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Ausgabe:

1918

Spalte:

62

Autor/Hrsg.:

Boehmer, Julius

Titel/Untertitel:

Logik 1918

Rezensent:

Jordan, Bruno

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Seite 1

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61 Theologifche Literaturzeitung 1918 Nr. 4/5. 62

rück. Aber auf diefem Wege manifeftiei t fich in Demut, I hiftorifchen Zufammenhang und kann nicht aus feiner
Erlöfungshoffnung, Mitleid, Menfchenliebe und Gebet die Haut. Auch die Marburger Philofophie laßt uns nicht
fpezififche Religion wenigftens als Durchgang zum Ziel, aus unferer Haut fahren, wie C. lehrreich und ehrwürdig
Man fieht: es geht hier etwas kraus und bunt zu; an fich felbft beweift. Für diefe Differenzen gibt es eben
das religiöfe Lebentmaterial läßt fich nur fchwer in die keinen wiffenfchaftlichen Entfeheid; da bleibt es nur bei

Schablone der .fyfttmatifchen' Philofophie einzwängen,
von deiC. felbft mehrfach den Verdacht ablehnt, als hänge
fie ,an den Schnürchen der Schablone' S. 70. So heilt
denn ein letztes Kapitel über,das Verhältnis der Religion
zur Pfychologie' diefe Brüche und Unebenheiten. Denn
.Pfychologie' bedeutet für Cohen nichts, was das Wort fonft
bedeutet, fondern vielmehr die Einheit des Bewußtfeins
in allen drei Bewußtfeinsarten, die Ausglättung der Differenzen
der drei großen Syfteme, deren jedes feinen Gegen-

Leffings Ringparabel, oder es müßte einer zu den inhaltlichen
Überzeugungen des andern lebensmäßig übergehen.

Nicht verfchwiegen fei, daß das Deutfch des Buches
manchmal kaum verftändlich ift. Es lieft fich oft wie
eine fchlechte Überfetzung aus einer fremden Sprache.
Nur ein paar Beifpiele: ,Die Taube wird ausgefandt, ob
fie Ruhe findet für ihren Fußball' S. 51. ,Die Sünde ift
das größte Reizmittel des Menfchen' S. 54. ,Die Bedürftigkeit
diefer Rettung ift es, welche den Standpunkt

ftand, die Natuiwifftnfehaft, die Sittlichkeit, die Kunft, mit j der Sündenerkenntnis auszeichnet' S. 57 ufw

echt rationaliftifchem Monismus als etwas völlig Einheitliches
behandelt. Diefe drei Einheitlichkeiten werden dann
fchließlich felbft miteinander zur moniftifchen Einheit des
abfoluten Rationalismus in der fog. Pfychologie vereinigt.
Dabei müffen natürlich vor allem die Sprünge zwifchen
,Gleich: rt'gkeit' und ,Eigenart' wieder verdeckt und die
dogrm.tifche Sprache in die idealiftifche zurücküberfetzt
werden. Auf diefe Art kommt es freilich nur zu Wiederholungen
und nicht zur Klarheit.

Ein Wort noch über das Verhältnis diefer Vernunftreligion
zu den hiftorifch-pofitiven Religionen. Es ift

Berlin. Troeltfch.

Boehmer, Dr. Julius: Logik. Leitfaden zum Gebrauch in höheren

Lehranftalten u. zum Selbftftudium. (32 S.) 8". Leipzig, Krüger

& Co. 1917. M. — 50

In den letzten Jahren mehren fich die Stimmen, die eine

Wiedereinführung der philofophifchen Propädeutik befürworten.

In der Tat ift für die höheren Schulen eine Einführung in die

Gefchichte der Philofophie und ihre Arbeitsweife unerläßlich. Im

allgemeinen ift jetzt die vorherrfchende Überzeugung, daß diefe

Einleitung in die Philofophie im Zufammenhang mit den übrigen

Fächern flehen müffe und fich keineswegs in einer dogmatifchen
klar, daß lui L. die Vernunttrehgion mit dem Judentum, das _ . ,, , p„,_„i._ , „„•,, „„cu- „ r 1 u % u

J:„c„„ v...„„u ____™*j„«»i:f.A jlw , Behandlung der formalen Logik erfchopfen dürfe. Ich flehe einer

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™ dl7-em ent'prechend rationanfiert wird, tden- fyftematirchen Darlegung der Logik und Pfychologie, deren ,Tat-

tifch ift. Doch bedeutet das nur den Durchbruch der ; rachen' und Gefetze leicht zu einer dogmatifierenden Auseinan-

Vernunftreligion im Judentum, nicht etwa die Abfolut- derfetzung verleiten, von vornherein ablehnend gegenüber. Es

heit der jüdifchen Religion. Vielmehr ift diefe Ausgangs- i erfcheint mir pädagogifch zweckmäßiger und philofophifch be-

punkt mehrerer monotheiftifcher Religionen und Anrege- deutfamer, die Schüler an Hand der Gefchichte (Auswahl) und

rin der Philofophie geworden. In allen diefen bewegt fich j insbefondere auf Grund der Entwicklung einfacher Probleme

die einmal durchgebrochene Vernunft fort und entwickelt S philofophifch denken zu lehren und in den Geift und die Arbeits-

fich auf jeder diefer Linien, fodaß die verfchiedenen Ent- j weife der Philofophie einzuführen. Dabei ift die Lektüre philo-

wicklungen, von der gleichen Vernunft getrieben, in dem | fophifcher Quellen einfachfter Art eine unbedingte Notwendigkeit.

Moment konvergieren werden, wo die Marburger Philo- i Rh ftütze mich dabei auf eigene Erfahrung, die mich gelehrt hat,

fophie allgemein durchgedrungen fein wird. Denn diefe ! daß die Behandlung etwa folcher Probleme wie objektiv-fubjektiv,

ift ,die allgemeine Vorausfetzung des philofophifchen i >f,Brd*n und Sein, Zwang und Freiheit Erkenntnis, Gefchichte,

Bewußtfeins und glücklicher Weife auch die jeder reife- G'aube" u"d ™n ufw- u"g'eicb fruch,bfer als d>e fyftema-
t3-U _ ic „ t r r -n.tr t- r -1- i i filierende Behandlung insbefondere der formalen Logik, deren

ren Bildung'S. 9. Infofern ift alfo vorläufig 1 oleranz der 1 r.riinfW(.t,ft Mnht h% dpr vsn,.»™iirH«,M rtPrM,l „„ IL

verfchiedenen Monotheismengegen einander bis zur vollen
Durchfetzung der dann allerdings intoleranten Vernunft geboten
. Das Chriftentum ift für C. eines pantheiftifchen
Einfchlages verdächtig; aber C. erkennt gerne an, daß
die .neuere proteftantifche Theologie' d.h. Herrmann, zum
rein ethifchen und antimyftifchen Monotheismus zurückgekehrt
fei und auch eine wiffenfehaftlich erträgliche
Deutung Chrifti als des Symbols des im Leiden liebenden
und dadurch die Kultur fördernden, einfam mit Gott
ringenden Frommen lehre. Ob C. hierbei Herrmann ver-

Grundgefetze leicht bei der Vergegenwärtigung der Methoden, die
bei der Problementwicklung befolgt find, abgeleitet werden
können.

Die vorliegende Logik, eine trockene Zufammenftellung
logifcher Daten in wenig glücklicher Formulierung (z. B. Begriff
ift der Wortausdruck für das gedachte Wefen eines Dings ufw.)
erfcheint mir abgefehen von ihren fachlichen Mängeln fchon
deshalb für wertlos, weil fie in abftrakter Ausdrucksweire gehalten
ift ohne Anfchaulichkeit, und weil fie über die formale
Logik nirgends hinausführt. Die Beifpiele find zum großen Teil
recht abgerchmackt, z. T. falfch gewählt (z. B. Möglichkeitsurftanden
hat, ebenfo wie die gleiche Frage, wieweit Herr- 1 teil: die Weintrauben können noch(!) gut werden; identifches
mann C. wirklich erfaßt hat, muß hier auf fich beruhen. ! Urteil: der Sun8e Mann ift frei!>- Der Verfaffer benutzt fie an-
Beide reden m. E. total an einander vorbei und jeder ^h^nend, um in ihnen feine Weltanrchauung möglichft draftifch
... , a „„u j„f,;,. fAt. • 1 t3 kund zu tun. Es find faft insgemein der ,Erfahrung' entnommene

meint etwas ganz anderes. Auch daftr fehlt mir der Raum, Bemerkungen. Ich fehe ni(fht eln welchen Nutzsen diefe Logik

das Verhältnis meiner Re ligionstheorie zu der C s zu be- neben den vielen anderen z< T vortrefflichen haben folle.
Kimmen. C. erwähnt mich nur einmal ganz gelegentlich Bremen. B. lordan.

und ohne jedes Eingehen auf das Wefentliche meiner
Theorie, felbftverftändlich fchroff ablehnend. Aber feine
ganze Unterfuchung bewegt fich fo fehr um die Stich-
wortc meiner Theorie (Selbftändigkeit, Religionspfycho-
logie und Religionsgefchichte, deduktiver und induktiver
Religionsbegriff, Pfychologie und religiöfes Apriori, Abfo

Religiöfe Kriegsliteratur.

(Vgl. zuletzt 1916, Nr. 15.)

1. Dokumente der Kriegsfrömmigkeit. Von
der Neuberg-Stangefchen Sammlung, die fchon mehr-
lutheit oder Relativität der hiftorifchen Religion) daß ich fach (zulet2t 6 Nr. 15, Sp. 3S0) befprochen wurde, er-
taft annehmen mochte, fein Buch fei zum guten Teil eine ; fchieri mit den letzten Lieferungen des zweiten Bandes
ablehnende Auseinanderletzung mit mir. Dazu wäre viel der Schluß des Ganzen'. Ein Anhang bringt erfreulicher-
zu fagen, da meine Theorie einige Punkte mit der feini- j weife mehrere Regifter, die die Benutzung erleichtern-
gen gemeinfam hat (fo vor allem die Gewinnung der fo einen Nachweis der angeführten Schriftftellen, einVer-
Objektivitat durch Zuruckfuhrung auf das Apnon), m ; zeichnis der Lieder und Gedichte, der wichtieften reli-

andern allerdings radikal verfchieden ift. Allein ich ; _ ö

muß darauf verzichten und_ hebe nur hervor, daß die ,) Gottesbegegnungen im großen Kriege. Feldpoftbriefe, Aus-

1 lauptdifferenz auf dem Gebiete der inhaltlichen religiöfeil j züge aus Kriegstagebüchern u. Erfahrungen v. Feldpredigern. '2. Bd.

Überzeugung liegt. Hier kommt eben jeder aus feinem (403 s ) 8°- Dresden> C. L. Ungelenk 1916. M. 5 —