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Ausgabe:

1919

Spalte:

19-20

Autor/Hrsg.:

Andersen, Frdr.

Titel/Untertitel:

Deutschchristentum auf rein-evangelischer Grundlage. 95 Leitsätze zum Reformationsfest 1919

Rezensent:

Thimme, Wilhelm

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Leugnen zugebe, und daß man dem Denken abfagen von der altteftamentlich-jüdifchen völlig unabhängige felb-
müßte, wenn man fie nicht zugeben wollte. Auf diefe ftändige Religion' und ,wird durch Beibehaltung des
auf unmittelbarer Empfindung und Evidenz beruhenden alten Teftaments zu einer krankhaften religiöfen Zwitterewigen
Wahrheiten können notwendige logifche Schlüfle bildung'. Fofitiv bemühen fie fich, Jefu, ,des lieben Hei-
aufgebaut werden, und Lambert fucht nun zu zeigen, daß , landes', Verkündigung und Perfönlichkeit als Grundlage
diefe Grundbegriffe zugleich metaphyfifchen Charakter ' und Quelle vollkommener Religion zu erweilen, einer Reli-
tragen, daß insbefondere der Begriff der Exiftenz Gottes gion der Gottes- und Nächftenliebe, der Wahrheit und Frei-
zu diefen Grundbegriffen gehöre. ,Die ewigen Wahrheiten ! heit, der zarten Hingabe und der fittlichen Kraft, die unigibt
es und demgemäß gibt es auch Gott'. Die weiteren verfale Menfcheitsreligion ift und fich zugleich tief und
Ausführungen über göttliche Eigenfchaften, über das innig mit deutfcher Art berührt. Die Thefen find der
göttliche Schaffen ufw. follen darauf beruhen, daß an die Kritik bedürftig, aber der Beachtung wert. Sie bringen
Grundbegriffe mit logifcher Notwendigkeit noch andere Forderungen zum Ausdruck, die unter dem Einfluß des
Begriffe angefchloffen werden können. ,Weil Gott ein großen Krieges an Volkstümlichkeit und werbender
Ens abfolute necessarium ift, wird der Begriff davon, Kraft gewonnen haben.

feine Entwicklung und Beweis unter den ewigen Wahr- Iburg. W. Thimme.

heften vorkommen und muß fich daraus herleiten laffen

Schließlich bemüht fich Lambert noch um die Moral ! Titius, Arthur: Naturwiffenfchaft und Ethik. Feltrede, zur
und ihre Gewißheit, die als Betrachtung des Guten fich Jahresfeier der Univerfität am 28. VI. 1916 geh. (29 S.)
von der Betrachtung des Wahren dadurch unterfcheidet, Lex. 8°. Göttingen, Vandenhoeck & Ruprecht 1918.
daß das Wahre keine Stufen hat, wie das Gute. M. —40

Diefe kleine Schrift ift dadurch intereffant, daß fie
auf die Zweifel an der Metaphyfik eingeht, aber auf neue
Weife insbefondere durch die Anknüpfung an unmittelbar
evidente ewige Wahrheiten und die aus ihnen fich ergebenden
logifchen Schlüfle der Metaphyfik ein fettes Fundament
geben will. Wenn der Herausgeber meint, daß
Kant in feiner Löfung der Preisaufgabe dem Dogmatismus
der Wolfifchen Philofophie einen tödlichen Streich verletzt
und ihrer Metaphyfik den Totenfchein ausgeftellt habe, fo
dürfte diefes Urteil doch einer Remedur bedürfen, worauf
ich hier nicht näher eingehen kann.

Hannover. Dorn er.

Schulze-Soelde, Dr. Walther: Gefchichte als Willen-
fchaft. (VIII, 93 S.) gr. 8°. Berlin, Reuther & Reichard
1917. M. 3 —

In vier Teilen verläuft diefe Unterfuchung: zwei
hiftorifch-kritifche über Kant und Hegel fchaffen die
Unterlagen, zwei weitere ziehen aus einer neuen Ver- ; A~n^

In diefer gedankenreichen Rede wird ein Problemkreis
erörtert, dem die gewöhnlichen Darltellungen der
Ethik entweder ängftlich aus dem Wege gehen oder nur
mit einfeitigen Dekreten begegnen. Es handelt fich darum
,zu prüfen, wie naturwiffenfchaftliches Erkennen
und religiöfe Gefinnung in der Ethik zu einer Synthefe
gelangen können'. T. lehnt fowohl den idealiftifchen als
auch den naturaliftifchen Monismus ab. Die Naturerkenntnis
läßt fich nicht von ethifcher Bafis aus konftruie-
ren. Ebenfowenig ift der umgekehrte Weg möglich. Zur
Illuftration werden die Lehren der philofophifchen Kiaf-
fiker benutzt. Seine eigene vermittelnde pofitive Löfung
formuliert T. dahin, daß ,nur eine Wechfelwirkung' der
beiden Gebiete ,auf Grund gegenfeitiger Bedingtheit an-
geftrebt werden darf. Diefe Wechfelwirkung fetze einer-
leits eine urfprüngliche ,Einheit' andererfeits die ,reale
Verfchiedenheit der wirkenden Potenzen' voraus. In
feinen weiteren Ausführungen kommt T. den ethifchen

bindung der beiden die Folgerungen. Auf H. Richerts | wachfen, mit erfreulicher Weltoffenheit entgegen. Er

Gefchichtslogik baut Vf. weiter. Aber ohne deffen An-
fchauungen zu verleugnen, fucht er im 3. Tl. entfchiede-
ner, als Richert getan hatte, Natur und Gefchichte nicht
nur formal fondern ftrenginhaltlich am Gegenftand der
Gefchichte, dem .denkenden Bewußtfein' als .erkanntem
Bewußtfein', gegen einander abzugrenzen. ,Das Bewußt-
fein oder die denkende Vernunft ift alfo die conditio
sine qua non für alle Hiftorik' (50), ,nur im Menfchen
fteigert fich die Natur in ihren Differenzen . . . nur der
Menfch ift fich felbft zu wertvoll, als daß er die befon-
dere Prägung der Vereinzelung abflößen dürfte' (91).
Wenn Vf. dies Ziel feiner Unterfuchung in fcharffinnig

belobt den energetifchen Imperativ Oftwalds und erkennt
die praktifche Wichtigkeit der biologifchen Auf-
fchlüfle über Fortpflanzung und Vererbung an. Auch
die Anregungen der neueren Gehirnphyfiologie und Pfy-
chiatrie finden gebührende Bcrückfichtigung. Freilich
gefleht T., daß all das der Ethik nicht nur .Erleichterung
und Bereicherung' bringt, fondern auch ,fchwere Verwicklungen
und Störungen'. Vor allem warnt er mit
Recht vor einer .vollen Rationalifierung' unferes Dafeins
auf Grund einer .durchgehenden Anwendung der Naturerkenntnis
'. Das bedeutete nur eine ,neue Gefetzesknecht-
fchaft' und möchte den Arzt mit einer größeren Macht

transzendental logifcher Unterfuchung zu erreichen fucht, ausftatten, als einen Beichtvater. Zum Schluß wird noch
fo weiß ich doch nicht, ob er, am Ziel angelangt, Kants die ethifche Bedingtheit der Naturwiffenfchaft betont und

in feiner Ethik wurzelnde gefchichtsphilofophifchen Be
mühungen nicht einer etwas freundlicheren Beurteilung
hätte unterziehen können. Faft ergötzlich nimmt fich
neben dem fchroffen Tadel, den Kant, 7, erfährt, die eigne
Erörterung, 88 f, aus. Zu den angeblich verfchiedenen
Epochen von Kants Gefch. philo?, vgl. Paul Menzer,
Kants Lehre v. d. Entwicklung S. 424200.

Gießen. Eck.

Anderten,Hauptpaft.Frdr.,Prof.AdolfBartels, Kirchenr.
D. Dr. Ernft Katzer, Hans Paul Frhr. v. Wolzogen:
Deutfchchriftentum auf rein-evangelifcher Grundlage. 95

Leitfätze zum Reformationsfeft 1917. (34 S.) 8°.

Leipzig, Th. Weicher 1917. M. —80

Die Verfafler kämpfen in diefen Thefen, wie fchon
in früheren Schriften, für Vereinfachung und Verinner-
lichung der chriftlichen Religion. Ihre negative Hauptforderung
ift: Fort mit dem Fremdkörper des alten
Teftamentes aus dem chriftlichen Religionsunterricht und
Gottesdienftl Denn ,die chriftliche Religion ift eine

fo das Bild der Wechfelwirkung vervollftändigt. Möchte
der Wunfeh: ,daß Naturforfcher und Ethiker mehr als
bisher zum gleichen Ziele zufammenarbeiten, zur Ge-
ftaltung geiftiger Würde eines naturgemäßen Lebens'
möglichft bald in Erfüllung gehen!

Königsberg i. Pr. A. Kowalewski.

Arper, Archidiak. Karl, u. Pfr. Alfred Zilleffen: Evan-
gelifches Kirchenbuch, t. Bd.: Gottesdienfte. 2. völlig
neu bearb. Aufl. der v. f Richard Bürkner u. K. Arper
hrsg. Liturgien-Sammlg. f. ev. Gottesdienfte. (XXV,
318 S.J 8°. Göttingen, Vandenhoeck & Ruprecht
1917. Geb. M: 7-5o; m. Goldfehn. M. 8.50

Der vorliegende Band ift eine Neubearbeitung der
.Liturgienfammlung für evang. Gottesdienfte' (Bürkner und
Arper, i9io)und der I. Sonderband von Niebergalls Prakt.-
theologifcher Handbibliothek. Ihm follen als zweite Hälfte
,die kirchlichen Handlungen' folgen. Und als drittes
Stück der Folge hat man die .Agende für Kriegszeiten'
anzuleiten, die (wiederum in 3 Teilen) bereits weite Ver-