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Ausgabe:

1919

Spalte:

27-29

Autor/Hrsg.:

Frankenberg, Wilh.

Titel/Untertitel:

Abhandlungen zur semitischen Religionskunde und Sprachwissenschaft, Wolf Wilhelm Grafen v. Baudissin am 26. Sept. 1917 überreicht v. Freunden u. Schülern 1919

Rezensent:

Nowack, Wilhelm

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Theologilche Literaturzeitung 1919 Nr. 3/4. 28

das göttlich gewirkte Prinzip alles Lebens gilt. Nebenher
kommen manche andere Streitpunkte der Platonifchen
Philofophie zur Erörterung: Piatos Auffaffung des Mythus,
feine Stellung zur religiöfen Überlieferung, das Verhältnis
Gottes zur Idee des Guten u. a. m. (vgl. Index). —

Sicher, daß man im einzelnen manche Bedenken haben kann. Es
ift nicht richtig, den Eros als Lebensprinzip überhaupt (S. 100) zu bezeichnen
— das ift für Plato die Seele —; es ift auch übertrieben, wenn
auf Grund von leg. 804a behauptet wird, daß fich jedes Gefühl und
auch jeder Gedanke ganz für fich betrachtet auf unmittelbaren Einfluß
der Gottheit zurückführen laffe (S. 60) — vgl. Tim. 41 d fi". —; es ift
falfch, daß Tim. 91a f. der Zeugungstrieb zu einem Tiere im Menfchen
werde (S. 59) — es handelt fich um das Sperma —, und S. 83 findet
fich ein Piatos Anficht arg verwirrender Lefefehler — ftatt Mufik ift
Mufe gelefen — ufw.

Aber im Grunde beeinträchtigen diele und andere
Irrtümer und Schiefheiten das Ergebnis der Arbeit
nicht. Der Vf. hat in der Tat gezeigt, daß die vielverbreitete
Neigung, zwifchen Philofophie und Mythus bei
Plato fchlechthin zu trennen und feine Äußerungen über
die Volksreligion einfach als ironifch gemeint abzutun,
nicht angängig ift, und daß überhaupt die göttliche Eingebung
in feiner Weltanfchauung eine erhebliche Rolle
fpielt. Daß diefe Lehre fich aber vom Phaidros zum
Sympofion wefentlich geändert habe (vgl. S. 105), dürfte
kaum der Fall fein. Vielmehr liegt von vornherein eine
fundamentale Differenz vor zwifchen den von Gott unmittelbar
eingegebenen Taten des Poeten ufw. und der
göttlichen Anlage des Philofophen, die erft nach felbft-
gewirkter Ausbilduug zu ihrer höchften, von Gott nicht
beeinflußten, und den feinen doch ähnlichen Leiftungen
führt.

Königsberg. Goedeckemey er.

Abhandlungen zur femitilchen Religionskunde und Sprach-
willenlchaft, Wolf Wilhelm Grafen v. Baudiffin am
26. Septbr. 1917 überreicht v. Freunden u. Schülern u.
in ihrem Auftrag u. rh. Unterftützung d. Straßburger
Cunitz-Stiftung hrsg. v. Wilh. Prankenberg u. Frdr.
Küchler. (Zeitfchrift f. d. altteft. Wiff. Beiheft 33.)
(XI, 436 S.) gr. 8°. Gießen, A. Töpelmann 1918. M.22 —
O. EiBfeld, Verzeichnis der Schriften Baudiffins. — J. Bauer,
Das Bilderverbot im Heidelb. Katech. — G. Beer, Die Gedichte vom
Knechte Jahwes in Jef. 40—55.—• A. Bertholet, Hohes Lied 4,8.—
K. Budde, Jefaja 13. — F. Buhl, Über Dankbarkeit im A. T. —
C. Clemen, Miszellen über Lukians Schrift über die fyr. Göttin. —

G. Dalman, Die Stammeszugehörigkeit der Stadt Jerufalem u. des
Tempels. — A. Deißmann, Ephesia Grammata. — M. Dibelius,
Die atlichen Motive in der Leidensgefchichte des Petrus- u. des Johs-
Ev. — E. v. Dobfchütz, Prophetenbilder u. Prophetenfprüche. —
O. Ei Iiieldt, Zum Zehnten bei den Babyloniern. — W. Frankenberg ,
Zur Bildung der femit. Pronominale an der Hand des Hebr. — H. Greß-
mann, Hadad u. Baal nach den Amarnabriefen u, nach agypt. Texten, —

H. Gutbe, Das Paflahfeft nach Dtn. — P. Jenfen, Die 16 Jofcph-
Träume. — P. Kahle, Aus der Geich, der älteften hebr. Bibelhdfchr. —
P. Kleinert, El. — F. Küchler, Das priefterliche Orakel in Ifrael
u. Juda. — M. Lohr, Beobachtungen zur Strophik im Buche Hiob. —
K. Marti, Arnos 1,3—2,3,—J Meinhold, Indogermanen in Kanaan.—
N. Meffel, Über die textkritifch begründete Ausfcheidung vermutlicher
chriftlicher Interpolationen in den Teftamenten der 12 Patriarchen. —
Th. Nöldeke, Halleluja. —W. Nowack, Der 1.Dekalog. — E. Sachau,
Die Chriftianificrungs-Legendc von Merw. —O. Schröder, Adreffe u.
Grußrormel in altbabylon. Briefen. — Regifter von F. Küchler. —
Verzeichnis der Schriften Baudiffins von O. Eißfeldt.

Es ift mir eine befondere Freude, diefe Jubiläumsgabe
an meinen Vorgänger auf dem altleftamentl.
Lehrftuhl in Straßburg hier zur Anzeige zu bringen.
Der Jubilar fchaut auf ein an Arbeit, aber auch an Erfolgen
reiches Gelehrtenleben zurück, denn je kinger es
fich ausdehnte, um fo mehr ift er zur Anerkennung gekommen
, fodaß es wohl heute unter den deutfehen Fach-
genoffen niemand gibt, der nicht dankbar ift für die
reichen Anregungen, die er von dem Jubilar empfangen,
und der fich nicht der Anerkennung und Verehrung
freute, die B. zuteil geworden. Es war ein gewagtes
Unternehmen, mitten im Krieg eine derartige Gabe zu
planen, dankbare Liebe und glückliche Umftände haben
es zu Wege gebracht, daß es nicht bei dem Plane blieb.

Nicht weniger als 25 Abhandlungen aus dem Gebiete der
iemitifchen Religionskunde und Sprachwiffenfchaft find
j hier vereint. Leider ift es nicht möglich, mehr als nur
kurze Andeutungen über den Inhalt zu geben.—Joh. Bauer
befpricht das Bilderverbot des Heidelberger Katechismus,
das nur aus dem Zufammenhang mit der pfälzifchen
Reformations- und Kirchengefchichte recht gewürdigt
werden kann. ■ — G. Beer bringt einen textkritifchen und
j metrifchen Wiederherftellungsverfuch der Gedichte vom
Knechte Jahwes. A. Bertholet glaubt das rechte Ver-
ftändnis von Cant 4,8 durch eine Einwirkung des Adonis-
mythus gewinnen zu können. — K. Budde zeigt, daß die
| Annahme, daß derfelbe Rythmus durch das ganze Lied
Jef. 13 fich hinzieht, irrig ift und zu verhängnisvollen Irrtümern
geführt hat. — Frantz Buhl handelt von der Dankbarkeit
im A.-T. und den fprachlichen Ausdrücken dafür,
I zugleich läßt er intereffante Schlaglichter auf die An-
! fchauung der Araber fallen. — C. Clemen bringt teils
I Ergänzungen, teils Korrekturen zu Garftangs und Strongs
| Schrift The Syrian Goddes. — G. Dalman fieht in dem
| Segen Benjamins Dt 33,12 den eigentlichen Urheber für
die benjaminit. Anlprüche auf Jerufalem. — Ad. Deißmann
j kombiniert, Ephesia grammata'mitdembabylonifchenepe.su
j ,behexen', fodaß es alfo .Zauberwort' ift; es wurde gräzi-
| fiert und volksetymologifch an einen weltlichen Ortsnamen
angeglichen. — M. Dibelius befchäftigt fich mit den alt-
teftamentlichen Motiven der Leidensgefchichte des Petrus-
und Johannesevangeliums.— E. v. Dobfchütz handelt über
Prophetenbilder und Prophetenfprüche von der älteften
Zeit bis zu Michelangelo. — Otto Eißfeldt vergleicht den
babylonifchen Zehnten mit dem ifraelitifchen, diefer ent-
J fpricht der Natural-, jener der Geld- und Scheckwirtfchaft,
diefer hat einen höchft perfönlichen Charakter, jener ift
i ein einfaches Gefchäft, dem man von feinem urfprüng-
I liehen Opfercharakter nichts anmerkt. — W. Frankenberg
befchäftigt fich mit der Bildung des femitilchen Pronominale
. — H. Greßmann unterlucht, ob der für die amuri-
I tifche Religion bezeugte Gott An.Im. als Hadad zu lefen
1 ift oder als ba alu. Er entfeheidet fich mit Rückficht auf
ägypt. Quellen für das letztere, wie denn auch die Ge-
ftält des Himmelsbaal nach ihm auf diefe ägyptifche Be-
I einfluffung zurückgeht. — H.Guthe bringt eineUnterfuchung
] über die Eigenart des Paffah Dt. 16,1 ff. Mit dem Deut.
I beginnt die eigentlich ifraelitifche Gefchichte des Feftes:
j die Beziehung auf den Auszug aus Ägypten, die Beftim-
j mung des Feftmonats, die Ausdehnung auf das ganze
I Volk und das erweiterte Tieropfer gehören dem neuen
| gefchichtlichen Charakter an.— P. Jenfen erörtert die Mög-
[ lichkeit eines Zufammenhangs der Jolephträume mit dem
! Gilgamefch-Epos. — P. Kahle gibt Nachrichten über die
i ältefte hebräifche Bibelhandfchrift, nämlich die alte Penta-
teuchrolle des Samaritaners. — P. Kleinert letzt fich mit
1 Beths Anlchauungen über El auseinander und betont mit
| Recht, daß der Jahwismus wie allem anderen, das er
| vorfand, fo auch dem El fein Gepräge aufgedrückt und
an feinem wachfenden Reichtum vollen Anteil gegeben
| hat. Jedenfalls ift es unmöglich unter El etwas Fließendes
! oder Unperfonlich.es zu verftehen, vielmehr hat der
Jahwismus das Moment der Stärke, das im Urfprung
des Wortes lag, wieder an das Licht gezogen und mit
der Fülle feiner eigenen Jahwegedanken aufs innigfte ver-
fchmolzen. — Fr. Küchler handelt über das priefterliche
Orakel in Ifrael und Juda .und orientiert trefflich über
Ephod, Urim und Tummim, Teraphim, Staborakel ufw.,
und die Stellung, die dem Priefter dabei zufiel. — M. Lohr
gibt eine Reihe fehr anregender Unterfuchungen über
die Strophik im Buche Hiob. — K. Marti weift in überzeugender
Weife die Einwände zurück, die Ludw. Köhler
gegen die von M. vorgenommene Ausfcheidung in Am.
1,3—2,3 geltend gemacht hatte. — J. Meinhold befchäftigt
fich mit Kittels Vermutung, daß die vorfemitifchen Bewohner
Paläftinas Indoarier gewefen find; er beftreitet das,