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Ausgabe:

1919

Spalte:

76

Autor/Hrsg.:

bin Gorion, Micha Josef

Titel/Untertitel:

Vom östlichen Judentum. Religiöses. Literarisches. Politisches 1919

Rezensent:

Bischoff, Erich

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Theologifche Literaturzeitung 1919 Nr. 7/8.

76

lieh ,mit Sicherheit' gedeutet sind (S. 9), flcherer als die ,für uns
noch rätfelhaften' Schakarufcha (S. 12). Ob man wirklich aus der
zweifelhaften Lefung derAmarnabriefeDanuna auch nur mit Wahr-
fcheinlichkeit auf die Danaer fchließen darf (S. 10)?
Berlin-Schlachtenfee. Hugo Greßmann.

Duhm, Bernhard: Das Buch Jelaia, überfetzt u. erklärt.

3., verb. u. verm. Aufl. (Göttinger Handkommentar

zum Alten Teftament. Hrsg. v. W. Nowack. III. Abtlg.

Die prophet. Bücher. 1. Bd.) (XXIV, 459 S.) gr. 8».

Göttingen, Vandenhoeck & Ruprecht 1914. M. 9 —;

geb. M. 10 — ; in Halbfrz. M. 11 —
Duhms Jefaja, der beim erften Erfcheinen im Jahr
1892 fö großen Eindruck gemacht hat, bleibt das Meifter-
werk unter Duhms Kommentaren und fteht noch heute
in vorderfter Reihe der fämtlichen Kommentare zum A.T.
Die 3. Aufl. zeigt im wefentlichen die alte Geftalt, ift
aber im einzelnen überall forgfältigft durchgearbeitet und
enthält befonders beiKp. 1—39 zahlreiche neue Vorfchläge
zum Textverftändnis.

Aus der Fülle des Neuen greife ich folgende Einzelheiten heraus,
um auf fie aufmerkfain zu machen und mich mit ihnen auseinanderzulegen
. 5,17b vokal. D. jetzt nach G 071153 ,die Vertilgten'; aber
ameik>](ilusvwv des G. führt nicht auf rtno. Da das Wort fachlich und
metrifch überfiüffig ift, vermute ich, daß iflo ,tilge!' urfpriinglich eine
gelehrte kritifche Note war, die (ich auf irgend welche im Text flehenden,
zu .tilgenden' Wörter oder Buchftaben bezog. 8,8 b hält D. für Gloffe;
der Satz ist aber feilzuhalten (B7B33 als Ränder des überfchwemmenden
Waffers), es ift jnx zu lefen und bx «BS "'S als Anfang von V. 9 zu
nehmen, vgl. V. 10 Schluß. 8,14 Die Änderung von iOTpob in lüpiob
bedeutet keine Verbefferung; löpio wäre matt wiederholt, tülpa dagegen
ift fehr eindrucksvoll. Das .Heilige' schafft fowohl Troft wie Angft,
wie "OK und "i«j tragen und zerfchmettern können; hier ift ttripB fürchtgebietende
, fchreckliche Heiligkeit. 8,20 a Die zwei erften Wörter verlieht
D. jetzt als befchwörenden Ausruf: ,beim Gefetz und Zeugnis 1'
(b wie arabifch la). Ich nehme die Wörter zum Vorhergehenden in dem
Sinn: ,für die Lebenden follte man zu den Toten gehen um Weifung
und Wahrfpruch?' Statt -ihia .Morgenröte' 8,20b lieft D. nntzj .Nachdenken
' (Sinn: fürwahr, fo etwas fagt, wer kein Nachdenken hat;. Ich

verliehe "irtlO = .Zauber' nach dem arab. »Zauber*, assyr. sahiru

.Zauberer' und überfetze: .Wahrlich sie sollen ein solches Wort gebrauchen
, bei dem kein Zauber ift'. D. hält S.igb/teo für Nachtrag zu
dem Zufatz 8,19. Aber 8,igf ift ein jefajanifches Wort gegen den Aberglauben
: ftatt Aberglauben und Zauber foll man Gott um (ein Wort
angehen. In 17,9 halte ich den neuen Vorfchlag (Gloffe von lifti ab
außer '0 "ns) für keine Verbefferung; der Prophet droht Israel den
Verluft der Heimat, die fie einft den Chiwittern und Amoritern abgenommen
haben. Ich lefe rviaitS VIS (3. Perf. in V. 1—6, 2. Perf. erft
von V. 10 ab); rviOIIS I^TS liegt konfonantifch nicht weit von '0 VS
ab und VIT) ftatt des profaifchen n377nn hat keinen Anftand, f. Gef.
Kautzfeh 145 p. In 30,29 muß entfehieden lllSil bleiben (nicht "iitiö),
denn es ift auf die Gefänge in der Feftnacht angefpielt. In 31,93a lieft
D. T735 nVUB «WOl ,und verjagt werden vom Wal! feine Helden'.
Ich fehe in V. 5—9 eine fpätere tröftliche Ergänzung zu dem Gerichtswort
V. i—4, die in V. 8f die Vernichtung Affurs durch Krieg verheißt.
Dabei kann der Text V. 9 a ,fein Fels weicht vor Schrecken' beliehen
bleiben. Der Fels s5d ift wie "i«l Bezeichnung für den Gott Affurs,
der in der Feldfchlacht weicht, wodurch die Schlacht verloren ift.
Parallel dazu flehen die gleichfalls von der Panik betroffenen Fürften
V. 98/9. 31,9b läßt D. jetzt im Verband beliehen; gewiß mit Recht.
In 33,6 nimmt man gerne den neuen Vorfchlag "VFIS für "wis auf.
Das in 33,7 jetzt vorgefchlagene Dibxpx .Vorkämpfer des jüdifchen
Heils' (abgeleitet von 5X71X .Opferherd')'= .Vorkämpfer des jüdifchen
Tempels', ,Templer' ift 'mir zu unficher und zu künftlich. Ich lefe
Bn("5)l(i)nx; GSTV haben ein ganz anderes Wort als M, fetzen jedenfalls
kein b voraus. 33,23b (von TX ab) nimmt D. jetzt mit der Gloffe V. 23a
zufammen; aber ich halte die frühere Verbindung mit dem übrigen
Kap. doch für richtiger; die Beuteverleilung (bblB erklärende Gloffe zu
"IS!) ift ein Bild des Reichtums in der künftigen'Zeit vgl. 53,12. 37,27
Schluß lieft D. BVp "OBkö CfTS; ich mit noch engerem Anfchluß an
M.: rrap 'b 'rü .es'ift vertilgt,'ehe es aufwächft'. 38,16 lieft D. jetzt
"ab Tjb SlTj» nt-bs . In 41,27 halte ich den jetzigen Vorfchlag D»tTX1
BViSB Tiiab nicht für zwingend und verliehe nicht, warum der Sinn des
M-Textes nicht fein kann: Jahwe habe die kommenden Ereigniffe .als
erfter' — von alter Zeit her (vgl. ttjxna V. 26) vorausgefagt (mit einem
Verb des Ankündigens für das unmögliche D3M TVStij, 42,6 lautet jetzt
BS rVilBb ftatt ns rvi35; BS müffe das Volk xai7 igoyjjV bedeuten,
im Gegenfatz zu dem parallel Hellenden Opif. Aber BS bedeutet hier

nicht das Volk Ifrael, fondern wie in dem benachbarten Vers 5 die
Menfchen im allgemeinen, und nipa ift wie oft .das Gefetz', ein Synonym
für fffp,, bbbto in dieferri'Zufammenhang. Der Ebed bat den
Auftrag, der Menlchenwelt das Gefetz zu bringen, ja noch mehr, er ift
das verkörperte Gefetz. In 49,8b läßt D. den Ausdruck flehen; 49,8b fei,
fagt er zwar, Gloffe, aber die Gloffe fieht fo gut wie ein authentifcher
Textfatz auf 42,6 zurück und beweift, daß der Ausdruck bs rv*i3 einmal
daftand und hebräifch möglich war.

In der Einleitung fchreibt D. etwas ausführlicher
über die Stellung des Buchs Jefaja im Kanon und über
die allmähliche Entftehung des Schrifttums, das im jetzigen
.Buch Jefaja' vereinigt ift. Ein zufammenfaffendes Bild
der Perfönlichkeit Jefajas und der übrigen Schriftfteller
des Buches zu geben, hat D. auch diesmal abfichtlicb
unterlaffen.

Tübingen. Volz.

bin Gorion, M. J. (Berdyczewski): Vom örtlichen Judentum. Reli-
giöfes. Literarifches. Politifches. (99 S.) 8". Wien, R. Löwii
1918. M. 2.50

Der Judailt Dr. Micha Jofeph Berdyczewski (Verf. der ,Sagen
der Juden', 1913f.) vereinigt hier 17 intereffante, früher in ver-
fchiedenen Zeitungen und Zeitfchriften erfchienene, gut gefchrie-
bene Auffätze über Land und Leute, Religion, Sprache und Literatur
der Oftjuden i'owie ,Politifches' über den Zionismus und
über das Ruffifche Reich. Die meiften diefer knappen Auffätze
find kleine Kabinettflückchen anfehaulicher Schilderung oder
Charakteriftik. In 100 Zeilen den gefamten Talmud fo zu kennzeichnen
, wie es S. 29—32 gefchieht, ift eine Glanzleiftung. Trefflich
find auch die Ausfchnitte aus dem Gebiete des Chaffldismus,
desgleichen die Ausführungen über Aramäil'ch und Jüdifch-deutfch,
Hebräifch und Jüdifch fowie Neubebräifch, ungemein bildhaft die
drei Eingangsfchilderungen oltjüdifchen Kleinftadtlebens. Kurz:
ein wertvoller, feffelnder, jetzt befonders zeitgemäßer Lefeftoff.
Leipzig. Erich Bifchoff.

Appel, Paft. D. Heinrich: Der Hebräerbrief, ein Schreiben
des Apollos an Judenchrilten der korinthilchen Gemeinde.

(46 S.) gr. 8°. Leipzig, A. Deichert 1918. M. 1.20
,Urchriftliche Literaturgefchichte' unterfcheidet ftch
von Einleitung in das Neue Teftament' vor allem dadurch
,, daß fie die Erkenntnis des literarifchen Charakters,
des Stils im weiteren und engeren Sinn, als wefentlichftes
Ziel ihrer Arbeit anfleht und die oft fo heiß umftrittenen
Fragen nach Lefern, Abfaffungsort und Zeit eines Schrift-
ftücks nicht fo fehr wie die .Einleitung' in den Mittelpunkt
der Debatte ftellt. Das gilt in befonderem Maß bei der
Behandlung von Schriften wie dem Hebräerbrief, die zur
Beantwortung diefer Einzelfragen wenig Material liefern.
Man muß fich hüten, aus ihrem Text — kofte es was
es wolle — Nachrichten über die Abfaffungsumftände zu
erheben. A. geht, wie es fich gebührt, von jenem Hauptproblem
aus, dem Stil des Hebräerbriefs; aber er entgeht
nicht der Gefahr, zuviel wiffen zu wollen. Er wittert
überall aktuelle Tendenzen. Jenes Problem löft er, indem
er die fehr allgemein gehaltene Stelle 10,29 — unc* weiterhin
die lehrhaften Gegenüberftellungen von alter und
neuer Heilsordnung 8,7.13; 10,9 — auf Neigung der Lefer
zum Judentum deutet: diefe praktifche Beziehung erweift
ihm Hebr. als einen wirklichen Brief. Und nun wird
weiter gefchloffen: wegen der Verbindung der Mahnungen
13,4.5, deren paränetifcher Stil m.E. jede folche Folgerung
verbietet, follen die Lefer in heidnifcher Umgebung, wegen
der Überfchrift follen fie Teil einer heidenchriftlichen Gemeinde
, und wegen der Benutzung durch I. Klem., deffen
Verf. nach 1,2 felbft in Korinth war(?), follen fie in Korinth
fein. Von da ifts nicht weit bis zur Autorfchaft des
Apollos, und mit Staunen lieft man fchließlich, wie der
; Verf. aus I. Kor. 16,12 einen kleinen Roman herausfpinnt:
.Apollos war eben eine empfindfame Natur, der fich da
nicht fehen laffen mochte, wo man ihn irgendwie angegriffen
hatte. Genau ebenfo ift das Verhalten unteres
Verfaffers'.

Heidelberg. Martin Dibelius.