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Ausgabe:

1919

Spalte:

67

Autor/Hrsg.:

Bauernfeind, G.

Titel/Untertitel:

Luther als Musiker 1919

Rezensent:

Smend, Julius

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Seite 1

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Theologifche Literaturzeitung 1919 Nr. 5/6.

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und fortdauernd, auch während des Krieges, angerichtet
werden. Auch das find Dinge, an denen wir nicht mehr
ftillfchweigend und achfelzuckend vorübergehen dürfen.
Der Verf. gibt wichtiges Material zur Beurteilung diefer
Sachlage. Er zeigt, wie diefe Lafzivität an den Wurzeln
unferer Volkskraft nagt und ruft den Staat, die Kirche,
die Preffe und alle Chriften zum ernften Kampf wider
diefe fchleichende Peft in unferem öffentlichen und privaten
Leben auf. ,Wahrlich, du mußt fchamrot dein Angefleht
fenken, Germania, und geftehen, daß deine Söhne
und Töchter auf dem Wege find, ihre Mutter zu verraten
und preiszugeben' (S. 135). Das Buch ift mit ftarkem
nationalen Pathos gefchrieben, wie fchon der Titel zeigt.
Der Verf. ift Katholik, aber mir ift keine Stelle in dem
Buch begegnet, die Andersgläubige verletzen könnte.
Berlin. R. Seeberg.

Der 26. deutfehe evangelifche Kirchengelangvereinstag zum

Gedächtnis der Reformation in Eisleben am 7. und
8. Mai 1917. (34 S.) 8°. Leipzig, Breitkopf & Härtel
1917. M. —70

Bauernfeind, G.: Luther als Mufiker. Luthers mufikal.
Erbe in feiner Bedeutg. f. das evangel. Haus, Gemeinde,
Kirche u. gefamtes Volksleben bis in die Gegenwart
dem deutfehen Volke dargelegt. (Vortrag.) (32 S.) 8°.
München, Müller & Fröhlich 1917. M. —60

Balthalar, Pfr. Karl: Luther der Sänger des deutfehen
Volkes. (48 S.) 8°. Gütersloh, C. Bertelsmann 1917.

M. —90

Steinmetz, Superint. a. D. Rudolf: Cantate. Auslegung
wertvoller Gefangbuchlieder. Beitrag zum
dankbaren Gedächtnis der Reformation. 2. Heft m.
20 Liedern der nachreformator. Zeit, darunter 9 von
Paul Gerhardt. (IV, 64 S.) 8°. Hannover, Hahn 1917.

M. 1.80

Diefe inhaltlich und der Veranlaflung nach zufammen-
hängenden Gaben ftellen recht verfchiedene Werte dar.
Die Eislebener Fefttagung des Kirchengefangvereins für
Deutfchland hatte neben Gennrichs Predigt an hiftorifcher
Stätte in Kaweraus Vortrag ,Das Kirchenlied als Vermächtnis
der Reformation an die Gemeinde der Gegenwart
' ihren Mittelpunkt. Hier erhält man über die wich-
tigften Fragen grundfätzlicher und vor allem gefchicht-
licher Art gediegene fachkundige Auskunft. Proteftan-
tifche Übertreibungen werden in letzterer Hinficht ebenfo
beftimmt abgelehnt wie fchwachmütiger Verzicht auf die
Geltendmachung feftftehender Tatfachen. Auch die Praxis
geht nicht leer aus. Der Vortrag von Bauernfeind
(fchon dem Jahre 1908 angehörig) wie die Arbeit von
Balthafar erheben nicht den Anfpruch wiffenfehaftlicher
Bedeutung. Beide nehmen den von O. Kade (1871) veröffentlichten
fog. Lutherkodex, deflen Echtheit allgemein
beftritten wird, harmlos als Urkunde hin. Bauernfeind
läßt unfern Luther fogar eine Singweife zu dem Liede
,Großer Gott, wir loben dich' — gedruckt 1779 — fchaflen-
Balthafar erzählt allerlei erbauliche Gefchichtchen, zeigt
fich fonft in glücklicher Abhängigkeit von Nelle; anderen
Autoritäten gegenüber dürfte er vorfichtiger fein. Steinmetz
fetzt die Arbeit, deren erftes Heft ich hier (1917,
Sp. 421) kennzeichnete, unverdroffen fort. Der Zufam-
menhang von 20 unferer Kernlieder mit Gottes Wort,
Luthers Katechismus und gottfeliger Menfchen Leben
und Ende wird noch einmal fichergeftellt. Hin und wieder
zeigen fich Neigungen zu kath. Frömmigkeit, nie folche
zu neuzeitlichen Bedürfniffen. Der Volksfchullehrer, wie
er vor 50 Jahren noch hie und da anzutreffen war, wäre
ein dankbarer Lefer diefer Hefte gewefen.

Münfter i. W. J. Smend.

Moeller, Wirkl. Geh. Ob.-Konft.-Rat Dr. R.: Die Umlagen
der altpreußifchen Landeskirche. (75 S.) 8°. Berlin-Lichterfelde
, E. Runge 1918. M. 2.25
Der Verfaffer greift aus der Gefamtheit des landeskirchlichen
Finanzwefens das Umlagewefen heraus. Eine
eminent praktifche Materie, zu deren Behandlung auch
noch ein fpezieller Anlaß drängte. Wenn der Verf. darüber
klagt, daß in den kirchlichen Kreifen ein Mangel an
tiefer gehender Sachkenntnis über die einfehlägigen Fragen
hervorgetreten fei, daß fich die Gemeinden der
Landeskirche und ihre Mitglieder nicht genügend darüber
unterrichtet gezeigt hätten, für welche allgemeinen landeskirchlichen
Aufgaben fie in ihren Kirchenfteuern Opfer
bringen, während doch die kirchliche Verwaltung nicht
nur vor der Kontrolle der verfaffungsmäßig berufenen
fynodalen Vertretungen zu beftehen habe, fondern auch
von dem Vertrauen der Gemeinden und ihrer Glieder getragen
fein folle, fo mag diefe Klage objektiv gewiß berechtigt
fein, wenn man aber die Schwierigkeit der Materie
bedenkt, fo ift diefe Unkenntnis fubjektiv entfchuld-
bar. Das wird jeder beftätigen, der die vorliegende
Schrift lieft. Andererfeits wird aber gerade in diefer
Schrift eine fo vortreffliche kriftall-klare Darlegung der
verwickelten Rechtsverhältniffe geboten, daß in Zukunft
eine Entfchuldigung mit Unkenntnis nicht mehr am Platze
erfcheinen darf. Die Schrift verfolgt praktifche Ziele;
juriftifch-theoretifche Unterfuchungen, wie etwa über die
rechtliche Natur der Pfarrverforgungskaffen, ftellt fie nicht
an. Aber ihr Ziel erreicht fie in vollendeter Weife. Ich
hebe befonders die fcharfe Abgrenzung der Pfarrverforgungskaffen
gegenüber den Landeskirchen hervor. Befonders
bemerkenswert find auch die Ausführungen über
die Reformbedürltigkeit des bisherigen Steuerrechts und
der bisherigen Steuerpolitik. Alles in allem, eine vorzügliche
Leiftung, für welche nicht nur die unmittelbar
beteiligten Kreife dem Verfaffer zu aufrichtigem Danke verpflichtet
find.

Erlangen. Sehling.

Willems, Priefterfem.-Prof. Dr. C.: Grundfragen der Philo-
fophie und Pädagogik, f. gebildete Kreife dargeftellt
3 Bde. gr. 8°. Trier, Paulinus-Druckerei.

Je M. 6 —; Lwbd. M. 7 —

1. Bd.: Das Sinneslebcn (XVI, 550 S.) 1915. — 2. Bd.: Das
Geiftesleben. (XVII, 560 S.) 1915. — 3. Bd.: Das fittliche Leben.
(X' 534 S.) 1916.

Vorträge, die vor einem Fortbildungskurs für Lehrer
und Lehrerinnen gehalten wurden, find hier zufammen-
gefaßt. Der Hauptnachdruck liegt auf der Behandlung
der Grundfragen der Philofophie. In fortlaufender Aus-
einanderfetzung mit allen Hauptrichtungen und Vertretern
der modernen Philofophie, vor allem auch der experimentellen
Pfychologie, wird der Standpunkt des gemäßigten
Realismus der alten Schule' verfochten. Der Widerlegung
Kants ift ein eigener ausgedehnter Schlußabfchnitt
gewidmet. Wer eine verftändige, eindrucksvolle Vertretung
des korrekt kirchlichen Thomismus fucht, kann fie
hier finden. Der Hauptbeweis gegen den .Idealismus',
auf den W. immer wieder zurückkommt, ift freilich im
Grund die Berufung auf den gefunden Menfchenverftand,
den Standpunkt des naiven Realismus, der für die praktifche
Pädagogik immerhin feine Vorzüge hat. In den
praktifch-pädagogifchen Abfchnitten bemerkt man weitgehende
Tjbereinftimmung mit folchen, die auf ganz anderer
Grundlage flehen. Man hat den angenehmen Eindruck
, daß die Gegenfätze nicht fo tief find, um Ver-
ftändigung und praktifches Zufammenarbeiten auszu-
fchließen.

Markgröningen/Württ. R. Schmid.