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Ausgabe:

1919

Spalte:

58-59

Autor/Hrsg.:

Schmoll, Friedrich

Titel/Untertitel:

Die hl. Elisabeth in der bildenden Kunst des 13. bis 16. Jahrh 1919

Rezensent:

Stuhlfauth, Georg

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Theologifche Literaturzeitung 1919 Nr. 5/6.

5*

Handfchrift des 9. Jahrh., die er während des Krieges
.entdeckt' hat, bietet er 33 Predigten Augurtins, und
9 von Männern aus den Auguftinifchen Kreifen, die bisher
ganz unbekannt oder nur zu kleinen Teilen und in
fchlechten Texten bekannt waren. Daß der Bericht über
die Überlieferung mufterhaft und der Text unter Anwendung
gediegener Sachkunde konftituiert ift, braucht
man bei einem Werk Morins nicht zu verfichern.

Die faft prunkvolle Ausstattung der Ausgabe, die mit der Widmung an
den verftorbenen Reichskanzler von Hertling zulammenhängt, wird mancher
mit mir bedauern, denn um ihretwillen ift der kritifche Apparat von dem
unteren Rand der Seiten an den Schluß jedes Traktats gerückt worden,
was feine Verwendung wefentlich erfchwert. Anch in den Regiftem ift
es ein wenig praktifches Verfahren, daß Morin ftatt die Zahl der Seite
und die Seitenzeile zu nennen, die Nummer des Traktats mit feinen von
Anfang bis Ende durchgezählten Zeilen angibt, alfo z.B. XXIX, 227
ftatt 125,12, anderswo 28,274 ft. 117*14- . A9 (d- Appendix IX)
455 ft. 213,7. Die breiten Ränder werden für Inhaltsangaben benutzt,
die im allgemeinen zu reichlich auftreten und bisweilen tendenziös ge-
ftaltet find. S. 62 z. B. ift die Randnote obeuntc Petro non defecit po-
testas clavium fchwerlich ein zutreffender Titel für eine Ausführung,
deren Höhepunkte lauten: claves istas habemus et nos, und dann: Ligatis
et vos, solvitis et vos; noch weniger paßt für den Text Auguftins
S. 140 die Note: hominis merito Dei adiutorium non praeiudicat. Andere
Randnotizen find vielmehr erklärende Anmerkungen, wie S. 107:
Cantatus erat psalmus CXXV; wieder eine andere Klaffe wiederholt nur
im Text befindliche Sentenzen wie S. 141 nulla mors peior, quam ubi non
moritur mors. Dabei wird durch Herausreißen aus dem Zufammenhang
gelegentlich ein falfcher Eindruck hervorgerufen; wer kann, wenn er
am Rande lieft: nemo timet iram potentis, haerendo vultui omnipo-
tentis ahnen, daß das nur der Schluß einer Befchreibung der ewigen
Seligkeit ift, und dem vorausgeht: Nemo nascitur, nemo moritur? Eine
Erfchwerung des Gebrauchs liegt auch darin, daß in den Prolegomena
die Beftandteile der Handfchrift in römifchen Ziffern von I bis XCV
der Reihe nach befchrieben werden, aber nicht hinzugefügt wird, unter
welcher Ziffer lie nachher fpäter im Text zu finden find ; wie leicht hätte
fie am Rande zu nr. XXXVII z. B. gefetzt werden können: textus nr. XI
und zu XL: textus nr. XII.

Der Druck ift höchft fauber, felbft Fehler wie praecique (praef. XV),
Vigilius ft. vigiliis (20,50) find feiten, die Regifter zuverläffig. Allerdings
würde man befonders das letzte ausgiebiger wünfchen, während
der Codex nominum et rerum fehr reichhaltig ift. Doch bleiben auch
da Lücken auszufüllen; bei ,miscendi' entfteht der Schein, als käme der
homo Deo mixtus bloß in pfeudoauguftinifchen Schritten vor: hier war auf
III 71 ff. =» S. 15,71 ff. zu verweifen. Natürlich verträgt auch der Text
noch Verbefferungen. S. 138,99 wird das zweite hic zu ftreichen fein, Z. 77
ift ein non einzufchieben: Nos Christiani non dcbemus (non) intellegere,
quod intellexit nescio quis auctor paganorum. S. 40,32 ift qui ft. quia
zu fchreiben. Öfters wird andere Interpunktion das Verftändnis ver-
beffern.

Aber die Befchwerden wiegen leicht gegenüber der
Dankbarkeit für diefe Bereicherung unferer Auguftin-
Schätze, wennfchon den größten Gewinn an neuen Er-
kenntniffen wohl die Stücke des Anhangs verfprechen,
(von denen M. die meiften etwas kühn dem Bifchof
Quodvultdeus von Carthago zuweift), insbefondere die
jetzt erft in brauchbarem Zuftand vorliegende lange
Predigt de tempore barbarico.
Marburg. Ad. Jülich er.

Mittelalterliche Bibliothekskataloge Deutfchlands und der
Schweiz. Hrsg. v. der Königl. Bayer. Akademie der
Wiff. in München, i. Bd. Die Bistümer Konftanz u.
Chur. Bearb. v. Paul Lehmann. (XVII, 599 S. m.
i färb. Karte.) Lex. 8°. München, C. H. Beck 1918.

M. 36 —

Über die hohe geiftesgefchichtliche Bedeutung der
Bibliothekskataloge ift man feit längerer Zeit nicht mehr
im Zweifel. Die Bücherverzeichniffe des Mittelalters, die
im großen und ganzen nur von geiftlichen Anftalten
überliefert find, geben das befte und eindruckvollfte
Zeugnis von dem geiftigen Leben, von der literarifchen
Stellung und auch von den theologifchen und kirchlichen
Beziehungen der Befitzer. Die Veröffentlichung der
Bibliothekskataloge darf daher in allen kirchengefchicht-
lich intereffierten Kreifen auf das freudigfte begrüßt j
werden, zumal der Begriff Bibliothekskatalog nicht zu
eng gefaßt ift. Die akademifche Kommiffion zur Herausgabe
der Kataloge verlieht darunter ,alle Aufzeichnungen, j

die eine mittelalterliche Bibliothek in ihrem Ganzen oder
einem Teile vorführen, alfo bibliothekarifche Gefamt-
verzeichniffe, Büchervermächtniffe, Ausleihregifter, Über-
j flehten über die Tätigkeit irgendwelcher Schreiber und
| dergleichen. Erwähnungen von Büchern, die für fich
| allein keine Bibliothek darfteilen, Berichte über Ankäufe,
l Schenkungen, Verleihungen und Verpfändungen einzelner
Handfchriften in Urkunden, Briefen, Chroniken, Kalen-
darien etc.' follen nur gelegentlich Berückfichtigung finden.
Man mußte fich Befchränkung auferlegen, wenn man das
ungeheure Material in abfehbarer Zeit vorlegen wollte.
Die Vorarbeiten haben viel Zeit beanfprucht; nun liegt
der erfte Band, die Bistümer Konftanz und Chur enthaltend
, in Papier, Druck und Ausftattung würdig und
fauber vor. Die Bearbeitung danken wir Paul Lehmann,
der hier auf's Neue feine kritifche Sorgfalt glänzend betätigt
und fich als Nachfahr Ludwig Traubes, deffen auch
das akademifche Vorwort gedenkt, fruchtbar erweift.
Geboten werden im genauen Abdruck 96 Bibliothekskataloge
, Nachläffe, Bücherverzeichniffe ufw., kurz Urkunden
in dem oben umfehriebenen Sinne. Diefe 96 Ver-
zeichniffe verteilen fich auf 45 Bibliotheken: 25 der Ver-
zeichniffe waren überhaupt noch nicht, 37 waren bei
Th. Gottlieb in feinem 1896 erfchienenen Verzeichnis
nicht gedruckt. Dem Abdruck der Urkunden voraus-
gefchickt ift immer eine kurze Einleitung, die auch die
wichtigften Daten für die Gefchichte der Bibliothek enthält
. Da hat fich der Herausgeber ftarke Befchränkung
auferlegen müffen: gerade feine Veröffentlichung wird
von nun an viel zur Gefchichtsforfchung der Bibliotheken
felbft beitragen. Von den 45 Bibliotheken find
nur zwei in weltlichem bzw. privatem Belitz, vielleicht
gerade darum von Bedeutung; die anderen aber find
durchweg wiffenfehaftlich und literarifch wichtiger, man
denke nur an Reichenau, St. Gallen und Konftanz. Ein
Regifter von mehr als 200 Spalten nach Verfaffern, Buchtiteln
und Schlagwörtern erhöht die Brauchbarkeit des
Bandes ganz beträchtlich.

Hannover. Otto Lerche.

Schmoll, Frdr.: Die hl. Elilabeth in der bildenden Kunlt

des 13. bis 16. Jahrh. Mit 38 Taf. (Beiträge z. Kunft-
gefchichte Heffens u. d. Rhein-Main-Gebietes, hrsg. v.
Chr. Rauch. 3. Bd.) (X, 160 S.) Marburg, N. G. Elwert
1918. M. 12—; geb. M. 15 —

Das Buch hatte durch den Krieg, aber auch unter
anderen Schwierigkeiten zu leiden, Schwierigkeiten,
die im Stoffe felbft und zwar in der Überfülle des
Materiales liegen. Sie erforderte, entgegen der urfprüng-
lichen Abficht, eine Befchränkung der Darftellung in
zeitlicher Hinficht auf die Zeit bis zum Ende des 16.Jb.dts.
die allerdings ikonographifch die wichtigfte ift, und in
örtlicher Hinficht, von einem Anhang über die hl. Elifa-
beth in der italienifchen Kunft abgefehen, auf die deutlche
Kunft; überdies mußte auf die Beigabe eines Kataloges
der in die vielen Hunderte gehenden Darftellungen plafti-
fcher und malerifcher Art, ,um die Druckkoften nicht
noch ftark zu erhöhen', verzichtet werden. Aber unbe-
fchadet diefer Verkürzungen ift das Buch talis qualis eine
durchaus anerkennenswerte und wiffenfehaftlich fördernde
Leiftung. Die drei einleitenden Kapitel geben in trefflich
orientierender zufammenfaffender Überficht Auffchluß über
die Gefchichte und Legende der Heiligen und die Verbreitung
ihres Kultus; im 4. Kapitel, welches die Haupt-
maffe des Buches ausmacht, find die Kunftdenkmäler be-
fprochen:

1. Die Bilderzyklen, 2. die Einzeldarftellungen. Die Befchreibungen
legen befonderes Gewicht auf die künftderifche und ftiliftifche Seite der
Darftellungen. Höchft feiten wird man in ihnen auf ein Verfehen ftoßen
(in der Befchreibung der Augsburger Tafel S. 85 h 1. S. 86 Z. 1: Zu
ihrer Linken ft. links neben ihr). Hervorzuheben ift vor allem der
Nachweis, daß das Rofenmotiv, entgegen der herkömmlichen Meinung,