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Ausgabe:

1918

Spalte:

65

Autor/Hrsg.:

Aufhauser, J. B.

Titel/Untertitel:

Feldseelsorge 1918

Rezensent:

Schian, Martin

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Seite 1

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intereflante Daten über die Verwendung katholifcher ! theologifchen Entwicklung einbiege, die vom Deismus
Theologen und Ordensglieder im Heeresdienft geben. 1 über die Autklärung zum Rationalismus führt' (S. 13f).
Priefter der Erzdiözefe Köln find nur in zwei Fällen als ! Mir fcheint, daß G. bei der Auffpürung und Wertung
Krankenpfleger eingezogen worden, dagegen geschah das ; von Zügen, die diefe Thefe beweifen follen, zwar auf
mit mehreren noch nicht ausgeweihten Theologen (Dia- , manche tatfächlich ernftlich zu beanftandende Einzelheit
konen und Subdiakonen). Sie alle (15) wurden dann auf hingewiefen, aber kein zutreffendes Gefamtbild gezeichnet
Gefuch hin als Militärhilfsgeiftliche zum Garnifonpfarr- hat. Vereinzelte, von keinem irgend weiteren Kreis ge-
amt abkommandiert; nur formell gehören fie zum Sani- ; billigte Äußerungen wie die von Faut in Chriftl. Welt
tätsperfonal. Den Neidern und Verleumdern im Ausland 1915, Sp. 367 h benutzter, noch dazu indem er fie in
verfichert R. (S. 107), daß ,das der katholifchen Militär- eine fehr einfeitige Beleuchtung rückt, als Beweismaterial,
feelforge von feiten der höchften Kommandoftellen be- 1 Befonders kräftig geht G. übrigens gegen Hunzinger
wiefene Wohlwollen nicht abhängig ift von der Perfön- ] (,ganz verdrehte Schlußfolgerungen') und R. Seeberg
lichkeit des jeweiligen Gouverneurs, fondern daß diefes 1 (,moderne Vermittlungstheologie im hiftorifchen Sinne*)
paftorelle Intereffe ein wefentliches Merkmal des deut- vor. Den Schluß macht ein Ausblick in die Zukunft,
fchen Militarismus ift'. — Zwei andere katholifche Ver- ; der die Möglichkeit des kirchlichen .Bruchs' erörtert. —
faffer behandeln die Feldfeelforge. Aufhaufei6 fchil- Von ganz anderer Art ift W. Richters Schrift1'. Sie
dert zuerft die gefamte Organifation der katholifchen ; fkizziert zunächlt die .Grundlagen', von denen das Urteil
Feldfeellorge bis in die Einzelheiten (Gehalt, Kleidung | über die evangelifche Gemeinde nach dem Kriege aus-
der Pfarrer) hinein; bayrifche Verhältniffe wurden neben- zugehen habe; dabei redet R. fehr ernft von einer tragi-
bei befonders berückfichtigt. Sodann berichtet er über fchen Schuld des Volkes wie der Kirche, und zwar in
Methode und Formen ihres Wirkens; auch dabei bleibt mehrfacher Hinficht. Was er dabei über die Predigt
er im Rahmen rein fachlicher, vorwiegend organifatorifch [ fagt (S. iof), ift leider in nicht völlig deutlicher Skizzie-
intereffierter Darfteilung. Der fehr gut unterrichtenden j rung gehalten; um wirkfam zu werden, müßte es klarer
Skizze find einige Seiten über das gegenfeitige Verhält- I heraus gelagt fein. Des Weiteren fchildert diefer Ab-
nis der Feldgeiftlichen der verfchiedenen Bekenntniffe | fchnitt die durch den Krieg gefchaffene religiöfe Lage,
angefügt (S. 17 fr). Harmonifches Zufammenarbeiten er- j Ein zweiter Abfchnitt befchäftigt fich mit der .Verkün-
gebe fich als felbftveiftändlich. Im Bewegungskrieg ift , digung' (die Predigt foll evangelifch, männlich, deutfch,

eine Teilung des Gottesdienftes nach Konfeffionen oft
nicht gut möglich, während fie fich im Stellungskrieg
von felbft ergibt. ,Für Kampfnaturen ... ift in der Feldfeelforge
ebenfo wenig Platz wie für Blätter und Zeitneuzeitlich
fein) und mit der Ausnutzung gottesdienft-
licher Möglichkeiten und außergottesdienfthcher Gelegenheiten
der Verkündigung (Gemeindeabende, Männerabende
ulw.), der dritte mit der Liebestätigkeit der evan-

fchriften. die immer wieder in die Polemik zurückfallen.' ! gelifchen Gemeinde (hier wird näher von den durch den
S. 18/19 verfucht A., gerecht zwifchen den Leiftungen 1 Krieg neugefchaffenen Aufgaben gehandelt), der letzte

der beiden Konfeffionen abzuwägen: die katholifche
Kirche hat mehr Kräfte, die evangelifche hat mehr Mittel
für Druckfchriften aufgebracht, u. a. m. — Aus dem Be

mit der Gemeindeordnung. Bei diefem Thema redet R.
einem vertrauensvollen Miteinander von Gemeinde und
Innerer Miffion das Wort. Die Schrift bietet fehr viel

reich einer einzelnen, der 6., Armee (1914/16) berichtet i Richtiges und Beachtenswertes, ob auch nicht eigentlich

Eberle7, Aufhaufers Grundlinien auf diefe Weife wirkungsvoll
ausbauend und durch ein Einzelbild verdeutlichend
. Auch bei ihm fpielt die Darlegung der Organifation
eine große Rolle; nicht mit Unrecht! In der
Anführung der Anordnungen ufw. kirchlicher wie militä-
rifcher Inftanzen ift er fehr genau. Als befonders bemerkenswert
erfcheinen mir feine Darlegungen über
Simultangottesdienfte (S. 121), Kapellenautos (151), Geift-
liche im Krankenpflegedienft (25 ff) und in den Lazarettzügen
(341), Verhältnis der kath. Feldgeiftlichen zu den
franzöfifchen Kirchenbehörden (461), das deutfche geift-
liche Lied im kath. Gottesdienft, feine fehr zu wünfchende
Pflege, die mangelnde Einheitlichkeit des Gefanges (48ff)
und über die Gegenwirkung gegen die sexuelle Gefahr
(67 ff).

3. Kirchliche Aufgaben. Viel Staub hat Greiners8
Vortrag über den Einfluß des Krieges auf Chriften-
tum und Kirche aulgewirbelt. Das war fchon nach der
Zweckbeftimmung, die das Vorwort ihm gibt, unvermeidlich
: er will ,der immer größer werdenden Verwirrung der
Geifter, wie fie fich namentlich in den Verhandlungen
über die .Konferenz deutfcher evangelifcher Arbeits-
organifationen' offenbarte, entgegentreten.' Die Formulierungen
der Schrift haben gutenteils eine fehr fcharfe
polemifche Spitze, fo z. B. die grundlegende, daß ,der
Neuproteftantismus unter dem Einfluß der religiöfen
Wirkungen des Krieges mit einer Entfchiedenheit und
Deutlichkeit, die überrafchend ift, in die Kurve der

6) Aufhaufer, Priv.-Doz. D. Dr. J. B: Feldfeelforge. (Son-
derabdr. aus den Süddeut. Monatsheften.) (22 S.) gr. 8°. München
19x6.

7) Eberle, Domkapit. Geiftl. Rat D. Dr. Franz Xaver: Die
katholifche Feldfeelforge im Etappen-Infpektions-Bereich der 6. Armee
(•914/16). (80 S.) 8°. München, J. J. Lentner 1916. M. 1.50

8) Greiner, Pfr. Lic. Herrn.: Zum Einfluß des Krieges auf
Chriftentum und Kirche. Erweit. S.-A. aus der Allg.-Ev. Luth. Kir-
chenzeitg. (51 s.) 8° Leipzig, Dorffling & Franke 1916. M. 1 —

Neues; auch vom Standpunkt der Gemeindebewegung
kann ich ihr weithin zuftimmen. In Einzelheiten denke
ich anders, ohne doch grundfätzliche Unterfchiede zu
fpüren. Vielleicht wäre auch noch anderen als den oben genannten
Abfchnitten etwas deutlichere Auseinanderlegung
zu wünfchen. Die ruhige, gerechte, feinfühlige Art des
Urteils fällt befonders angenehm auf, wenn man von der
Greinerfchen Schrift herkommt. — Scho Walters 10 Schrift
redet trotz des Titels weniger von dem eigentlich kirchlichen
als allgemein von dem religiöfen Erleben während
des Krieges im Felde wie daheim; dabei hebt fie aber
hervor, daß und wie fich die religiöfe Neubelebung im
Anfchluß an die Kirche vollzogen habe. Gottesdienfte,
Abendmahlsfeier ufw. kommen zur Befprechung; aber
.nicht von der Kirche als organifierter, fondern von der
Kirche als organifcher, organifch mit ihrem Haupte verbundener
Gemeinfchaft ift hier die Rede' (114 f). Der
Wert des Büchleins liegt in einer lebendigen, fehr warmen
, teilweis ergreifenden Schilderung der Kriegsfrömmigkeit
, für die Schow. eine ungemeine Fülle forgfältig
zitierten literarifchen Materials verarbeitet hat. Den
Hemmungen und Störungen des kirchlichen Erlebens
widmet er einen längeren Abfchnitt (86—114); der .Reichweite
' des kirchlichen Erlebens gönnt er eine befondere
Unterfuchung. Dennoch fcheint er mir, im Ganzen genommen
, Breite und Wirkung der Kriegsfrömmigkeit zu
günftig einzufchätzen. Darüber gehen nun freilich auch
heut noch die Urteile auseinander. Jedenfalls hat, wer
das Thema durchdenken will, hier eine ganz befonders
reiche Stofffammlung in fehr anregende Beleuchtung gerückt
. — Neben diefen deutfchen einen Schweizerpfarrer

9) Richter, Konfift.-R. Wilh.: Die evangelifche Gemeinde nach
dem Kriege. (64 S.) 8°. Potsdam, Stiftungsverlag 1917. M. 1.40

10) Schowalter, Oberpfr. A.: Die Kirche als Erlebnis im
Kriege. (Mühlmanns theolog. Tafchenbücher Nr. 10.) (VII, 118 S.)
kl. 8°. Halle a. S., R. Mühlmann 1917. M. 2 —