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Ausgabe:

1918

Spalte:

83-85

Autor/Hrsg.:

Krammer, Mario

Titel/Untertitel:

Das Kurfürstenkolleg von seinen Anfängen bis zum Zusammenschluß im Renser Kurverein des Jahres 1338 1918

Rezensent:

Lerche, Otto

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83 Theologifche Literaturzeitung 1918 Nr. 6/7. 84

kcit diefer frühen Datierung nicht los. Holl wäre der
Mann, um auch da Klarheit zu fchafifen.

Marburg. Ad. Jülich er.

Nebel, Arthur: Die Anfänge und die kirchliche Rechtsltellung
des Auguftinerchorherrenftifts St. Peter auf dem Lauterberge
. (Petersberg b. Halle.) (Diff. Halle-Wittenberg.)

(74 S.) gr. 8°. Halle 1916. | auch alle dies Thema behandelnden Schriften in diefer

Neuzeit, hrsg. v. K. Zeumer. Bd. V, Heft 1.) (XII,
319 S.) gr. 8°. Weimar, H. Böhlaus Nachf. M. 10.40
Die Gefchichte der deutfchen Königswahl und die
Entwickelung des Kurfürftenkollegs haben mehrfache Beziehungen
zur mittelalterlichen deutfchen Kirchengefchichte
aufzuweifen. Insbefondere ift von vielen Seiten häufig
das fakrale Moment der Königswahl, noch mehr der
Königseinfetzung und Königskrönung betont. So haben

Der Vf. behandelt in diefer Differtation lediglich das in
der Überfchrift umriffene Thema. Er hat zur gründlichen
Behandlung des Stoffes ausgedehnte archivalifche Quellen
und eine umfangreiche Literatur herangezogen, fodaß man
berechtigt fein durfte, an diefe neue Behandlung des Petersberges
größere Erwartungen zu ftellen. Denn darin darf
man mit dem Verf. übereinftimmen, wenn er feftftellt,
daß die älteren Werke, etwa C. R. Wichmanns Chronik
des Petersberges bei Halle (1857) den neueren Anforderungen
nicht mehr genügen. N. bemängelt an W.'s Arbeit
vor allem die Behandlung lediglich der äußeren Gefchichte
, während die kirchenrechtliche Stellung und die
innere Verfaffung nicht erörtert werden. Warum aber
hat N. feinen urfprünglichen Plan, die gefamte Ver-
faffungs-und Wirtfchaftsgefchichte des Stiftes zu behandeln,
nicht ausgeführt? Vielleicht wäre dadurch etwas brauchbares
entftanden. Was er fo bietet, macht geradezu einen

Zeitfchrift Erwähnung finden dürfen, wie das mit den
Arbeiten von Weife, Becker, Buchner und andren ge-
fchehen ift. Die Arbeit von Krammer, die fchon vor
geraumen Zeiten erfchienen ift, hat nach ihrer Veröffentlichung
keine Zuftimmung, gefunden, und auch die Zeit
bisher hat man wohl der fcharfen Kritik und der gewandten
Beweisführung Kr's Anerkennung gezollt, feine
Behauptungen aber hat man im allgemeinen abgelehnt.
Kr.'s Beweisführung ift befonders gegen Bloch und gegen
die von Buchner — in feinen in diefer Zeitfchrift vom Referenten
angekündigten Arbeiten — gemachten Darlegungen
fcharf und ablehnend. Aber Kr's Gegenbeweife find
— von einigen Berichtigungen abgefehen — nicht zwingend
und haben die von Bloch und Buchner feftgeftellten
Tatfachen nicht zu erfchüttern vermocht.

Kr. hat in feinen verfchiedenen Schriften, die dem
Thema in feinen mannigfaltigen Beziehungen gewidmet find,

kümmerlichen Eindruck. j vor allem drei Punkte behandelt: das Papfttum und das

Das Stift auf dem Petersberge bei Halle wurde von kanonifche Recht im Verhältnis zur deutfchen Königs-
den Wettinern auf eigenem Boden gegründet, reich aus- J wähl, die deutfche Königswahl in ihrer Eigenart mit ihren

geftattet und bald oder gleich nach der Gründung dem
Auguftinerchorherrenorden übervviefen. Seit 1127, in
welchem Jahre die Tradition des Stiftes an den römifchen
Stuhl erfolgte, ift alfo die Entwickelung des Stiftes die
eines Auguftinerchorherrenftiftes ohne Abweichungen: da
gleicht kirchenrechtlich ein Stift dem andern und nichts
bietet irgend ein befonderes Intereffe, wenn nicht außer

fymbolifchen Einfetzungsformen und fchließlich den neuen
Reichsgedanken der Staufer in feiner Einwirkung auf
die Königswahl. Mit diefem vorliegenden Buche gibt
Kr. einen vorläufigen zufammenfaffenden Abfchluß feiner
Arbeiten. Er teilt feinen Stoff in drei Abfchnitte: erftens
die Entftehung des Kurfürftenamts mit Betonung des frän-
kifchen Reichsgedankens durch Erzbifchof Adolf von

ordentliche Verhältniffe die Entwicklung beeinfluffen. Das 1 Köln. Dem fchließt fich an ein zweiter Abfchnitt über

ift für den Petersberg nicht der Fall.

Ohne Belang für die kirchenrechtliche Entwickelung
des Stiftes ift die Frage, ob auf dem Petersberge eine alte
vorchriftliche Kultftätte beftanden hat. N. behandelt diefe
Frage eingehend und ohne Erfolg, auch ohne rechtes
Gefchick. Die Gefchichte der Auguftinerchorherren und
ihrer Niederlaffungen in Deutfchland ift in der Tat noch
nicht genügend geklärt. N. macht große Anläufe, fie
eingehend zu erörtern: es bleibt aber doch bei recht wenig
belangreichen allgemeinen Mitteilungen. Das fchwierige
und intereffante Problem der Auguftinerregel ift nicht
einmal in feiner Größe und Bedeutung erkannt, und die
nebenfächliche Behandlung ift fehr bedauerlich. Ganz
verfagt der Vf. bei der Behandlung der päpftlichen Privilegierung
. Es handelt fich um zwei Privilegierungen:
1127 durch Honorius II. und 1202 durch Innocenz III;
beide Papfturkunden ftellen zugleich Beifpiele für die
Entwicklung des Privilegium commune für Auguftinerchorherren
dar. Beide Privilegien find in der Zeit ihrer Erteilung
der Gefamtinhalt päpftlicher Privilegierung für
Auguftinerftifte. Aber fie fallen auch in keiner Weife
irgendwie aus der Reihe, fie ftellen keine Sonderprivilegie-
rung für den Petersberg dar, fondern fie zeigen, daß die kirchenrechtliche
Entwickelung für den Petersberg mit der
Annahme der Auguftinerchorherrenregel eigentlich abge-
fchloffen war. Der Petersberg war fo exemt, wie jedes
andre Auguftinerchorherrenftift.

Viele Druckfehler und Flüchtigkeiten zeigen, daß der
Arbeit die letzte Durchficht gefehlt hat.

Leipzig. O. Lerche.

Krammer, Mario: Das Kurfürltenkolleg von feinen Anfängen
bis zum Zufammenfchluß im Renfer Kurverein
des Jahres 1338. (Quellen u. Studien zur Verfaffungs-
gefchichte des Deutfchen Reiches in Mittelalter U.

den Zufammenfchluß der Kurfürften zum Kurkolleg, zur
Korporation, durch Balduin von Trier veranlaßt. Mit
Balduins Politik und ihren Erfolgen war im organifierten
Kurkolleg dem Reiche neben dem Könige eine zweite
Spitze gegeben. In feiner Beeinfluffung des Kurkollegs
— dadurch daß er je nach Lage fich auf die Seite von
Mainz oder von Köln ftellte —. wollte Balduin feinem
Haufe die Krone fichern. Als ihm das nicht gelang, da
hatte er in Wirklichkeit durch das korporativ zufammen-
gefchloffene Kurkolleg dem Königtum einen Gegner ge-
fchaffen. Ein dritter Abfchnitt erörtert fodann das Verhalten
des Kurkollegs unter Ludwig dem Bayern. So
behandelt Kr. im wefentlichen die Vorgänge bei Wahl
und Krönung der deutfchen Könige von Mitte des 13.
Jhdts bis in die Mitte des 14. Jhdts. Aber er geht auch
auf frühere Dinge ein: grundlegend für ihn ift die ,erfte
konftitutive' Kur, die an Konrad IL vollzogen wurde, und
richtunggebend für das 13. Jhdt. wenigftens wurde nach
Kr. die 1198 von dem rheinifche Erzbifchof Adolf von Köln
vertretene .fränkifche Staatsidee', der deutfche König
fei auf fränkifchem Boden zu wählen. Wenn darin fchon
die ftammesherzogliche Quelle für das Kuramt angedeutet
zu fein fcheint, fo wird fpäter die erzamtliche
Theorie noch ausdrücklich abgelehnt. Weiterhin aber
wurde der fränkifche Reichsgedanke verdrängt durch
den Umftand, daß die römilche Kaiferwahl bald von
größerer Bedeutung als die deutfche Königswahl wurde.
Nun wählen die Fürften als Nachfolger des Senats von
Rom. An derartigen unglücklichen Formulierungen ift
das Buch reich: es ift mit folchen Aufftellungen wohl
einige Verwirrung anzurichten: beweifen aber läßt fich
hiermit nichts. Oft werden auch von Kr. Vermutungen
und Hypothefen aufgeftellt, mit denen der Lefer (ich
lange Zeit herumfchlagen muß, bis fchließlich die von
Kr. erörterte Hypothefe, die niemand bisher verfochten
hat, als unhaltbar dahingeftellt wird. Ganz neu, wenig-