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Ausgabe:

1918 Nr. 1

Spalte:

248-249

Autor/Hrsg.:

Adam, Karl

Titel/Untertitel:

Das sogenannte Bußedikt des Papstes Kallistus 1918

Rezensent:

Koch, Hugo

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Theologifche Literaturzeitung 1918 Nr. 19/20.

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Ephefus gefchrieben fei, umfaffend zu begründen. Nach
einem kurzen Bericht über den Stand der Frage, ftellt
er, vor allem gegenüber der neueften Thefe von Lütgert,
feft, daß Phil. 3 Judaiften bekämpft würden. Dadurch
aber rücke diefer Brief von den anderen Gefangenfchafts-
briefen, Col., Eph., Phlm., ab, trenne fich auch von Rm.,
um an die Seite der übrigen Paulusfchreiben, befonders
II. Cor., Gal. und den in Rm. 16 verborgenen Eph.-Brief
zu treten. In der gleichen Zeit wie jene müffe auch er
verfaßt fein. Die Beobachtung feiner literarifchen und
theologifchen Eigenart weife dem Phil, feinen Platz eben-
falls bei L II. Theff., Gal. und in erfter Linie IL Cor. an,
während mancherlei zwifchen ihnen auf der einen Seite
und Col., Eph. auf der anderen ftehe. Weiterhin fucht 1
F. zu zeigen, wie der Bericht der Apoftelgefchichte über
den Prozeß und die römifche Haft des Apoftels nicht
zu der von Phil, vorausgefetzten Sachlage ftimme. Dagegen
würden auch die lokalen Angaben des Briefes auf
Ephefus paffen. Denn weder die Erwähnung des Prä-
toriums (1, 13) noch die Grüße der tx ryc KaioaQoq otxlac
(4, 22) beweifen römifche Herkunft. Endlich bemüht fich j
Verf. um Aufhellung der näheren Umftände der Abfaffung
des Briefes.

F. ift ohne Zweifel ein gefchickter Anwalt feiner
Sache. Er hat zu ihren Gunften beigebracht, was fich
überhaupt fagen läßt. Nicht alles ift von gleicher Durch-
fchlagskraft. F. felbft fpricht einmal von der /Bedingtheit |
der Ergebniffe' (S. 46). Aber die Pflicht, fich mit feinem
Refultat und den darauf zuftrebenden Beweisgängen
ernftlich auseinanderzufetzen, hat Verf. jedem Mitforfcher
auferlegt.

Eine Anlage fucht, um die Unterlage für gewiffe
Vorausfetzungen der Hauptabhandlung zu fchaffen,
Rm. 16, 3—20 als Epheferbrief zu erweifen. Diefe Hypo-
thefe ift ja nicht gerade neu, aber fie bedarf angefichts
der ablehnenden Haltung von Lightfoot, Riggenbach und
Zahn wiederholter Begründung. In ihrem negativen Teil
find die Ausführungen P/s gewiß zutreffend: als urfprüng-
licher Beftandteil des Römerbriefes verftehen fich die
Verfe herzlich fchlecht. Vor allem kann man keine der
vielen namhaft gemachten Perfönlichkeiten mit Sicherheit
für die Welthauptftadt in Anfpruch nehmen. Was Verf.
dannjedochweiterhin über dieEntftehung von Rm.16,3—20
vorträgt, ift minder überzeugend, wenn auch zugegeben
werden muß, daß gewiffe Schwierigkeiten kühne Ent-
fchlüffe fordern, fobald man über die nackte Feftftellung J
hinauswill, daß fich das letzte Kapitel des Römerbriefes |
beffer verfteht, wenn man feine Leier in Ephefus als wenn |
man fie in Rom fucht.

Vor allem die nun einmal gegebene Zugehörigkeit
von Rm. 16 zum Römerbrief ift fchwer allgemein be- j
friedigend zu deuten. F. rechnet Rom. 16, 1.2 noch zum j
eigentlichen Römerbrief. Paulus habe in Korinth der über
Ephefus nach Rom reifenden Phöbe den Römerbrief und
zugleich ein lür die Gemeinde von Ephefus beftimmtes Billet
mitgegeben. Die ephefifchen Chriften hätten dann, durchaus
ihn Sinne des Apoftels, Kenntnis und Abfchrift vom
Römerbrief genommen. Die Kopie wäre mit dem Billet
zufammen im Archiv aufbewahrt worden und fo das Zu-
fammenwachfen zu erklären.

Göttingen. Walter Bauer.

Aulen, Prof. D. Guftaf: Dogmhistoria. Den kriftna läro-
bildningens utvecklingsgäng frän den efterapoftoliska
tiden tili vära dagar. (Handböcker i Teologi V.) (XV,
362S.) gr.8°. Stockholm, P. A.Norftedt&Söner (1917).

kr. 12—; geb. kr. 13.50
Das Buch ift für das fchwedifche theologifche Staatsexamen
berechnet. Die Entwicklung wird bis zur Gegenwart
verfolgt. Das Werk will in jeder Epoche befonders
das hervorheben, was in die folgende Gedankenwelt eingreift
. Darum ift z. B. das Mittelalter ausführlicher behandelt
als es in den gewöhnlichen kürzeren Lehrbüchern

der Fall ift. Es fei befonders auf den mittelalterlichen
Kirchenbegriff, und die Spekulation der Hochfcholaftik,
beziehungsweife der mittelalterlichen Myftik hingewiefcn.
— Luther find 40 Seiten gewidmet unter den Gefichts-
punkten: Vorreformatorifche Periode, Rechtfertigung,
Buße, das neue Leben, das Heil, Schrift und Tradition,
Gnadenmittel, Kirchenbegrift

Ein befonderes Intereffe knüpft fich an die Darfteilung
der Zeit nach der Konkordienformel. Die Orthodoxie
nimmt einen breiten Raum ein. Der Verfaffer hat fich
bemüht, in ihre allgemeinen philofophifchen und erkenntnis-
theoretifchen Vorausfetzungen einzuführen; von da aus gewinnt
man einen kla.en Überblick über die wichtigeren
Sonderfragen: Sünde, Chriftologie, Ordo salutis, Gottesbegriff
, Kirchenbegriff.

Pieti<--mus und Aufklärung werden hauptfächlich in
ihrer Bedeutung für die modernen Frageftellungen betrachtet
und darum unter die Erfcheinungen der neuerem
Zeit eingereiht. Auch hier find die allgemeinen Vorausfetzungen
genau beobachtet. So auch die des 19. Jahrhunderts
. Nach Schleiermacher folgen: die fogen. fpeku-
lativc Theologie, die Reftaurationstheologie, die Vermit-
telungstheologie, die Erlanger Theologie, der Biblizismus
und die Theologie A. Ritfchls.

Der Abfchluß bietet einen wertvollen Überblick über
die fchwedifche Theologie nach Kant und Schleiermacher.
Auch fonft wird die fchwedifche theologifche Spekulation
berückfichtigt. Dagegen werden der fpätere Katholizismus,
die reformierte Theologie nach Calvin und die Unionstheologie
nur geftreift. Die ganze Darftellung zeichnet
fich durch Klarheit und fyftematilche Schärfe aus und
fteht in lebhafter Beziehung zu den Leiftungen der modernen
Forfchung. Hinfichtlich der Auswahl des Stoffes-
ift ein Mittelweg eingehalten zwifchen Loofs' Leitfaden,
und Bonwetfchs' Grundriß.

Lund i. Schweden. Fehrman.

Adam, Prof. Dr. Karl: Das fog. Bußedikt des Papftes
Kalliftus. (Veröffentlichungen aus dem Kirchenhiftor.
Seminar München. IV. Reihe, Nr. 5.) (64 S.) gr. 8°.
München, J. J. Lentner 1917. M. 1.60

Adam, jetzt Moralprofeffor in der kath.-theol. Fakultät
zu Straßburg, wandelt in vorliegender Studie infofern
in den Bahnen des Bonner Dogmatikers Gerh. Effer als
er die in De pudicitia und in Philos. IX, 12 kritifierten
Perfonen und Vorgänge ftreng auseinander hält, den
Adreffaten der tertullianifchen Schrift nicht in einem
römifchen, fondern in einem karthagifchen Bifchof erblickt
und die durch das ,Edikt' ausgefprochene Nachlaffung
der Fleifchesfünden nicht als Neuerung, fondeni als eine
gegen den montaniftifchen Rigorismus gerichtete Sicherung
der beftehenden kirchlichen Praxis betrachtet. Er
geht aber darin über Effer hinaus, daß er den karthagifchen
Bifchof und Adreffaten von De pud. auch für den
Verfaffer des ,edictum peremptorium' (De pud. c. 1) hält
und in Agrippin, dem Vorkämpfer der Wiedertaufe, findet.
Und er weicht ferner darin von Effer ab, daß er aufGrund der
Ausfligen Tertullians in De pud. eine Verweigerung der Wiederaufnahme
bei Apoftafie und Mord in der afrikanifchen
Kirche annimmt, während jener der afrikanifchen wie der
römifchen Kirche eine Losfprechung bei allen Sünden zu-
fchreibt. Geht fo bei Adams Auffaffung der von Effer
aus dem .edictum peremptorium' des ,pontifex maximus
quod est episcopus episcoporum' gezogene Beweis für den
römifchen Primat verloren, fo taucht doch wieder auch
bei ihm in dem angeblich rein afrikanifchen Streite beim
Stichworte Petrus wie ein deus ex machina Rom auf,
da er das ,omnem ecclesiam Petri propinquam' ähnlich
wie Effer als ,die Gefamtheit der mit Rom in Verbindung
flehenden Kirchen' verfteht. Ich habe fchon vor ein paar
Jahren Studien über die Bußfrage zur Zeit Tertullians
und zur Zeit Cyprians, auch mit Berückfichtigung ihrer
Bedeutung für den römifchen Primat, fertiggeftellt und