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Ausgabe:

1918 Nr. 2

Spalte:

303-304

Autor/Hrsg.:

Vetter, Jakob

Titel/Untertitel:

Otto Stockmayer. Lebenserinnerungen 1918

Rezensent:

Fleisch, Paul

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303

Theologifche Literaturzeitung 1918 Nr. 23,24

eindringlich mitgeteilte Friedensangebot der Mittelmächte Übrigen lernt man durch die ganze Schilderung verliehen;
vom Dezember 1916 überhaupt geantwortet hat. Daß wie Keller fich zu dem Eintpänner entwickelt hat,-;>der
feine Fürforgetätigkeit, feine Bitten um Begnadigung ufw. j in ftraff geordnete Verhältniffe nun einmal nicht hinein-
wefentlich den Angehörigen der uns feindlichen Länder j paßt.

zu gute gekommen find, mag z. T. in den Verhältniflen , Tiesmeyerbehandeltnacheiner gefchichtlichen Dai-
begründet fein. Überzeugend tut der Verf. aber dar, daß i ftellung etwas bunt Wefen und Berechtigung, Kntftehuhg
der Papft weder bei feiner Friedensnote vom 1. Auguft j und Unterfchiede von Gemeinfchaften, Stellung der G. B.
1917 noch bei feiner fonftigen Politik in diefem Krieg fich zur Bibel, Landeskirche, den Mitteldingen, der Pfingft-
dem Einfluß, feiner überwiegend romanifchen, uns feind- i bewegung und ,anderen ungefunden Strömungen' und
liehen Umgebung hat entziehen können — wenn er es zur Allianz, fowie allerlei Organifationsfragen (Ld.kal,
überhaupt gewollt hat. Unfere katholifchen Blätter fuchen Leitung, Gebetsgemeinfchaft, Gefang, Fefte, Evangelifätion
ihm redlich den Ruf der Neutralität zu retten, unfere amt- u. a.) und zuletzt die Frage: Was hat die G. B. bis jetzt
liehen Stellen behandeln ihn aus guten Gründen aufs ; geleiftet und welche Aufgaben find noch für die Zukunft
rückfichtsvollfte; feine heftige Anfprache vom 21. No- zu löfen? Während alfo der Titel ein ,Aufklärungsbuch'
vember 1915 hat W. T. B. durch Schweigen und Reden ; vermuten läßt, ift es zugleich eine Rechtfertigung der
nach Möglichkeit verdeckt; ob es angefichts der Edith' G. B. und ein .Wegzeiger für die Gemeinfchaftskreife
fchiedenheit, mit der die Blätter unterer. Feinde fordern, ' felbft'. Durch die Vermengung diefer Gefichtspunkte,

daß er fich offen auf ihre Seite ftelle, auch nur taktifch
richtig ift, daß unfere nichtkatholifche und nichtamtliche
Preffe ihn weiter wie bisher freundlich behandelt und
rühmt, diefe und andere politifche Fragen find in der

wobei das, was in der G. B. fein follte, ftark in den
Vordergrund tritt, wird aber das hiftorifche Bild ebento
gefchädigt, wie durch die unzulängliche GelchichtsrJar-
ftellung. T. hat zwar hierfür neben dem etwas veralteten

ThLZ. nicht zu erörtern. Buch von Dietrich und Brockes vor allem ausgiebig meine

Kiel. H. Mulert. .Moderne G. B.' benutzt, aber recht ungenau. Zur Er-

-—--— -r-—<—>— gänzung empfiehlt er dann dem Lefer übrigens nur das

Vetter, Jakob: Otto Stockmayer. Lebenserinnerungen. j erftere. Befonders ungenügend wird die Pfingftbewegung
(63 S.) 8°. Geisweid, Verlagshaus d. deut. Zeltmillion ; gefchildert, für die er fich fogar von Gemeinfchaftsfeite
1917. M. —75 ! auf meine .Zungenbewegung' hat verweifen laffen müffen,

Keller, Samuel: Aus meinem Leben, i. Bd. (293 S. m. j die er nicht kennt. Von den nichtgefchichtlichen Teilen
Bildnis.) 8". Freiburg i. Br., W. Momber 1917. find manche wertvoller und können wohl ein Bild davon

geben, wie es in den Gemeinfchaften ausfieht.

Loccum. Paul Fleifch.

Geb. M. 5.50

Thiesmeyer, Palt. prim, L.: Was jedermann von der chrilt-
lichen Gemeinfchaftsbewegung in Deutichland willen muß!

Mit e. Begleitwort v. Rekt. Chr. Dietrich. (156 S.) Schwarz, Herrn.: Fichte und wir. Sechs Vorlefungen, geh.
8°. Berlin, E. Röttger (1917). M. 2.50 auf der Lauterberger Weltanfchauungswoche 2.—7. X.

Unter den Pietiften älterer Zeit wie unter den neu- j 1916. (VIII, 111 S) gr. 8°. Ofterwieck, A. W. Zick-
pietiftifchen Führern der Gemeinfchaftsbewegung ragen j feldt 1917. M. 2—; kart. M. 2.4Ö

als Charakterköpfe befonders die Schwaben hervor. Ein ' Schwarz zeichnet ,Eichte's l'hilofophie, wie er Tie

folcher war unter den alten Führern der modernen G. B.
Otto Stockmayer, f am 12. April 1917. Er hat feinerzeit
viel dazu beigetragen, die Gedanken, die in der erften
Hälfte der 70ger Jahre des vorigen Jahrhunderts die
angelfächfifche Chriftenheit bewegten, nach Deutfchland
und der Schweiz hineinzutragen: .Heiligung durch den
Glauben' und .Heilung durch den Glauben'. Beiden Gedanken
hat er in feinem Erholungsheim Schloß Hauptweil
eine reiche Wirkungsftätte gefchaffen, hat aber auch

perfönlich für fich zu fehen gelernt' hat. Der in der
erften Geftalt von Fichtes Syftem, der .SetzungsphÜo-
fophie', enthaltene Gottesgedanke ift ihm die Liberwindung
fowohl des Pantheismus wie des Theismus, die beide die
Grundtatfachen unferes Wertlebens mit Kosmologie und
Ontologie zufammenfchließen. Gott ift das in den geiftigen
Selbftfetzungen immer nur Werdende. Später ift Fichte
von der erreichten Höhe zurückgeglitten und hat feinen
Idealismus umgebogen in die Myftik.

durch feine Gedanken von der Wirkungskraft des Blutes ! Die Vorträge find nicht nur intereffant durch die

Chrifti und feine befondere Eschatologie von der Entrückung
des männlichen Sohnes manchen Keim in der
G. B. ausgefät, der nachher in der fogenannten Zungenbewegung
gefährliche Früchte brachte. Von ihm erzählt
in dem vorliegenden Heft der von ihm felbft ftark beeinflußte
Zeltmiffionar Vetter zwar gänzlich unkritifch,
aber doch fo, daß man von diefem chriftlichen Charakterkopf
eine Ahnung bekommt.

Keller erzählt fein Leben bis zur Amtsniederlegung
in Düffeldorf, von 1856—1898, feine Jugend auf Öfel,
feine Studentenzeit in Dorpat, feine Hilfspredigerzeit in
St. Petersburg und dann besonders fein Wirken in deut-
fchen Gemeinden Südrußlands, vor allem 7 '/2 Jahre in
der Krim, endlich feine Flucht aus Rußland und feine
Wirkfamkeit erft im deutlchen Sittlichkeitsverein, nachher
als Duffeldorfer Paftor. Der Band ift gerade jetzt doppelt
intereffant, nicht nur Kellers Leben und Entwicklung,
fondern auch die Schilderung der baltifchen wie der
fudruffifchen deutfehen Verhältniffe. Geradezu wehmütig
berührt es, von Keller zu hören, daß ein großer Teil der
füdruffifchen deutfehen Bauern, ca. 5000 Familien, feiner

neue Deutung, die Schwarz der erften Wiffenfchaftslehre
und ihren Urtathandlungen gibt. Sie feffeln den Theologen
durch die Energie, mit der Schwarz an die Durchdenkung
des Gottesbegriffs geht. Sie wollen als Vorläufer des
zweiten Teils von Schwarz' größerem Werk über ,den
Gottesdanken'aufgefaßt fein. Mag man als Fichtehiftoriker
wie als Theolog auch manches Grundfätzliche einzuwenden:
haben, fo wird man fich doch der gemeinfamen Arbeit
an den gleichen großen Problemen freuen und fleh gerne
mit ihr auseinanderfetzen.
Bonn. E. Hirfch

Vinet, Alexandre: Philosophie morale et sociale. Tome iL
(CX, 446 S.) gr. 8°. Lausanne, G. Bridel. — Paris,
Fischbacher. Er. 7—>

Die am 23. April 1908 gegründete Societe d'ödition
Vinet fetzt ihre Arbeit ftetig und tapfer fort (Theol. Lit-
Ztg. 1911, Nr. 3; 1913, Nr. 17 und 26; 1914, Nr. 18—19):
Der Band, den ich hier zur Anzeige bringe, bildet die
Fortfetzung der vor drei Jahren unter dem Titel Philo-:
fophie morale et sociale erfchienenen Sammlung von Efläys-:

zeit nach Pofen-Weftpreußen haben zurückwandern wollen j Artikeln und Bruchftücken aus dem Nachlaß des Lau-

und fpäter, als daraus nichts wurde, nach Südweftafrika,
daß Caprivi diefe Gedanken ftark begünftigt hat, aber
durch allerlei andere Intereffen, die fich dazwifchen
drängten, aus diefen Plänen nichts geworden ift. Im

änner Denkers; er ift in demfelben Geift entworfen und
nach denfelben Grundfätzen zufammengefetzt wie der
erfte, den auch Prof. Ph. Bridel und Pfr. P. Bonnard. be-
forgt hatten. — Die Übeifchrift darf nicht in zu engem