Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1918 Nr. 1

Spalte:

227

Autor/Hrsg.:

Kohut, Adolph

Titel/Untertitel:

Martin Luther als Sohn, Gatte u. Vater 1918

Rezensent:

Hirsch, Emanuel

Ansicht Scan:

Seite 1

Download Scan:

PDF

227

Theologifche Literaturzeitung 1918 Nr. 17/18.

228

Luther. Das Schlußwort des erften Kapitels hebt hervor, aber auch nicht, und begnügt fich dem Mandate des
daß Luthers Frömmigkeit als eigentümlich deutfch auch

ihre Einfeitigkeit habe; das des zweiten erweift fie gerade j Kurfachfen berief fich auf die kurbrandenburgifche

in ihrer deutfchen Art als die vollendete Geftalt des
Chriftentums.

Die Neuheit des Weges, auf dem P. fich Luther
nähert, hat etwas Belebendes und Anregendes. Dem
Gefamtergebnis zuzuftimmen bin ich jedoch nicht in der
Lage. Luthers grübelnder Ernft, fodann auch feine
Lauterkeit und feine ganz unglaubliche Güte kommen

Reichsregimentes gegenüber mit nichtsfagenden Phrafen;
Kurfachfen berief fich auf die kurbrandenburgifche Antwort
und ließ dem Regiment feinen guten Willen ver-
fichern; Luther hingegen ift politifch gänzlich fachunkundig
und fieht in dem Mandat vom 20. Januar nur
eine Ausführungsbeftimmung des Wormfer Ediktes. Das
hat dann weithin die Forfchung, z. B. Köftlin, beftimmt,
läßt aber auch m. E. die Frage aufwerfen, ob die von
K. fcharffinnig feftgeftellten Abweichungen praktifch

bei P. nicht zu ihrem Recht. Vor allem hat es mich j fo wichtig gewefen find? Die vorwaltenden Tendenzen
gewundert, daß P. den Gehorfam als fpezififch katholifch
ablehnt. Auch den unter Gott? Ich kann nicht umhin,
diefen letzten Mangel auf einen Fehler der Methode
zurückzuführen. Eine Frömmigkeit, die fo wefentlich
Gottesglaube ift wie die reformatorifche wird ohne ihren
Ausdruck in Lehre und Begriff kaum deutlich erfaßt
werden können.

Bonn. E. Hirfch.

Feine, Prof. D. Paul: Luther und die Bibel. (30 S.) 8». Berlin,
Vaterländ. Verl.- u. Kunltanlt. 1917. M. — 40

Ein volkstümlicher Vortrag. Luther hat, vor allem durch
feine Wiederentdeckung des Paulus, das biblifche Evangelium die zwar nicht Plenkerarbett im Sinne des Wormfer

hat K. zweifellos richtig aufgedeckt, aber haben nicht tat-
fächlich beide Erlaffe z. T. in gleicher Weife abfchreckend
gewirkt? Ich habe z. B. die Verhältniffe in der Schweiz
im Auge (f. u.) Das Religionsmandat der bayerifchen
Herzöge vom 5. März 1522 ift wefentlich das Werk der
beiden Eck, Leonhard und Johann, die auch die Bezugnahmen
auf das Wormfer Edikt und das Mandat des
Reichsregimentes hineinbrachten; K. gibt eine eingehende
Analyfe und kennzeichnet zufammenfaffend den Erlaß
,als eine kunftvolle Kompofition aus den Gefetzen des
Papftes, des Kaifers und der reichsftändifchen Regierung',

recht verliehen gelehrt. Seine Stellung zur Schrift war bei aller [ Ediktes tat, wohl aber fich den Dank der Kurie verFreiheit
im Einzelnen doch eine innerlich gebundene. Wie ihm | diente. Das zweite bayrifche Religionsmandat vom
foll auch uns die Bibel fein koftbarfter Schatz im Leben und im j Oktober 1524 fetzte die Befchlüffe des Regensburger
Sterben, das Buch, in dem fich der unfichtbare, hei ige, gnadige J ^ . :/v , , r ... c ,7 • , . P
Gott erfch ließt. ' Konventes voraus und llt daher fcharfer, vollzieht aber

Bonn. E. Hirfch. j auch Korrekturen an Geift und Vorfchrift des Wormfer

Ediktes. Der Erlaß Herzog Heinrichs von Wolfenbüttel

Kohutf, Dr. Adolph: Martin Luther als Sohn, Gatte u. Vater, j vom 12. Januar 1522 fußt auf dem Reichstagsbefchluß
(130 S.) 80. Mülheim-Heißen, KronenkampfAerhug 1917. j vom lg Februar 1521, bricht ihm aber, wie K. im ein-

Eine Schilderung des Menfchlich-Perrönlichen Kn Luther, i "Inen zeigt, die Spitzen ab. Markgraf Philipp von Ba-

' den erließ am 30. Augult 1522 ein erftes Rehgionsman-
dat, das Wormfer Edikt und Erlaß des Reichsregimentes
zwar vorausfetzt, aber die Schwierigkeiten zu löten fucht
durch engen Anfchluß der Predigt an den Inhalt der h.

Sie verweilt liebevoll bei den Einzelheiten, die Anordnung ift
lcfe. Pfychologifche Vertiefung und Gewinn neuer Erkcnntniffe
lag außerhalb der Abrichten des Verfaffers. Das, was er bezweckte,
hat er aber erreicht: er hat weiteren Kreilen der evangelifchen
Familie eine ebenfo angenehme wie nützliche und belehrende

Unterhaltungslektüre gegeben. Schrdas **? dle Lofung, die bald darauf der zweite

Bonn. E. Hirfch.

Kalk off, Paul: Da3 Wormfer Edikt und die Erlaffe des

Reichsregiments u. einzelner Reichsfürften. (Hiftorifche

Bibliothek. 37. Bd.) (X, 132 S.) 8°. München, R.Olden-

bourg 1917. M. s —

— Luther und die Entfcheidungsjahre der Reformation. Von

den Ablaßthefen bis zum Wormfer Edikt. (V, 293 S.

m. 8 Bildniffen.) 8°. München, G. Müller 1917.

M. 4 — ; geb. M. 5.50
Diefe neuefte Schrift des jetzt mit dem wohl verdienten
Breslauer theologifchen Doktorhute gezierten Hi-

ftorikers fußt auf feinen früheren Eorfchungen zur Ge- j Ferdinand für das benachbarte Württemberg auf Grund

Nürnberger Reichstag gab, und die man in Zürich vielleicht
fchon 1520 gefunden hatte, wenn anders das damalige
Religionsmandat echt ift. Dabei würde ich noch
etwas ftärker als K. unterftreichen, daß diefer Erlaß der
gefetzliche Boden für die Betätigung zahlreicher ev. Prädi-
kanten in Baden geworden ift; der urfprüngliche Zweck
war die Vermeiduug von Streitigkeiten durch Berufung
auf den neutralen Boden der Schrift. Zwingli ift feit 1522
genau fo verfahren, nur hatte das bei ihm die Wirkung,
daß er von Luther abrückte, um die unbequemen katholi-
fchen Gegner zum Schweigen zu bringen. Und dazu hat
jedenfalls beigetragen der fcharfe Erlaß des Erzherzogs

fchichte des Wormfer Ediktes, führt fie aber nach der 1 des Wormfer Ediktes, den K. weiterhin erläutert. Alles
Richtung weiter, daß die Wirkung des erfchlichenen ' in allem: ,Die Prüfung der ftändifchen Maßnahmen gegen
Mandates auf das Repräfentationsorgan des Reichsregi- | die von der altkirchlichen Mehrheit verworfene religiöfe
mentes und einzelne Stände aufgezeigt wird. Und da Bewegung liefert wichtige Beiträge zum Verftändnis der
ift denn das Horaz-Wort wirklich ein ausgezeichnetes . kirchenpolitifchen Lage im Reiche bis zu der febrofferen
Motto: vis consilii expers mole ruit sua; das Edikt er- j Scheidung der Geifter und der feften Organifation der
leidet ein totales Fiasko, die Publikation im Sinne buch- ; Parteien, die erft im Jahre 1524 fich deutlicher ankündigt',
ftäblicher Vollziehung ift nur in den burgundifchen Nie- i Im Vorworte feiner Schrift geht K. noch auf die durch
derlanden erfolgt, all'o in dem Teile, der nach kaifer- j Barge angeregte Frage nach der Bedeutung des reichs-
lichem Willen nicht mehr zum Reiche gehören follte, im : regimentlichen Mandates für Friedrich den Weifen ein,
übrigen bedeutete es eine Verlegenheit. Die Mitglieder j um fich gegen Barge wefentlich für die von mir GGA.
des Reichsregimentes waren ihrer kirchlichen Haltung ; 1912 ausgefprochene Anficht zu entfeheiden.
nach in der Majorität der evangelifchen Sache günftig j Die größere Schrift Kalkoffs, ein erweiterter Sonder -
geftimmt; der Umfchwung trat erft kurz vor der Auf- ; druck aus dem 2. Bande der Münchener Lutherausgabe,
löfung (1524) ein. Das Reichsregimentsmandat vom 20. Ja- [ bietet die langerfehnte zufamrnenfaffende Darftellung
nuar 1522, das von Georg von Sachfen infpiriert wurde, ! feiner Forfchung vom Ablaßftreite an bis zum Abfchluß
darf keineswegs gleichfam als Exekution des Wormfer des Wormfer Reichstages. Erforderte es eine nicht
Ediktes gefaßt werden, biegt vielmehr manche Spitzen leichte Arbeit, den peinlich genauen, gerade um des-
desfelben ab und treibt gegen die kurialiftifchen An- willen fo ergiebigen zahlreichen Einzelunterfuchungen K.s
fprüche deutlich den Konzilsgedanken vor, fo gewiß es (jetzt von G. Krüger in ThStKr. 1918 H. 1 in feiner, we-
fcharfe Beftimmungen gegen die Neuerer enthält. Kur- fentüch referierenden Anzeige zufammengeftellt) zu fol-
brandenburg, in Worms einer der Hauptakteure an der gen, fo gibt die Zufammenfaffung eine fließende, allge-
großen Intrige, publiziert zwar das Edikt im Lande, mehr mein verftändliche hiftorifche Erzählung; aus dem Vollen