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Ausgabe:

1919 Nr. 2

Spalte:

272

Autor/Hrsg.:

Schulz, Hans

Titel/Untertitel:

Der dreißigjährige Krieg. I. Bis zum Tode Gustav Adolfs. II. Seit dem Tode Gustav Adolfs 1919

Rezensent:

Lerche, Otto

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271

Theologifche Literaturzeitung 1919 Nr. 23/24.

272

jähr. Jubeitage, dem 11. Juli 1918. (88 S. m. 1 Abbildg.) 8".

Hannover, Hahn 1918. M. 3 —

Diefe fleißige und inhaltsreiche Schrift ift gefchrieben zum
500 jährigen Jubiläum der jetzigen, am 11. Juli 1418 eingeweihten
St. Michaeliskirche zu Lüneburg, die im Unterfchiede von den
drei erften Kirchen des fchon im 10. Jahrhundert erwähnten
Benediktinerklofters St. Michaelis nicht auf dem Kalkberge, fondern
innerhalb der Stadtmauern erbaut wurde. Reuter gibt zuerft einen
Abriß der Gefchichte des Klofters und feiner früheren Kirchen.
Daran fchließt fleh die Gefchichte der jetzigen Kirche bis zur
Reformation und von da bis zur Gegenwart, ferner eine Überficht
über die Geiftlichen der beiden Pfarrftellen, die Organiften,
Kantoren und Küfter; endlich eine Schilderung des Kirchengebäudes
und feiner Innenausftattung. Die Schrift hat mehr als
lokales Intereffe, nicht bioß wegen der romantifchen Gefchichten
von der Überrumpelung des Klofters durch die Bürger und von
der Plünderung der ,goldenen Tafel', fondern vor allem wegen
der kulturhiftorifchen und kirchenrechtlichen Tatfachen. Hier
hat man wieder ein Mufterbeifpiel des Nebeneinander und Gegeneinander
von Klofter, Fürft und Stadt während des Mittelalters,
und von der eigentümlichen Kombination von Kirche, Schule,
Staat und Militär feit der Reformation. Das Klofter ift wie das
Klofter Lokkum und das Klofter U. L. Fr. zu Magdeburg erft
Jahrzehnte nach der Reformation völlig evangelifch geworden
und hat dann von 1655 bis 1850 als Ritterakademie gedient.
Frankfurt a. M. W. Bornemann.

Luthers, D. Martin, Lieder und Fabeln. Mit Einleitg. u. Erläu-
tergn. hrsg. v. Geo. Buchwald. (Reclams Univ.-Bibl. Nr.
5913.) (107 S. m. Bildnis.) kl. 8«. Leipzig, Ph. Reclam jr.

M. — 40; geb. M. — 90
In der Einleitung handelt Buchwald fachverftändig von
Luthers Liebe zur Muflk, feiner Tätigkeit als Anreger, Sammler,
Herausgeber und Dichter geiftlicher Lieder, ferner von feinen
anderen Dichtungen, endlich von der Entftehung feiner Fabel-
fammlung. Diefe wird famt Luthers Vorrede nach der Ausgabe
Georg Rörers von 1557 dargeboten. Von den Dichtungen des
Reformators werden zuerft die geiftlichen Lieder nach der
kritifchen Ausgabe von Friedrich Klippgen (Halle a. S. 1912),
dann ,andere deutfehe Gedichte' (Frau Mufika ufw.), endlich
,allerlei kurze Sprüche', wie fie Luther nach der Erzählung des
Jon. Matheflus ,über Tifche und auf der Kanzel' gern anführte,
bei denen aber feine Autorfchaft zweifelhaft ift, abgedruckt. Dagegen
hat Buchwald die Verfe zu Cranachs 10 Papltbildern von
1545 mit Recht weggelaffen.
Zwickau i. S. O. C lernen.

Naumann, Prof. D. Gottfr.: Die Reformatoren und der Gemeindegedanke
. (Hefte des Deutfchen Evangelifchen Gemeindetages
Nr. 8.) (16 S.) 8". Leipzig, J. C. Hinrichs 1918. M. — 75
Diefer urfprünglich vor der Synode der reformierten Kirche
in Elfaß-Lothringen gehaltene Vortrag hat über Nacht eine vom
Verfaffer felbft nicht geahnte Bedeutung erlangt. Die Staatskirche
wird unwiderruflich dahin fein, nur noch darum kann es fleh
handeln, ob man die Volks- oder die Freikirche erftreben will.
Wer lieh für erftere entfeheidet, wird die vorliegenden Ausführungen
mit Gewinn lefen. Zeigt uns doch der Verfaffer, wie
auch die Reformatoren — von Luther bis Calvin — an dem Gedanken
der Volkskirche fefthalten und jeder in feiner Weife dies
Ideal zu erreichen fuchte. Bei aller Verfchiedenheit fahen fie
die Gemeinden nicht nur als Objekte der religiöfen Fürforge an,
die Gemeinden follten felbft als Subjekte tätig fein. Während
Luther über theoretifche Erwägungen nicht hinauskam — die
Entwicklung nahm bald eine andere Richtung —, entwarf Bucer
fchon eingehende Richtlinien. Calvin fchließlich war es vergönnt,
diefe Gedanken auch zu verwirklichen. Daß die verfchiedene
Stellungnahme der Reformatoren in der Verfchiedenheit der
Grundauffaffung begründet war, hätte vielleicht noch ftärker
hervortreten können; ebenfo auf die der Schöpfung Calvins anhaftenden
Mängel aufmerkfam gemacht werden follen.
Alfeld. Schornbaum.

Giile, Rekt. G.: Luthers Sittenlehre und die philoTophifche Ethik
Kants u. Herbarts. (Mann's, pädagog. Magazin. 676. Heft.)
(22 S.) 8n. Langenfalza, H. Beyer & Söhne 1918. M. — 45
Die Arbeit eines Herbartianers und Schulmanns, der fleh zum
Reformationsjubiläum in eine Auswahl Lutherifcher Schriften ein-
gelefen hat. Wiffenfchaftlich ohne Bedeutung, doch vielleicht
interefl'ant als Beleg für die Grenzen, innerhalb deffen unfre
Lehrerwelt ein Verftändnis Luthers aufzubringen vermag. Ich
fetze den Hauptpunkt der Zufammenfaffung am Schluß her:
,Luthers Ethik ift eine Pflichten lehre, die den ganzen Menfchen
erfaßt und alle Lebensgebiete durchdringt. Sie Hellt die Berufstreue
als befonders wichtig hin, weiht das deutfehe Haus, erklärt
den Staat für mündig und weilt der Obrigkeit die ihr gebührende
Stellung gegenüber der Herrfchaft der Kirche zu. So ift Luthers
Ethik individual und fozial zugleich, und die Entfchiedenheit
und Beftimmtheit, mit der Luther ihre Verwirklichung im Gegen-
fatz zu der ftoifch-mönchifch-myftifchen Tugendlehre fordert, muß
als geiftige Großtat gepriefen werden. Wenn Luther feine Ethik

auf religiöfer Balis aufbaute und nach feiner Lehre einzig und
I allein der Gläubige ein fittlich guter Menfch werden kann, fo
1 irrte er, doch ließ fein dogmatifcher Standpunkt eine andere
Auffaffung vom Urfprung des Sittlichen nicht zu'. Mehr weiß
ein ernlter und redlicher Mann nicht zu fagen. Wozu tun wir
Theologen eigentlich unfre mühfame Forfcher- und Denkerarbeit?
Unfre Gefchichtsforfchung wird nur benutzt, damit gefchichts-
lofer Sinn fleh der Vergangenheit entledigen kann, und unfre
Denkarbeit gefchieht, foweit fie fleh von den. Alltäglichkeiten
kahler Verftändigkeit entfernt, unter Ausrchluß der Öffentlichkeit.
Bonn. E. Hirfch.

Löffler, Stadtbibl.-Dir. Dr. Kl.: Reformalionsgerchichte der Stadt
Miinfter. S.-Dr. aus dem Jahrbuch, d Ver. f. Ev. Kirchengefch.
Weftfalens'. (40 S.) 8«. Gütersloh, C. Bertelsman 1918.

M. 1.20

Der verdiente Forfcher gibt in dem vorliegenden Bändchen
eine kurze Schilderung der Reformationsgefchichte der Stadt
Münfter. Sie reicht von den erften Anfängen 1520 bis zum 27.
Febr. 1534, in dem die Wiedertäufer zur Herrfchaft gelangten.
Am Schluß wird noch die Wiederherftellung des Katholizismus
nach der Niederlage der Wiedertäufer dargeftellt. Die Arbeit ruht
auf gründlicher Ausnutzung aller einfehlägigen Quellen, vor allem
der Reformationsgefchichte Niederfachfens von Hamelmann. Im
Mittelpunkt fleht naturgemäß die intereffante Persönlichkeit
Bernhard Rothmanns, der fleh fpäter den Wiedertäufern anfehloß.
Die unlösbare Verknüpfung der r^'igioTen Bewegung mit politischen
und fozialen Beflrebungeh tritt klar hervor. Die Refultate Löff-
lers find im wefentlichen keine neuen, aber was er bringt, kann
als durchaus zuverläffig angefprochen werden. Seine Reformationsgefchichte
Münfters ift mit vornehmer Objektivität sine ira,
wenn auch, was bei dem katholifchen Bekenntnis des Forfchers
begreiflich ift, sine amore für die Reformationsbewegung gefchrieben
.

Münfter i/W. G. Grützmacher.

Oeckinghaus, Pfr. Militärfeelforger R.: Die Evangelifche Gemeinde
Bitfeh in Vergangenheit und Gegenwart. Eine Feftgabe zum
400jähr. Jubiläum der Reformation am 31. Oktober 1917.
Der evangel. Gemeinde Bitfeh dargereicht. (IV, 54 S. m. 4
Abbildgn.) Straßburg i. E., L. Beult 1917. M. 1.50

Eine fehr forgfältige Monographie über eine Lothringifche
Diafporagemeinde, die feit 1846 aus kleinen Anfängen entftanden,
dann feit 1870 infonderheit durch Zuzug aus Altdeutl'chland —
Bitfeh war Garnifonort und Truppenübungsplatz — erfreulich
i emporgeblüht war und nun wohl fcliwer um ihr Dafein zu
kämpfen haben wird. Das einzelne in der der Gemeinde Bitten
zugedachten Schrift bietet nur örtliches Intereffe.
Bonn. Anrieh.

Schulz, Hans: Der dreißigjährige Krieg. I. II. (Hauptquellen zur
neueren Gefchichte. Hrsg. v. E. Brandenburg.) 8Ü. Leipzig,
B. G. Teubner 1917. Je M. 2.40

I. Bis zum Tode Guftav Adolfs. (158 S.) — IL Seit dem Tode
Guftav Adolfs. (155 S.)

Von diefer neuen Quellenfammlung, die in Erfüllung des
| vorgefehenen Programms ein Urkundenbuch von bisher nie da-
i gewefener und auch nicht angedrehter Reichhaltigkeit und Aus-
j führlichkeit darftellen und dem Studierenden gleichwie dem Lehrer
j und fchließlich jedem hiftorifch Intereffierten und politifch Ge-
i bildeten willkommene Belehrung bieten wird, liegt dem Re-
I ferenten hiermit erftmaüg ein Abfchnitt vor. Der Herausgeber
' hat fleh bemüht, ein möglichft mannigfaltiges Bild durch den Ab-
; druck verfchiedenfter Quellen zu geben. Die Drucke erweifen
I fleh nach Durchprüfungen als zuverläffig und fauber: gelegent-
l liehe Kürzungen find durchaus zweckmäßig, die Herkunftsftellen
i find fo kurz und einfach wie nur möglich angegeben. Aller gelehrte
Ballaft, jede Erklärung und Einleitung fehlen: erwunfeht
wäre doch eine überfichtstafel, bzw. Inhaltsverzeichnis. Das
! Regifter, obwohl verdienftlich, reicht nicht ganz aus.

Hannover. Ott0 Lerche.

ObTer, Gen.-Landesarch.-Dir. Geh. Rat Dr. Karl: Beiträge zur Bau
gerchichte des Klofters Frauenalb, insbef. im Zeitalter des Barock.
Mit 4 Lichtdr.-Tafein u. 2 Plänen. (60 S.) 80. Karlsruhe i. B.,
G. Braun 1918. J „ M. 3 —

Obfer gibt die Baugefchichte und Berchreibung der Benediktinerinnenabtei
Frauenalb im nördlichen Schwarzwald (bei Karlsruhe
i. B.) mit ebenfolcher wifTenfchaftlichen Sorgfalt als Liebe
zum Objekt. Seiner gründlichen und umfichtigen Ausfchöpfung
der wenig reichlich fließenden gedruckten und ungedruckten
Quellen dankt die Baugefchichte der Klofteranläge, wie fie in der
Barockzeit geworden ift und als prächtige Ruine das Entzücken
der Albwanderer bildet — wie lange noch? —, wichtige Ergänzungen
und Berichtigungen. Hierzu gehören namentlich die
Ausführungen, die als folche der zunächft in der Zeitfchrift für
Gefchichte des Oberrheins N. F. Bd. 33 veröffentlichten Studie
ihren befonderen allgemeineren Wert verleihen, über die beiden
großen Architekten aus der berühmten Vorarlberger Schule,
Franz Beer (1660— nach 1726) und Peter Thumb (1681 — 1766),