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Ausgabe:

1919

Spalte:

293

Autor/Hrsg.:

Seckendorff, Eleonore Freiin v.

Titel/Untertitel:

Die kirchenpolitische Tätigkeit der hl. Katharina v. Siena unter Papst Gregor XI. (1371 - 1378) 1919

Rezensent:

Ficker, Gerhard

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29+

Wächters, H. J. ].: Luther. Leven. Perfoon. Leer. Met
Voorrede van Dr. Tb. v. Oppenraaij. (VIII, 483 S.)
kl. 40. BofTum, P. Brand 1917. fl. 3.25; geb. fl. 4 —
Als .Freund der Wahrheit' ergreift Wächters anlaßlich
des Reformationsjubiläums das Wort, um Leben,
Perfon und Lehre Luthers zu befchreiben. Seine eigenen
Worte will er anführen und proteftantifche Forfcher als
Zeugen aufrufen. Wenn das Ergebnis für den Reformator
nicht günftig ift, fo liegt die Schuld nicht beim
Verfaffer, fondern bei der Wahrheit, die langfam aber
ficher die Legenden zerftcrt.

Grabmann, Prof. Dr. Martin: Die Philosophia pauperum I Das ift die bekannte Methode, unter dem Schein
und ihr Verfaffer Albert von Orlamiinde. Ein Beitrag zur ' vollendeter Objektivität ein Ketzergericht zu veranftalten.

Das Werk allgemein zugänglich zu machen, veranlaßte den Verfaffer
die Erwägung, daß Raufchens Grundriß zahlreiche falfche
Angaben, beionders zur Lehre der Kirchenrchriftfteller, enthalte,
die durch die Scheu vor dem Gefchrei nach Vorausfetzungslofig-
keit beim Hiftoriker hervorgerufen feien. Er felbft kennt keine
Probleme, weder literar- noch dogmengefchichtliche. Läßt man
das einmal gelten, fo muß man anerkennen, daß er fielt einer
zuverläffigen Berichterftattung befleißigt, bei der Fehler, auch in
den bibliographifchen Angaben, feiten unterlaufen. Die Abhängigkeit
von Bardenhewer ift zuweilen (z. B. im § 74 über Venantius
Fortunatus und Gregor von Tours) aufdringlich.
Gießen. G. Krüger.

Gefchichte des philofophifchen Unterrichtes an den
Deutfchen Stadtfchulen des ausgehenden Mittelalters.
(Beiträge zur Gefell, der Philofophie des M.-A. Bd. XX.
Heft 2.) (VIII, 56 S.) gr. 8°. Münfter i. W., Afchendorff
1918. M. 2 —

Aus der Fülle feiner Kenntnis der fcholaftifchen
Literatur, namentlich der noch ungedruckten fcholaftifchen

Auffallend ift nur das zur Schau getragene naive Vertrauen
, mit diefen Mitteln der gefchichtlichen Wahrheit
dienen zu können. Wächters muß ein ziemlicher Neuling
auf dem Gebiet der hiftorifchen Forfchung fein,
wenn er wirklich glaubt, daß mit folcher Methode die
Wahrheit feftgeftellt werde. Seine Anfprüche an den gefchichtlichen
Beweis find in der Tat befcheiden. Die

Handfchriften, und getragen von einer Erfahrung, die auf .Zeugen' erfetzen die kritifche Verarbeitung der Quellen
jahrelanger Befchäftigung mit den fcholaftifchen Quellen Und mit faft rührendem Vertrauen kann er felbft die
ruht, unterfucht Grabmann die Frage nach dem Autor j unbewiefenften Behauptungen feiner Gewährsmänner, wie
er philofophia pauperum und des parvulus phüofophiae I eines Grilär und anderer, hinnehmen. Wächters Buch

1 mag holländifche Katholiken in ihrem konfeffionellen Urteil

naturalis, eines weit verbreiteten Auszugs aus der philo
ibphia pauperum. Mit großer Wahrfcheinlichkeit wird
der Dominikaner Albert von Orlamünde, Lektor eines
Ordensftudiums, als Verfaffer der gern Albertus Magnus
zugefchriebenen philofophia pauperum erwiefen. Im Ma-
o-ifter Petrus von Dresden, Rektor einer Dresdener Stadtschule
, erkennt er den Verfaffer des parvulus phüofophiae
naturalis.

Aus der Studie fällt auch ein Licht auf die Verbreitung
der ariftotelifch-albertinifchen Naturphilolophie besonders
in den Stadtfchulen des fpäten Mittelalters. Grabmann
kann nachweifen, daß in Stargard, Tangermünde,
Braunfchweig und Erfurt — vor Errichtung der Univerfi-
tät — die philofophia pauperum Textbuch für den philofophifchen
- Unterricht der Stadtfchulen war. An den
Artiftenfakultäten wurden nur ganz gelegentlich über die
philofophia pauperum Vorlefungen gehalten. Der parvulus
phüofophiae naturalis ,wird ziemlich ausfchließhch ein
Tex-tbuch für die Stadtfchulen geweien fein' (S. 53). Daraus
darf freilich nicht gefolgert werden, daß in den
Stadtfchulen des ausgehenden Mittelalters der Unterricht
in der Naturphilofphie etwas normales war. Es haben
doch nur verhältnismäßig wenige Trivialfchulen naturphilo-
fophifchen Unterricht erteilt. Immerhin bleibt es aber
beachtenswert, daß Grabmann tinige weitere Schulen
nachgewiefen hat, an denen neben den üblichen Fächern
auch Naturphilosophie gelehrt wurde. So nötigt auch
Grabmanns Studie, das herkömmliche Urteil über den
fpätmittelalterlichen Unterricht zu berichtigen.
Tübingen. Scheel.

über Luther und die Reformation befeftigen, der hiftorifche
Forfcher wird jedoch nicht darnach zu greifen brauchen.
Tübingen. Scheel.

Seckendorf f. Dr. Eleonore Freiin v.: Die kirctienpolitifche Tätigkeit
der hl. Katharina v. Siena unter PapPt Gregor XI. (1371—1378).
Ein Verfuch zur Datierg. ihrer Briefe. (Abhandlungen z. mittleren
und neueren Gelchichte. 64. Heft.) (XVI, 162 S.) gr S".
Berlin-Wilmersdorf, Dr. W. Rothfchild 1917. M. 5.20

Die vorliegende Abhandlung wäre wohl etwas überfichtlicher
geworden, wenn die Unterfuchung und Datierung der politifchen
Briefe der Heiligen Katharina getrennt worden wäre von der
Darfteilung ihrer kirchenpolitifchen Tätigkeit. Aber auch fo
bietet fie des Intereffanten und Lehrreichen genug. Die Veifab
ferin hat es (ich angelegen fein laffen, in italienifchen Archiven
und Bibliotheken gründliche Studien zu machen und fördert
manches bisher Unbekannte und Ungedruckte zutage. Mir fcheint
das deutlichfte Ergebnis zu lein, daß die Selbftändigkeit der Heiligen
in kirchenpolitifchen Dingen nicht groß, daß fie vielmehr
faft ganz ein Werkzeug in der Hand ihrer Beichtväter, namentlich
Raymunds von Capua war und daß der Dominikanerorden

fie benutzte, um feine kirchlichen Ziele zu erreichen. Doch ift I fich freilich auf ältere Forfchungtn ftützen ift aber un-

Maarten Luther in zijn leven en werken van 1483—1525.
(III, 279 S. m. 1 Bildnis.) gr. 8". Amfterdam, S. L. van
Looy 1917.

Die Herausgeber diefes Maarten Luther - A.
W. Bronsveld, J. W. Pont, J. A. Ruft — haben anläßlich
des Reformationsjubiläums eine Reihe holländifcher Gelehrter
gewonnen, die einzelne Beiträge zum Leben und
Verftändnis Luthers von 1483—1525 lieferten. Der zeitliche
Rahmen ift nicht ganz inne gehalten worden.
Beerens z. B., der über Luthers Huwelijk berichtet, mußte
ihn fprengen. Auch Ruft, der über Luther als Dichter
en Volksschrijver handelt, mußte über ihn hinausgehen.
Im großen und ganzen werden aber nur Probleme behandelt
, die in die angegebene Zeit gehören. Wir deutfchen
Lutheraner dürfen uns diefer hollandifchen Fortgäbe
von Heizen freuen. Alle Mitarbeiter find erfüllt
von Achtung und Erfurcht vor dem Reformator, deffen
weltgtfchichtliche Bedeutung fie in einem Augenblick-
unbefangen anerkannten, als britifche und franzöfifche
Gelehrte fich das Armutszeugnis ausftellten, fie ihm rundweg
abzufprechen. Alle aber auch vermeiden den erbaulichen
panegyrifchen Stil, dem es weniger um die
Wirklichkeit als um den Nimbus zu tun ift. Luther
braucht dies Verfahren nicht zu fcheuen. Und wir dürfen
es den namhaften holländifchen Gelehrten, die uns diefen
Band fchenkten, um fo mehr danken, als ebenfalls zum
Reformationsjubiläum von katholifcher holländifcher Seite
ein Buch erfchien, das unter dem Schein hiftorilcher
Darfteilung ein Ketzergericht veranftaltete. Es hat in
den Auflatzen des vorliegenden Werks eine Antwort gefunden
, ehe es erfchien.

Auf die Abhandlungen im einzelnen einzugehen ift
nicht wohl möglich. Manches wäre zu beanftanden.
Wenn Gramer in feinem Auffatz über Luthers geiftliche
Entwicklung den Satz aufftellt, daß Luthers exe"-etifche
Methode ganz in der humaniftifchen Linie liege, fo findet
er fchon in dem Auflätz von van Nes über Luther als
Hochfchullehrer feine Korrektur (S. 207). Van Nes' Annahme
, daß Wittenberg eine von der Kirche freie Uni-
verfität, eine Staatsunivcrfilät gewefen fei (S. 205), kann

auch fo der Wert ihrer Tätigkeit und ihrer Refi Schon Denifles Unterfuchungen über die

kirch che Leben des 14. Jhs. nicht gerine — Der Druck konnte ; , ... TT • r,. . , 7:. * Tt X .

etwas reiner fein. sc"nK- mittelalterlichen Univerfitaten hatten van Nes ftutzig-

Kiel. G. Ficker. machen können, um von neueren Unterfuchungen über

-- ! die Univerfität Wittenberg zu fchweigen. K. Vos' Ab-