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Ausgabe:

1919 Nr. 1

Spalte:

212

Autor/Hrsg.:

Lohmann, Ernst

Titel/Untertitel:

Militibus Christi 1919

Rezensent:

Goltz, Eduard Alexander

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211

Theologifche Literaturzeitung 1919 Nr. 17/18.

212

Drei Berliner Pfarrer — Johannes Eger, Otto Großmann
und Macholz — legen, ohne dem Grundgedanken und
Ideal des Gemeindetages das Recht abzuiprechen, ihre
Bedenken dar. Eger führt den Gedanken durch, daß die
organifatorifche und gefchäftliche Tätigkeit des Pfarrers
die eigentlich paftorale Arbeit, den Dienft am Wort,
beeinträchtigen oder gar lähmen könne. Großmann
unterfucht das Urteil des großftädtifchen Publikums in
Bezug auf Pfarramt und Pfarrer und meint, daß die ent-
fcheidende und lebenfchaffende Anziehungskraft doch nur
in der Wirkfamkeit der Predigt liege. Macholz betont,
daß alle äußerliche organifatorifche Gemeindearbeit nur
Vorarbeit und Teilarbeit fein könne, die Hauptfache liege
darüber und dahinter. In ihren Entgegnungen geben
Otto Dibelius und Martin Schian das Recht aller diefer
Gefichtspunkte zu. Sie weifen aber nach, daß damit die
Gemeindearbeit weder überfluffig noch ausfichtslos werde,
daß fie vielmehr notwendig fei, den Pfarrer mit der Zeit
entladen und in weitem Umfang eben von Laien getan
werden könne. Auch Perfonalgemeinde und parochiale
Arbeit brauchten fich nicht anzufchließen, ebenfowenig
Evangelifation und Gemeindearbeit. Der Gemeindetag
trete nicht für eine fchematifche Ordnung ein, fondern
fordere Gemeindearbeit unter eladifcher Anpaffung an
die jeweiligen, tatfachlichen Verhältniffe. Er vertrete die
Notwendigkeit nicht bloß der Wortverkündigung, fondern
auch des Tatzeugniffes. — Die ausgefprochenen Gedanken
verdienen die forgfältigde Erwägung, lie können
vielleicht noch mancherlei Ergänzungen finden. Im
letzten Grunde wird es aber nicht darauf ankommen, j
daß man fich über eine einheitliche Formel verdändigt, J
fondern daß ein jeder an feiner Stelle die vorhandenen
Bedürfniffe empfindet und ihnen mit zäher Treue zu ge- 1
nügen fucht. Letzlich gilt hier 1. Kor. 3, 6.

Frankfurt a. Main. W. Bornemann.

Eberhard, Schuirat: Die jüngfte Jugendbewegung. Tatbeftände u.
Unterfuchgn. (Beihefte zur Zeitfehr., Scharrende Arbeit u. Kunft
in der Schule' Nr. 76.) (43 S.) gr. 8». Prag, Schulwiffenfchaftl.
Verl. A. Haare 1917. M. 1.20

Eine fehr verdienftvolle Schrift. Die durch Wyneken und feinen
,Anfang' einerfeits, durch den .Wandervogel' und die ,freideutfche
Jugend' andererfeits gekennzeichnete Bewegung, insbefondere die
Entwicklungsftufen der Verfammlungen auf dem Hohen Meißner,
zu München und Marburg, werden hier lichtvoll dargeftellt und
warmherzig, vorurteilsfrei und befonnen beurteilt. Ich wünfche,
der Schrift viele Lefer, da fie von den Hoffnungen und Gefahren,
jedenfalls von der großen Bedeutung diefer Bewegung überzeugt
Hannover-Kleefeld. Schufter.

Lohr, Dr. theol. et iur. et phil. Jofeph: Das Preußifche Allgemeine
Landrecht und die kathoülchen Kirchengelell-
Fchaften. (Veröffentlgn. d. Görres-Gefellfch. Sektion f.
Rechts- u. Sozialwiff. 31. Heft.) (X, 152 S.) gr. 8°.
Paderborn, F. Schöningh 1917. M. 6—

Diefe Unterfuchung behandelt ein ebenfo fchwieriges,
wie intereffantes Problem. Sie legt die Gedankengänge
des Allgemeinen Landrechts über die rechtliche Stellung
der Kirchengefellfchaften, insbefondere der katholifchen
Kirchengefellfchaft dar. Mit Recht geht der Verfaffer
von den Theorien des Naturrechts über Staat und
Kirche und das Verhältnis der beiden Gewalten zueinander
aus. Denn von diefem Geifte ift bekanntlich das Allgemeine
Landrecht beherrfcht und nur von ihm aus ift
es zu erklären. Nach einer kurzen Skizze des vorlandrechtlichen
Rechtszuftandes, in welcher befonders das
Wöllnerfche Religionsedikt (1788) gewürdigt wird, geht
der Verf. zu feinem eigentlichen Gegenftande über und j
gruppiert denfelben nach folgenden Gefichtspunkten: Die
rechtliche Natur der Kirche, dieRechtsftellung der Kirchengefellfchaft
as folcher(Gemeine),dieRechtsftellung derwelt-
lichen Mitglieder der Kirchengefellfchaft, die Rechtsftellung ]
der Geiftlichen in der Kirchengefellfchaft, die Kirchenge- |
fellfchaft und ihre Oberen. — Man kann der gelehrten und j
fcharffinnigen Unterfuchung nur volles Lob fpenden.
Erlangen. Emil Sehling.

Gyr, D. Hans: Die Pfarreiteilung nach kirchlichem u. ftaat-
lichem Rechte. (XVI, 223 S.) gr. 8°. Einfiedeln,
Benziger & Co. 1916. M. 4.60

Die Pfarreiteilung (divisio) ift ein in Gefetzgebung
und Literatur auffallenderweife recht ftiefmütterlich behandeltes
Kapitel des praktilchen Kirchenrechts. Auch
die neuefte gefetzgeberifche Regelung, des Codex iuris
canonici, Benedikts XV. begnügt fich mit wenigen kurzen
Beftimmungen. Um fo anerkennenswerter ift daher
der Verfuch des Verf., diefe Lücke auszufüllen. Er tut
dies zwar in erfter Linie für die fchweizerilchen Verhältniffe
; da er aber, mangels eigener Gefetze, fich auch hier
nur auf allgemeine Rechtsgrundfätze und das kanonifche
Recht ftützt und die Literatur des katholifchen Kirchenrechts
im breiteften Maße zugrunde legt, fo find feine
Ausführungen auch von Wert für das Kirchenrecht im
allgemeinen und nicht bloß für dasjenige der Schweiz.
Und auch für die Auslegung der neueften kirchlichen
Kodifikation, die Verf. noch nicht kannte, und die, wie
fchon bemerkt, fehr kurz gehalten ift, fowie für die
künftige praktifche Behandlung des Inftituts find feine
gründlichen und fachgemäßen Erörterungen von bleibendem
Werte.

Erlangen. Emil Sehling.

Bra kebufch. Paft. Herbert: An alle, die noch glauben und bekennen.

Ein Aufruf zur Reformation unferer luther. Kirche. (72 S.)
8". Braunfchweig, Wagner 1917. M. 1.20

Schlegtendal, Pfr. Robert: Von der Freiheit der Kirche. Auch
e. Gabe zum 400jähr.Jubiläum der Reformation. (16 S.) Berlin-
Lichterfelde, E. Runge 1917. M. —40
Nach B.'s Überzeugung leben wir längft nicht mehr in der
Kirche der Reformation, fondern in der fich immer mehr demo-
kratifierenten Kirche der Revolution. Stand fchon die den Katholizismus
kennzeichnende Hereinnahme der Maden in die Kirche
in Widerfpruch zu der rein geiftlichen Kirche der Heiligen des
Neuen Teftaments fund Luthers — vgl. Deutrehe MefTe!) fo war
diefe auch von den Reformationskirchen beibehaltene Hereinnahme
der Mafien in die Kirche immer noch halbwegs erträglich,
folange diefe Mafien in die Zucht des Wortes Gottes genommen
wurden. Aber Marienkirchen ohne Zucht des Wortes Gottes, wie
wir fie jetzt haben, find vollendete Torheit oder vollendete Schlechtigkeit
. Es foll alles wieder in den wahrhaft chriftlichen Stand
des freien Gehorfams der Gläubigen gegen Gott und fein Wort
gefetzt werden, und diefe Freiwilligkeitskirche der Gläubigen foll
dann die von fich ausfeh ließen können, die nicht wirkliche Himmels-
fehnfucht haben, nicht von Sünden lallen und fich zu Kirche und
Gottes Wort halten wollen und nicht die Augsburger Konfeffion
oder wenigftens die drei Artikel Wort für Wort bekennen. Wie
fich B. eine auf diefen Grundfätzen ruhende kirchliche Organi-
fation denkt, will er in einer weiteren Schrift entwickeln. Bezüglich
der nicht zur Kirche Gottes gehörenden Maffe muß der
Staat fehen, wie er mit feinen Zucht- und Gewaltmitteln mit ihr
fertig wird. — Umgekehrt meint Schi., der Verfuch, die Glieder
der Gemeinde Chrifti in Bekehrte und Unbekehrte, Gläubige und
Ungläubige zu teilen, fei eine Verfündigung an der Gemeinde.
Das Werk der Reformation muß in der Kirche von heute dadurch
zur Geltung kommen, daß jeder in der Kirche den Geilt unein-
gerchränkter Wahrhaftigkeit und Freiheit auch gegenüber den
Regierern der Kirche fich auswirken läßt Daneben foll die Kirche
achtgeben, daß ihr das kirchliche Vereinswefen nicht zu einem
Krebsfehaden wird.
Halle a S. . K. Eger.

Lohmann, Ernft: Militibus Chrifti. Einige Satze vom ,Beflerpre-
digen'. (Hefte des Paftoren-Gebetsbundes. I.) (31 s.) gr. 8».
Marburg, Reichsverlag (1917). M. — 60

Im Anfchluß an einige Gemeinplätze militärifcher Ordnung
werden einige Sätze vom ,BeiTerpredigen' befprochen. Gewifiens-
ermahnungen — gewiß wertvoll für folche Pfarrer, die doch ein
Handbuch der praktifchen Theologie oder eine Homiletik nicht
mehr zur Hand nehmen, wo fie das alles auch finden. Von Gottes
Geift und Kraft erfüllt fein — richtig fprechen lernen (natürlich
und deutlich), einen beftimmten Predigtwillen haben, die Zuhörer
kennen und fich gewiilenhaft vorbereiten (Gebet,Wirklichkeiten und
Tatrachen darlegen) und gut gliedern. Das find die Punkte die
Lohmann herausgreift und den Predigern von Neuem ins Gewiffen
fchiebt. Vielleicht findet folch' kurze Zufammenfailung bei
manchem eher Gehör als eine gründliche Behandlung.
Greifswald. Ed. von der Goltz.