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Ausgabe:

1918

Spalte:

145-147

Autor/Hrsg.:

Lüttge, Willy

Titel/Untertitel:

Christentum und Buddhismus 1918

Rezensent:

Oldenberg, Hermann

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Theologische Literaturzeitung

Begründet von Emil Schürer und Adolf Harnack

Fortgeführt von Professor D. Arthur Titius und Professor D. Hermann Schuster

Jährlich 26 Nrn. Vorlag: J. C. Hinrichs'fche Buchhandlung Leipzig Halbjährlich IO Mark

_ Manufkripte und gelehrte Mitteilungen find ausfchließlich an „ . _

43. Jahrg. Nr. 12 13. Profeiror E>. Titius inGöttingen .Nikolausberger Weg 66, zu fenden. 29. JUIH 1918

Ö *■*« A" Kezenfionsezemplare ausfchließlich an den Verlag.-

Liittge, Chriftentum und Buddhismus (Olden- ; Haeringen, De Augustini ante baptismum
berg). rusticantis operibus (Scheel).

Rofchcr, Die Zahl 50 in Mythus, Epos, Kultus Rüting, Unterfuchungen über Auguftins
u. Taktik (Schwally). Quaeftiones und Locutiones in Heptateuchum

Unfere religiöfen Erzieher hrsg. von Bell
(Schufter).

Achad-Haam: Am Scheidewege (Bifchoft".

Fi7cn;";rifaVas"40-55 «"d die Ferikopen vom - (Scheel). ~~ ^ G<*en(tand

Gottesknecht (Meinhold) ' Prutz, Neue Studien zur Gefchichte der Jung. SiXecT^V^^ in unterer Be-

Schmidt Pfalmen deutfch (Gunkeli. I frau von Orleans (Hafenclever). I ft. ' /v0 ZV . ,

K Weiß Exegetiiches zur Irrtumsioligkeit und ! Reformationsfchriften (W. Köhler). mmmung (Wobberminj.

Eschatölogie Jefu Chrifti (W. Bauer). ; Die Reformation im Herzogtum Gotha, in I Schneider, Religion als Erlahrung am .Worte

Ebbing, Het eeuwige leven bij Paulus! Sachfen-Weimar-Eifenach und in Sacblen-Mei- .. Gottes' nacb Luther (Hirfch).

(Windifch). ningen (O. Clemen). i v°8el. Wer zu mir kommt, den wird nicht

Piatons Dialoge, überf. v. Apelt (Goedecke- Eickholt, Roms letzte Tage unter der Tiara I "ungern INiebergallj.

meyeri (Mirbt). | Mitteilung: 3. Geheimrat Profcftor D. Friedricli

Heulfi, Unterfuchungen zu Nilus dem Asketen Wurfter, Hundert Jahre Predigeranftalt in Loofs in Halle.

(H. Koch). | Tübingen (v. d. Goltz). 1 Wichtige Rezenfionen. — Neuefte Literatur.

Liittge, Priv.-Doz. Lic. Willy: Chriltentum und Buddhismus
. Eine Studie zur Geifteskultur des Oftens und
des Weftens. (IV, 50 S.) gr. 8°. Göttingen, Vanden-
hoeck & Ruprecht 1916. M. 1.50

Über ein vielbehandeltes Thema eine neue Schrift,
wohl die meiften ihrer Vorgängerinnen überragend, voll
ernfter Gedankenarbeit, erfreuend durch weitblickendes
Überfchauen der gefchichtlichen Entwicklungslinien und
durch ernftes Streben nach Unparteilichkeit. Der gegenwärtige
Berichterftatter, als mit buddhiftifchen Forfchungen
befchäftigter Indolog, kann allein von der einen der
beiden in Betracht kommenden Seiten fich über die
Arbeit — oder wenigftens über einen Teil ihres reichen
Inhalts — äußern.

lebens zu verföhnen fich bemühen, betont der Vf. ,das
mönchifche, asketifche Ideal in feiner Größe und Schroffheit
, in feiner völligen Weltferne und Weltverleugnung-.
Wenn nun im Gefetz des .Karman' (der Wiedervergeltung
der guten oder böfen Taten) eine fittliche Macht das
Gefchehen in diefer Welt regiert, fo entfteht die Frage,
die der Vf. mit Recht hervorhebt: ,Wie kann in einer
Welt der Nichtigkeit und Vergänglichkeit, in der alle
Vernunft als ein Letztes und Höchftes nur die Einficht
in die Unvernunft und Sinnwidrigkeit alles Seins erreichen
kann, fittliche Vernunft Weltgefetz fein . . . diefe innere
Notwendigkeit des Sittlichen in der Welt eines abfoluten
Peffimismus?' L. berührt fich hier mit Gedankengängen,
die ich vor nicht langer Zeit in meiner .Lehre der Upa-

Drei an verfchiedenen Stellen erfchienene Aufiatze . uisaden und Anlangen des Buddhismus' (S. 313 f.) verfolgt
find aneinander gereiht (Das religiöfe Problem. Die fitt- [ habe. Im Verhalten der Welt des Gefchehens zum ewigen
liehe Welt. Religion und Peffimismus): nicht gerade gün- i Ideal tritt eine Antinomie auf. Einerfeits fällt jener Welt
ftig für die Gefamtwirkung; man hätte einheitlichen, das i die Rolle zu, jeder auf das Ideal fich richtenden Be-
Ganze beherrfchenden Grundplan gewünfeht. ,Wie ein ; wegung feindlich zu widerftreben: man denke an die
Wandrer', fo befchreibt der Vf. mit einem fchönen Ver- j Geftalt des Fürften der Welt, Märas des Böfen. Auf
gleich leine Stellung zu feiner Aufgabe, ,die Bergwelt j der andern Seite aber fördert der Weltlauf auch wieder
feiner Heimat verläßt und andre Gebirgszüge durchftreift, 1 das Erlöfungsftreben und die Erlöfungsftrebenden. Daß
— er kann feine Täler und Höhen nicht vergeffen und , der zum Buddha Werdende durch zahllofe Aeonen feinem

doch wird er mit klarem Auge andere, fremde Schönheit
und Größe in fich aufnehmen und durch behutfame Ver-
gleichung das Hier und das Dort tiefer verftehen und
würdigen'. Mir fcheint nun, daß er, um bei diefem VerZiel
fich hat nähern können, ifi durch das Karmangefetz
bedingt, das hier in den Dienft weltverneinenden Er-
löfungsftrebens getreten ifi. .Darin, daß das Weltleben
dem Buddhismus als fähig erfcheint, das vollendete Dafein

gleich zu bleiben, die Eigenart der fremden Landfchaft , Heiliger hervorzubringen, hat man einen gewiffen Opti
in der Tat mit reinem, klarem Blick glücklich erfaßt hat. ' mismus des Werturteils über die Welt gefunden' — beim
Mittelpunkt der buddhiftifchen Gedankenwelt fieht er merkte ich und fand in dem unvermittelten, doch ge-
das Ziel der Erlöfung flehen — Erlöfung vom Leben an fchichtlich leicht zu begreifenden Nebeneinander diefes
fich, vom Werden und Vergehen des Welttreibens: denn Optimismus und des allwaltenden Peffimismus, ,daß der
Leben ifi Leiden. Wenn nun auf die Frage nach dem ; Buddhismus das Verhältnis der beiden Dafeinsordnungen
Wefen jenes Ziels das Schlagwort Nirvana antwortet, fo ; (der diesfeitigen und der jenfeitigen) in vollem Zufammen-
nimmt dem vielumftrittenen Nirvanaproblem gegenüber bang durchdenken nicht gekonnt und vor allem nicht
der Vf., fcheint mir, durchaus die richtige Stellung ein I gewollt hat'. Vielleicht dürfen diefe Sätze auf Zuftimmung
und hebt das Wefentliche zutreffend hervor, indem er auch Lüttges rechnen. —

fagt: ,Was diefes Nirvana metaphyfifch ifi, Sein oder Nicht- Von einigen Kleinigkeiten, gegen die der Indolog

fein, darüber gibt der urfprüngliche Buddhismus keine Bedenken erheben wird, unterlaffe ich zu fprechen. Die
Auskunft. Eins ifi not: alle Regungen des Willens zum Lektüre der Schrift ifi nicht immer ganz leicht. Ich habe
Schweigen zu bringen. Wer aber diefes Ziel erreicht die Empfindung, als wenn an manchen Stellen der Ge-
hat: — da endet alles Fragen.' .Alle Stimmen der Welt danke einfacher und durchfichtiger hätte ausgedrückt
übertönt das große Schweigen der Wiffenden und Ein- werden können. Darf ich fchließlich eine Äußerlichkeit
famen, der Reifen und Freien'. In wohltuendem Gegen- j in den fchriftftellerifchen Gewohnheiten des Vf. erwähnen,
fatz zu verbreiteten modernen Beftrebungen, die das ! die ich wegwünfehen oder wenigftens zurückgedrängt

buddhiftifche Wefen mit den Bedürfniffen des Alltags- ; fehen möchte? Es ift feine Zitierfreudigkeit, feine Neigung