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Ausgabe:

1918 Nr. 2

Spalte:

301-302

Autor/Hrsg.:

Michaelis, Otto

Titel/Untertitel:

Die evangelische Kirche in Lothringen in Vergangenheit und Gegenwart 1918

Rezensent:

Anrich, Gustav Adolf

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Seite 1

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50.{, Theologifche Literaturzeitung 1918 Nr. 23/24. 302

rung dkrfer Kampfe, die bekanntlich ein wichtiges Kapitel läßt. Hervorgehoben fei der Auffatz von Michaelis über,

in der Vorgefchichte der Aulhebung des Ordens dar

stellen, bildet den Schluß des für die Entwicklung des

Miffionsrechtes und der Miffionsgefchichte wichtigen
Werkes,

die Jahre 1800—1870 mit wertvollen neuen Auffchlüffen
und Oiesners Biographie von Wolfgang Musculus, die den:
Wunfeh nach ausführlicherer Behandlung des Gegenftandes
durch den Verfaffer rege werden läßt

Göttingen. Carl Mirbt. Straßburg i. E. Anrieh

Gedenkblätter aus der Gefchichte der kämpfenden, leidenden Bartgen, Prof. Dr. Hubert: Die römirche Frage. Doku-i
und liegenden evang.-luth. Kirche im Elfaß. Zum 400jähr. j mente u. Stimmen. 1. Bd. (XIII, 467 S.) gr. 8°. Frei-
Jubelfeft der Reformation unferm lieben Kirchenvolk 1 bürg i. B., Herder 1917. M. 12—; geb. M. 13.50
dargereicht. (VIII, 189 S. m. Abbildgn.) 8". Straßburg j Papft, Kurie und Weltkrieg. Hiftorifch-kritifche Studie v.
i. E., Heinrich 1917. M- J-50 einem Deutfchen. (156 S-) 8°. Berlin, Säemann-Ver-

Michaelis, Eft. Otto: Die evangelifche Kirche in Lothringen lag 1918. M. 2.50

' in Vergangenheit u. Gegenwart. Eine Gabe zum Von diefen Materialfammlungen ift die kürzere aktuell;

Reformationsjubiläum, den evangel. Gemeinden Loth- ; die von Baftgen kann es in dem Maße werden, als fie
ringens u. ihren Freunden im Reich in Gemeinfchaft ; üch der Gegenwart nähert (der vorliegende erfte Band
m. den Pfrn. Banfa, Diesner, Hackländer, Dr. I Ia liier, ! reicht bis 1860); ob fie es dann wirklich wird, ob der
Hanftein, Hummel, Nitzfeh, Ribftein, Schultz, Seil, i Wunfeh vieler Katholiken, der Papft möge nach diefem
Wintermann, Mittelfchullehr. Müller u. Prof. Dr. Stroele | Krieg beffere Sicherungen feiner Souveränität erhalten,
dargereicht. (164 S.) 8°. Metz, C. Scriba 1917. j fich erfüllen läßt, bleibt abzuwarten (B. fpricht vorfichtig

Geb. M. 2 — ; nur von .menfehenmöglicher Unabhängigkeit' S. VI). Die
Die konteffionell-lutherifche Gruppe des elfäffifchen j grundfätzlichen Fragen, die fich da erheben, zu erörtern,
Pruteftantismus, die innerhalb der Landeskirche Augs- j wird Anlaß fein, wenn das Werk abgefchloffen vorliegt,
burger Konfeffion in jeder Beziehung ein Sonderdalein j So fei, was bisher geboten wird, nur kurz charakterifiert.
führt, hat ihren Gliedern auch eine befondere Reforma- Der Plan des Buchs ift von Erzberger fehr gefördert
tionsfehrift geboten: fechs Auflatze, behandelnd die Straß- | worden, und gelegentlich hat B. in Verehrung für das
burger Kirche unter Bucer (Neßmann), unter Marbach I Papfttum einige Urteile übertrieben, z. B. S. Ii: das Papft-
und. Pappus (M.), im 17. Jh. (G. Lienhard), die lutherifche tum hatte das univerfale Kaifertum gefchaffen (hier ift in
Kirche des Elfaß im 18. Jh. (M. Matter), die lutherifche B s Sinn das Papfttum Subjekt), S. 44 der Papft fei die
Erweckung im 19. Jh. (Brenner), endlich Luther und die > einzige Macht in Europa gewefen, die fich vor Napoleon L
Schule in Hinficht auf das Elfaß (Lehrer Sutter). Eine nicht beugte (und England?).. Aber im übrigen find die
vortreffliche Leiftung bietet Matter, der feine Mitarbeiter ; kurzen Einführungen zu den einzelnen Abfchnitten fach-
nicht bloß in der Kunft der Darftellnng überragt, fondern I fich gehalten, und das reiche Urkundenmaterial war m.W.
in Hin ficht auf gefchichtliches Verftändnis und gefchicht- j bisher fo noch nicht zufammengeftellt. Ein kurzer erfter
liche Gerechtigkeit zu ihnen im Gegenfatz fteht. Lien- j Abfchnitt gilt den Anfängen des Kirchenftaats von der
hard fchildert, von einigen Urteilen abgefehen, anfprechend. j Longobardenzeit an, ein zweiter der Säkularifation unter
Sutter klagt über den allgemeinen Abfall und befür- ! Napoleon L, ein dritter zunächft wefentlich den Jahren

wortet die Beibehaltung des kleinen Katechismus in der
Volksfeinde. Neßmann, bei dem fich manche Teile recht
gut lefen, bietet, wo die Rede auf Zwingli und auf
Bucers Abweichungen von Luther kommt, ein mit eben

848/49 und dann (die Hälfte des ganzen Buchs) der
Wegnahme des Kirchenftaats 1859/60; von dem ja nur ein
Reft blieb. Daß aus den Jahren 18481!". namentlich auch
Preßftimmen und Parlamentsberichte mitgeteilt werden, die

foviel Temperament als Naivität entworfenes Zerrbild. ; heute fchwer zugänglich find, ift befonders verdienftlich;.
Der vorletzte Auffatz nebft einem Teil des Vorworts er- j freilich follte, wenn S. 407 ein Artikel über die Brofchüre
neuert in feiner Haltung die üble polemifche Tradition der j /Preußen und , die italienifche Frage' wiedergegeben wird,
früheren Generation des elfäffifchen Konfelfionalismus | angegeben fein, wann und wo diefe erfchien. Weitere Un-
Die Proteftanten Lothringens find zwar eingegliedert j genauigkeiten sind im Archiv für kath. Kirchenrecht 1918
in die beiden Elfaß-Lothringifchen Landeskirchen. Aber j festgestellt worden.

namentlich der im Konfiftorium Metz zufammengefaßte In der Schrift Papft, Kurie und Weltkrieg wird

lothringifche Teil der Reformierten Kirche Hellt mit : zuerft das wichtigfte über den Lebensgang Benedikts XV.
feinen über 40000 Angehörigen, ftatt etwa 2000 im Jahre ! und des Kardinalftaatsfekretärs Gafpari (1880—98 Prof.
1871, eine eigenartige Neufchöpfung dar mit regfteni ' in Paris) und über die gegenwärtige Zufammenfetzung
jugendlichem Leben; auch infofern, als er, aus Zuge- ' des Kardinalskollegiums mitgeteilt. Dann wird erörtert,
wanderten aus ganz Deutfchland gebildet, nach Eigenart j ob der Vatikan im gegenwärtigen Kriege wirklich unpar-
und Gottesdienftformen gar nicht reformiert, fondern ; teiifch fei; dabei werden befonders die Kriegsfiirforge des
uniert ift. So ift es gerechtfertigt, wenn zum Reforma- i Papftes, feine Schritte zu gunften der Gefangenen, der

tionsjubiläum dem lothringer Proteftantismus ein befon-
deres fchlichtes Denkmal gefetzt worden ift, nicht minder
auch, daß dabei die Reformierte Kirche Weftlothringens
im Vordergrunde fteht, da die Gemeinden Augsburger
Konfeffion (jetzt über 16000 Seelen ftatt 9/000 1871), von

Bevölkerung befetzter Gebiete ufw. befprochen, zuletzt
feine PTiedensvermittlungsverfuche. Das Material ift forg-
fältig gefammelt, faft ftets genau belegt, die Zufammen-
ftellung überfichtlich. Die Unkenntnis kirchlicher Dinge
ift bei deutfchen Tagesblättern groß, die Kenntnis vom

denen wir ebenfalls hören, ihrem alten Stamm nach Aus- j Auslande zwar meift beffer als die bei lTanzofen und
laufer des elfäffichen Proteftantismus darftellen. Geboten j Engländern, aber doch oft recht ungenügend; in der Be-
werden 29 Beiträge, davon 9 aus der Feder des Heraus- j urteilung vatikanifcher Verhältniffe, verbindet fich beides
gebers. Zunächft Bilder aus der alten Zeit: die Anfänge • aufs bedenklichfte. Niemand foll über die Politik Bene-
der Metzer Gemeinde unter Farel, ihre Vernichtung unter j dikts XV. mitreden, ohne die vorliegende Aktenfammlung
Pfarrer Ancillon, ergreifende Bekenntniffe aus der Dra- ! zu kennen; mit den Darlegungen des Verf.s fich auseinander-
gonaednzeit. Dann der langfame Wiederaufbau feit 1800, • zufetzen, ift lohnend auch für den, der z. B. zur Friedensrefo

endlich das neue Kirchentum der deutfchen Zeit, das

lution des Reichstags vom 19. Juli 1917 anders fteht. Einiges

nach Verfaffung, Gottesdienftformen, Gemeindeleben, | ift bekannt, z.B. daß das Kardinalkollegium fehr impari-
Schule und karitativer Tätigkeit beleuchtet wird, wobei j tätifch zu ungunften der deutfchen und öfterreichifchen
die- Arbeit des Guftav-Adolf-Vereins gebührend hervor- j Katholiken zufammengefetzt ift; anderes ift in.der-Flut
trjtt, ein Reichtum, der manchmal einen zufammenfaffen- I der Ereigniffe kaum beachtet worden, fo z. B., daß es
den Überblick über die Entwicklung feit 1870 vermiffen | mindeftens zweifelhaft ift. ob der Papft auf das ihm fo