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Ausgabe:

1919

Spalte:

91

Autor/Hrsg.:

Geiger, Karl August

Titel/Untertitel:

Das bayerische Konkordat vom 5. Juni 1817 1919

Rezensent:

Sehling, Emil

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Theologifche Literaturzeitung 1919 Nr. 7/8.

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1864, die vor allem auf Erweiterung der Befugniffe der
Kirchengemeinden gegenüber den Zuftändigkeiten ihrer
Kirchenvorftände, auf Aufnahme von Frauen und Religionslehrern
in die Kirchenvorftände, auf Verftärkung der
Zahl der weltlichen Mitglieder der Synoden fich beziehen.
Zweifellos find das befonders die Fragen, mit denen die
nach dem Kriege zufammentretende außerordentliche
Synode fich zu befchäftigen haben wird. Dem Abt
D. Knoke aber wird die hannoverfche Landeskirche ftets
für feine mühfame Arbeit Dank fchuldig fein, und für
die Gefchichtsforfchung, die mit dem immer größeren
Wirkfamwerden des Laienelements in der Kirche fich
befchäftigen wird, wird es wertvollftes Material bieten.
Ilfeld a/H. Ferdinand Cohrs.

Geiger, Lyz.-Prof. Dr. Karl Auguft: Das bayerifche Konkordat
vom 5. luni 1817. Säkular-Erinnerungen. (VII,
190 S.) 8°. Regensburg, Verlagsanftalt vorm. G.J.Manz
1918. M. 4—; geb. M. 5 —

Das Jahr 1917 hat für Bayern ein wichtiges Jubiläum
gebracht, nämlich dasjenige des hundertjährigen Beftehens
feines Konkordates, welches am 5. Juni 1817 abgefchloffen
und am 24. Oktober 1817 ratifiziert worden ift.

Das bayerifche Staatskirchenrecht beruht bekanntlich
im wefentlichen auf der Verfaffung, insbefondere der II.
Verfaffungs-Beilage. Das Konkordat wurde als Anhang
I zu diefer publiziert. Da zwifchen diefen beiden Beftand-
teilen der Verfaffung ein unlösbarer Widerfpruch befteht,
fo ift die Frage nach dem Verhältnis beider zueinander
eine der Hauptkontroverfen des bayerifchen Staatskirchenrechts
; von der Stellungnahme zu ihr hängt die praktifche
Geftaltung des Verhältniffes des Staats zur Kirche ab.
Mit Recht ftellt fich der Verfaffer der vorliegenden Schrift
auf den Standpunkt, daß, wie man auch über die Politik
der damaligen bayerifchen Regierung, die das Konkordat
zwar publizierte, wie es vereinbart worden war, aber durch
die gleichzeitige Publikation der II. Verfaffungsbeilage
fich alle Rechte vorbehielt und die Zugeftändnifle des
Konkordats wieder zurücknahm, denken mag, doch durch
dieie Maßnahme der Regierung formell gültiges Recht
gefchaften worden ift. ,Die Verletzung der Vertragstreue
durch die damalige bayerifche Regierung kann,
an der einmal gefchaffenen Rechtslage nichts ändern.
Dem ift durchaus beizuftimmen. Und allein von diefer
formal-juriftifchen Grundlage aus kann auch die oben genannte
Kontroverfe juriftifch korrekt entfchieden werden.

Recht intereffant und lehrreich find die Ausführungen
des Verfaffers darüber, welche Vorteile und Segnungen
das Weiterbeftehen des Konkordats auch heute noch für
Staat und Kirche bieten.

Im übrigen liefert das Buch an der Hand der reichen
Literatur und Publikationen über jene Epoche ein treffliches
Bild der Vorgefchichte und der eigentlichen Konkordats
-Verhandlungen. Eine vornehme, ftreng wiffen-
fchaftliche Leiftung.

Erlangen. Sehling.

Schian, Prof. D. Dr. Martin: Die evangelilchen Kirchen-
gemeinden in der Kriegszeit. (Deutfche Liebesarbeit im
Weltkriege.) (VII, 150 S.) 8°. Leipzig, Quelle & Meyer
1918. M. 2.60; geb. M. 3.20

Es ift ein fehr verdienftlich.es Buch, das der Verf.
uns befchert hat. Er will gleichfam nur einen Querfchnitt
geben, und doch ift feine Aufzählung wohl vollftändig.
Was er nicht erwähnt, ift auch weniger wichtig. Auch
hier zeigt fich in der Befchränkung auf die Hauptfachen
der Meifter, der den ganzen Stoff überblickt und fo zu
ordnen weiß, daß ein deutliches Gefamtbild entfteht, das
in der Seele haften bleibt. Wichtiges fcheint mir nicht
übergangen zu fein. Dazu ift das Buch fo gefchrieben,
daß es nicht eine kahle Aufzählung mit vielen Zahlen

bietet, fondern fehr angenehm zu lefen ift und den Lefer
fofort innerlich befchäftigt. Oft flehen Gegenvorfchläge,
die zu überlegen find, den getroffenen Anordnungen gegenüber
, und es wird beurteilt. Das Buch fordert alfo auch
Mitarbeit, und das ift wohl das, was fich der Verfaffer
wünfcht.

Nachdem kurz die Arbeitsbedingungen und Arbeitskräfte
— weniger Arbeiter und gefteigerte Arbeit als
Signatur der Kriegszeit — erklärt worden find, wird die
kirchliche Mobilmachung befprochen, das gottesdienftliche
Leben beim Auszug im erftenjahr einfchließlich Kriegstrauungen
und Kriegstaufen, die engere Verbindung des
Pfarrers mit der Gemeinde und die großartig einfetzende
Wohlfahrtspflege. Schian kann diefen Abfchnitt mit Recht
abfchließen: ,Es ift ein wunderfchönes Bild, das die
Kirchengemeinden in der erften Kriegszeit bieten'. Aber
als gewiffenhafter Chronift bleibt er dabei nicht flehen,
er weiß, es ift nicht alles fo geblieben. Aber wenn die
Kirchengemeinden fich nun auf den Krieg ganz anders
als erwartet einrichten mußten, fo find fie, das ift fein
Urteil, erft recht Kriegsgemeinden geworden. Er entrollt
nun ein bis ins Kleinfte treu ausgeführtes Bild diefer
fpäteren Kriegszeit. Zunächft wieder vom gottesdienft-
lichen Leben, wo der Beftand, die Ausgeftaltung, der
Befuch und die innere Kraft der Gottesdienfte dargelegt
werden. Dann werden Einzelfragen befprochen: kirchliche
Sitten, Gemeinfchaftspflege, Troft für die Trauernden,
Klärung der religiöfen Anfchauungen, die Jugendpflege,
die foziale Fürforge, die Gemeindeglieder im Felde. Eingehend
wird die Lazarettfürforge, das Gedächtnis der
Gefallenen, die kirchliche Mitarbeit über den Bereich der
Gemeinde hinaus, die vaterländifche Arbeit, die Opferwilligkeit
und zum Schluß unter: Befondere Verhältniffe
die Fürforge für die durch den Einfall der Feinde Notleidenden
behandelt.

Im abfchließenden Wort, wo ein Abebben des anfänglich
mächtigen Auffchwunges ruhig zugegeben wird,
das aber nicht entmutigen darf, wird gefagt: ,Die Kirchengemeinden
haben während des Krieges viel gearbeitet,
I es wird ihre Aufgabe fein müffen das, was fie im Kriege
begonnen, auch im Frieden weiterzubauen'.

Dann wendet fich Schian gegen die Auffaffung, daß die
Kirchengemeinden nur Kultusgemeinden fein follen, indem
er fragt: .Hätte alle diefe aufgezeigte Kriegsarbeit ungetan
bleiben follen? Evangelifche Kirchengemeinden müffen
Arbeitsgemeinden fein. Gottlob, daß fie es während des
Krieges zumeift gewefen find'. Durch die Darlegungen
Schians wird auch das Urteil, daß die Kirche im Kriege
verfagt habe, widerlegt, wenn man dabei nicht etwa an
die Kirchenleitung gedacht hat.

Wie man fleht, ift das intereffante Buch nicht nur
wertvoll als Zufammenfaffung der Tätigkeit der Gemeinden
während der Kriegszeit, fo daß eine fpätere Zeit fich
daraus informieren kann, fondern auch als Wegweifer
für kommende Zeiten, denn es wird das Urteil in vielen
Dingen nicht überfehen werden dürfen, das mit Vorficht
hier gefällt wird; ich erinnere nur an die viel umftrittene
Frage der kirchlichen Jugendpflege.

Mit beftem Dank für die entfagungsreiche, aber fehr
dankenswerte Arbeit fcheiden wir von feiner Lektüre,
die jedem kirchlich Intereffierten zu empfehlen ift.
Ahlden/Aller. E. W. Bussmann.

Poll mann, Feldgeiftl. P. Ansgar: Weltkrieg und Kirchen-

fenlter. Eine Erörterg. über die Stelig. der Glasmalerei
im Bauprogramm der deutfchen Zukunft.
Ein Lorbeerkranz auf Pranz Xaver Zettlers Grab.
(176 S. m. Abb. u. 10 Tafeln.) kl. 8°. München,
J. Müller 1917. M. 2 —

Kunftgefchichtliche Sachkunde wird man dem Pater-
Feldgeiftlichen nicht abfprechen. Was er über die Ent-