Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1918 Nr. 2

Spalte:

291-292

Autor/Hrsg.:

Wetter, Gillis P:son

Titel/Untertitel:

‚Der Sohn Gottes‘. Eine Untersuchung über d. Charakter u. d. Tendenz d. Johannes-Evangeliums 1918

Rezensent:

Bauer, Walter

Ansicht Scan:

Seite 1

Download Scan:

PDF

291

Theologifche Literaturzeitung 1918 Nr. 23/24.

292

Abfchnitte haben nicht unerhebliche Erweiterungen er- j lohne meift nur in der Verzerrung fpöttifcher Skepfis
fahren, ib befonders die über den Ausgang der ifraelitifch- oder feindfeliger Polemik zeigen. Das hat natürlich zur
jiidifchen Gefchichte von Usia-Menahem bis zum Exil: : Pblge gehabt, daß er die Balis feiner Beweisführung nicht
überall ift mit größter Sorgfalt die gefamte in Betracht : lb zu befeftigen vermocht hat, wie er es gerne getan
kommende Literatur der letzten Jahre berückfichtigt. ; hätte, und daß mancherlei Unficheres und Zweifelhaftes
So ift es K. gelungen, ein Werk zu fchaffen, das wie ! zurückbleibt. Aber feine Hauptthefe über die Herkunft
kein anderes den Lefer in alle Probleme der ifraelitifchen ' des Titels Gottes Sohn wird wohl zu Recht beliehen;
Gefchichte einzuführen vermag und ihn durch Mitteilung : und was er zur Erklärung des Johannesevangeliums beides
Materials befähigt, fich ein felbftändiges Urteil zu j bringt, ift auch im einzelnen mindeftens fehr beherzigens-
bilden. Möchte es dem Verf. befchieden fein, uns noch i wert. Es hat unfer Verftändnis diefes fchwierigen Buches
den dritten Band, die Gefchichte der nachexilifchen Zeit, entfchieden gefördert.

zu fchreiben. Göttingen. Walter Bauer/

Straßburg i. E. W. Nowack.

|ansfen, Vincent Otto: Der literarischeCharakter des Lukas-
Wetter, Gillis P:fon: ,Der Sohn Gottes1. Eine Unterfuchg. Evangeliums. Diff. (Jena). (60 S.) 8°. Weida i. Th. 1917.
über den Charakter u. die Tendenz des Johannes-Evan- : Diefe Jenaer philofophifche Doktor- Differtatiori, die
geliums. Zugleich e. Beitrag zur Kenntnis der Heilands- : von Leipoldt angeregt, in der ganzen Betrachtungsweife
geftalten der Antike. (Forfchungen zur Religion u. Lit. j aber vor allem von Job. Weiß beeinflußt ift, gehört einer
des A. u. N. T.. N. F. 9. Heft.) (V, 201 S.) gr. 8°. Göt- größeren Abhandlung ,Der Gefchichtswert des Lukastingen
, Vandenhoeck & Ruprecht 1916. M. 6.60 Evangeliums' an. Der vorliegende Teil läßt gute Methode
W. fchenkt uns in feiner Studie einen Beitrag zum Ver- i in der Anlage und befonnenes Urteil in Einzdfragen er-
ftändnis des Johannesevangeliums. Er fucht den Schlüflel | kennen und rechtfertigt günftige Erwartungen für die
nicht auf dem neuerdings fo viel begangenen Weg der ; vollftändige Schrift. J. will Merkmale aufzählen, die den
Quellenfcheidung, den zu betreten feine Forfchungsergeb- : gefchichtlichen Wert des Lukasevangeliums einfchränken.
niffe ihm vielmehr abraten. Er meint durch Unterfuchung : Er findet folche Merkmale in gewiffen Eigenfchaften, die
des Bodens, auf dem das Evangelium erwachfen ift, beffer j Lukas mit der antiken Gefchichtsfchreibung teilt — ent-
zum Ziel zu gelangen. Zunächft verweift er auf die viel- j wicklungslofe Darftellung, legendarifche Ausfchmückung
fach anerkannte Tatfache, daß der 4. Evangelift in weitem — und in anderen, die er mit feinen fynoptifchen Kor-

Umfang mit überliefertem Gedanken- und Ausdrucksftoff
arbeitet. Dazu gehört auch der Begriff ,Sohn Gottes'.
Diefer flamme aus der helleniftifchen Welt, die zahlreiche
Gottesföhne gekannt hätte. Die helleniftifchen Gottesreferenten
gemeinfam hat, wie dogmatifche Reflexion und
Miffionszweck. Der intereffantefte Teil rler Arbeit betrifft
den Prozeß der legendarifchen Ausfchmückung, bei dem
zum Teil im Anfchluß an Bernheim, folgende Er-

föhne werden nun zunächft befchrieben als Gottes Apoftel, fcheimmgen unterfcheidet: Mißverft indnis, phantaftevolle
Propheten und Offenbarer, als Wundertäter im Gegenfatz Ausfchmückung, Verftändlichmachung, EückenfüllungrVi-
zum Magier. Es wird dargelegt, wie der Glaube an sie fionsverwirklichung, Übertragung fremden Sagenftoffs,
die Überzeugung eingefchloffen habe, fie feien vom Himmel ; Herausfpinnung aus altteftamentlichen Weisfagungsmo-
gekommen und würden dahin zurückkehren. Gelegentlich tiven. Diefe Unterscheidung ift wohl etwas zu einfeitig
hat man in ihnen auch Richter gefehen, die des Menfchen nach hiftoriTchen und zu wenig nach literarifchen Gefichts-
Los nach ihrem Gefallen geftalten. punkten entworfen; fonft dürften nicht literarifch ganz

Die aufgezählten Züge geben fämtlich auch dem Jefus- verfchiedenarttge Fälle zufammengeordnet werden wie —
bild des Johannesevang'eliums fein charakteriftifches Ge- als ,phantafievolle Ausfchmückung' — die Ausgeftaltung
präge. Der Evangelift proklamiert feinen Herrn als den einer ,tatfächlichen Heilung' zur Fernheilung beim ,Hauptwahren
Gottesfohn. An Jefus glauben bedeutet für ihn, mann von Kapernaum' (fehr früh, fchon vor Q.l) mit
diefe Verkündigung annehmen. Seine Schrift ift ein Doku- kleinen legendären Motiven wie dem Engel in Gethfemane.
ment des Kampfes zwifchen Chriftentum und hellenifti- j Für die größere Arbeit habe ich den Wunfeh, daß fte
fcher Frömmigkeit. dem doppelten Charakter des Lukas gerecht werden

W. macht5 fleh felber den Einwand, ob man den Ge- j möge: er ift einerfeits Tradent, der die inzwifchen über
brauch, den Joh. von dem Terminus Sohn Gottes macht, S die Mk.-Form hinaus gewachfene und veränderte Über-
nicht beffer, weil näher liegend aus der Gedankenwelt | lieferung weitergibt, auch wohl felbft leicht modifiziert
des Spätjudentums heraus erkläre. Doch lehnt er das im Sinne der erbaulichen Gemeindetradition, andrerfeits

in gewiffem Grade Hiftoriker, der durch pragmatifche
Notizen, Neufaffung, kritifche Sichtung u. a. den ganzen
Stoff auf ein anderes Niveau, in die NachbarfchafV ,lite-
rarifcher' Werke, hebt. Für beides bietet J. gute Belege,
die in der Fortfetzung der Arbeit zu unterfcheiden und
entfprechend zu deuten wären.

mit fehr erwägenswerten Gründen ab. Andererfeits
fpricht gegen den Gedanken, daß wir es mit einer chrift-
lichen Neufchöpfung zu tun haben, die technifche Art
der Benutzung des Ausdrucks fchon in den älteften
chriftlichen Schriftwerken.

Den Pleiden der helleniftifchen Welt, die für einen
Meffias kein Verftändnis haben, foll aus einem ihnen ge- | Heidelberg. Martin Dibelius

läufigen Vorftellungskreis heraus Jefus als der Gotteslohn
nahegebracht werden. Es ift nur natürlich, daß diefer
chriftliche Gottesfohn auch Züge aus dem jüdifchen
Meffiasbild an fich trägt. Und da auch die Erinnerung
an Jefus von Nazareth noch nachwirkt, ergibt fich von
felbft, daß der Jefus des 4. Evangeliums fich von den
heidnifchen Gottesföhnen auch nicht unerheblich unterfcheidet
. Das gilt um fo mehr, als unter dem Eindruck
der Tatfachen des Todes und der Auferftehung Jefu in
diefem für feine Gläubigen der helleniftifche Gottesfohn
mit dem Kultgott der helleniftifchen Myfterien zufammen*
fließen.

W. weiß, daß fich manches im Johannesevangelium
auch anders als von feinem Standpunkt aus erklären läßt.
Er bedauert vor allem die Mangelhaftigkeit unferer Quellen
und den Umftand, daß fie uns die helleniftifchen Gottes-

Steqmann, z. Z. Kriegsgef.-Seelf. D. Anton: Siivanus als
Millionär und .Hagiograph'. Eine exeget. Studie. (III,
53 S.) gr. 8". Rottenburg, W. Bader 1917. M. ■ 80
In der erften Hälfte feiner Schrift erzählt uns S. an
der Hand der Apoftelgefchichte und der Paulusbriefe von
den Taten des Miffionars Siivanus unter gelegentlichen
kritifchen Bemerkungen gegen Zahn und einige andere
Forfcher.

Der zweite Teil fetzt fich mit Hypothefen auseinander;
die den Siivanus als Verfaffer gewu'ffer ntl. Schriften axv-
fehen oder ihn doch bei deren Entftehung irgendwie
beteiligt denken. Als Redaktor des Apoftelfchreibens
Act. 15, 23—29 wird Siivanus abgelehnt (S. 21 und fchon
4 ff.). Aber auch beim J. Petr. (5, 12: kommt er
nur als Überbringer in Frage (S. 21—32). Endlich 'rann