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Ausgabe: | 1919 Nr. 2 |
Spalte: | 255-256 |
Autor/Hrsg.: | Geyer, Christian |
Titel/Untertitel: | Theosophie und Religion, Theosophie und Theologie. 2., erweit. Aufl 1919 |
Rezensent: | Niebergall, Friedrich |
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Theologifche Literaturzeitung 1919 Nr. 21/22.
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land das Recht des Kodex: Mifchehen bedürfen zu ihrer
Gültigkeit ftets der tridentinifchen Ehefchließungsform.
Damit ift die Bedeutung des den Mifchehen entgegen-
ftehenden Ehehinderniffes (impedimentum mixtae reli-
gionis) gegen früher außerordentlich gewachfen. In dan-
kenswertefter Weife legt Stutz5 das jetzt für Mifchehen
geltende Recht dar, fchildert die Entftehungsgefchichte
der Provida, die Gründe für ihre Aufhebung, und gibt
geiftvolle Ausblicke über den Einfluß des neuen Rechts-
ftandes auf den Staat und die evangelifche Kirche. Seinen
am Schluffe geäußerten Wünlchen nach Burgfrieden kann
man fleh nur von Herzen anfchließen, wenn man auch
das Bedenken nicht unterdrücken kann, daß die neuefte
kirchliche Regelung der Mifchehenfrage die Erfüllung
diefer Wünfche zu fördern wenig geeignet erfcheint.
Knecht's Buch11 ift eine fyftematifche Darftellung
des neuen Rechts, ein richtiges Lehrbuch, und wird als
folches dem Praktiker, wie dem Studierenden, ob feiner
klaren, überfichtlichen Darfteilung vortreffliche Dienfte
leiften können. Eine perfönliche Bemerkung möchte ich
mir erlauben. Bei Erwähnung der Konfens- und Kopula-
Theorie hätte ich neben Freiten meine Schrift ,Die Unter-
fcheidung der Verlöbniffe' gern genannt gefehen.
Göller's Schrift7 war, hiftorifch betrachtet, die erfte,
welche es unternahm, einen befonders wichtigen Abfchnitt
des Codex juris canonici, das Eherecht, und zwar in
erfter Linie für Zwecke der Seelforge zur zufammen-
faffenden Darftellung zu bringen. Dies ift in klarer und
fehr gefchickter Weife gefchehen.
Die Schrift enthält aber mehr. Sie bietet auf S. 1—32
nicht nur eine gedrängte Einführung in den Kodex und
feine Neuerungen, fondern fie bringt auch Betrachtungen
allgemeiner Natur über das Gefetzbuch. Von dielen
möchte ich diejenigen über die befonderen Eigentümlichkeiten
des Kodex als ganz vortrefflich bezeichnen. Auch
was der Verf. über die ,Spiritualifierung' des neuen Kirchenrechts
, und zur Ablehnung des Ausdrucks ,Vatikanifches
Kirchenrecht' vorbringt, findet meinen ganzen Beifall.
Erlangen. E. Sehling.
5) Stutz, Ulrich: Zum neueften Stand des katholifchen Mifch-
ehenrechts im Deutfchen Reiche. (20 S.) 8°. Stuttgart, F. Enke 1918. M. I—
6) Knecht, Prof. Dr. Auguft: Grundriß des Eherechts. Bearb.
auf Grund des Codex Iuris Canonici. (VII, 207 S.) kl. 8°. Freiburg
i. B., Herder 1918. M. 3.40
7) Göller, Prof. Dr. Emil: Das Eherecht im neuen kirchlichen
Gefetzbuch. Mit e. Einfiihrg. in den Kodex kurz dargeflellt. (VII,
80 S.) 8 '. Freiburg, i. B., Herder 1918. M. 2 —
Geyer, D. Dr. Chriftian: Theofophie und Religion. (38 S.)
gr. 8°. Nürnberg, Fehrle & Sippel 1918. M. 1.20
--Theofophie und Religion, Theofophie und Theologie.
2. erweit. Aufl. (45 S.) 8°. Ebd. 1919. M. 1.60
Rittelmeyer, Ffr. Lic. Dr. Friedrich: Von der Theofophie
Rudolf Steiners. (2. Aufl.) (Sonderdr. a. d. Chriftlichen
Welt) (29 S.) 8°. Nürnberg, Fehrle & Sippel 1918.
M. —75
--Johannes Müller und Rudolf Steiner. (21 S.) 8°. Ebd.
1918. M. —75
Immer mehr rückt R. Steiner in den Vordergrund.
Das Bedürfnis nach einer Weltanfchauung, die Glaube und
fpekulative Erkenntnis verbindet, alfo nach einer Art
von moderner Gnofis, ift offenbar fehr groß. Auch in
chriftlichen Kreifen und unter Theologen ift fie es. Die
beiden Männer, die wir auch fonft zufammen zu nennen
gewöhnt find, nehmen fich gemeinfam auch diefer Er-
fcheinung an, wie früher der Myftik oder der Lehre
von J. Müller. Geyergibt einen Umriß der Theofophie als
der Lehre von den überfinnlichen Welten, indem er von
Steiner felbft, feinem Anfchluß an Naturwiffenfchaft und
Philofophie, feinem Weg ins höhere Bewußtfein und den
menfchheitsgefchichtlichen fowie pfychologifchen Voraus-
fetzungen der Lehre fpricht. Nachdem er noch auf die
Hauptlehren, Wiederverkörperung undKarma und die große
kosmifche Entwicklungslehre eingegangen ift, gibt er fein
Urteil über das Verhältnis der Theofophie zur Religion:
jene hat mit diefer nichts zu tun, weil fie nur ein Weltbild
bietet, während man zur Erkenntnis Gottes auf den
Glauben angewiefen bleibt; willkommen ift der Religion
nur der—freilich nichtganz reine-Gegenfatz zum Materialismus
und die Beftätigung mancher rel. Vorftellungen; fowie
der Anlaß, fich über manche Fragen des religiöfen
Denkens und Lebens neu zu befinnen, wenn auch Gottvertrauen
und Liebe, alfo die Nachfolge Jefu, der befte Weg
bleiben. Rittelmeyer gibt in feinen beiden Schriften —
Abdrücken feiner viel beachteten Auffätze in der Chriftl.
Welt — wertvolle Ergänzungen. In der erften geht er
genauer auf die Übungen ein, die Steiner empfiehlt, nicht
ohne manche intereffante perfönliche Erläuterungen hinzuzufügen
; er würdigt dann befonders die Theofophie als
die mögliche Quelle einer neuen Geiftesfprache, in der fich
anders als jetzt die Religion ausdrücken kann. In der zweiten
tritt er J. Müllers etwas gereizter Kritik an der Theofophie
entgegen, wobei manches berechtigte Wort der
Kritik an diefem felber fällt. — Im ganzen laffen beide
Verfaffer doch zu wenig erkennen, wie wenig originell
Steiner im Grund ift und daß trotz feiner Chriftusver-
ehrung fein ganzes Syftem einem toto coelo andersartigen
Denken entflammt, gegen das wir uns viel vorfichtiger
und ablehnender verhalten müffen.
Heidelberg. F. Niebergall.
Felden, Emil: Der Spiritismus und die anderen okkulten
Syfteme unferer Zeit. (116 S.) kl. 8°. Leipzig, Oldenburg
& Co. (1918). M. 2 —
Verf. kämpft mit Recht gegen manchen Schwindel
und manchen Kriegsaberglauben, wie er fich z. B. an
Amulette und fog. Himmelsbriefe geknüpft hat. Ander-
feits erkennt er gewiffe überfinnliche Gedankenübertragungen
und andere telepathifche Wirkungen, auch die der
Wünfchelrutenfrage zugrunde liegenden Tatfachen, an
(S. 79 ff, 89, 22 f., 30). Leider find es viel zu vielartige
Gegenftände, die er in feiner kurzen Schrift behandelt,
auch das ganze Gebiet des Spiritismus, der chriftlichen
Wiffenfchaft, der Theofophie und Anthropofophie, der
Ahnungen und Wahrträume. So tragen nicht wenige
feiner Ausführungen ein recht dilettantifches Gepräge,
und auch feine witzelnden Bemerkungen bieten keinen
Erfatz für ein gründliches Eindringen in die fraglichen
Gegenftände. Den Spiritismus und Mediumismus z. B.
fcheint er im wefentlichen nur aus feku ndären Quellen
zu kennen. Das Schwindelhafte, das mit manchen mediu-
miftifchen Betätigungen gewiß verbunden gewefen ift, über-
Ichätzt er ftark. Von echten Medien, wie Florence Cook,
Home Slade, Frau dEsperance, Eufapia Paladino, auch von
Frau Piper, bekommt der Lefer durch F. keine rechte
Vorftellung. Eine bedenkliche Unkenntnis verrät die
Gleichfetzung von Materialifationen und Geiftererfchei-
nungen S. 46. Die Unmöglichkeit diefer ergibt fich ihm
fchon daraus, daß es ein Fortleben nach dem Tode nach
feiner Meinung überhaupt nicht gibt.
Was uns heute zuvörderft nottut, find keine großzügigen
Darftellungen über Spiritismus und Mediumismus
— die vermag heute vielleicht überhaupt noch niemand
zu geben — fondern fyftematifche Sammlungen des wirklich
oder angeblich Beobachteten, die die Gefetze ok-
kuliftifcher Erfcheinungen herausarbeiten und nicht mit
veralteten Methoden Tatfachen totfchlagen. Schon für
die Frage nach dem Wefen von Geift und Stoff find
diefe Dinge von ungeheurer Bedeutung.
Swedenborgs Fernfcb.au des Brandes von Stockholm ift uns nicht
nur aus Kant bekannt, fondern auch durch die Zeugniffe zweier ange-
lehener Männer, die Sw. jahrelang gekannt haben. Vgl. meine Schrift:
Kant und Swedenborg, Wiesbaden 1909, S. 14. — S. 19 lies Meyrink
ftatt Mcyring, S. 28 II". Staudenmaier ft. Staudemaier, S. 29, Z. 1 Naturwiffenfchaft
lt. Wiffenfchaft, S. 42 ARrophyf.k ft. Atrophyf.k, S. 51
Meyrs ft. Meyer, S. 57 Theofophie ft. Teofophie, Blavatzky ft. Illavatski,
S. 62 Eeadbeater ft. Leadheater.
Wien. R. A. H o ffm a n n.