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Ausgabe:

1918

Spalte:

111-113

Titel/Untertitel:

Zum 400jährigen Gedächtnis der deutschen Reformation 1918

Rezensent:

Kawerau, Gustav

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III

Theologifche Literaturzeitung 1918 Nr. 8/9.

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zu wünfchen, daß er mehr Erläuterungen gebe. Z. B. j fätze, zu denen noch manche in andern Abfchnitten fachwären
die Beziehungen zum Klofter Reichenau und deffen j lieh dazugehören. Durch knappe Inhaltsangaben macht
reformationsfreundlichen Mönchen, zu denen Onofredus ge- i er, wo der vom Verf. gewählte Titel es nicht von felbft
hört haben wird, noch klarzuftellen (S. 16). Theophraftus war j klar macht, denLefer darauf aufmerkfam, was er in dem
ein geiftvoller,frommer Mann, dem aber das Verftändnis für betr. Auffatz finden kann. Manches in Vergeffenheit Ge-
die Wirklichkeit der Dinge abging, und der fich weder in die ' ratene wird dadurch in Erinnerung gebracht, dem For-
Reformatoren noch in ihre Gegner finden konnte. Schön j fcher aber wird manche Mühe, den Jahrgang zu ermitteln,
ift feine Äußerung über die Pflichten des Arztes, merk- | in dem ein Auffatz einft erfchienen ift, dadurch erfpart.

würdig der Miffionsgedanke (45,42). Wotfchke gibt den

tarier Polens'. Er geht von der Behauptung lutherifcher

Die Feftgabe eröffnet (S. 1—60) ein Auffatz W. Köhlers

erften Teil feiner Abhandlung .Wittenberg und die Uni- über den gegenwärtigen Stand der Lutherforfchung —

nicht eine lückenlofe Regiftrierung der Literatur, fon-

Theologen aus, daß nur vom reformierten Bekenntnis aus i dern eine Befprechung des ihm bedeutfam Erfcheinenden:
Überertritte zum Sozinianismus erfolgen können. Tatfäch- Lutherausgaben, Einzelabfchnitte der Lutherbiographie
lieh haben faft alle, die unter den Unitariern in Polen eine und Arbeiten zu Luthers Theologie. Der Weim. Ausg.
führende Stellung einnahmen, in der Leucorea ftudiert. Er I gilt die Befprechung zunächft, in Anerkennung des Gegibt
dann aus Briefen und Schriften reichlich Nachweife für j leifteten, Befprechung der erft allmählich erkannten und
feinen Satz und zeigt, wie man in Wittenberg das Bedürf- 1 überwundenen unausreichenden Vorbereitungsarbeiten
nis fühlte, die Unitarier in Disputationen zu bekämpfen, und in Ausfprache von allerlei Defiderien. Ich bemerke
wenn man wohl auch einmal fühlte, eine folche Disputation I zu feinem Wunfeh einer durchgehenden ftärkeren Berückkönnte
gefährlich werden. Fr. Behrendzeigt die verfchie
denen Formen, in denen die Leidensgefchichte des Herrn
von Luthers Erfcheinen auf dem Reichstag in Worms
an bis in den Dreißigjährigen Krieg als fcharfe Waffe
im politifchen Kampf verwendet wurde. In dem kleinen
Art., Zur Charakteriftik des Landgrafen Philipp von Heffen'
beftreitet Ref. gegen Köftlin—Kawerau 2, 134, daß Luther
Tifchreden W. A., 627 fagen will, in Marburg habe Philipp
wie fpielend die fchwerften Gedanken gewoben, (texit!),
und dabei fei er wie ein Stallbub herumgegangen. Vielmehr

fichtigung der theolog. Intereffen, indem dem germanifti-
fchen Leiter ein Theologe zur Seite geftellt werden müffe,
daß z. B. bei den Tifchredenbänden dem Herausgeber
ein theol. Beirat nicht fehlt, nicht nur zur Nachweifung
von Bibelzitaten und Anfpielungen auf Bibelworte. Für
die noch ausftehende Ausgabe der Briefe hat es fich
nie darum gehandelt, nur Ergänzungen zu der Enders-
fchen Ausg. zu liefern; fraglich ift nur, in welchem Umfang
auch Briefe an Luther abgedruckt werden Pollen,
von denen ein leicht zugänglicher Druck vorliegt. Daß

will Luther fagen, Ph. trat gar befcheiden fchon in feinem ! übrigens K. S. 13 berichtet, ich hätte bei Enders erft die

Äußern auf, ohne fürftliche Pracht zu entfalten, und war j Briefe bis November 1542, alfo bis Bd. XIV, 1912, her-

ftets bereit, den Theologen Dienfte zu leiften, wie ein j ausgegeben, ihm alfo das Erfcheinen von Bd. XV, 1914,

Stallbube dem Reiter das Pferd hält. Spielend mit den 1 und Bd. XVI, 1915, entgangen ift, bedauere ich fehr.

fchwierigften Fragen wußte er fie zuzudecken, um nicht
zu fagen zu begraben. Das hält Luther für die Art der
Großen in der Welt. Sie regen gefchwind Gedanken an,
aber gehen nicht tiefer darauf ein, fondern fchneiden
gleich wieder ab. In diefen Zufammenhang paßt das
Gefpräch mit Melanchthon über die Jurisdiktion des Mainzers
allein. Zum Schluß noch einige Vorfchläge: 27,38

Erft feit 1915 haben die Druckfchwierigkeiten zu einem
Aufenthalt geführt. Daß K. im übrigen zu Biographie
und Theologie die Partien befonders berückfichtigt, bei
denen er felbft an der Debatte beteiligt war, ift begreiflich
. Von den von Degering entdeckten Briefen möchte
er den von 1501 vonMartinus Viropolitanus für Luther in
Anfpruch nehmen trotz der Schwierigkeit, die dann be-

1. prebens ftatt probeas. 35,41 ift die Einfügung von | treffs der Burfe, in die er eintrat, entfteht; oder ihr Verf.
und unberechtigt. 44,1 fehlt wohl nach kaim trawt. 82,26 müffe ein anderer Martinus aus Mansfeld gewefen fein.
1. ftatt da die. 83,7 1. lenfkorn. 91,38 eingefchliefft hat.
114,4 feinem gleichen, 118,20 koftffeyen, 119.26 laden ftatt
laufen, 122,41 ruwe, 148,10 Weingarten ftatt Weinsberg,
217,20 Jacobi IV, 239,2 laboro, Z. 5 ift sua Sathana Ecks
Konkubine? 240,12: Wer ift Huldricus und frater Gaius
hospes. Was find literae veredariae 247,15.
Stuttgart. G. Boffert.

Zum 400jährigen Gedächtnis der deutichen Reformation. Feftgabe
der Zeitfchrift f. Kirchengefchichte (37. Bd., 1. u.
2. Heft). (III, 270 S.) gr. 80. Gotha, F. A. Perthes
1917. M. 10 —

Gleich der Leitung der Weimarer Luther-Ausgabe
hat auch der Herausgeber der Zeitfchrift f. KG. eine
Feftfchrift ausgehen laffen, die in diefer als Bd. 37 Heft
1/2 erfchienen ift, aber auch felbftändig als ,Feftgabe' ausgeht
. War doch der Begründer der ZKG Th. Brieger
Reformationshiftoriker; daher diente feine Zeitfchrift von
Anfang an in befonderem Maße reformationsgefchicht-
licher Forfchung. Die auf diefem Gebiete arbeiteten,
trugen Brieger ihre Forfchungen zu, wenn auch durch
Köftlin die Th. St. Kr. auch ftets für Arbeiten, die der
Lutherforfchung dienten, offen ftanden und fpäter durch
Friedensburgs Archiv f. R.G. ein eigenes Organ dafür
gefchaffen wurde. Wie groß der Anteil der ZKG an
der reformationsgefchichtlichen Forfchung gewefen ift,
zeigt der überaus nützliche Beitrag, den Beß felbft zu
diefer Feftfchrift geliefert hat; S. 235—271 ordnet er nach
fachlichen Gefichtspunkten die mehr als 300 Beiträge,
die die Zeitfchrift in 36 Bänden zur Ref. Gefch. gebracht,
darunter unter dem Sammelnamen Luther allein 73 Auf-

Aber Viropolis fetzt doch zunächft nicht Mansfeld, fondern
Manftedt voraus. — Großzügig und gedankenreich behandelt
R. Seeberg die kirchengefchichtliche Bedeutung
der Reformation L.s (S. 61—88): ,die Reformation ift das
deutfehe Verftändnis des Chriftentums'; nichteine neue Periode
, fondern eine neue Epoche der Kirchengefchichte. In
minutiöferDetailforfchung bringtKalkoff feine P"orfchun-
gen über die Vollziehung der Bulle Exsurge (vgl. ZKG
35,i66ff.) zum Abfchluß; in diefem letzten Auffatz behandelt
er die Haltung der Bifchöfe von Eichftädt, Augsburg
, Regensburg und Wien zur Publikation und Vollziehung
der Bulle (S. 89—174). Alle früheren Forfcher
auf diefem Gebiete werden die überlegene Sachkennt-
nifieK.s anerkennen müffen. — Aus der Zeit von ca. 1688
teilt Loefche einen in Öfterreich entftandenen umfänglichen
,HöllenbrieP Luthers mit, der in der Einkleidung,
daß L. feinen Anhängern auf Erden Bericht gibt, warum
ihn die Bewohner des Himmels einmütig abgewiefen hätten,
fo ziemlich das ganze kath. Anklagematerial gegen ihn
in origineller Form, wenn auch fachlich den Schriften
der bekannten kath. Polemiker entnommen, vorträgt
(S. 175— 214). — In Analekten regt zunächft Buchwald
die Frage an, ob nicht für Erfurt als Tag der Priefter-
weihe Luthers ftatt Sonnabend vor Reminifcere (27. F"eb.)
nach Analogie der Merfeburger Termine der Ofterfonna-
bend (3. April) anzunehmen fei. Dann fchwinde das Befremden
, daß feine Primiz erft am 2. Mai ftattfand. In
einer zweiten Miszelle berichtet er über die Handbibel
des Friedr. Mykonius auf der Gothaer Bibliothek und ihre
wenig ergiebigen Randbemerkungen und Beilagen. Endlich
löft Degering S. 220—234 fein Verfprechen (vgl.