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Ausgabe:

1919

Spalte:

210

Autor/Hrsg.:

Müller, Johannes

Titel/Untertitel:

Die Reden Jesu verdeutscht und vergegenwärtigt. 3. Bd. Vom Vater im Himmel 1919

Rezensent:

Niebergall, Friedrich

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2CX)

Theologifche Literaturzeitung 1919 Nr. 17/18.

210

falls in diefer Zeitfchrift von mir angezeigten Srhriftchen
von Kropatfchek. — Die Erörterung der einfchlägigen
Fragen ift eine biblifch nüchterne. So ifl das Buch mit
feinem durchaus populären Zufchnitt ein gutes Mittel
gegen a lerlei fektiererifche Üüerlpanntheiten.

Gnadenfeld. Th. Steinmann.

Feine, Geh. Konf. Rat Prof. D. Dr. Paul: Die Gegenwart und das
Ende der Dinge. (40 S.) SA Leipzig, A. Deichen 1918. M. 1 -

wie Auguftin glaubten nicht an dauernden Frieden in diefer Welt.
Freilich bleibt auch nach Kr. jeder Krieg, auch der glücklichfte"
ein großes Übel. Dem Hinweis darauf, daß das Ziel, das lieh
die Chnftenheit von Anfang an Reckte, auf Erden überhaupt nicht
zu erreichen ift, läßt Pch allerdings entgegen halten: dieUrchriften-
heit erwartete ein Reich Gottes auf Erden; erwarten wir das Reich
Gottes fo nicht mehr, ilt es für uns jenfeitiger geworden, erhoffen
wir nicht mehr, daß Gott bald wunderbar das Leben auf
diefer Erde umgeftalten wird, fo find wir um To mehr verpflichtet
, unl'ererfeits die Verhältniffe auf Erden möglichft zu belfern.
Die Art, wie Kr. ,die natürlichen Ordnungen diefer Welt' als

des (ich vorbereitenden Endes zu erblicken. Nichtsdeftoweniger
follen wir nüchtern bleiben.

Die jetzt zum Gegenteil neigen, werden vom Verf. natürlich
mit viel Richtigem über die biblil'che Weiafagung belehrt. Aber
ich muß es bedauern, daß er den Aberglauben eines Lukis teilt.
Ein gewiffes '.laß des Urteils, wie wir die zukünflige Erde zu
denken haben, hätten wir am Au'ei ftehungsleibe Jefu, der berührt
werden wandern, effen, trinken, Fleifch und Knochen fehen laffen
konnte.' In alle dem ftimmten die neuteftamentlichen Zeugen
überein (!)•

So ift mir die Aufgabe des Theologen, gerade in der Gegenwart
zu eschatologil'cher Abftinenz und kritil'cher Schriftbetrachtung
zu e:ziehen, om Verf. nicht genug gelöft.
Leipzig. K. Thieme.

zialpolitik gemißbraucht werden. Wer hier Vorbehalte macht,
wird doch gern lefen, was ein Vaterlandsfreund mit heißem Herzen,
nüchternem Verftand und in kräftiger Sprache dargelegt hat
Kiel. H. Mulert.

Heymans, Prof. Dr. G.: Einführung in die Ethik auf Grundlage
der Erfahrung. (VII, 319 S.) gr. 8H. Leipzig,
J. A. Barth 1914. M 8.60, geb. M. 9.60

Die Aprioritat des Sittlichen beftatigt diefes bedeutende
Werk, das eine Einführung für Anlänger übrigens
nicht ift, durch Anwendung der empirifch-analytifchen
Methode. Auf die fcharffinnig analyfierte Erfahrung des
fitthchen Urteilens begründet es eine intereffante ,0b-
jektivitatstheone'.

Die Einleitung erinnert die thenlogi'che E'hik daran, daß ,gut
unabhängig von den göttlichen Gebo'en kra ! der eigenen Einficht gelten
muß, und eiledigt Einwände gegen jene Methode wie z B. die Ver-
fchiedenbeit der fittlicben Ur'eile. Das haupllächlich plychologiiche
1. Kap. ,Die tätliche Beurteilung im allgemeinen benimmt als ihren
Gegeniland den Charakter und die en als die Ce amtheit der Neigungen
eines Individuums in ihren gegen ei gen Stärkcv<rh..ltniflen. Beachtenswert
- iß die Einordnung der Pflich treue, der ,Ptl ch neigu g' unter die
Neigungen, indem das Wort Neigung in einer allgemeineren als der
üblichen Bedeutung genommen wird, fo daß al o Pllicht und Neigung
in keiner W ie mehr einen Gegen a'z bild n. Die v eig'ungen leieu
aile dauernden leeli eben Anlagen kraft deren die einzelnen momentan
gegebenen Ziclvorltellungen oder Motive auf ihre Verwirklichung gerichtete
Wün che auslö en Im 2. Kap. .Die Kriterien der üblichen Beurteilung
' werden die telcologifcben Hypotheken treffend kri'iliert und
unter den intui'ivifti chen wird auch der t'rlichttheorie, die hei der eigenen
rittlichen Vollkommenheit des Sub,ek's ftehen bleibe, die Objektivitätstheorie
vorgezogen.

Ihr kategorifcher Imperativ .wolle und handle mög-
lichft objektivl' bedeutet, d iß ich, ft.itt für engbefchiänkte,
fubjektiv bedingte, perfonlich gefärbte Motive empfänglich
zu fein, in rein .fachlicher Gefinnung' überall die Dinge
aus dem weitefteu für mich erreichbaren Gefichtspui kte
betrachtend, der objektiven Sachlage, uberindividuellen,
univerfellen Gefichtspunkten gemäß jede Perlon, jedes
Dino-, jedes Verhältnis nach ihrem eigenen Werte unparteilich
behandeln Poll. Alfo eine der neuerdings auf-

gellellten _ von Theologen vgl. Wendts Pflichtbuch -

Sachlichkeitstheorien. Ihre be ertränkte Richtigkeit zeigt
z. B. der Satz S. 259 ,Der Egoismus ift unbedingt -,

und in letzter Inftanz ift nichts anderes als der Egoismus Heidelberg F Niebero-all

fitthch zu verwerfen'. Doch ich kann nur noch aus dem
letzten Kap. ,Die Anwendung im Leben' die Predigt der
Gerechtigkeit in §29 ,uie Beurteilung anderer'empfehlen
und notieren, daß im Schlußparagraph ,Die Selbfterztehung
der Menlchheif auf die Ehewahl im Sinne einer fitthchen
Auslele gehofft wird.

Leipzig. K. Thieme.

Müller, Johs.: Die Reden Jefu verdeutfeht u. vergegenwärtigt
. 3. Bd. Vom Vater im Himmel. (X, 3C9 S.j 8°.
München, C.H.Beck 1918. Geb. M. Ö.50

Es ift doch viel Urfprüngliches in J. Müller, wenn
feine Gedanken in zahllofen Banden verbreitet werden
und trotz aller Wiederholungen immer wieder anziehen
und nicht loslaffen. Hier handelt er im Anfchluü an
ausgewählte Stellen der fynoptifchen Evangelien vom
himmlifchen Va:er, von den Kindern Gottes, vom Glauben
und vom Gebet. In drei Gruppen könnte man die
Gedanken lammein. In immer neuen Wendungen dicht
er einen Eindruck von dem zu geben, was ihm Gott
ift. Dabei ftrebt er danach, hohe Wert- und Idealgedanken
zu vereinigen mit folchen, die einem — lägen wir —
naturphilofophilchen Denken entfprechen: die ungeheure
Lebenskraft, die die Schöpfung durchbrauft, das ewig
flutende Leben, das Urgeheunnis alles Seins, das Dahinter
hinter al en Vorgängen der Welt; es ift fpürbar befonders
in dem Wiederherftellungsdrang der Schöpfung und in
ihrer Reaktion auf äußere Eindrücke, wie z. B. das Gebet
eine folche Gegenbewegung in ihm hervorruft, die wir Er-
hö rung nennen. — Dieler Gott ift nur im Erleben zu faffen.
Begriffe find nur Fingerzeige auf folcb.es hin; Glaube ift
darum eignes Spuren deffen, was .dahinter' ift, ein Taft-
finn der Seele für Gott, feelifche Fühlung mit ihm. Er
fpurt in allen Vorgängen die Stöße feines Willens, liebt
jede Situation als das uns zugekehrte Antlitz des Vaters,
und nimmt die Ausftrahlungen feines Wefens auf, um fie
weiter zu geben. — So kommt zur Auswirkung, was die
Welt im Inneiften zulämmenhält. Man wird zu einer Zelle
in der großen Merifchwerdung, und was man tut, tut man
aus ui fprung ichem Empfinden heraus. Man wird die
Tyrannei der Dinge los und begründet fein ganzes inneres
Dafein in einem außerweltlichen Bereiche. Man forgt
nicht mehr, weil man das Alltägliche nicht überfchätzt,
und man vermag fleh mit feinem Willen ganz in den
Zufammenhang des Gefchehens hineinzuftellen. So ftellt
fleh das urfprünglich Gute der Menfchennatur wieder her,
weil ja die Sünde doch nur auf einer Entartung beruht
, wie die fo häufige Vorftlbe Ver- in Wörtern andeutet
, die etwas ihr Ähnliches bezeichnen.

Zu Mullers Gedankenwelt hat fchon jeder Stellung
genommen, der ihn kennt; es erübrigt fleh darum, eine
Kritik diefer jedenfalls eigenartigen nnd wirkungsvollen
Gedanken.

Kremers, PFr. Herrn.: Pazifismus, Papft'um und Evangelium. (43 S.)

gr. 8". Berlin, Säemann-Verlag 1918 M 1 -

Nicht nur die p'ipftlichen Frie Jensvermittlungsverfuche, fondern
allen Pazifismus bekämpft Kr., teils aus hiftorifchen Gründen
(die Erfahrung zeige, daß der Pazifismus den Unfrieden mehrt),
teils aus prinzipiellen: allgemein ethifche und fpezififch chrift-
liche Gedanken widerftreiten ihm; auch katholifche Autoritäten

Die Durchführung des Gemeindegedankens in groflftädtifchen
Gemeinden. Bedenken u. Entgegnungen v. Johs E<rer
Oito Großmann, Woldemar Macholz, Otto Dibe-
lius u. Martin Schi an. Hrsg. v. Pfr. D. A. Stock.
(Hefte des Deutfchen Evangelifchen Gemeindetages
Nr. 7.) (24 S.) gr. 8°. Leipzig, J. C. Hinrichs 1917.

M. — 60

Eine Schrift, die in Pfarrerkreifen und Gemeinde-
verfammlungen verbreitet und befprochen werden füllte.
Sie beleuchtet die Frage, ob das Programm, das der
Deutfche evangelilche Gemeindetag aufgeftellt hat, in
Großftadtgemeinden durchführbar ift, von beiden Seiten.