Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1918

Spalte:

187

Autor/Hrsg.:

Schröder, Arthur

Titel/Untertitel:

Kannst du noch glauben? 1918

Rezensent:

Thimme, Wilhelm

Ansicht Scan:

Seite 1

Download Scan:

PDF

188

blems vom Zufammenhang zwifchen Religion und Moral,
wie fie M. in feiner Rektoratsrede verfucht, ift doch wohl
etwas vorfchnell, und es fcheint mir überhaupt nicht angängig
, fie von der Religionsgefchichte zu erwarten, vielmehr
werden, unter felbftverftändlich fteter forgfältiger
Berückfichtigung der Religionsgefchichte, Religionsphilo-
fophie und Religionspfychologie hier das letzte Wort
fprechen müffen.

Iburg. W. Thimme.

Schröder, Archidiak. Dr. Arthur: Kannft du noch glauben? Ein
Wort der Stärkg. u. Vertiefg. f. Suchende und Zweifelnde.
(IV, 92 S.) 8». Leipzig, A. Deichen 1917. M. 2—; kart. M. 2.40
Das Buch ift nach dem Geleitwort für Suchende und Zweifelnde
gefchrieben. Es möchte ,ftärken und vertiefen . . , allen
nachdenklichen Chriftengemütern neue Freude an ihrem alten
guten Glauben bereiten. Weinenden und Wankenden einen durch
nichts zu erfchütternden Halt zeigen, verftimmt und grollend ab-
feits Stehenden einen freundlichen Wink geben, ob fie's nicht
doch noch mal mit der chriftlichen Lebensquelle verfuchen
möchten, junge und ältere Menfchenkinder erbauen, auch ohne
unmittelbaren Predigtton'. Es behandelt die folgenden Fragen:
Können wir noch an einen Gott der Liebe glauben? Lohnt es
fich noch zu beten? Ift die Bibel noch zeitgemäß? Gibt es ein
Fortleben nach dem Tode? Kann ein moderner Menfch an
Wunder glauben? Brauchen wir Menfchen des 20. Jahrhunderts
eine Kirche? Der Verfaffer meint, daß wer fich mit Ernlt von
dem chriftlichen Offenbarungsglauben erleuchten und erwärmen
läßt, die Irrwege vermeiden wird, auf die man beim Grübeln
über diefe Fragen leicht gerät. Die Darftellung ift fchlicht und
anfprechend, gefchickt ausgewählte Zitate beweifen die Belefen-
heit des Verfaffers, die Betrachtungen find untüchtig und führen
auch in die Tiefe, nur wünfchte man bei der Behandlung der
Probleme hin und wieder größere Schärfe. Der theologifche
Standpunkt ift wenig ausgeprägt.
Iburg. W. Thimme.

Lütgert, Geh. Konf.-Rat Prof. D. Wilhelm: Geretz und Freiheit, i

Rede, bei der Übernahme des Rektorates in der Aula der
vereinigten Friedrichs-Univerfität Halle-Wittenberg gehalten.
(Hallifche Univerfitätsreden 6.) (19 S.) 8". Halle a. S., M. Niemeyer
1917. M. —80
Der Zielfatz der Rede ift der, daß Gefetz und Freiheit die
beiden Pole unfres Lebens bleiben follen, daß wir keine Freiheit
fuchen, die das Gefetz zerftört und kein Gefetz anerkennen,
welches die Freiheit aufhebt. Ausgehend von R. Kjellens Gegen-
überftellung der Ideen von 1789 u 1914 erörtert der Verf.
den tiefften Grund des deutfchen Freiheitsgedankens im Verhältnis
zum Gefetz der deutfchen Reformation, zeigt feine Abwandlung
im angelfächfifchen Proteftantismus an I. Stuart Mill
(Unabhängigkeit von der öffentlichen Meinung und der Herrfchaft
der Sitte), entwickelt Verwandtfchaft und Unterfchied diefes Ideals
vom Kantifchen wie vom Lutherifchen, beltimmt die Wirkung des
Lutherifchen (Verbindung innerer Freiheit mit äußerem Gehor-
fam) auf das deutfche Volk, erörtert die Gedanken der (pofthumen)
Jugendfchrift W. von Humboldts über die Grenzen der Wirkfam-
keit des Staats und die daran fich anfchließende internationale
Debatte (Mill, Laboulaye, Treitfchke), endlich deren Gegenfatz
zu der Erneuerung der antiken Staatsidee durch Fichte und Hegel,
Dann wird die Schranke an dem Freiheitsgedanken Luthers felbft
erwogen (Freiheit nur des Gewiffens, nicht des Handelns), um
in ihrer Aufhebung den Weg zu jenem Zielfatz zu zeigen, in
dem die relative Wahrheit aller jener abgewiefenen Beftimmungen
aufbehalten fei. Die Zweiheit aber weift auf den einheitlichen
in beiden fich offenbarenden Willen hin, in welchem wir den
Grund aller Dinge fuchen.
Tübingen. Th. Haering.

Luther-Geift im Weltkriege. Neue Folge: Die Wurzeln unfe-
rer Kraft. Zwölf Kriegspredigten aus dem Reforma-
tions-Gedächtnisjahr v. P. Jäger, G. Mahr, P. Mehlhorn,
F. Rahn, R. Rafch, E. Rolffs, Ff. Schufter, A. Taube, !
B. Violet, O. Wehr, P. Wurfter, hrsg. v. Ernft Rolffs. !
(Göttinger Predigt-Bibliothek 14. Reihe, 3. Heft.) (IV,
108 S.) kl. 8°. Göttingen, Vandenhoeck & Ruprecht
1917. M. 1.35 i

Das vorliegende Bändchen ift eine Abfchiedsgabe; (
Rolffs befchließt damit feine Tätigkeit an der Göttinger
Predigtbibliothek. Seine feine Art im Sammeln, Aus- j
wählen, Zufammenftellen, nicht zum wenigften auch im
Ausmerzen und Zurückweifen wird man ungern miffen. |
Doch erwecktderNamedesneuenHerausgebers,Niebergall, I
gute Ausfichten für die Zukunft. Der Titel ,Luther-Geift

im Weltkrieg', vom vorhergehenden Bändchen übernommen
, will wohl verftanden fein. Nur drei Predigten nehmen
ja Rückficht auf die Reformationsfeier des vorigen Jahres
(Violet, Rolffs, Schufter); fämtliche andern behandeln die
durch unfer Zeitlage hervorgerufenen Probleme. Der
Untertitel ,Die Wurzeln unferer Kraft' gibt Auffchluß. Im
Geift Luthers fuchen fie die Fragen der Gegenwart zu
beantworten und dadurch die Gemeinde immer tiefer in
den Gedankenkreis Luthers einzuführen. Es handelt fich
daher in diefem Bändchen nicht fowohl um religiöfe, als
um ethifche Probleme; und damit ift einem Wunfeh
Rechnung getragen, den Rezenfent bei der Befprechung
des vorangehenden äußerte. So wollen fie denn auch
vor allem den Hörer und Lefer zur geiftigen Mitarbeit
zwingen, um neue Willensentfchlüffe in ihm auszulöfen,
während das das Gemüt anfeuernde, begeifternde Moment
zurücktritt. Dabei waren nun befondere Schwierigkeiten
zu überwinden. Nicht nur, daß bei einem Thema wie:
,die Stunde aufzuftehen vom Schlaf, ,Deutfchland und
feine Kinder' nur die Hauptpunkte behandelt werden
können, es handelt fich auch darum, ein folches Intereffe
in dem Hörer zu erwecken, daß es feine Gedanken feft-
hält bis zum Ende. Nicht jeder löft fo glücklich diefe
Aufgabe wie Schufter (die Sittlichkeit des Geldes.) Alle
Arten der heutigen Textbehandlung kommen zu Wort.
Neben Lolchen, welche fich vom Text leiten und führen
laffen (Rahn ,das Evangelium eine Gotteskraft' oder Rafch
,die Stunde aufzuftehen vom Schlafe', Wurfter ,das Gebet
ums tägliche Brot'), finden wir folche, welche fich nur
an die Grundgedanken desfelben halten (Mahr, Deutfch-
land und feine Kinder); Rolffs läßt die Gefchichte felbft
zu uns reden (Optimismus und Peffimismus); Mehlhorn
gibt das Gleichnis der Speifung der 5000 die nötigen
Richtlinien für unfere Zeit. Nicht unterlaffen fei, auf die
feine Gruppierung des vorliegenden Händchens aufmerk-
fam zu machen, die von einem packenden Auftakt (Jäger,
Orientierung) zu den Grundfragen (Violet, Glaubensfreiheit
und Liebesordnung; Rolffs, Peffimiften und Optimiften)
und dann zu den einzelnen Fragen der Gegenwart, wie
fie durch die Worte Kinder, Freiheit, tägliches Brot, Geld
angedeutet find, führt. Auch ift mit einer Predigt (Wehr,
das Volk der Freiheit) das Feld zum Wort gekommen.
Alfeld. Schornbaum.

HaulTen, Dek. Prof. Karl: D. Martin Luthers Werden und Wirken.

Den Gemeindegliedern zum Miterleben dargeboten in An-
fprachen u. Vorträgen. (159 S.) 8U. Herborn, Oranien Verlag
1917. M. 1.40
RöTener, Paft. Karl: Lutherglocken. Predigten. (130 S.) kl. 8».
Erfurt, K. Villaret 1917. M. 2.50
Hauffen wirft die Frage auf, ob man berechtigt fei, in der
gegenwärtigen Zeit ein Reformationsjubiläum zu feiern. Er glaubt,
fie mit aller Entfchiedenheit bejahen zu follen. Der ,Luthergeilt'
hat fich ja in den fchweren Zeiten des Weltkrieges glänzend bewährt
. Dann aber ifts nötig, daß die Gemeinde zu einem Erleben
jener großen Zeit kommt. ,Unfer Ringen kann uns, wird uns
verftehen helfen, wie fie gerungen; was fie gekämpft haben, läßt
uns erlt recht zu Streitern werden'. Dazu will er nun in den
vorliegenden 9 Auffätzen, die Luthers Entwicklung bis zum Worm-
fer Reichstag behandeln, eine Handreichung geben. Warum
diefe zeitliche Begrenzung? Sollten nicht im fpäteren Wirken
Luthers genug wertvolle Momente für die Gegenwart liegen?
Oder foll fein Werden mit jenem Ereignis abgefchloffen fein?

Nicht um ausgeführte Anfprachen, fondern um Vorarbeiten
handelt es fich. Dennoch laffen fie — das Beftreben, der Gemeinde
(und es fcheint fich um einfache Verhältniffe zu handeln)
recht verftändlich zu werden, ift wohl fchuld daran — einen ge-
wiffen lehrhaften Charakter nicht verkennen. Ein lebensvolles
Bild wirkt aber mehr als eine noch fo genaue Erkenntnis der
Zufammenhänge und Verbindungslinien. Die Kenntnis des
ganzen menfchlichen Körpers bis ins einzelfte kann mir doch
das Leben nicht erfetzen.

Die gleichen Ablichten verfolgt Karl Röfener. ,Er will den
Luthergeift im Jubiläumsjahr der Reformation in den Herzen der.
Hörer lebendig machen, durch ein kraftvolles Anfchlagen der
Lutherglocken die eigenen Seelenkräfte zum Mitfchwingen und
tätigen Fortfehreiten wecken.' Zwölf Predigten, im Verlauf des heurigen
Jahres gehalten, follen dazu dienen. Gefchickt weiß er bald
die Perfönlichkeit, bald einzelne Ausfprüche des Reformators zur