die Haltung des Heftchens ift fo, daß es nur denkfreudige
Lefer brauchen kann; gerade dadurch kann es trotz
fei ner Winzigkeit manchen lange befchäftigen. — Die Hillen
Gedanken für Feld und Heimat, die Hupfeld1' in 12

14) Füllkrug, Miff.-Dir. l'aft. Lic. G.: Theologifcher Lehrgang für
die feldgraue Geiftlichkeit in Oft u. Weft. Berichte der Referenten, hrsg.
v. F. (VI, 124 S.) 8». Leipzig, A. Deichert 1918. M. 4—

icjReiffinger.Feld-Div.-Geiftl Julius: Feldgottesdienfte. Heft 1—6.

Landwehrkorps. Kriegserinnerungen. (204 S. m. I Bildnis.) kl. 8Ü. ■ 160. Berlin, Säemann-Verlag. Heft Ii 4. Aufl. 63 S.) 1917. M. —30

Schweidnitz, L. Heege (1917). M. 2 — ; — Heft 2: 4. Aull. (63 SA 191° *£ —30. — Heft 3: (61 S.) 1917.

12) Meine Mitarbeiter in meiner Feldgemeinde. Ein Dank aus dem , M. —30. — Heft 4: (01 S.) 1917. M. —30. — Heft 5: (59 S.) 1917.
Felde. Ein Gruß an die Heimat. Ein Zeugnis v. der evangel. Lebens- ; M. — 30. — Heft 6: (63 S.) 1918. M. — 50

kraft im ReformationsGedenkj. 1917. (Volksfchriften zum großen Krieg | 16) Uckeley, Prof. Dr. Alfred: Der Sinn des Lebens. (Schützen-

118 119.) (33 S.) 8°. Berlin, Verl. d. Evang. Bundes 1917. M. — 20 j graben Bücher 69.) (47 S.) 16». Berlin, K. Siegismund 1917. M. — 20

13) Lehmann, Leutn. d. Referve. Paul Gerh.: Der Feldgottesdienft 1 17) Hupfeld, bish. Feldpred. Lic. Renatus: Von der Hoheit des
Betrachtungen e. Frontoffiziers. (28 S.) kl. 8». Göttingen, Vandenhoeck j Chriftenlebens. Stille Gedanken für Feld u. Heimat. 2. Attfi. (109 S.l
& Ruprecht 1917. M. — 70 I kl. 8». Berlin, Trowitzfch & Sohn 1917. M. 1.40