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Ausgabe:

1918

Spalte:

11

Autor/Hrsg.:

Waldburger, Aug.

Titel/Untertitel:

Schweizerische Theologische Zeitschrift. 33. Jahrg. 1916 1918

Rezensent:

Köhler, Walther

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Seite 1

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.Theologifche Literaturzeitung 1918 Nr. 1.

12

entnommen hat, nicht zutreffend ift. Ich habe noch
mehrere Nachprüfungen in dem Hefte mit diefem bedauerlichen
Erfolge gemacht und darauf keine Luft mehr
verfpürt, die Quellenftellen alle reftlos nachzuprüfen. Es
muß die dringende Bitte ausgefprochen werden, bei der
Fortfetzung der Sammlung forgfältiger zu verfahren.
Das bisher Gebotene berechtigt leider zu keinerlei Hoffnung
.

Leipzig. Otto Lerche.

Schweizerifche Theologifche Zeitfchrift. Red. v. Pfr. Aug. Waldburger
. 33. Jahrg. 1916. (272 S.) gr. 8". Zürich, Beer & Co.

M. 6 —

Auch diefer Jahrgang der bekannten fchweizerifchen Ze it-
fchrift (vgl. diefe Zeitung 1917 Nr. 10) bietet eine reich befetz te
Tafel, infofern etwas ,kriegsmäßig' vereinfacht, als außerfchweiz e-
rifche Verfaffer ganz fehlen; dafür find denn aber die einheimi-
fchen Gerichte auf's Bette zubereitet. — Um wieder nach den
theologifchen Disziplinen zu ordnen, fo ift die Exegefe diefes Mal
am fchvvächften vertreten: nur Rud. Steck bietet eine kurze Aus-
einanderfetzung mit Zickendraht, macht ihn darauf aufmerkfam,
daß fchon Kreyenbühl den Lieblingsjünger desJohannesevange-
ikims in Lazarus fah, erklärt die ganze Frage als ,nicht zu den
größten Sorgen der Forfchung auf dem Gebiete des Johannesevangeliums
gehörig', und hält feinerfeits ,die gewöhnliche Annahme
, daß unter dem Lieblingsjünger vielmehr der Apoftel
Johannes gemeint fei', immer noch für die wahrfcheinlichfte.
Sehr ftark ift diefes Mal die Reformationsgefchichte vertreten :
P. Caftelberg bietet u. d. T.: Ludovicus Vives, ein Reformer des
Armenwefens eine eingehende Analyfe der Schriften de subven-
tione pauperum und ,vom Almofengeben', namentlich der letzteren
; fchade, daß er die Abhandlung von O. Winckelmann über
die Armenordnungen der Reformationszeit nicht kennt! K. Gauß
gibt eine fehr gründliche Arbeit über Jakob Immeli und die
Reformation in Pratteln', und E. Staehelin, von dem eine neue
Oekolampadbiographie zu erwarten ift, behandelt ,die Väterüber-
fetzungen Oekolampads', erfchöpfend und lehreich; bei Migne in
der PSG befinden fich ,nicht weniger als 80 z. T. allerdings ftark
überarbeitete Chryfoftomusüberfetzungen des Reformators Johannes
Oekolampad'. Intereffieren werden auch die Nachrichten
überTheophylact = Vulgarius; ,Oekolampad benützte den Kodex
817 (nach Gregory, nach v. Soden 0e:'2) und übernahm einfach
das .Vulgarius' des aufgeklebtenPergamentblättchens'. ZumKirchen-
recht gibt Henrici ein Referat über das Buch von U. Lampert :
die kirchlichen Stiftungen, Anftalten und Körperfchaften nach
fchweizerifchem Recht. E. Schweizer erörtert ,die prinzipielle
Bedeutung des Weltanfchauungs-Problems', d. h. er gibt an, was
Weltanfchauung ift, und arbeitet gut die Verfchiedenartigkeit
wiffenfchaftlicher und religiöfer Weltanfchauung heraus; da jedoch,
wo der Knoten fleh fchürzt und die beiden fich kreuzen, das
Wahrheitsproblem fich erhebt, bricht Vf. ab, bez. zieht fich zurück
auf ein: ,Ich weiß, woran ich glaube'. Joß hat auf dem Reformertag
in Aarau über ,moderne Myftik und freies Chriftentum' ge-
fprochen; er behandelte nach einleitenden Bemerkungen Swedenborg
, Campbell, Solovjew, E.Key, Emerfon, Trine, Maeterlinck,
Bonus, die Chriftian Science, die Mazdaznan, die Theofophen
— man fleht, wie das Thema unter beftimmtem Gefichtswinkel
gefaßt wurde. Wirz übt eine fcharfe Kritik an Schlatters ,Ethik'
vom Standpunkte der ,Philofophie als ob' aus. Sehr tief grabend
behandelt Meyer-Steinmann das Thema ,Bibel und Konfirmandenunterricht
' mit anfehaulichen Beifpielen, wie man's machen
und nicht machen foll. Waldburger macht auf foziale Probleme
des Pfarramtes aufmerkfam und Platzhoff-Lejeune orientiert über
weftfehweizerifche Theologie und gießt köfllichen Spott über die
,Sophiften des Krieges' aus, die nun franzöfifcherfeits allerlei
deutfehe Geiftesheroen in tollftem Widerfpruch zu ,geiftigen
Vätern des Krieges' ftempeln. Auch unter den Rezenfionen der
Zeitfchrift berührt die energifche Ablehnung der Angriffe auf
Deutfchland feitens Religiös-Sozialer fehr wohltuend.
Zürich. W. Köhler.

Schaeder, Prof. Geh. Konfift.-R. D. Erich: Religion und Vernunft.

Die religions-philofoph. Hauptfrage der Gegenwart. (Beiträge
z. Förderg. chriftl. Theologie. 21. Jg. 1917. 1. Heft.) (78 S.)
8». Gütersloh, C. Bertelsmann 1917. M. 1.80

Das Heft Hellt eine kleine paftoral-populäre Religionsphilo-
fophie dar, vertritt grundfätzlich dieZufammengehörigkeit von Vernunft
und Religion im Gegenfatz gegen die praktifch-voluntariftifch-
pfychologirchen Religionstheorien und gibt von diefer Religionstheorie
aus eine Theorie der Religionsgefchichte fowie eine
apologetifche Rechtfertigung des proteftantifchen Chriftentums als
der alleinigen und abfoluten religiöfen Wahrheit. Die Zufammen-
gehörigkeit von Vernunft und Religion liegt in der ,Idee des
Abfoluten', die teils als Korrelat fchon in allem relativen Erkennen,
Erleben und Wollen liegt, teils unmittelbar und für fich .erfahren'
werden kann. Diefe Idee des Abfoluten ift das .religiöfe Apriori',
das in jedem vernünftigen Wefen fteckt. Freilich ift nun die
Hauptfrage nach dem Objektivitätswert diefer Idee des Abfoluten
und nach ihrem metaphyfifchen Gehalt und Verhältnis zum
Relativ-Endlichen mit größter Sorglofigkeit behandelt. Diefe Idee
kann ,Religion fchaffen' und ift dann nicht wahr, fie kann unmittelbar
,erfahren' werden durch Machttat Gottes und ift dann
wahr. Ihre ,Wirklichkeit kann ausgedrückt werden oder nicht'
(S. 60); ,die Religion kann aus der Einwirkung des Abfoluten auf
die religiöfe Anlage (die doch felbft in der Idee des Abfoluten
befteht!) entftehen oder ihre Wurzel in der offenbarungslofen
Betätigung der religiös veranlagten Vernunft haben' S. 52; es
gibt .Schöpfungen des religiöfen Vernunftapriori' und daneben ,des
abfoluten Gottes Tatbeftand' S. 50; es gibt eine .Eigentätigkeit
des religiöfen Apriori, die die Selbftoffenbarungen des Abfoluten
bei Seite fchieben oder zurückdrängen kann' S. 50 f; eine ,all-
feitige Erfüllung des religiöfen Apriori' und ,eine Befriedigung des
religiöfen Apriori' S. 48 f. Vor allem gibt es eine Attribuierung
des religiöfen Apriori an endliche Größen und eine folche an den
wirklichen Gott. Aus diefer Unterfcheidungerwächft die Theorie der
Religionsgefchichte ,der falfchen Attribuierung im Heidentum,
der Philofophie, dem Katholizismus und der richtigen in der
Bibel und im gläubigen proteftantifchen Chriftentum. Die Hauptfrage
ift alfo: woran erkennt man die richtige Attribuierung? Sie ift
primär undiskutierbares Glaubenserlebnis desChriften und fekun-
där an der Widerrpruchslofigkeit der in diefem Erlebnis geficherten
undvonderFreiheit angenommenen Glaubenserkenntnis erkennbar ,
indem nur die chriftlich dualiftifche Entgegenftellung des Abfoluten
und des Endlichen ein widerfpruchslofer Gedanke ift (obwohl
gerade die Idee des,Abfoluten' diefen Dualismus befonders fchwie -
rig macht!) und von hier aus die Probleme des Lebens, der Erkenntnis
und der Gefchichte eine widerrpruchslofe Löfung finden !
Nurzu ihr paßt Wirklichkeit und Leben; zu dem von ihr aus zu entwickelnden
Poftulat ,einer verföhnenden Seibithingabe Gottes'
paßt ,das in der Gefchichte flehende Bild Jefu Chrifti' S. 77. Der
undiskutierbare Glaubenscharakter der Erfahrung von diefer richtigen
Attribuierung (,die Seele empfängt durch das Zufammen-
treten der Selbftoffenbarung Gottes und ihres religiöfen Apriori
den Glauben' S. 30), wird dadurch gemildert, daß in letzter Linie
auch alle Vorausfetzungen der Wiffenfchaft, einfchließlich der
mathematifchen Axiome, Glauben find. — Das find wiffenfehaftlich
genommen heillofe Konfufionen und Einflüffe der verfchiedenften ,
meift wohl nicht direkt bekannten Denker, ein bischen Neufrie-
fianismus, ein bischen Malebranche, ein bischen Jacobi und
wohl noch manches andere, darunter meine eigenen Arbeiten
. Intereffant war mir deren hiftorifche Einordnung: darnach
bin ich .Vorlaufet' von Bouffet, Otto und Stange (S. 15), vielleicht
auch von Schaeder felbft .Wiffenfehaftlich ift aus dem Heftchen
nicht viel zu entnehmen außer dem Eindruck, wie die Probleme
der großen Denker für den populären Gebrauch erfchreckend
J abgeflacht werden können und wie man in der Theologie oft
| fchein-philofophifch zu reden geneigt ift. Ich meine, folche Philofophie
könnte man ebenfo gut ganz entbehren und fich mit der
! Erfahrung' begnügen, die ja alles deckt, was man als ,erfahren
I bezeichnen will. Die innere Erfahrung ift nun einmal die Pan-
dora-Büchfe der heutigen Theologie. Dann gebe man fich aber
I auch mit ihr zufrieden und verletze die Philofophie überhaupt
! nicht in Kontribution, auch nicht in fo befcheidene. Dem Verf.
ift die ,Denkmühfal' von K. Heim zu groß, das gilt aber auch
noch von feiner eigenen. Praktifch wird es durch die Einfachheit
des Gedankenganges und einen richtigen religiöfen Inftin
den Leferkreis der Hefte wohl befriedigen können.
Berlin. Troeltfch.

Rotermund, Paft. u. Superint. Ernft: Ein Konfirmandenunterricht.

Ein katechetifcher Verfuch m. kurzer Begründung. 2., neu-
bearb. Aufl. (IX, 211 S.) gr. 8°. Göttingen, Vandenhoeck &
Ruprecht 1914. Geb. M. 4 —

Die erfte Auflage diefes anregenden und fruchtbaren Buches
habe ich im Jahrgang 37 diefer Zeitfchrift Nr. 25 (7/12. 1912) an-