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Ausgabe:

1919 Nr. 1

Spalte:

229

Autor/Hrsg.:

Dibelius, Franz

Titel/Untertitel:

Beiträge zur sächsischen Kirchengeschichte. 32. Heft 1919

Rezensent:

Clemen, Otto

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229

Theologifche Literaturzeitung 1919 Nr. 19/20.

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fchrieben werden follen. Richtig nennt er feinen Helden 1 gefchichte der Stadt Münfter von Löffler (XX, 92-129) und eine

einen Vorläufer von Spinoza und Kant (S. 180, vgl. j Lebensfkizze eines der acht Sendboten des Zionskönigs, des

t. j u u- <.i I- r 1-1 r ■ • u a r-u 1 Heinrich von Tongern, hingerichtet in Soeft am 23. Oktober 1534

auch 199) doch hatte diefe Thefe eine nähere Ausfuh- yon Bockrnühl (XVI/XV1I,281 -302); Sendgerichtsprotokofie, Zeug-'

rung verdient. Eine ergänzende Studie, die vielleicht
auch ein Philofoph, Mediziner oder Naturforfcher fchrei-
ben könnte, fcheint mir daher noch fehr erwünfcht.
Gleichwohl ift das Werk als grundlegend und als Bereicherung
der Wiffenfchaft von der Entftehung des
modernen Geifteslebens anzuerkennen, und der Verf. hat
den wärmften Dank für feine gründliche Arbeit verdient.
Leiden. Hans Windifch.

Beiträge zur [ächfifchen Kirchengefchichte, hrsg. im Auftrage
der ,Gefellfchaft f. fächf. Kirchengefchichte' v. Franz
Dibelius u. Heinrich Boehmer. 32. Heft (Jahresheft
f. 1918). (151 S.) gr. 8°. Leipzig, J. A. Barth
1919. M. 4 —

Das Heft eröffnet ein Nachruf auf Hauck, der als
Mitherausgeber an Briegers Stelle trat; nur die 3 vorhergehenden
Hefte tragen feinen Namen; felbft gefchrieben
hat er für diefe nur Nachruf e auf Brieger und Schnedermann.
Aus dem weiteren Inhalt des Heftes verzeichnen wir nur
die Auffätze von allgemeinerem Intereffe: Hermann
Schüttoff zeigt, daß das 1720 auftauchende Gefang-
buchslied .Komm, komm, mein heller Morgenftern' nicht
von Joh. Gottfried Leffing, Archidiakonus, fpäter Pfarrer
zu Kamenz, Vater von Gotthold Ephraim, gedichtet ift,
fondern von einem gewiffen Joh. Chriftian Langbein,
1718—21 Mitglied des von Val. Ernft Löfcher gegründeten
Predigerfeminars in Dresden. Carl Niedner beleuchtet
unter dem Titel ,Fürft Otto Viktor I. von Schönburg-
Waldenburg (1785 — 1859) als Bibelherausgeber' einen
Teil der Tätigkeit des Fürften als Führer einer von der
Ariftokratie Weftfachfens, befonders des Muldentals, ausgehenden
antirationaliftifchen Bewegung. Eine umfaffende
Biographie des Purften, in der diefer außerdem als
Philanthrop großen Stils, als Politiker und Verwaltungsmann
zu würdigen wäre, wäre eine fchöne Aufgabe.
Endlich behandelt Hans Hofmann ,Gottesdienft und
Kirchenmufik in der Univerfitätskirche zu St. Pauli-Leipzig
feit der Reformation (1543—1918)'.

Die Paulinerkircbe, die 1543 durch die Bemühungen des Rektors
Kafpar Borner nebft den übrigen Gebäuden und den Bindereien des
Dominikanerklofters von Kurl'ürft Moritz der Univerfität gefebenkt
wurde, diente bis 1710 als Univerfitätsaula, alfo nur zu akademischen
religiöfen und fonftigen Feierlichkeiten. Dann aber fetzten pietiftifebe
Univerfitätstheologen beim Kurfürften durch, daß öffentlicher Gottes-
dienft darin ftattl'and. Eine eigene Univerfitätsaula erftand erft 1836.
In der I. Periode wurden nur gelegentlich mufikalifche Aufführungen
durch die Thomaskantoren und den Thomanerchor veranftaltet. Dagegen
herrfchte in der 2. Periode unter Gömer, Bach, Doles, Hillcr,
belonders aber nach Gründung des Sängervercins zu St. Pauli (1822)
und des Univerfitätskirchenchors (189S) ,ein reger Mufikbetrieb'.
Zwickau i. S. O. Clemen.

niffe des kirchlichen und iittüchen Lebens, aus dem Jahre 1551
aus den Gemeinden Ende, Herdecke, Volmarfteiu und Wengern
von Schüßler (ebenda, 93—113); von demfelben eine handfebrift-
liche Auslegung des 119. Pfalms im evangelifchen Sinne (XIV,
232—235) und als Beitrag zur Reformationsfeier 1917 Luthers
Beziehungen zu Weftfaien von Rothert (XIX, 1—48; 152f.), vor
allem d*n Humaniften Otto Beckmann behandelnd. Kirchliche
Zucht und Sitte des 18. Jahrhunderts beleuchtet der von Sander
mitgeteilte ,Edikten-Kalender', die Ordnung der durchs ganze
Jahr vorgel'chriebenen kirchlichen Abkündigungen polizeilichen
Gepräges, von denen das ,Edikt wegen Abftellung des Voll-Sau-
fens' voliftändig wiedergegeben wird (XIX, 123—126; 127—130).
Durch die gegenwärtigen ZeitverhäitnuTe veranlaßt find Nachrichten
von wettfäiifchem Kampfesmut und Patriotismus: vor allem
Mitteilungen aus dem Tagebuche des tapferen Mufketiers Domi-
nicus aus dem Siebenjährigen Kriege (hrsg. von Kerler, München
1891) und die Aufzeichnungen des Paftors Stieffei in Borg-
holzhaufen aus den Jahren 180G-07 (XVIII, 1—37; XIX, 106
122). Hundertjährigen Erinnerungen verdanken wir die Veröffentlichung
der Aktenftücke zur Vereinigung der beiden märkifchen
Minifterien zu einer evangelifchen Gefamtfynode und zum Re-
formationsjubilättm in der Graffchaft Mark 1817 von Dresbach;
erhalten von ihm auch einen Beitrag zur Gemeindegefchichte':
die ehemalige reformierte Gemeinde Halver 1749-1847 (XVIII,
38—59; 158—177). In die neuere und neuefte Zeit führen: Aktenftücke
zur Gefchichte des Predigerfeminars zu Soeft aus dem
Jahre 1830, Chronik der luth. Konferenz von Minden-Ravensberg
1877—1913 und Nachrichten vom Leben Karls von Tfchirrchky-
Boegendorff, eines Zeugen aus der Erweckungszeit im Minden-
Ravensbergifclien und Vorfahren des Reichskanzlers Michaelis
(XVI/XVII, 144-159; 160—187; XX, 1-91). Beiträge zur Liturgik
aus älterer und neuerer Zeit bieten Sanders Mitteilungen über
Fragmente eines Meßbuches aus dem 13. Jahrhundert im Pfarrarchiv
in Borgholzhaufen und der eingehende Artikel Eickhoffs
über das ältefte Mindener, das ältefte Ravensbergifche und die
beiden älteften Herforder Gefangbücher (XIX, 131—133; XVI XVII.
188—280). Einen guten Anfang machen die erften veröffentlichten
Proben aus der von der ,kirchengefehichtlichen Arbeitsge-
meinfehaft' (s. XVIII, 185) unternommenen fyftematifchen Bearbeitung
und Durchforschung der Kirchenbücher, bisher aus Siegen,
Müren und Birkelbach (XIX, 49-77; 78-105; 134—139).
Ilfeld a'Harz. Ferdinand Gohrs.

Jahrbuch des Vereins für die Evangelifche Kirchengefchichte WeTt-

falens 14—20.Jahrg. 8°. Gütersloh,C.Bertelsmann. 14.Jahrg.

1912 (III'239 S.)M. 3-.-15. Jahrg. 1913. (III, 210 S.) M.3-.

- 16 fu 17.1 Jahrg. 1914/15. (III, 347 S.) M.6-. - 18. Jahrg.

1916 (III, 188 S.) M. 3—. — 19 Jahrg. 1917. (III, 160 S.) M.3-.

-20.1ahrg 1918. (III, 147 S.) M.3-
Der 11., 12. und 13. Jahrgang diefes Jahrbuches find im 38.
Jahreana der Theol. Lit. Zeitung Sp. 662f. angezeigt. Die dort Immerliin verdient er von dem Porfcher aut dem Gebiete

Hüirter, Pfr. Kreisfchulinfp. A.: Georg Grabow, ein Päda-
gog aus der Frühzeit des Pietismus. (Pädagog.
Magazin. Heft 691.) (73 S.) 8°. Langenfalza, Beyer &
Söhne 1918. M. 1.50

Georg Grabow (1637—1707) hatte fich durch einige
theologifche und pädagogifche Schriften bekannt gemacht
und war feit 1666 am Gymuafium zu Cölln a. d. Sp. als
Subrektor bezw. Konrektor tätig gewefen, als er 1684
auf Befürwortung von Spener zum Rektor des Gymna-
fiums in Frankfurt a. M. berufen wurde. Aber bereits
1691 trat er freiwillig von dem ihm übertragenen Amte
wegen Mißhelligkeiten mit dem Senate zurück, die vielleicht
durch feine religiöfen Anflehten, wahrfcheinlicher
aber dadurch veranlaßt waren, daß er der Aufgabe, das
,ganz verderbte und in Konfufion geratene Schulwefen'
der Stadt .widerumb in Standt zu bringen', nicht fo
genügte, wie man erwartet hatte. Die bekannten Darftellungen
der Gefchichte der Pädagogik erwähnen Grabow
nicht; gewiß mit Recht, da man ihn zu den führenden
pädagogifchen Perfönlichkeiten nicht wird rechnen können.

erwähnten Amtlichen Erkundigungen' ziehen fich noch durch , der Pädagogik beachtet zu werden. Es ift darum ein
die folgenden Jahrgänge hindurch und kommen in unferen Heften j Verdienft des Verfaffers der vorftehend genannten ein-
noch nicht zum Abrchiuß. ^ie Kirchengefch^ ; henden uncl fo^ältigea Unterfuchung, ihn der Beach-

^^^^l^Z^^ i tung derfelben zug^lich gemacht zu* nahem Hüllt

bis zur ,klevirchen und märkifchen, evang.-luth. Kirchenordnung', | gibt zunachft einen Uberblick über Grabows Leben (S. 5—
weitergeführt; der letzte Teil berehränkt fich auf das Leben der 1 12), dann über feine Schriften (S. 12—17) und, nach einer
Kirche. Zu feinem Auffatz über die evangelifche Gemeinde : Charakterifierung der religiöfen und fittlichen Zufirände
Königsftelle (XIXII, 148-174) gibt Grevel noch ergänzende Ur- ! . ». /(, * f> AnalvO» HP ,.1 /jl,lrndt

künden und Regeften (XV, 140-161). Einige Artikel führen ins zu jener Zeit (S. i7—31), eine Analyle dei pädagogifchen
Mittelalter: eine wertvolle Gefchichte des St. Pakroklusftifts in ! Anlchauungen deslelben, in überfichtlicher Form (S. 31 —
Soeft mit befonders eingehenden Mitteilungen über die Stifts- 66). Dabei verfolgt H. den Zweck, den Nachweis zu
fchule, und Nachrichten über die Soefter Patrizierfamilie Epping ; führen, daß Grabows Anflehten in auffallender Weife fich
(XVi/XVlI, 1-92; 130-143), beide von Rothert; und ein Ablaß- mit denjenjo-en Soeners und Franckp« hprühren und iih«-
brief vom 5. Nov. 1500, mitgeteilt von zur Nieden (XIV, 236 -239). , njtnipn speners una rranckes beruh en und ubei-

Wiederholt find Stoffe aus dem 16. Jahrhundert behandelt: aus 1 raiciiende 1 arallelen mit ihnen aufweifen, ohne daß lieh
katholifcher Feder eine anerkennenswert fachliche Reformations- eine direkte Abhängigkeit diefer von jenen oder jener